Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, October 19, 1911, Image 6

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    kleine Rosa
Mit Veilchenduft, der theuer ist,
Bespritzt sie starl ihr Taschentuch
((Sie spart nicht mit dem Wohlge
ruch!)
Desgleichen auch der Locken Pracht,
(Die zwar aus fremdem Haar ge
macht),
Die Handschuh, wie das ganze Kleid,
Das da verschönt die holde Maid.
So geht sie freudig fort vom Hau?
Und schaut nach jenem Jüngling aus.
Der einst, sofern das Schicksal sällt,
Als Gatte ihr würd' anvermählt.
Und wartet auf den Hirzensschatz.
Der zeigt sich bald, und das ist gut;
Bon Weitem schwenkt er schon den
Hut.
Fräul'n Rosa mit dem Taschentuch,
Erfüllt vom süßen Veilcheng'ruch,
Winkt ihn beglückt zu sich heran;
Der starke Duft lockt sie herbei
Wes b'sond'rer Art dies Blümelein,
das dorten blüht am Straßenrain.
O jeh, es fällt das Bienenheer
Ganz wüthend über's Fräulein her!
nicht,
Die Hände, Hals und das Gesicht
Mit Stichen wird es voll bedeckt,
Bis sich die Brut hat satt geleckt.
Doch wi« sie wieder weg, o Graus!
Wie steht da unsre Rosa aus!
So rund wie ein' Kartoffelknoll'
Ihr Antlitz in die Dicke schwoll;
Nicht reizt ihn Wangen
Mit langem Schritt nimmt der
Falott
Jetzt Reißaus und läßt steh'n allein
Ja, 'n Rendezvous wohl stets erfreut
Der Mädchen Herz; doch Eitelkeit
Verdirbt manchmal das „hohe Zi«N
Der Lügner. „Also, Ange-
„Nach wochenlang«m Suchen habe
ich endlich eine passende Wohnung ge
funden, und nun gefällt sie meiner
Braut nicht!"
„„Na, so suche Dir doch eine an
dere!""
sagte die junge Frau, da frug der
Gatte b«im Essen, was sie eigentlich
gekocht habe.
daß ihm fein dreijähriges Söhnchen
seine felbsiversaßten Gedichte zerrissen
habe.
„Das ist eine leere Ausred«",
sagte die Kellnerin, da hatte H«rr
Pumpmaier angeblich sein Portemon
— meinte W«inhändler Panscher, da
sollten seine Leute wenigstens den
Kasten mit den Etiketten retten, als
plötzlich Feuer in dem Weinlager
Tie Ebbe.
Monats.
spritz'st,
Der Menge Jubel aus;
Hotline"'" dich he'lus?'
Boshaft.
Junge Frau: „Jetzt wollte ich
Au! In der letzten Operette
„Es ist ihm halt gegluckt."^
Die Mode. Eine Schau
spielerin schwärmt von den Himmel-
I. I. Gruber sel. Wwe.
(Zürich).
In meiner Schulzeit ging ich vier
mal jeden Tag an einem blitzenden
Messingschild vorüber.
I. I. G r u b e r s - l. W w e.
stand darauf. Klare ehrliche Buchsta
ben waren das. Keine so verschnörkel
ten Tanzlettern von heute, die betrun
ken durcheinanderfallen, wenn man sie
scharf ins Auge saßt.
Es gibt Schilder, an denen man
blind vorübergeht: man sieht sie nicht
Dutzendschilder. Sie sind wie Dutzend
gesichter, die das Leben auf der Stra
ße täglich an uns vorüberspült. Aber
Gesichter und Schilder gibt es auch.
leicht und oft sie auch durch unseren
Gesichtskreis huschen.
Ein solches Schild war das von
„Gruber sel. Wwe." Ich las es vier
mal am Tage gewissenhaft, ein halbes
Dutzend Jahre lang, immer wieder,
immer wieder, bis es schließlich ein
Theil von mir selbst wurde. So eine
Firma ist ein eigen Ding. Ein Wesen
für sich. Was freilich hinter dieser
Firma war, was wußte ich davon?
So gut wie nichts. Und doch ward sie
in mir lebendig mit der Zeit. Stellte
sich täglich an die Straßenecke auf
meinen Weg, funkelte auf und sagte:
„Du. paß auf, hier bin ich: I. I.
Gruber sel. Wwe."
So bekam das Schild Gewalt über
mich. Nicht über mich allein. Ueber
hunderttausend Leute bekommen Schil
der. Namen und Devisen auch Gewalt
Ich sprach es laut aus, wenn die
Straße leer war. Einmal entdeckte ich
einen versteckten Rhythmus in der
Firma auf dem blanken Messingschild
wir lernten damals in der Schule
und wenn ich vorüberging, skandirten
meine Füße einen leidlichen stebenfü
ßigen Jambus zu Ehren der seligen
Wittwe von I. I. Gruber.
Denn ich glaubte damals steif und
fest, eine selige Wittwe stünde an der
Spitze des Geschäftes. Was ist das,
selige Wittwe? frage ich mich. Ist sie
todt und im Himmel? Aber von dort
konnte sie unmöglich ein Speditions
geschäft leiten! Also lebte sie. Wie sie
wohl aussah, diese selige Wittwe? Ich
stellte mir eine wunderschöne Frau
vor, hoheitsvoll, „selig" wie ein Engel.
Einmal ging ich in aller Früh die
Straße herab. Es war fast noch dun
kel. Zwei Studenten kamen von einer
Stock die Rolläden herunter, daß es
rasselte. Ich hatte nichts dagegen und
fand es gar vergnüglich. Aber als der
andere an dem blitzenden Firmenschild
von I. I. Gruber sel. Wwe. vorüber
ging, da hieb der Mensch mit dem
Stock auf die selige Wittwe, daß es
prasselte. Ich war entsetzt, empört und
nahm meinen Jungenmuth zwischen
meine Hände, schrie: „Sie! Das dürfen
Sie nicht thun!" und rannte davon.
Natürlich klopfte jetzt der Mensch
erst recht mit Leibeskräften auf das
Schild. Als ich von der Schule kam,
war es ganz zerbeult, und von der
seligen Wittwe war das „s" vernichtet:
„el. Wwe." war jetzt darauf zu lesen.
Als ich davor stand, sagte hinter mir
heißt? Elendige Wittwe heißt
das." Sie lachten, und mir that ihre
Roheit weh. Ich fühlte mich in der
seligen Wittwe mit beleidigt. Aber am
nächsten Tage schon glänzte ein neues
ihn noch mal so gern. Er war im
Wasser, das die Mädchen dort ver
schüttet hatten. Dann war es höllisch
' 't d
Aufstieg in dem Hause von I. I.
Gruber sel. Wwe. Wie wir es auf
Bildern gesehen hatten und in Vii
recht aneinander. Der erste klirrte mit
als letzter durfte aus der Gletscher
breit wie ein doppelthüriger Kleider
schrank. und wälzt- sich auf uns zu
wie -ine Lawine. Unser Mittelmann
erkannte die Gefahr, schnitt rasch das
Seil hinter sich durch und entwischte
mit dem ersten schnell treppauf. Mich
hinderte die verwünschte Gletscherbrill«
an der Uebersicht. So erwischte mich
die wüthende Lawine, knallte mir eins
um die Obren, daß die Brille auf de,
Eifentreppe brach und schrie mich an
„Du langer Stinggel, Du miserab
Dazu lachten die Geretteten vor
droben. Es war scheußlich. Auch das
daß sie mich von da ab den langer
„Was? Die selige Wittwe!" Es
Diese Furie, die mich verhauen hatte,
war die selige Phantasie-Gestalt, die
ich in jahrelanger Spintisirerei in das
ersten Mal die gramma!ische Möglich
keit dämmerte, daß das Adjektiv
„selig" ein nachgesetztes sei und von
rechtswegen zu Herrn „I. I Gruber"
gehörte. Zu I. Gruber selig, der
trennte. Immer ungewisser wurde mir
die Seligkeit, die das Schild im
Schilde führte. Bis sich eines Tages
Das kam einige Jahre später, als
ich das Tanzen lernte. Es war drei
Wochen nach Beginn des Kurses. Da
den an diesem Abend zum ersten Male
auf „einander losgelassen", wie mein
Onkel despektirlich sagte. Wer kennt^sie
ersten Schüchternheit? Ich aber hatte
Glück. Meine Partnerin war für mich
mit resolut. Und schön und lieb war
sie auch. Wie das eben geht in diesem
Alter: Ich war im Handumdrehen bis
über die Ohren verschossen in sie. Sie
auch ein bissel, glaube ich. Und der
Herr Tanzlehrer sah wohlgefällig zu.
Plötzlich aber kam er auf uns zu und
sagte:
„Ei, Sie sind sich ja noch gar nicht
vorgestellt, meine Herrschaften. Erlau
ben Sie mal: Herr Bäcker Fräu
lein Gruber."
„Doch nicht Gruber sel. Wittwe?"
„So heißt unser Geschäft", sagte sie
Also doch bestürzt sah ich sie an.
Aber es war nichts von der Schreck
lichkeit der un —seligen Mutter an ihr
Sie war voller Nettigkeit und Lieb
lichkeit um und um. Was soll ich noch
bekennen? Es wurde die erste Liebe
daraus. Die erste Liebe in all ihrer
Süße und himinelstürmenden Ueber-
Der kleine Leutnant.
pinasse mit den letzten Passagieren
di« Mol« v«rli«ß, um d«n Reichspost
dampfer zu gewinnen, der mit dick
jüngste Schiffsoffizier und sah mit
dem Zahlmeister die Passagierliste
„Was Weibliches. Ulbert?"
„Nichts, Vi«rt«r. Arm«r Vierter!
Lauter Schutztruppler.
Sie haben die Deckwache? Es ist
da ein Leutnant zwischen, der das
„All righl," sagt« ich.
Da kam die Pinasse. Sie rollte
Abends, und der Erste Offizier halte
brück« und sah in's Wass«r. Als ich
anderen Seite eine Gestalt, die sich
schwer auf d«n Krückstock stützt«.
Ich ging hinüber.
„Jst erlaubt, von Ihrem Capitän."
Er stellte sich vor: „von Rav«n!"
Eine gelenkig« Gestalt, an d«r sicher
Auf der Stirn lagen in dicken,
blauen Streifen die Adern. Die
Augen glänzten mit jener verschwom-
Eines Abends, als ich mit mehre
ren Passagieren vor m«iner Kammer
einen Steinhaufen geschichtet. Und
jetzt geht der Jungst- mit zerschosse
nem Bein nach Hause. Mit einund
zwanzig Mann waren sie Vorposten
auf Oehlkers Farm. Und als das
Raven sechs Mann zur Wasserstelle.
Worte zu lesen: „So rächen wir."
Da sagten sie kein Wort. Aber in
ihren Augen glimmte es düster, und
die harte Hand faßte fest nach dem
Kolben, als sollte er brechen.
Si« gingen daran, die Körper mit
Steinen zu bedecken. Der Abend mit
schweren Schatten stahl sich in die
graue Steinschlucht da kam die
Rache. Beim ersten Aufblitzen sanken
zwei Reit«r von den struppigen Gäu
len. Dem kleinen Raven aber hatten
sie das Bein kaput geschossen. Schon
war «r im Sinken, da riß ihn d«r
bärtige Feldwebel auf's Pferd zum
Todesritt.
Achteran ritt die Räch«.
Am nächsten Tag« entsetzten wir
Oehlkers Farm, da der Tod schon
über die grauen Steinmauern grinst«.
Und hint«r den Mauern lag der klein«
Raven, den abgeschossenen Karabiner
neben sich, und lachte gellend, daß es
weit in's Ve'.dt klang. Im Delirium.
Seitdem duzen sie sich.
wir uns zum Abschied di« Hand ge
drückt. Auf dem Vordeck standen
achtzig Reiter im Khaki, das zerschlis
sen war. Und «in paar Offiziere im
schmutzigen Corderoy und in abge
schabten gelben Reiterstiefeln. Die
Leute zum letztenmal in Reih und
Glied in der Uniform, die sie drau
ßen im Veldt getragen. Jeder Offi
zier ging die Front ab und gab seinen
Reitern zum „Fahrwohl" die Rechte,
ohne ein Wort, nur in die Augen
schauten sie sich. Aber als der kleinste
Leutnant zu seinem bärtigen Feld
webel kam, fiel der Krückstock und vier
Hände drückten sich.
Ich mag den Adel nicht leiden.
Das kommt vom Großvater, der
Bauer war. Und der Adel ist der
größte Widersacher der freien Bauern.
Augen, die links von mir auf dem
Promenadendeck beim Petersenkai
stand, und die zwei Söhn« draußen
dem Vaterland zum Opfer gebracht
hatte, und den kleinen Leutnant mit
dem zerschossenen Bein, der seinem
Feldweb«! die Hände zum Abschied
drückte: die beiden achte ich nicht nur
ich liebt sie.
Nur. „Wie isss denn Ihren
beiden Kollegen aus der Gebirgstour
„Der Meier hat sich verlobt."
„Was Sie sagen, und der Müller?"
„Der hat nur den Arm gebrochen!"
Stille Wasser.
Die Naive. A. „Wie gefällt
Ihnen unsere Naive?" Z. „Das Al
ter ist das einzige, was ich an ihr
hochschätze." A. „Und was halten
Sie von der neuen Schauspielerin?"
Talent."
Vorsichtig.
Bahnwärter: Warum fahrst net nüber übers Gleis?
Bauer: Es könnt a Zugle tomma. —'
Bahnwärter: Keine Spur es kommt erst in zwei Stunden ein
So n wrt hlt so'lang?
terhalten?" Die kleine Else: „Ich
noch so naiv."
Ein Str« ber. Onkel: »Was,
zwanzig Dollars hast Du für diesen
ruppigen Köter bezahlt? Nicht ge
schenkt möchte ich das Vieh haben!"
Neffe: „Im Vertrauen. Onkel, es ist
!in ganz naher Verwandter vom Azor!
meines Vorgesetzten!"
Müller <der mit seinem Freund Schulz und dessen Frau in einer
Kneipe sitzt): Na, Schulz, wollen wir noch einen genehmigen?
—Er kennt sich. Zuchthz»sdi
reltor (bei der Entlassung eines Un
verbesserlichen): „Es ist heute schon
das vierte Mal, daß Sie diese Mau
ern verlassen hoffentlich sehe ich
Sie aber nicht wieder hier!" !
Herr D rektor schon pensiomxn la>
das Wort „Mythe"! Vater: Hm. .
dann ist es bittere Wahrheit!
Akademiker. Man über
redete Mahly, sich um einen Sitz in
ich in der Akademie wäre", antwor
tete Mahly, „würde jeder sofort fra
gen: Warum ist er darin? Mir ist
hinzugefügt: „Aber nur, wenn das
Haus nicht ausverkauft ist." Er be
kam eine Stunde später als Antwort
die Freiloge mit der Antwort zuge
schickt: ..Die Direktion bedauert,
Ihrem Ansuchen heute leider ent»
sprechen zu können. Es ist gut.
Rekord. Man fr>>zte einmal
Brahms: „Was halten Sie von der
Unsterblichkeit?" »Wenn sie heui-