Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, November 23, 1911, Image 7

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    Das grüne Auto.
Spionage-Roma» von August Aeißl.
(3. Fortsetzung.)
ES war eine kleine Spange, wie
sie Frauen zum Festhalten der Haare
an den Seitentheilen der Frisur be-
Dvktor Martens trug di« kleine
Spange zum Fenster und drehte sie
im Licht nach allen Seiten.
An dem Klemmer der Spange hin
gen bestaubt und ineinander verwiaelt
rothblonde Härchen.
„Seit wann steht die Wohnung
leer?"
„Seit dem ersten Januar."
' „Und wer hat als letzte Partei hier
„Ein alter Schustermeister. Er hat
in der Kuchel g'schlasen, die Lehrbu
ben da drin in !«r Werkstatt; und
da im Kabinett hat er zwa Bettgeher
g'habt."
„Frauenspersonen waren keme im
Haus?"
„Ja, die alte Masterin."
„Wie hat sie denn ausgesehen?"
»Na, schön war s' net. Kan«
Haar', dö s' no g'habt s' wiar
a Striez«! hint' z'sammg'flochten
tragen."
„Wer hat di« Wohnung ang«schaut,
seit die Partei ausgezogen ist?"
„Zwamal war'n Leut' da. Arm«
Leut' aus'n Bezirk. Und amal aner
von der Polizei. Sonst neamd."
„Frauen haben die Wohnung nicht
angesehen?"
ja sreili. A Stücker dreie
. diere waren 's."
„So? Was für Frauen? Noble?"
„Ah beilei'! Im Kopftuchel san s'
„Was hat denn Ihre Frau für
„Töchter haben Sie keine?"
„Na, Kinder ham ma nie net
g'habt." td ' d
Nähe ein Kammacher?"
„I bin selber aner. Dös iS ja
mei G'schäst."
hellblond. Muß a sechs Gulden kost'
Spur aus und stellte mit Stearin-.
Pulver ein deutliches Ebenbild her.
Inzwischen war der Schlosser ge
kommen.
Er entfernte auf Wunsch des Kom
missärs das Schloß von der Ein
gangsthür und öffnete es.
Eine Schicht verdickten Oels und
Staubes lag über dem Mechanismus.
An einzelnen Stellen waren glänzende,
frische Kratzer und Risse bemertbar,
«in Beweis, daß nicht nur mit dem
hantirt worden war.
Auch der Schlosser bestätigte diese
Ansicht.
Doltor Martens ließ dai Schloß
öffnet haben, ehe er den Schutz auf
sein Opfer abgab. Bei der Kälte
Warfes höchst unwahrscheinlich, daß
teren Rande der oberen Jnnenscheibe
sand er fünf Punkte, die Abdrücke
von Fingern einer Hand. Die fei
nen Ritzer oberhalb der Flecken deu
teten aus längliche, Zdai zugeschnit
tene Nägel. Also war es eine sorg
sältig gepflegte Hand, die sich hier
«ine Sjütze gesucht. Vermuthlich die«
maß die Fingerabdrücke. Zweifellos
ein und dieselbe Hand. Die photo
araphischen Vergrößerungen tonnten
Also ein Weib —?
mantischen Beigeschmack z» gewinnen.
Ein rothblondes Weib, das theure
Schildpattspangen trug und wohlge
pflegte, kleine Hände hatte.
Auch die Scheibe ließ dek Kom
missar ausschneiden und sorgfältig
Zufrieden mit den bisherigen Er
gebnissen verließ er die Wohnung.
Er ließ sie versiegeln und fuhr sofort
zu Professor Doltor Hartlieb, dem
bekannten ärztlichen Mikroskopiker.
Der Professor befand sich gerade
im Laboratorium. Doktor Martens
übergab ihm die wohlverpackten Fun
de und erbat sich ein baldiges Gut
achten.
„Da ich die Haarspange zu wei
teren Untersuchungen bringend benö
thige, bitte ich Sie, vorerst an die
Untersuchung der Haare zu schreiten.
Wie lange kann die Prüfung dauern?"
„Wenn es sehr dringend ist, bin
ich bald damit fertig. Sagen wir in
einer Stunde."
„Wenn Sie gestatten, so warte ich
gleich darauf."
Doktor Hartlieb mochte die Haare
ungefähr eine halbe Stunde unter
dem Mikroskop untersucht und mit
Säuren behandelt haben, als er lä
chelnd aufstand und das Zimmer ver
ließ.
Nach wenigen Minuten kam er mit
einem Kamm zurück und setzte seine
Untersuchungen sort. Endlich wandte
er sich an den Doktor.
„Ein günstiger Zufall setzt mich in
die Lage, Ihnen recht genaue Aus
künfte geben zu können, di« vielleicht
für Ihre Nachforschungen von großem
Werthe werden können. Die Haare
sind sehr gut gepflegte Kopfhaare «iner
Frau, die im Alter von dreißig bis
siinfupddreißig Jahren steht und nur
die theuersten Schönheitsmittel ge
braucht. Die Haare waren ursprüng
lich schwarz, sind, wie gesagt, ganz
auffallend gut gepflegt und mit
Fleur d'or, die Flasche zu vierzig
Kronen, gefärbt."
Doltor Martens staunte über die
Auskunft und fragte etwas ungläu
big:
„Verzeihen Sie, Herr Professor,
meine Neugierde, aber wie kommen
Sie zu diesen Schlüssen?"
„Sehr einfach, Herr Kommissar.
Die Marksubstanz der Haare zeigt
> zahlreiche dunkle Farbstellen, und die
! Haare sind an den Wurzeln schwarz.
Daraus folgt erstens, daß die Frau
noch nicht alt sein kann, zweitens,
daß ihre Haare früher schwarz gewe>
sein müssen. Die mittlere Dau
j er, die zur Lösung der Haarwurzeln
in Aetzkalilauge nöthig war, stimmt
genau mit jener iiberein, die bei den
Haaren meiner Frau nothwendig
erscheint; daher meine Angabe über
das vermuthliche Alter. Di« Analyse
des Haarfärbemittels weist genau die
Zusammensetzung d«s mir bekannten
Fleur d'or auf. Sie sehen also,
! Doktor Martens fragte noch:
! „Können Sie mir vielleicht sagen,
wo das Fleur d'or erzeugt wird?"
„G«wiß. Bei Seifert Comp,
auf dem Graben. Von dieser Fir
ma ist es mir erst kürzlich zur amt
lichen Analyse zugeschickt worden, da
mit ich die Unschädlichkeit bestätige.
Doktor Martens begab sich in die
Parfümerie auf dem Graben.
Das Färbemittel wurde erst seit
zwei Monaten aus dem Wiener Platze
nur wenige Damen. Einige konnte
der Verkäufer angeben, da sie Kun
den des Geschäftes waren. Doktor
Martens notirte sich die Namen.
> Doktor Martens überlegte: Wenn
eine fremde Frau sich in die leere
Wohnung eingeschlichen hatte, so muß
te sie die Oertlichkeiten doch vorher
ausgekundschaftet haben. Sie war
auf.
Nach langem Fragen stellte der
fest, das sich das am 9.
der Schmalhoftrstraß st d
ES meldete sich auch einer, der am
v. Januar abends gegen neun Uhr
zum Hause Alserstraße M, 64. Dort
„I hab' glaubt, fuhr der Kutscher
fort, sie wohnt dort. Aber wie ich
um die Eck' bieg, weil ich über die
Mariahilferstraße heim nach Penzing
hab' fahren wollen, sieg i, wie di«
Frau grad in den Wagen vom Bock
franzl einsteigt. Er is a Spezi von
mir und stellt a in Penzing ein.
Doktor Martens notirte sich die
Nummer des Einspänners und suhr
zum Hause Alserstraße Nr. 6».
ein Durchhaus, das in die Schön
burggasse mündete. Dort hatten
Fialer ihren Standplatz. Der Bock
franzl war bald erfragt. Er erin
nerte sich des Fahrgastes und gab
an, daß ihm als Ziel die Paniglgasse
auf der Wieden angegeben wurde.
Di« Fremde sei aber nicht so weit
gefahren. Hinter der Elisabethbrücke
habe sie anhalten lassen und sei aus
gestiegen. Mehr wisse er nicht.
Und mehr tonnte Doktor Martens
auch nicht in Erfahrung bringen.
Bon der Elifabethbrllcke verlor sich
die Spur im Gewühl der Großstadt.
Die ganze Woche über war Doltor
Martens rastlos an der Arbeit.
Sämmtliche Personen, die er bei
seinen Besuchen in der Grillhoferstra
ße gesprochen, wurden vorgeladen, um
die Angaben protokollarisch festlegen
zu können.
Die Sachverständigen hatten die
ihnen vorgelegten Gegenstände unter
sucht. Ihr Gutachten bestätigte die
Vermuthungen des Kommissars.
Das Handbild und die Fingerab
drucke waren photographirt und ver
größert worden. Sie stammten nach
Ansicht der Experten von einer rech
ten Frauenhand, deren Fingernägel
länglich und spitz zugeschnitten wa
ren. Es mußte eine kleine und ge
pflegte Hand sein, der die Abdrücke
entsprachen.
Viel klüger war also Doktor Mar
tens durch die Gutachten der Sach
verständigen nicht geworden. DaS
Ergebniß aller Bemühungen war bis
her, daß sich eine sehr gepflegte, roth
bwnde Frau, die wahrscheinlich wohl
habend war, in der Nähe des That
ortes in verdächtiger Weise bemerkbar
gemacht hatte. Daß die That selbst
von ihr begangen worden sei, dafür
sprach eigentlich nur der Umstand,
daß sie in jenem Raume, von dem
aus geschossen worden sein mußte,
sich aufgehalten hatte. Genügte das,
um in ihr schon die Mörderin zu
sehen?
Wenn man wenigstens von jenem
Manne imPelz und mit MonokelNähe
res hätte in Erfahrung bringen kön
nen. Aber die Kellnerin des Kas
feefchankes an der Eck« der Silbing
gasse konnte nicht mehr angeben, als
daß der elegante Gast in der letzten
Woche dreimal in das Lokal gekom-
Domino zu forschen. Von seinem
Kollegen Specht hatte er die Briefe
erhalten, die jene Frau geschrieben,
doch der Sachverständige im Schreib
sach konnte außer einer allgemeinen
Charakteristik nichts finden, was für
den Gang der Untersuchung von Be
amt. stellt« fest, daß die Briefe Ecke
das hatte keinen Erfolg.
Unterdessen war Adolf Strebinger
obduzirt worden.
Di« Gerichtsärzte stellten fest, daß
der Tod infolge des Schusses einge
le bei dieser Gelegen
cken. die all« im Marke S/
ter Wille lag.
ich keine Verwandten habe."
Das Schriftstück war vom 6. Ja
nuar datirt, also einen Tag, nachdem
der unvollendete Brief de» Mechani
kers, der folgenden Wortlaut hatte:
„Lieber Freund!
Das Unabwendbare ist eingetrof
fen. Was ich so lange gefürchtet,
ist geschehen. Bor drei Tagen bin
ich ihr begegnet. Ganz zufällig,
auf der Straße. Sie erkannte
mich sofort und folgte mir. Und
seither finde ich keine Ruhe. Drei
schrieb sie mir. Was, kannst Du
Dir ja denken: Sie verlangte di«
Brief«!
Mein erstes war, ihr zu entkom
men. Ich habe sofort mein Quar
tier geändert. Weiß Gott, ob es
nützt. Ich werde das bange Ge
fühl nicht los, daß diesmal al
les umsonst sein wird.
Wenn ich mich nur nicht in ei
ner so eigenthümlichen Situation
befände. Aber Du weißt ja, an
die Behörden kann ich mich nicht
wenden, Aussehen darf ich keines
verursachen. Uebrigens hoffe ich,
in drei bis vier Tagen abreisen
zu können. Alles ist wider Erwar
ten glatt abgelaufen. DaS Ge
schäft ist schon so gut wie per
fekt. Hoffentlich täuschen mich
mein« bangen . .
Damit brach der Brief ab. Er
trug das Datum vom 6. Januar,
entsprang also derselben Stimmung,
di« Strebinger zur Abfassung eines
letzten Willens veranlaßt hatte.
So dunkel di« Worte des Briefes
auch waren, eines ging daraus un
zweifelhaft hervor: ein« Frau hatte
drohend in Strebingers Leben ge-
Si« nicht. Herr Polizei
rath, daß die ganze Sache in «in
gewöhnliches Liebesdrama auslaufen
wird?"
„Nein, lieber Doktor, ganz im Ge
gentheil. Der Brief dieses Stre
binger gibt mir sehr zu denken. Sie
dürfen sich ja nicht verwirren lassen.
Sie müssen immer das «ine s«sthalten:
daß Doktor Specht von jener Frau
auf der Redoute der Hinweis auf die
Grillhoferstrahe mit Rücksicht aus
die Spionageafsäre gemacht wurde.
Stellt man den Brief unter diesen
Gesichtswinkel, so liegt die Vermu
thung nahe, daß der Strebing«r mit
dem glatten Ablauf der Sache den
gelungenen Diebstahl der militärischen
Dokumente gemeint haben kann, und
daß der „Abschluß des Geschästes"
mit jenem in Verbindung steht, den
der Wachmann Stolzengruber in er
regtem Gespräch mit Strebinger
knapp vor dessen Tod gesehen hat.
Daraus folgt, lieber Doktor, daß
man es eher mit ein« politisch-di
plomatischen Angelegenheit zu thun
hat, bei der eine Frau als Mittel
zum Zweck diente."
Auch die Kugel, die im Bilder
rahmen gefunden worden war, wur
de von Chemikern analysirt und un
tersucht. Sie konnten nur die Art
der Legirung bekanntgeben, erklären
ganz bestimmt, daß bei der Waffe
Pulver nicht verwendet wurde, und
sprachen die Vermuthung aus, daß
die Kugel aus einem amerikanischen
Lustdruckpräzisionsgewehr neuesten
Modells geschossen worden sei.
Alle diese Gutachten der Sach
verständigen und' Details waren ge
wiß nicht geeignet, di« Situation zu
klären. Sie verwirrten vielmehr
binationen Raum. De/ einzige, der
sich nicht aus der Ruhe bringen ließ
und di- gerade Gedankenlinie fest
hielt, war Polizeirath Würz.
k. Kapitel.
„Recht schön alles, was sie sagen.
Herr Polizeirath," sagte Baron
Sphor zum Ches des Sicherheits
bureaus, „aber ich weiß nicht recht,
wie ich die Sache anpacken soll! Ich
habe in solchen Dingen gar leine Erfah
rung und möchte mich nicht blamiren."
Der Polizeirath lächelte:
„Lieber Baron, Glück und Zufall
sind größere Herren als wir. Sehen
Sie. da liegt eine Namensliste von
Damen, die sich ihr Haar mit Fleur
d'or färben. Schauen Sie sie sich
einmal an. Kennen Sie eine davon?"
Baron Sphor überflog die Reihe
und antwortete: -
Strum. die mit ihren gelben Haaren
greulich aussieht. Direkt zum Fürch
ten! Dann die wunderschöne Frau
eS soll da eine Geschichte gespielt ha
ben Eifersucht, gefährliche
Drohung, was weiß ich alles! Dann
daß sie jetzt rotblond ist: ich hätte
sie in der Theaterloge fast nicht er
kannt."
„Natürlich, die kennen Sie auch,"
neckte d«r Polizeirath. „Also sehen
nicht schwer fallen wird, und halten
Sie Augen und Ohre« offen. Mehr
Ich selbst wüßte an Ihrer Stelle, so
vorliegen, nichts anderes anzufangen."
Mit diesen Worten übergab der
Polizeirath Baron Sphor ein« Liste
der in Wien ansässigen italienischen
„Wenn ich Sie recht verstehe, soll
ich, um einen militärischen Ausdruck
noszieren."
„Sehr richtig, lieber Baron. Also,
viel Glück!"
Damit verabschiedete der Polizei
rath Baron Sphor.
Zu Hause angelangt, traf Sphor
feine Vorbereitungen, um in jene Fa
der Polizeirath bezeichnet hatte. Er
schrieb ein paar Briefe an mehrere
feiner in Wien stationirten Kamera
den, die, wie junge Offiziere es so
häufig thun, in allen möglichen
Kreisen verkehrten. In einige der
genannten Häuser war er bereits ein
geführt, da seine Familie, seit lan
gem in Wien ansässig, reichliche ge
sellschaftliche Beziehungen unterhielt.
Es war ihm daher ein leichtes, über
all Zutritt zu finden, wo sein Vor
gesetzter es wünschte.
Sphor machte noch am selben Nach
mittage bei der Marchesa Salvoni
«inen Besuch, sand eine größereGesell
schast. war sehr artig gegen die äl
teren Damen, flirtete ein bißchen mit
den jungen Mädchen und gab am
nächsten Tage bei allen Familien,
die er angetroffen hatte, Karten ab.
Gute Maniren hatte er ja, einen vor
nehmen Namen auch, überdies hatte
man ihn im Hause der Marchesa ge
troffen., also Gründe genug, ihn zu
einem Besuche aufzufordern.
So flatterte Sphor «ine Woche
lang zwischen fünf und acht von einem
Jour zum andern, trank ungezählte
dünne Thees und verschlang belegte
Sandwiches, spielte Whist mit halb
tauben Exzellenzen und durchwalzte
im Schweiße seines Angesichtes die
Nächte. Genau genommen, amüsirte
sich der junge Baron aus Kosten des
Staates, und was ihn nur kränkte,
war, daß alle seine Mühe erfolglos
blieb.
Wohl zehn Frauen hatte er bereits
getroffen, die rothblond waren. Aber
das waren lauter brave, ehrbare Da
men, denen ein Mord absolut nicht
konnte mit Leichtigkeit festgestellt wer
den, wo sie am kritischen Abend ge-
Auch der intimere Tratsch brachte
Sphor um keinen Schritt weiter DaS
einzige, das ihm auffiel, war, daß
bei mehreren Gelegenheiten einer Ba
ronin Sternburg erwähnt wurde, wo
bei er stets das Bedauern aussprechen
hörte, daß sie plötzlich nirgends zu
sehen wäre. Sie, die doch srüher
soviel in die Welt gegangen war. Ei
nige Damen wollten wissen, daß sie
an Influenza erkrankt fei, andere
glaubten, sie sei verreist. Ganz In
time tuschelten etwas von «iner heim
lichen Verlobung. Alle aber bedauer
ten es lebhaft, daß der für den
zwanzigsten ausgestellt« Empfang bei
der Baronin abgesagt worden: denn
die Dame führte ein Haus, in dem
man sich vorzüglich unterhielt, und
wo viel junge Offiziere verkehrten,
was die Mütter mit Rücksicht aus
ihre Töchter sehr hoch einschätzten.
Nach «iner Woche meldete sich Ba
ron Sphor wieder beim Polizeirath
und klagte, daß er sich vergebens
durch achtundzwanzig Häuser durch
xegessen habe. Er sei bloß um sei
nen gesunden Magen gekommen.
„Sehen Sie, so ist das," meinte der
Polizeirath gutmüthig; uns trocknet
das Gehirn ein und Sie verderben
sich den Magen. Machen Sie sich
nichts draus. Solche Dinge kann
man nicht über das Knie brechen.
Wenn die Sache einfach wäre, könn
te sie ja der nächstbeste Agent durch
führen. Es handelt sich ja nicht
um einen der zweitausend ungarischen
Taschendiebe, die wir in Evidenz füh
ren. Also Geduld, lieber Baron!
Was machen Sie heute abend?"
„Ich bin zu einer Soiree der Grä
„Da werden Sie ja recht interessan
te Menschen finden! Campobello ist
ein intimer Freund des italienischen
Botschafters und war, glaube ich, in
jüngeren Jahren selbst in diplomati
schen Diensten. Also passen Sie nur
recht gut auf heute abend!"
große Gesellschaft. Ungefähr hun
dertsünszig Personen vettheilten sich
in den vier großen SalonS.
Die Gräfin stand in der Nähe de»
den Gäste zu begrüßen.
Sie war eine hohe schöne Frau von
tadellosem Wuchs und herrlichen, lei
denschastlichen Augen. Augen, vor de
nen man erschrak, wenn sie wild
Mund spielte ein Zug von Willens
trast und Härte. Ausfallend war
die Blässe ihres Gesichtes, die selbst
durch da» aufgelegte Roth schimmerte.
Ein« langbeschleppte. tief dekolletirte
Robe umschloß in weichen Fallen di«
und Titel mochten sie bewogen ha
ben, die Gattin eines Mannes, der
ihr Vater hätte sein können, zu wer
den.
Violetta Contessa di Campobell»
war eine Frau von großem sozialen
rem Salon vereint zu sehen, war
ihr größter Stolz. Heute feierte sie
wieder einen ihrer schönsten Triumphe.
Nur Mitglieder der besten Gesellschaft
füllten die Räume.
Ihr müder Blick flog stolz über
die glänzenden Erscheinungen,
s Zwei neue Gäste erschienen aus der
! Schwelle.
Beide noch jung, von jener stram
men Weichheit gesellschaftlicher For
men noch den Soldaten verräth. In
dem Antlitz des «inen spiegelte sich die
Verlebtheit vergeudeter Jahre.
Der Hausherr begrüßte ihn mit
Reserve,
j „Abend, Graf Heinen."
! „Gestatten Sie," erwiderte der Be
grüßte, daß ich Ihnen meinen Freund
Baron Sphor vorstelle."
„Sehr erfreut. Ich will Sie gleich
Violetta, erlaube Baron Sphor."
Die Hausfrau begrüßte den Gra
fen kühl. Aber gegen Sphor war
sie um so liebenswürdiger,
i „Ich glaube, wir kennen uns
schon."
„Ich hatte bereits das Glück." ver
beugte sich Sphor. „Unlängst bei der
Baronin Spillern."
„Ach ja, ich erinnere mich."
Einige nichtssagende Phrasen wur
den gewechselt, dann mengten sich die
Neuangekommenen unter die Gesell
! schast.
Gras Heinen stellte seinen Freund
verschiedenen Bekannten vor, trat zu
einem Kartentisch und begann eine
Whistpartie, während Baron Sphor
mit den Nächststehenden ein gleich
gültiges Gespräch anknüpfte.
„Servus, Sphor!" hörte er plötzlich
hinter sich rufen.
Ein Generalstabshauptmann streck
te ihm herzlich die Hand entgegen.
„Grüß Dich. Franz!"
„Bist auf Urlaub?" fragt« der
Offizier. ,
„Nein ich bin schon weg. A. D.
seit dem ersten."
„So das hab' ich gar nicht
g'wußt. Was machst denn immer?"
„Na, halt so leben. Und wi«
geht's Dir?"
„Danke. Wie Du siehst, ganz gvt.
Dabei deutet« er auf seine Uni-
— ja. Gratulire. Also
hat sich die Kriegsschule gelohnt. Bist
ständig in Wi«n?"
Die Hausfrau rauschte vorüber.
„Pardon, einen Augenblick," ent
schuldigte sich der Hauptmann. „Grä
fin. bitt«," hielt er „ha
nichts Näheres gehört?"
„Nein sie ist schon seit einer
Woche unsichtbar. Sie soll verreist
sein. Vielleicht kann Ihnen Graf
Heinen nähere Auskunft geben. Er
sitzt dort am Whisttisch."
„Danke bestens."
Damit trat er zurück.
„Wenn Du den Heinen kennen ler
nen willst, so kann ich die Bekannt
schaft vermitteln." bot sich Sphor an.
,O, den kenn' ich," antwortete der
Hauptmann gedehnt. „Aber ich weich'
ihm lieber aus."
„Warum denn?"
„Na, halt so. Der Mensch ist
mir unsympathisch. Ein Spieler,
ein Trinker man weiß nicht recht,
wovon er lebt. Paßt mir nicht! Und
dann: Er hat vor zwei Jahren dies«
«ch"au?geklärt ist." Weißt— lieber
nicht!"
„Du meinst die G'schicht' bei den
Kaisermanövern?"
.J°."
„Ich glaub', da thut man ihm un
recht. Gewiß vom militärischen
Standpunkt war'S eine grobe Pflicht«
Verletzung. -Aber vom menschlichen
mein Gott, er hat halt ein bißl
zu viel getrunken da« kann doch
jedem Passiren!"
„Gar so einsach ist das nicht, lieber
Max," erwiderte der Hauptmann
ernst. „Man betrinkt sich als Offi
fchläft nicht, wenn man eine so wich«
hat sich halt auf den Zugfüh
rer «rlassen."
„Das war gegen seine Instruk
tionen. Ueberhaupt besser, wi,
lassen die Sache. Er kann froh sein,
dann g'schieht."
(Fortsetzung folgt.)
Für dir Äuchr.
Feine Fleischsülze. Drei
-der vier gut gereinigte Kalbsfüße
»erden in Stücke gehauen und nebst
dreiviertel Pfund magerem guten
Schweinefleisch und ebensoviel Kalb
fleisch mit dreiviertel Pint Wasser
luf gelindes Feuer gestellt. Dazir
I —2 Nelken, 6 —6 Pfefferkörner, Y
Löffel guten milden Essig, eine kleine
Obertasse Weißwein und den Sast
oon 2 Citrone». Das Fleisch wird
sehr weich gekocht, wobei man den sich
Kartoffeln. Man kocht die Kar
toffeln und zerstampft sie so sein wie
man aus 2 Tassen Kartoffeln 2 Eß
löffel Butter, l/<> Tasse Weißbrottru
men, trocken, 2 Eigelb, in 4 Eßlöffel
Rahm, Salz und Pfeffer nach Ge
schmack. Man entfernt die Gräten
oon dem Inhalt einer kleinen Kanne
Schweinefleisch - P a st et e.
mit einer Lage Äepfel belegt. So
wird abgewechselt, bis die Kasserolle
gefüllt ist. Dann kommt ein Teig»
decket darüber und das Ganze wir!»
21/>> Stunden gebacken. Ehe der Teig
deckel darauf kommt, muß gut ge-
Schöne reife Tomate» werden mit
etwas Salz und Pfeffer weichgekocht,
durch ein Sieb getrieben und in brei»
letzten Augenblick mit etwas frischer
der Oeffnung vorsteht. Der Rest des
Breies wird, mit etwas Fleischbrühe
oder Wasser verdünnt, um die Ome»
lelt; gegossen.
Gedämpft« Birnen. Man
nimmt gute Birnen, schält sie ab, flicht
Stückchen ganzen Zimmt in einen
Topf, gießt zwei Theile Wein und ei
nen Theil Wasser dazu, und läßt di«-
Birnen so lange kochen, bis sie weich
sind. Nun nimmt man sie heraus;
trägt sie kalt oder warm auf.
Billiger „Sponge Cate".
1 Tasse Zucker, l»/, Tasse Mehl (mit
1 Theelöffel Backpulver zusammen ge»
siebt), 3 Eier s«parirt, >/> Tasse kal
tes Wasser. Di« Hälfte diefesWas
fers wird über den Zucker geschüttet
und dies mit den Eidottern gut zer--
klepp«rt, dann di« andere Hälste Was
ser und daS Mehl abwechselnd iir
kleinen Mengen, dann der Eiweitz--
schnee. Leicht rühren. 40 Minute»
backen.
Hascheeschnitten mit To
matensauce. Man hackt ein gut
gewässertes, geputztes, in kochendem
Salzwasser abgewelltes und abgetropf
tes KalbShirn und ungefähr 1 Psun>
kaltes gelochtes oder gebratenes Rind
fleisch sehr fein, vermischt dies mit
Pfund geschmolzener
3 bis 4 Eidottern. Pfeffer. Salz,
etwas gestoßenen Nelken und Muskat«
blüthe. formt gleichmäßig große, flache-
davon, wendet sie in gerie-