Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, November 02, 1911, Image 7

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    vlk Llttl vom NtmeM.
Roman von H. v. Erli».
IIK Fortsetzung und Schluß.)
33. Kapitel.
Ein harter Winter, der das Eis
nicht hatte thauen lassen wollen, neig
te sich seinem Ende entgegen. März
stürme trugen Lenzesahnen auf ihren
Flügeln. Und wie «in Sturmwind,
der Wolien von Jugend, Lenz und
Glück ins Haus fegte, war Komteß
Ulla wieder in Hölfenstein eingezogen,
hatte jedes Fältchen, das ihr etwa
am gräflichen Herzen Schwiegerma
mas noch unliebsam ausgefallen wäre,
mit aller wärmster Liebenswürdig'
keit sich glatt geplättet, gestreicbel!
und geschmeichelt, bis Tante Clemen
'tine gar nicht anders konnte, als mn
ihr sich jener Zukunft freuen, wo !ie
so fröhlich beisammen sitzen und ein
ander so lieb haben würden. Ja.
hatte sogar ein übriges gethan,
diese best« aller Schwiegermüt
ter, sie hatte ihrem Sohne
der sich auf seinem stattlichen
Gute einarbeitete, dessen den Voran
schlag kxd«utend übersteigende Kaus
fuinine die wirtlich noble Madeleine
anstandslos beglichen, eines Tages
ein Villetdoux des freundlichen In
halts geschrieben: „Sie ist wirklich
charmant. Deine kleine Braut. Sie
wird Dich hoffentlich glücklich machen.
Jedenfalls sind die geordneten Ver
hältnisse ein Glück, das Du ihr ver
dankst. Ich werde ein häufiger Gast
bei Euch sein, mein lieber Sohn und
damit wir den Sommer auf Deinem
neuen Besitze vereint genießen können,
wäre es wohl am gerathensten, wir
setzten Eure Hochzeit auf Ansang Mai
fest."
„Im Mai, Du. Madeleine, im Mai
kriege ich endlich meinen Egon für
mich ganz allein! Auffressen könnt
ich die ganze Welt vor Seligte't,
Dich zuerst!"
So war die kleine Große nach Fal
kenhagen hinübergejagt, sobald defi
nitiv der Hochzeitstag bestimmt wor
den war, und hatte Madelein«, de
ren traurig verändertes Gesicht sie
im Widerschein des Glückes
geschlossen.
„Aus Deinen Reiseplänen wird nun
nichts, Liebste. Bei der Hochzeit,
die Du gestiftet hast, darfst Du nicht
fehlen. Jetzt mußt Du bleiben bis
„Jetzt mußt Du bleiben bis zum
Mai!" Und sie blieb blieb, wie >'e
den langen, lalten Winter über geblie
ben war. in völliger Weltabgeschieden
heit, eifriger denn je zuvor ihren Nei
gungen lebend, zu Fuß oder zu Pfero
herumzustreifen, trotz Schnee und Eis.
durch Wald und Feld, aus Wegen, wo
sie oft stundenlang niemandem be
gegnete; doch einem hin und wieder,
der einsame Pfade suchte gleich ihr
Hartmut Bravand.
Nicht wie Fremde waren sie dann
sich aus dem Wege gegangen, sondern
hatten einander begrüßt und freund
liche Rede gewechselt wie zwei gute
Nachbarn. Sie vermochte es, hatte
sich den Muth, die Kraft dazu ab
gerungen, das Weib in sich schweigen
zu heißen, um dem Manne, der sie
nicht zu lieben vermochte und an einer
anderen bittere Liebesenttäuschung er.
litten hatte, in gütiger, sreundichaft
licher Ruhe zeigen zu können: Ich ha
be verwunden! Vergiß auch Du den
kurzen, Dir von mir ausgezwungenen
Irrthum unserer Zusammengehörig
keit und lebe Dein neues Dasein nach
Deiner Art, ohne Vorwurf, ohne
Rückblick. Jedes nach seiner Art
Und ihr Gesicht lächelt«, ihre Stim
die er gekannt.
Wo war sie, die einst sein Weib
gewesen, die ihr schicksalsgläubiges
.Du bist mein —" über ihn gespro
chen und ihn nicht hatte lassen wollen
des Zwanges ihrer Liebe zu werden?
War das alles nie Wirklichkeit, war
es ein wirrer Traum gewesen?
Einsame Abende, doppelt öde und
der Trübsal der letzten Jahre zu er
tl len schlaflose Nächte, wenn der
Wintersturm um die alten Mauern
ioste gut« Zeit, um Einkehr zu
lind, leer geworden war, in der nichts
mehr sich regte von all dem sehnsuchls.
heißen Hossen, dem wilden Glückver
ner Seit« stand und noch hinein in
seine Träume raunte Reue, nutz
lose. trostlose, hoffnungslose Reue.
Madeleine Madeleine!
W«nn es heimlich im Zimmer ra
schelte, fuhr er oft empor, wähnte ih
ren leichten Schritt zu hören, ei jit
fühlen, wie ihre Hand sich sanft aus
> seine Schulter legte und ihre weick.e
Stimme sprach:
„Was sinnst Du, Liebster?"
Herbe, stolze Lippen, die kühl ver
schlossen gewesen, um dermaleinst in
det, über ihn ausgegossen, was sie
an höchster Liebesfiihigkeit besessen.
Und er welches Bitterste, Grau
der gewaltsam seine Liebe zerschla
gen.
Sie haßt« ihn nicht! Freundlich
grüßte sie ihn, sprach zu ihm, wenn
sie ihn traf. Und ward ihm doch
plötzlich, als wäre wildester Haß ihm
lieber denn alle ihre Güte. Si«
sah, si« sprechen hörte.
Ein Ende finden! In seine Hand
hatte Madeleine es ja gegeben, dies
Ende, die Lösung ihres Bundes her.
beizusühren. Wartete sie vielleicht da
rauf? Zögerte darum, Falienhagen
zu verlassen, um ihn durch ihre Ge
genwart daran zu mahnen, batt> zu
Er hatte sich hingesetzt, ihrem No
tar zu schreiben, doch der Brief war
hielten seines Vaters Hände ihm die
seinen fest, als spräche vorwurfsvoll
mahnend des Greises Stimme:
„Warte noch, bis erstes Grün auf
meinem Hügel sproßt."
So wartete er denn; wartete, bis
der Frühling daher kam, der ihm
hartes Schassen brachte auf den ver
nachlässigten Feldern draußen, und
noch ein anderes mit sich brachte,
höher, hervordrängte zum Licht, wie
aus dem Winterschoß der Erde das
neue Leben die Sehnsucht nach ihr,
deren Weg er doch geflissentlich mied
Sehnsucht nach jedem Wort, das
einst ihr Mund zu ihm gesprochen
Sehnsucht, die aus den Tiefen oer
Erinnerung heraufholte, was da hin
abgesunken war, ihm selber unbe
wußt.
Sehnsucht Sehnsucht nach ihr
Madeleine sein Weib!
Zusammengebrochen war er, da er
es zuerst verspürt, in seine Hände hat
te er sein Haupt vergraben in wil
dem, hoffnungslosem Jammer.
Verloren verloren!
Da hatte er sie wiedergesehen
ganz von fern, auf ihrem Pferde.
Wie «in Toller war er ihr nachgejagt.
War nur ein Zucken in ihren
stieg nur ein Blutstropfen der Wirr
niß bei seinem Anblick in ihre Wan
gen, vom Pferde herunter wollte er
sie reißen, in seine Arme hinein, in
sein Haus hinein sein Weib, ihm
angehörend noch ihm angehö
rend
Da hatte sie, ihn gewahrend, mir
freundlichem Nicken ihr Thier ange-
An diesem Tage hatten sie einander
nicht gesprochen. Stumm grüßend
war er an ihr vorbeigesprengt.
Aber ein anderes sollte ihm der
Tag noch bringen, bevor er zur Ruit'
ging ein letzter, schriller Schlag in
Scherben. Auf feingestochener Karte
beehrte sich Konsul Gredighausen, die
Verlobung seiner Tochter Angelik.i
mit Herrn Doktor Fritz Ortlesf an
zuzeigen. ,
Angelika verlobt das holdselige,
weichherzige Kind wieder einmal
in Mitleid schwach geworden und
leicht getröstet, wie einmal Kinder
sind! Das war ja ganz in der Ord
nur darüber lachte, bis ihm die
n.s Freie schritt, die brennenden zu
iühltn im frischen Abendhauch.
Am blühenden Wiesenrain entlanz
in den Forst hinein, weiter und wei
ter, bis an der Lichtung des Waldes
plöxlich sein Fuß wurzelt«.
Dort so nahe scheinend, a!s
Vi ' dl '
StNle. '^K^
Welt hinaus.
scbald si« wollte. Und sie sollte es
keti'es Gutes thun.
seine Bitte erfüllte.
Würde sie kommen? Und wenn
sie law, wie würde er es ihr sagen.
nicht errieth
„Geh' fort von hier setze Berqe
Rinnende Minuten, von wilden
Herzschlägen gezählt und sie kam
nicht.
zwischen den Buchenstämmen ein
Heller Schimmer, der auftauchte und
verschwand und näher kam
Sie Sie! Madeleine Mit
stockender Stimme hatte er ihr den
Gruß geboten, den sie freundlich er
widerte.
„Du hast mich sprechen wollen
Hoffentlich um keines schlimmen
Grundes willen."
Er antwortete nicht sogleich. Em
Strahl, wie sie ihn nie zuvor in sei'
nen Augen gekannt, brannte dunle'.
auf sie hernieder, wie er über ihre
Hand sich neigt«.
„Ich danke Dir, daß Du gekommen
bist."
Auch in seinem Ton ein Fremdes
Neues. Fragend hob Madelein« den
Blick zu ihm.
„Was ist es. das Du mir sagen
willst?"
S«in Blick hing starr an ihr.
„Ich ertrage das alles so nicht
mehr! Das wollte ich Dir sagen!"
Hervorgestoßen hatte er es, und
sie senkte tief den Kopf. Der gro
ße, schwarze Florentiner, den sie trug,
überschattete ihr Gesicht.
„Ich verstehe nicht ganz sprich,
wie Du es meinst," sagte sie zögernd.
„Wozu an all das wieder rühren!
Zwei Menfckzen, die eingesehen haben,
daß sie Unmögliches voneinander
wollten und jedes für sich ein neues
Leben zu beginnen trachten, sollt«
nicht rückwärts schauen."
„Nein! Aber sie dürfen auch nichts
Halbes thun, wie wir wie- ich cs
thue und mich daran zerreibe."
Jählings war sie vor ihm stehen
geblieben.
„Was verlangst Du von mir?"
Ihr Blick, der scheu den seinen such
te, tauchte in Flammen, daß er ge
blendet hernieder zuckte.
„Frage nicht, Madeleine thue,
um was ich Dich bitte geh' fori
von Falienhagen weit, weit weg
und bald!"
Sie weicht zurück vor seinen Wor
ten, die sind wie ein Schrei
„Was willst Du? Bist Du nicht
frei von mir? Liegt es nicht in Deiner
Hand, das äußere Band zwischen uns
zu lösen? Was kümmert es Dich, wo
ich meine Tage verlebe?"
Blaß, regungslos steht sie da, ih
re Augen sehen verloren vor sich hin
aus in die grüne Waldeinsamkeit. E
bleibt still, bis sie, wie aus langem
Schlafe erwachend, die Hände hebt
und gegen ihre Stirn drückt.
„Du hast recht; zwei, die sich trenn
ten wie wir, die treffen sich nicht
ihre Wiesen und Aecker stehen. Ich
nicht mit mir —Ein ergreifend
leises Lächeln kam und ging um ihre
Lippen: „Ich sehe, daß ich mir',
täuschte. Ich versteh«, daß Du das Er
innern löschen willst. Ich will es
auch. Sobald in wenig Tagen Ulla
auf Hölfenstein ihre Hochzeit gefei
ert, verlasse ich Falkenhagen. Ick
Wunsch." -h' ' x, Wld tb
liebe Dich!" sich s '
vor ihr/hat sein Gesicht vergraben in
den Falten ihres Kleides.
Bewegungslos, als wäre sie zu
stalt. der plötzlich verlöscht, als stre:-
mer Kraft.
»Laß nicht! Kein neues Selbst-
nicht! Gehen will ich, bis"
Jhr ruft .Lebewohl —-
stalt ihm enteilt, als hätte sie Flil-
den Stamm des Baumes
der Madeleine gestützt, lehnt er d!«
Stirn
Am Ende —!
AIZ hingen Bleigewichte an seinen
Füßen, schreitet er vorwärts nach
Dort hinter den uralten Ulmen se'n
glückloses, einsames Vaterhaus und
dort hinter schwarzer Pforte lie
seine Gefährten hinfort feine
Todten. Rückwärts aber
Als brenne loderndes Feuer ihm im
Nacken, wendet er den Kopf, starrt,
verwandelt sich und wirst die Ar
me empor mit wildem Laute.
Mitten auf dem Wege, wo sie von
gereckt, das Gesicht weiß wie Blüthen
schnee. den Blick nach Ulmenhof ze
richte? Madeleine!
Nicht von ihm geschieden, zurück
gekehrt! Und hinweagewischt vom
Antlitz Stolz und Kraft und stille
Ruhe, als wären sie nie darin gewe
sen, nur Sehnsucht, verzehrende
Sehnsucht, die die Arm« breitet
nach seinem Vaterhause.
„Madeleine! Mein Weib mein!"
Stammelnd, jubelnd hat er sich ihr
entgeyengeworsen und sie an seine
Brust gerissen, als wolle er sie zerbre
cben, sic mit Küssen sie mit
Das Thor vom Ulmenhofe stößt
er zurück, und als ihr Fuß des Hau
ses Schwelle berühren will, hebt er
sie hinein trägt sich das Glück über
des Hauses Schwelle mit der Liebe
jauchzendem Siegesgeschrei:
End«.
Wer ander« «ine Grud« grSdt.
Eine amüsante Kulissen - Ge
schichte erzählt eine Pariser Zeit
schrift. In einem Borstadtthe^ter
in einem großen Heldendrama „Na-
Kaiser und d«n General Berthier.
Im dritten Akt sollt« der Kaiser vor
seinen Soldaten eine Proklamation
verlesen, die ihm der General über
geben. und da dies« Proklamation
ziemlich lang war. hatte der Schau
spieler sich nicht die Mühe gegeben,
sie auswendig zu lernen, sondern las
sie wirklich ab. Zu seinem Entsetzen
bemerkte er nun eines Abends, daß
Berthier, anstatt ihm wie immer das
beschriebene Blatt hinzureichen, mit
einem diabolischen Lächeln ihm ein
leeres Blatt Papier gab.
Was sollte er thun, wie sich aus
der Schlinge ziehen? Zuerst fiel ihm
nichts ein und er begann mit erstickter
kam ihm die Erleuchtung, er wandte
sich zu Berthier und sagte laut zu
ihm: „General, Sie, den man immer
an meiner Seit« gesehen hat, in
Aust«rlitz, in Jena, in Auerstädt, in
Eylau und Friedland, Sie, dessen
Tapferkeit sich so oft und glänzend
Beweis meiner Freundschaft, zum
Dank für Ihr« Hingebung und Ihren
Muth empfangen, General. Sie hab«n
er iderte schl 112 rti :
meine Wiege stand in keinem hohen
Hause ... Ich muß Ihnen zu mei
ner Schande gestehen, ich kann nicht
Und nun flüsterte Napoleon Berthi«r
in's Ohr. Der jetzt seinerseits Blut
und Wasser schwitzende Berthier
Aus der Zukunft. Ange
von Kleiii-Lisbeth hat sich einen hes
tigen Katarrh zugezogen. Ein guter
Bekannter des Papas erkundigt sich
Der Pechvogel.
„Also Sie glauben nicht, daß man
in Monte-Carlo Geld gewinnen
kann?"
„Das habe ich nicht gerade sagen
wollen. Sie können ein oder zwei Tage
Sie Glück haben. Aber das Endresul
tat bleibt sich immer gleich; ein Tag
ein altes Sprichwort... und das
Stammkapital geht schließlich auch
noch drauf...Die ersten Male em
pfindet man es recht bitter, aber
schließlich gewöhnt man sich daran,
„Ich kenne aber Jemand," unter
brach ihn Albert von Gienne, .dem es
anders ergangen und dem es gelungen
ist, das rebellische Roß, das wir
len!"
„Nein, durchaus nicht; es ist keine
eine Thatsache. Ich erzähle Ihnen,
was ich erlebt und gesehen habe."
„Wenige von Ihnen haben Georges
Gouard gekannt. So banal auch das
Lob sein mag, das ich ihm spenden
muß, er halte fast alle guten Eigen
schaften an sich, die ein Mann haben
kann. Seine breite, stolze Stirn zeugte
von Intelligenz und Offenheit, und sie
log nicht. Das schmale, reine Oval
seines Antlitzes wurde durch zwei klu
ge, frohe, stahlblaue Augen verschönt.
Ich habe Gelegenheit gehabt, ihn auf
die Probe zu stellen; ich habe ihn stets
tapfer und aufopfernd gefunden.
Außerdem war er ein Mann, der in
beitete; ein Frühaufsteher!
Den größten Fehler, den mein
Freund hatte, war der: er war ein
zu kämpfen halte, darüber lassen Sie
mich schweigen. Nach sieben Jahren
eines endlosen Kampfes lachte ihm
endlich das Glück; er fand eine ehren
hafte und glänzend bezahlte Stellung
in einem großen Banthause."
~Ja, in dieselbe Frau, und als er
sich sagen konnte, daß er der Gelieb
ten eine sorgenlose Existenz bieten
Ein Jahr später fiel das Bankhaus,
in welchem Georges angestellt war, wie
Er verlor seine Stellung, die er sich
mit viel Mühe errungen, gerade zu der
Zeit, wo seine Gattin ihm ein reizen
des Töchterchen schenkte!
daß das Unglück gerade ihn verfolgte?
Warum hatte er kein Glück? Gab es
kein Mittel, das Glück zu zwingen?
Dieser Gedanke verfolgte ihn den gan
ren?"
Heilanstalt?"
„Nach dem PKre-Lachaise?"
„Er reiste nach Monte Carlo.
Mißgeschick. Seine Reise hatte natür
lich nicht den gewünschten Erfolg ge-
Dieser ersten Reise folgte bald eine
zweite. Es wurde bei ihm zur fixen
Idee, daß das Glück, das ihn so lange
geflohen hatte, ihm endlich lächeln
müßte. ES kam nur auf das System
an!
kamen immer mehr ins Elend. Sie
lebten auf Credit, und als die Liefe
ranten sich weigerten, weiter zu bor-
Trödler. Aber die Hoffnung auf einen
unerwarteten Glücksfall verließ ihn
nicht einen Augenblick; dieser Gedanke
allein gab ihm die Kraft zu leben. Er
wußte so überzeugend zu sprechen, daß
ich manchmal selbst daran glaubte
und für ihn hoffte.
Stellen Sie sich mein Erstaunen
vor. als ich eines Morgens einen Brief
aus Monaco bekam, der also lautete:
Glück zu zwingen. Seit vier Wochen,
lieber Albert, d. h. seit dreißig Tagen,
gewinne ich mit einer Regelmäßigkeit,
die fast ans Phantastische grenzt. Ich
verfolge ein System, über welches ich
mir jahrelang den Kopf zerbrochen
habe, und es ist scheinbar gut. Zuerst
habe ich angefangen, IVO Francs zu
gewinnen, dann 200, dann MO. Jetzt
schon ist mein Kapital groß, und mein
täglicher Gewinn wird sich noch ins
Phantastische steigern. Nur noch vier
zehn Tage,
sche Epistel: Lieber Freund, damit Du
Namen beim Credit Lyonnais gezogen
habe. Laß Deine Blicke zärtlich darauf
ruben und schicke ihn mir umgehend
aus Svv.tXX) Francs!
„MO,(XX) Francs!" riefen mehrere.
„Sie haben diesen Check gesehen, ihn
ohne es zu ahnen. Aber noch ein wenig
Acht Tage später erhielt ich aus
Marseille folgendes Telegramm:
bei mir. Brieftasche und Taschen sind
vollgestopft. Fahre mit dem Süd-Ex
preß. Bin Montag früh 3:53 Uhr in
Paris".
Ich muß Ihnen gestehen, meine
sichter.
Bald sollte ich den Grund erfahren.
Ein furchtbares Eisenbahnunglück
hatte auf dem Bahnhofe in Charenton
stattgefunden. Der Süd-Expreß war
mit einem andern Zuge zufammenge
ten.
eine» Eindruck, den man nie wieder
vergessen kann. Das Klagen und Aech
zen der Verwundeten zerriß einem die
einem das Herz still zu stehen drohte.
Nie hätte ich geglaubt, daß solche Lau
te aus einer menschlichen Kehle kom
felt nach Vater, Gatten oder Sohn.
Es war furchtbar!
Auf der Unglücksstätte halfen
ten. Beim Anblick mußte man vor
Entsetzen erbleichen. Blut, nichts als
Blut, verstümmelte Leichen überall.
Ich rief laut: Georges! Aber meine
Stimme verlor sich in dem Stöhnen
Für die Küche.
Gedämpfter Haddock. Wenic
der Fisch geputzt und abgeschuppt ist.
wird die Haut abgezogen und daT
Fleisch vorsichtig von den Gräthen ge
löst, in die Pfanne gelegt, mit perube
nein Käs« (Parmesan- oder Sch>o«i
z«rkäse) und Paniermehl und Salx
bestreut. Dann wird Butter zer'afsen
und Petersilie kurz darin gedämpft.
Dies gießt man über den mit Citro
nensaft beträufelten Fisch und läßt
alles zusammen etwa eine viertel bis
eine halh« Stunde dämpfen. Man ler
virt «ine feine Sauce hollandaise dazu,
und um die zur Sauce nötbige Fisch
brühe zu erhalten, müssen die Grätben
und der Kopf abgekocht werden. Es
empfiehlt sich, die Fischportionen etwas
reichlich zu bemessen, denn das Übrig
gebliebene giebt im Verein mit der
Sauce hollandaise einen ganz vorzüg
lichen Fischpudding.
Pikantes Ka-toffelmu s.
Die geschälten, in Stücke geschnittenen
Kartoffeln werden in Salzwasser gar
gekocht, abgegossen, abgedämpft und
dann durch den Kartoffelquetsche! ge
drückt. In einer Kasserolle läßt man
etwas Milch erwärmen, giebt ein
Stückchen Butter dazu, schüttet die
Kartosfelmasse hinein und kocht sie
unter beständigem Rühren recht glatt.
Wird das Mus zu steif, muß genü
gend Milch nachgegossen werden; man
thut daher gut, diese Reserv«milch ge
wärmt bereit zu halten. Das Mus
wird dann nach Salz abgeschmeckt,
schnell mit I—Obertassen1 —Obertassen voll
geriebenem Schwei,rrtäse durchge
rührt und in erwärmter Schüssel an
gerichtet.
Geschmortes Kalbfleisch.
Man läßt etwas zerschnittenes Sup
pengrün, ein bis zwei klein« Zwiebeln,
einig. Pfeffer- und Gewürzkörner in
Pwt Wasser eine Stunde kochen
und gießt die Gemllsebrühe durch ein
fori weich geschmort.
Geröstete Leberschnitten.
Gebern von zahmem oder wildem Ge-
Weibbrotschnitten gegeben.
Koteletten von Rinds-»
suppenfleisch. Das kalt ge
wordene Fleisch wird in nicht zu
mitbraten lassen.
Gebackenes Haschee. Man
hlickt beliebige gelochte oder gebraten«
tiefen Teller voll geriebener,
Tags zuvor gekochter Kartoffeln,
Salz, Pfeffer, geriebene Semmel, ein
Ei und ein paar Löffel saure Sahn«
mit dem Fleisch, daß die Masse breiig
erscheint (man kann auch
bestrichene Form und läßt das Gericht
in mäßiger Ofenhitze eine Stunde
backen.
Schw«in«sleisch-Ragout.
Man schneidet die Reste von gelochtem
oder geschmortem Schweinefleischs oder
beiseits, bis man die Sauce fertigge
macht hat. Dazu läßt man zwei bis
drei Löffel Mehl in zerlassener But
ter bräunen, verkocht diese Einbrennt
mit Wasser oder Brühe, giebt Salz,
etwas Psesfer und milden Essig,
klein« in fein« Streifen geschnittene
Mixpickels und Kapern, fowi« ein
Stück Würfelzucker dazu, läßt Alles
mit etwas Weißwein und Citronen
faft pikant und läßt die Fleifchwürfel
in der heißen Sauce aufwärmen. Ko
weil sie dann hart werden.
Hammelfleisch mit Rüben.
Man schneidet oder hackt ein Stück
Hammelfleisch (die Rippe) in Stücke,
wällt sie in schwach gesalzenem, sie
dendem Wasser ab, kühlt sie mit fri
schem Wasser, läßt sie abtropfen, be
stäubt sie mit Mehl und legt sie in
eine Kasserole mit siedender Butter,
in der man sie etwas andünllen und
gelblich werden läßt. Dann gießt man
kochendes Wasser dazu und läßt das
Fleisch langsam weich dämpfen. Di«
geputzten, mit warmem Wasser ge
wenig Wasser nebit Butter oder Fett
langsam halbw«ich gelocht, giebt si«
zu dem Fleisch, aber so, daß die
Brühe nicht zu läßt al-
in Butter brau gero tekm