Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, September 14, 1911, Image 7

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    N? Ralll vom UnuM.
i Roman von H. ». Erlin.
(12. Forlsetzung.)
Von Falkenhagen das Scheiden
schwer? N«in, kein Selbstbetrug! Ein
heimliches Warten und Hoffen, als
letzten Abschied von 'ihr nehmen
als müßte Angelika zurückkehren nach
dem Ulmenhose.
Dorthin zurück
Angelika hatte keine Ruhe daheim,
kein Interesse für die beabsichtigte
gemeinsame Sommerreise. Das ele
gante Nordseebad, das ihr so ver
lockend erschienen war, hatte seinen
Reiz v«rlor«n. Die kahlen DUnen
ziige, wie waren sie öde im Vergleich
zu dem sanftgeschwellten Abhang der
grünen Wiesen des Ulinenhoses
und das Tosen der Wogen, wieviel
weniger würde es zu ihr sprechen,
als das' leise Plätschern der Wellen
in dem Bach, darüber die Weiden sich
neigten. Und all di« Bekanntschaften,
die sie dort machen würde, all die
Huldigungen, die vielleicht ihrer war
teten, wogen sie wohl den heimlich
.sanften Druck «iner bebenden Män
nerhand auf, galten sie wohl so viel
wie ein einziger Blick aus zwei dunk
len Augen Augen, die aus allem
beneidenswerthen Reichthum heraus,
hinweg von der eleganten Frau, hin
überschwtisten zu ihr, nur sie suchen
nur sie sehen würden wenn si«
es wollte.
Sie wollte es nicht. Aber
mußte sie daraum auf das verzich-
Glück bereitete.
Der Konsul machte ein befremdetes
Gesicht, als Angelita schüchtern den
Wunsch äuß«rte. Seine Augen Hes
sen Grabe hin?
Sie senkte den Kopf, als er in
gütigem Tone zu ihr sprach, sie von
Röthe überzogen:
„Ich möchte doch vielleicht nicht
dortbleiben, aber doch noch einmal
dahingehen b«vvr wir reisen —"
Zum letzten Male den Weg
durch den Wald von Faltenhagen
wandern, bis dahin, wo das Buchen
grün sich lichtete, wo der Wiesen
grund sich aufthat und am Bach der
schmale Pfad hinlief zum Ulmenhofe.
Zum letzten Male den Blick hinüber
wenden, in seinem Herzen den letzten
Abschieds von ihr, dieser
Zum letzten Male und dann
zurück nach Falkenhagen, zu seinem
Weibe! Madeleines Hand fassen und
es ihr sagen:
Am Waldrand war Hartmut ste
hen geblieben. Doch seine Augen
wanderten weiter, den schmalen Pfad
Tag.
gewahrt hat, fliehen, solange es noch
Zeit ist, sieghaft bleiben, wo nahes
Unterliegen droht! Umkehren, wie
Pflicht und Ehre es ihm g«bi«ten!
Aber langsam, wie in Fesseln
schreitend, bewegten sich seine Füße,
gingen gingen vorwärts, wohin die
Liebe ihn zog.
Der weiche Wiesengrund fängt sei
ne Schritte auf; Angelika merkt noch
immer nicht sein Nahen. Ohne sich
zu rühren, sitzt sie da. das feine
Oval Gesichtes ihm zugekehrt.
Fest und hart ist sein Fuß plötz
lich aufgetreten, als trete er etwas
nieder. Und sie fährt zusammen,
stößt «inen leisen Schrei aus »nd
sich ih»>. zu.
Tvdten Seele vielleicht, die ihr kind
licher Glaube oroben in dem lichten
Himmel sucht, zu dem voll Sehnwät
ihre Augen sich hoben, statt lachend
über die Erd« zu schauen. Musste
er so ihr Wort verstehen, so noch
einmal die Erinnerung an sie mit
sich nehmen, die ihn nicht freigeben
würde mit ihrem quälenden, heimlich
anklagenden „durch deine Schuld!"
Am VacheSrand, zu ihren Füßen,
hat Hartmut sich niedergelassen.
„Angelika, mir ist. als sollte ich
Ihnen heute Lebewohl sagen für alle
Zeiten," ruft er. „Aber zuvor
lassen Sie uns einmal zueinander
sprechen, wie wir noch nie gesprochen
haben, frei von Scheu und ohne
flüsterte sie:
„Was soll ich Ihnen sagen?"
„Nur mir Antwort geben, wenn ich
muß: Trauern Sie noch immer .n
gleicher schmerzlicher Sehnsucht um
den Todten? Glauben Sie noch nicht,
daß Sie eines Tages überwinden
vergessen werden?"
Abirehrend hebt sie die Hände ge
gen ihn.
Er beißt die Zähne zusammen.
Selbst das Wort vermag sie nicht
zu hören, das von Vergessen redet.
Trotzdem fragt er weiter:
„Soll Jhr ganzes Leben, all Ihre
Jugend nur dieser einen Liebe nach
trauern, die im Grabe ruht?"
„Liebe —sie spricht das Wort
nach, als hätten ihre Lippen es noch
nie gekannt. Und in ihren Augen
liegt etwas Starres, ein Grausen fast,
das Grausen jener letzten Wochen,
wenn der langsam Sterbende mit sei
nen erkaltenden Fingern nach ihr ge
tastet, wenn seine kalten Lippen nach
ihrem lebendigen Hauche verlangt hat
ten.
Und an ihrem starren Blick hängt
ein anderer, als ob er etwas aus ih
le Wahrheit dessen, was da in ihren
Zügen ringt, was entsetzt aus ihren
Augen schaut und was nicht Lie
be ist!
HÜrtmut hat sich zu ihr gebeugt,
„Angelika warum wurden Sie
meines Bruders Frau?"
„Weil ich gut machen wollte und
weil er mir leid that."
Sie hat es hervorgestoßen, hervor
geschluchzt, von seinem Willen be
zwungen, sie, die keines eigenen Wil
lens Kraft kennt.
Vor ihr thut sich dunkelgähnend
ein Abgrund auf, und er ruft ihr
zu:
„Gutmachen was denn? Was?
Meine Schuld? Mein Verbrechen?
„Weil es doch um mich geschah
und weil weil ich doch wußie,
was keiner weiß
„Was wissen Sie, Angelika?"
Die Stimme versagte ihm fast.
Wie im Wirbel bewegt sich sein Den
ken. Die Wahrheit wußte si«
die? hatte Oswald die ihr be
kannt?
„Was wissen Sie, Angelika?"
Seine abermalige Frage zwingt sie
zur Antwort, und stockend flüstert
„Wie es geschah was Sie tha
ten thun wollten warum er
fliehen mußte denn ich wie
sie ihn in das Haus getragen hatten
da in Ihrem Zimmer am Boden
die Pistole ich .hob sie auf. habe
sie versteckt und habe keinem, keinem
etwas davon gesagt und habe doch
immer ein Gefühl gehabt, als wäre
ich mitschuldig geworden —"
„Angelika" «in dumpser Laut,
ein Schluchzen —, „Mitschuldig an
meiner Schuld und geopfert, um
meine Schuld zu sühnen
ist es so. Angelika?"
Kein Ja, kein Nein. Sie hält
die gefalteten Hände gegen die Lip
pen gepreßt, als wolle sie so diese
schließen.
Da zieht er ihre Hände herab uyd
fragt mit unnatürlicher Ruhe:
„Angelika, wenn Si« nicht aus Lie
be meines Bruders Weib geworden
sind wen haben Sie denn geliebt?"
Kein Wort, nur ein schwach ver
hallender Laut und ein Blick, der ihm
alles verräth.
„Mich, Angelika mich —?"
Sein Haupt ist auf die Brust ge
sunken. Dann hebt er den Blick wie
der langsam und schwer zu ihr. und
mit brechender Stimme fragt er:
„Und heute heute?"
Ihre Augen blickten scheu zu ihm
auf, gluthrothe Scham bedeckte ihre
Sie hatte es herausgestoßen, sich
fahren
„Was habe ich gethan o Gott,
was hab«n Sie mich thun lassen!"
Voll zitternder Furcht ihn abweh
rend, floh sie von ihm hinweg.
Er starrt dem lichten Kleide nach,
um ihn her wird es dunkel, und nur
eines blieb bei ihm zurück in der
Einsamkeit: ihr «ntsetztes Erinnern:
i „Madeleine —"
j Wie vom Sturm getragen, eilt
er nach Falkenhagen zurück.
AmFenster steht Madeleine und harrt
aus sein Kommen. Durch di« Thor
fahrt tritt er herein mit eilenden
Schritten, die langsamer werden, zö
gernd stocken, als er vor sich das
Haus sieht, darin sein Weib seiner
wart«t.
Vom Fenster weg ist Madeleine
in das Nebenzimmer geeilt, hin zu
dem Flügel; sie beginnt zu spielen.
Jhr reiches Hausgewand aus wun
breitet sich über dem zarten Grau
d«s 'Teppich aus. Ein kleiner Aus
schnitt, von einer stumpfen Goldborde
edlen Nackenlinie frei. D«r Kopf
mit dem klassisch feinen Profil ist
leicht geneigt, wie herabgezogen von
dem Hartmut schon «inmal auf La
malta voll entzückter Ergriffenheit ge
lauscht hat spielt es mit jeder
Fiber ihres Wesens, mit jedem Puls
schlag ihres Herzens, um ihn her
beizurufen, um in feiner Seele einen
den Töne, er steht lauschend auf der
Schwelle, und sein« Augen sind fist
gebannt auf der vornehmen Frauen
gestalt. Alles, was er je für sie em
pfunden, womit er sie empor geho
ben hat über gewöhnlicherer Frauen
Art, quillt in ihm auf, drängt hin
! len^hel'fen^"
Er stürzt vor ihr nied-r, drückt den
' Kopf in ihren Schoß und murmelt:
! „Madeleine —"
I Unter ihren Händen verhallten die
Töne mit einer Dissonanz, und in ihr
jubelt es auf wie klingende, singende
> Seligkeit, wie jauchzendes Glück, un
ter dem fast das Herz zerspring«»
will. Er, nach dem ihr« Seele ge
rufen, er ist gekommen! Sie hat ihn
wieder, hält ihn ihn, der der ihr«
sein will nur der ihre
„Hartmut Du Liebster,
Liebster Du!"
! Sie hat seinen Kopf mit beiden
Händen zurückgebogen, neigt sich
über ihn, senkt tief den Blick in fei
ne Augen, sieht sieht das Fleh?n
darin, den Hilfeschrei, d«r nun von
seinen Lippen bricht:
! „Madeleine, Du mein bester Freund,
' mein getreuer Kamerad sei es
mir jetzt in dieser Stunde!"
Von seinem Kopf sind ihr« Hän
de zurückgesunken, über ihren Augen
haben die Lider sich geschlossen
so sitzt sie starr und bleich. Keine
Frage ist nöthig. Sie weiß, was ihm
geschehen ist, was ihn so zu ihr
führt.
! „Du kommst von Angelika?"
„Ja, ich komme von ihr. Ohne
daß ich sie suchte, ihr begegnen wollte,
i traf ich sie."
Seine Hände, die in ihr«m Schoße
ruhen, schiebt sie sacht von sich, steht
auf, tritt langsam "von ihm hinweg
zu d«m Fenster, dessen schweren
Sammetvorhang si« schließt, und dann
läßt sie sich, der dämmerigen Hell«
den Rücken zugekehrt, in einen hoch
lehnigen Sessel gleiten. Von da
klingt ihre Stimm« zu ihm weich
laß uns beide den rechten Weg su
chen, der aus dieser Wirrniß heraus
führt."
Die gute Stimm« gut aus Gu
te, nicht aus Schwächlichkeit Güte,
die Stärk« ist, Kraft
Mehr noch als ihre Worte hört
er die Stimme, fühlt ihren Klang.
„Den rechten Weg, es gibt nur ei
nen einzigen noch nach heute. Ma
beide es glaubten. Was auf dem
Ulmenhofe Unglückliches geschah, das
hat nicht nur ein Opfer gefordert
Angelika wurde das zweite wur
de es, weil si« glaubte, gut machen,
mein Verbrechen war."
„Hartmut!" dicht vor ihm steht
Madeleine, und ihre Finger um
klammern sein«» Arm. Angelika ist
Deines Bruders Frau geworden --
„Zu einem andern."
~Und dieser andere Du. Hart
mut?"
heute sie selbst?"
„Frage nicht, Madeleine, suche zu
begreifen. Sei gut. fei groß! Du
allein bi>l es, die helfen kann."
„Ich will Dir helfen. Sprich,
In ihm drängen sich die Gedanken,
wie er «s ihr sagen, es umkleiden soll,
daß es nicht allzu rauh, zu unver
mittelt trifft. Und dann löfen^sich
de:
„Gib mich frei!"
Madeleine weicht von ihm zurück
und streckt die Hände in starrer Ab
„Das dieses Letzt« forderst Du
von mir von Deinem Weibe?"
Er sieht, was er ihr anthut, und
das H-rz krampst sich ihm zusammen,
„Vergib mir, Madeleine, was ich
an Dir sündige, aber ich kann,
ich kann ja nicht anders! Ich habe ge
gen diese Liebe gekämpft, es war
vergeblich. Sie ist in mich hinein
gewachsen, und ich kann die Wurzeln
»ich', herausreißen, ohne mich selbst
Ties in die Lippen hinein hat Ma
deleine die Zähne gegraben, den
Schmerz hinabzuzwingen, der sich äch
zend Bahn brechen will. Dann steht
sie wieder vor Hartmul, hat aus sein«
Schultern dir Hände gelegt, als w?l!e
si- an 'hm rütteln, daß die klare Be
sinnung ihm zurückkehre.
„Warst Du so unglücklich an mci
>!«r Seite, Hartmut? Habe ich Dir
nichts gegeben, was Dir auch gegen
mich Pflichten auferlegt? Was willst
Du denn? Unsere Ehe lösen, um -ine
neue mit Angelika einzug«h«n? Und
glaubst Du denn, daß Du darin Dein
Glück finden würdest, mit dem Be
wußtsein, was Du mir angethan?"
„Und wenn es nie wieder «in
Glück für mich gäbe, ab«r ich kann
«in Leben der Lüge nicht länger er
tragen! Wie sollen wir denn weiter
leben miteinander nach dieser Stunde?
Unsere Ehe hätte nie sein dürfen,
denn sie ist auf einem Irrthum auf-
Madeleine sei gut, sei groß laß
uns den Irrthum lösen gib mich
frei!"
„Nein!" Ein Wort wie eine eherne
Mauer. „Und abermals nein
„Nein! Ich halte fest an Dir
denn Du bist mein! Mein durch das
Recht meiner Liebe. Und bevor ich
nicht erkannt habe, daß über dieser
eine andere, höhere steht, von der Dir
ein besseres Glück kommen muß, als
ich es je Dir bringen könnte, gebe ich
Dich nicht frei. Du kannst Dich
von mir mit Gewalt lösen frei
willig aber lasse ich Dich nicht
" Ihr Gesicht ist weiß und starr, ihre
Gestalt hochaufgerichtet, wie si«. an
ihm vorbeischreitend, ihn verläßt.
Dann ist sie in ihrem Zimmer al
lein. Noch immer liegt aus ihrem
Gesicht der Wille: „Ich halte Dich
und zwing« Dich doch noch dereinst
Zwingen? Läßt sich Liebe denn
erzwingen? Erzeugt jeder Zwang nicht
Haß und Widerwillen?
Hilfesuchend streckt sie die Arme
aus, und ihr Muth und Stolz, der
Glaube an di« Macht ihrer Liebe ge
räth ins Wanken. Laut aufschluch
zend in haltlosem Jammer sinkt sie
21. Kapitel.
Auf dem Divan seines Zimmers
hatt« Hartmut die Nacht verbracht.
Nun faß er an seinem Schreibtisch,
wollen. Wie ein Hohn erschien ihm
jetzt diese leidenschaftliche Bitte. Sei-
Das Weib, das er liebte, an sich
Welt hinaus! Wohl hatte es ihm
Blatt genommen und wieder zerris
sen. die' Fetzen in seiner Hand zusam
menballend.
rer Seele g«worden. Ein Wille
te ihr den Weg.
Sie pochte an ihres Thür
und wem das Schreiben gegolten hal
te. Sie grollte ihm nicht! Sie tann
te ihn zu gut und wußte, daß er
diesen Kamps auf seine Weise vollen-
Hartmut" mit tieser Bewegung
erfaßte sie seine Hand „laß uns
nicht beide am Gestern scheitern. Ich
will Dir Hilfen in allem, will nichts
von Dir verlangen, als Deinen Glau
be» an meine Liebe. Hartmut, zer
trümmere nicht die Wirklichkeit um
einen Traum."
Sie war an ihm niedergeglittcn
und umfing ihn mit ihren Armen.
Aber er schwieg noch immer. Müde
und schwer sank seine Hand auf ihren
Kopf.
„Sprich doch zu mir! Ich ertrag«
schluchzend stieß sie es hervor,
und da wandte er ihr d«n brennen
den Blick zu.
„Ja doch, Madeleine es ist >a
gut laß das alles jetzt —"
„Nein. Hartmut, es ist nicht gut.
Es muß doch irgend etwas geschehen.
Geh doch für eine Zeit von hier fort,
ohne mich, allein. Reise, wohin Du
willst, so lange Du willst!"
Reisen fort allein —.
Sekundenlang zog es wi« frische Le
benshoffnung durch sein Hirn; dann
aber überkam es ihn: Reisen er!
Mit dem von seiner Frau wohlgefüll
ten Portemonnaie! Ein bitteres Lä
cheln umzog seinen Mund.
„Sorge doch nicht um mich!
Ich werde schon mit mir fertig wer
den so oder so —"
Eine herzbeklemmende Angst ergriff
Madeleine, ein« dunlleAhnung drohen
den Unheils, und doch vermochte sie
ruhigen, festen Tones zu sprechen.
„Ich lasse Dich jetzt allein, Hart
muth. Vielleicht kommt uns dann
die rechte Klarheit Über unser- Zu
kunft."
Er nickte vor sich hin. „Ja, ja
wi« Du es willst."
Die Worte tönten ihr nach wie
Grabgeläute.
„Wie Du es willst." Er hatte
nur die Schulter gebeugt, wi« einer,
der sich darin ergeben hat. fortan fei
ne Kette zu tragen. Und diese Ket
tc ist jhr« Liebe. Brennende
Scham wühlte in ihr. Und-Empö
rung flammte auf g«gen die, welche
frevelnd so viel Unheil schuf und viel
leicht mehr noch schaffen würde, wenn
nicht eilte fest« Hand ihr den
Weg wies.
Eine feste Hand. Auf ihre eige
ne Rechte blickte Mad«leine nieder.
Die war wohl fest, zwang wilde
Pferde, beherrschte jed« Waffe und
wußte doch sanft schmerzende Wunden
zu pflegen Die Hand vermochte
es wohl auch, ein thöricht Kind auf
den Pfad der Pflicht zurückzuführen!
Sie wollte Angelika sehen und spre
chen; dann würd« sie wissen, was zu
geschehen hatte.
Angelika saß wie gewöhnlich um
diese Morgenstunde mit dem Rittmei
ster aus der Veranda, als einer der
Handwerker, die an dem Neubau ar
beiteten, ihr ein geschlossenes Billet
übergab mit der mündlichen Bestel
lung, eine Dame warte draußen vor
dem Hofe auf sie. Ein Blick auf
die ihr bekannte Schrift, und Angeli
ka wurde weiß wie das Tischtuch,
darauf sich ihre Hand stützte. „Ich
komme sofort," stammelte sie, und
fragend blickte der Rittmeister beim
Klang ihrer Stimme in ihr verstör
tes Gesicht. Si« zwang sich zu einem
Lächeln, während sie den Brief in di:
Tasche schob.
„Eine Dame Ulla von Holfen
stein entschuldige. Vater..." Und
ehe «r etwas erwidern konnte, war
sie die Verandastufen hinunterge
huscht.
Nicht direkt nach dem Hofthore zu
wendete sie di- Schritte! sondern bog
um di« Ecke des Hauses, wo sie nie
mand sah, und dort zerriß sie mit
zitternden Fingern den Umschlag des
Briefes. Die Buchstaben tanzten vor
ihren Augen.
„Ich muß Sie sprechen. Angelika.
Was mich dazu «ranlaßt, wissen Sie,
und gerade darum werden Sie unse
re Begegnung nicht vermeiden, son
dern sie wünschen, wie ich sie wlln
sche. M d«l '
Was nun beginnen um Gott
Madeleine wußte war gekom
men, Rechenschaft zu fordern. Wo
her wußte sie es? Hatte er sie
vielleicht sogar seiner Frau verrathen
doch nein, er liebte sie ja
Aber dann mußte er sie doch auch
vor Madelein« schützen! Ihre Ge
danken verwirrten sich, und schwin
delnd, mit unsicherem Schritte ging
sie zum Thor.
Von der Bank, die draußen unter
den Ulmen stand, hat Madeleine sich
erhoben und sieht der zögernd näher
kommenden Gestalt mit ernstem, grü
ßendem Blick entgegen.
„Es ist recht von Ihnen, daß Sie
meiner Bitte gefolgt sind, Angelika,
und dieser Unterredung zwischen uns
„Aber warum soll'.? ich denn, Frau
Madeleine? Im Gegentheil ich freu«
mich. Sie wiederzusehen."
Nichts wandelt sich in Mudeleines
Mienen.
steht, bis Madeleine mit
Stimme fragte:
„Angelika, ist es wahr, li«ben Sie
meinen Mann?"
Dieser so unvermittelten Frage ist
sie nicht gewachsen. Sie findet keine
Erwiderung. Si« starrt Madeleine
„Antworten Sie mir! Ich bin zu
Ihnen gekommen, um von Ihnen zu
hören, ob es wahr ist, daß Sie mei
nen Gatten lieben."
Leben kehrt in Angelikas Gesicht
zurück.
„Wie können Sie mich fragen? Ich
begreife ja überhaupt gar nicht —"
tastend fährt sie über Stirn und
Wangen „Si« müssen da etwas
mißverstanden haben, oder ich
weiß, ich verstehe nicht! Ich traf
gestern zufällig mit Herrn Bravand
zusammen wirklich ganz zufällig"
fährt sie eindringlicher fort, als
müsse sie einem Zweifel begegnen
„ich saß am Bache unter den Wei
den —"
Mit rauhem „Lassen Sie Ein
zelheiten," unterbricht Madeleine das
abgerissene Stammeln „und bl-
Wahrheit gemäß die Frage, die ich
an Sie gerichtet habe. Ich Will
Ihnen nicht zürnen, wie auch Ihre
Antwort ausfallen mög«, wenn Si:
den Muth der Ehrlichkeit besitzen."
„Aber was wollen Sie denn nur
von mir? Was soll ich denn nur
gethan haben?"
de vor das Gesicht gepreßt. „Ich ha
be doch gar nichts weiter gesagt, als
daß ich Oswalds Frau geworden.
' weil er mich so dauerte, nicht weil
, dann auf meine Worte folgte, daran
war doch ich nicht schuld, sondern er!
5 Ihr Ihr Mann. Und daß
er Ihnen das nun Oder haben
Sie uns nur gesehen, Madeleine!"
Nur gesehen! Unsägliche Ver
achtung. unsägliche Bitterkeit prägt
sich in ihrem Gesicht aus, und klingt
in ihrem Tone wieder, der hart und
eisig ist.
„Ich habe nichts gesehen. Angelika.
Aber ein rechter Mann sagt es wohl
selbst seiner Frau, wenn eine andere
ihm bekennt, daß sie ihn liebe."
„Aber das habe ich ihm ja gar
nicht gesagt!" schreit sie mit zittern
den Lippen. „Es ist bloß alles so
gekommen, weil ich weil ich immer
so unglücklich bin, wenn ich an alles
zurückdenke, was ich schon in meiner
Jugend durchmachen mußt«."
Und es perlt Thrän« um Thräne aus
den schönen Nixenaugen. Madeleine
nimmt keine Notiz davon; sie sitzt
in steinerner Ruhe da. und Frage um
Frag« richtet sie an die Fassungslose.
> „Hätte mein Mann wirklich kein
Recht gehabt zu seiner Annahme, An
gelika?" .
bejahend das Haupt.
I „Ich habe ihn immer lieber gehabt,
als als —"
Der Name des anderen will nicht
über ihre Lippen und sie würgt ihn
en Sie doch wahr gegen mich, Kind."
Madeleine hat plötzlich die kleinen
Händen Angelikas gefaßt und hält si«
fest in d«n ihren. „Ich komme ja
nicht als Richten» zu Ihnen, ich
will ja nur auch Sie hören, nachdem
„Wenn ich mich ihm damit verra
then habe! Ich dachte mir nichts Bö
ses dabei. Er ist verheirathet, liebt
Sie. wenigstens mußt« ich das doch
annehmen."
„Also hätten Sie sich ihm weniger
verrathen, wäre er frei gewesen, An
gelika?"
„Ich weiß es nicht. Ach, Made
„Sagen Sie mir doch, was ich thun
soll! Ich will Ihnen ja kein Herze
leid bereiten."
„Würden Sie denn über Jhr eige
nes Leid hinUberkommen. Angelika
wenn ich Ihnen sage. Sie'müssen d«r
höchsten Pflicht gehorchen, di« für unZ
alle von Ihnen fordert, jeden Gedan
ken an einen Mann zu ersticken, der
Ihnen nicht ang«hören kann, weil —"
„Angehören?"
Fast entsetzt ist sie emporgezuckt!
Ich glaubte, ich wär« ihm gleichgül»
hat. und erst, als es zu
spät war, da erkannte ich —"
In Gluth getaucht bricht sie ab,
„Welch ein Unrecht! Ich soll mich
trifft ihn ganz allein die Schuld!"
(Fortsetzung folgt.)
Für Vir Küche.
Gefüllt« Gurken Zuthaten:
beln, Petersilie. Man schä't di: Seiii
außer Kapern und Citroii.'usasr daran
und rührt dies« Mass« gu!
Nun schält man die Gurk.'n, schneidet
gössen und die Suppe mit geriebenem,
extra servirkn Parmesankäs« zu Tisch
gegeben.
Gebackener H«cht. Der Hecht
wird gut gereinigt, gespalten und in
Stücke geschnitten. Dann macht man
Schnitt an Schnitt der Breite nach»
doch nur durch die obere Haut, und
salzt st«. Nach 1/2 Stunde trocknet
man sie ab. w«ndet sie in Ei und
Weißbrodkrumen, für «inen gewöhn
lichen Tisch in Mehl um und läßt sie
in einer osefnen Pfanne, worin reich
> lich Butter oder Backfett gekocht und
! still geworden, groß und hellbraun
werden. Damit der Fisch nicht wie
j der weich werde, darf man ihn nicht
! früher backen, bis es Zeit ist, ihn zur
> Tafel zu geben.
Kalbszungen - Ragout.
Kalbszungen werden in Fleischbrühe
nicht ganz weich gekocht, abgezogen, in
Rothwein mit etwas Bratenjus kurz
weich gedämpft und in viereckige
I Stücke geschnitten. Einige Champig
nons und kleine, in Butter gebacken«
Farceklößchen werden zugegeben. Vom
Z Fond wird mit brauner Vorraths-
sauce und etwas Tomatenpüree eine
> dickliche Sauce angerührt. Diese
wird an das Ragout gegeben, aufge
! kocht und die fertige Speis« in einer
tiefen Schüssel in einem Reisrand
! gerichtet.
! Gefüllt« Kartoffeln.
Uebrig gebliebenes Bratenfleisch wird
mit etwas Petersilie fein gewiegt und
in Butter gedämpft; wenn erkaltet,
werd«» Salz und Pfeffer, etwas
sauere Sahne und drei Eier dazu ge
rührt. Große, runde Kartoffeln
werden geschält und auf einer Seite
gerade geschnitten, daß sie stehen,,
ebenso wird die entgegengesetzt« Seit«
abgeschnitten. Die Kartoffeln werden
mit einem Löffelbohrer ausg<höhlt.
Die Fülle wird eingefüllt und die
Kartoffeln im Bratofen langsam ge
dämpft, bis di« Brühe eing«cämpft
ist. Sind sie dann mit etwas Butt«r
engebraten, löscht man sie mit Bra
tensauce ab und richtet sie mit «iner
Buttersauce an.
Semmel - Pudding mit
Vanille. (Verwendung altbacke
meln werden von der Kruste befreit
und gewogen. Etwa Pfund da
von weicht man in U Pint Milch ein
und zerdrückt dies mit einer kleinen
Reibkeule zu Brei. Inzwischen hat
man Pfund süße Mandeln ge
schält und gerieben oder gestoßen und
ein« kleine Stange Vanille mit Zucker
feingestoßkn. Nun rührt man etwa
Pfund Butter schaumig, fügt nach
und nach unter beständigem Rühren
nach d«r gl«ich«n S«ite 7 Eidotter, die
Mantxln, 1-3 Pfund feinen Zucker,
die Semintlmasse, die Vanille und.
etwas geriebene gesiebt« Semmel da--
zu, rührt alles noch 15 Minuten»
mischt schnell das zu steiftm Schn«e
geschlagene Einxiß dazu, füllt die
Masse in di« ausgestrichene und be
streute Puddingform und läßt den
Pudding I>/K Stunden im Wasser-
Kaltes Rindfleisch mit
pikanter Sauce. Man schneidet
das vollständig erkaltete Fleisch in
möglichst feine Schnittchen und legt
sie schichtweise in folgende Sauce:
Vier Eier werden hart gekocht, auA
rohen Eies, drei fein gehackten Sar
dellen. einem Theelöffel seinem Senf,
dem Safte «iner Citrone, etwas Salz.
Pfeffer. ein«r Prise Staubzucker, Oel
und Essig wird eine dicke Sauce be
reitet, die man durch ein Sieb streicht.
In eine tiefe Schüssel legt man eine
Schicht Fleisch, darauf ein« Schicht
Sauce und abwechselnd so fort, bis
all«s verbraucht ist. Den Schluß bil
det eine Schicht Sauce. Vor 24
Stunden soll das Fleisch nicht genos-
Stehen an Wohlgeschmack. Dieselbe
Sauc« kann man iib«r jeden kalte»