Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, September 07, 1911, Image 7

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    m? Mlll WM ZlwnU. I
(11. Fortsetzung.)
Dann setzte sie sich wieder und
an ihrer Seite alles wi« einst
tin blondes Haupt, verwirrt, helle Au
gen, verweint, verstört, zitternde
Hände, die ein wenig von d«m Brot
brachen, und neben ihm selber -
auch zwei feine Frauenhände, ruhig,
geräuschlos seinen Teller ihm rich
tend, die zerschnittenen Bissen ihm
fürsorglich hinschiebend, wie sie den
durchnäßten, verbrannten Anzug ihm
abgestreift und in den trockenen hin
eingeholfen hatte sie fein Weib
>— Madeleine.
Und doch war er daheim und ihm
gegenüber saß Angelika.
Hartmut hatte den Teller zurückge
schoben. Die Bissen, die er hinun-'
terzwingen wollte, würgten ihm in
der Kehle. Die Ellenbogen aus den
Tisch gestemmt, das Haupt in die
Hände gestützt, saß er da und keiner
sprach zu dem Erschöpften. Doch der
Raum selbst sprach zu ihm und da
oben am Tisch der leere Stuhl.
Aber sein Weib hörte gleich die
stumme Sprache, hörte die Worte, die
in seinem Herzen laut wurden,
und Madeleine stand leise auf, trat
in die tiefe Fensternische und lehnte
das Haupt gegen die Scheiben,
Die Heimath sein Boden sie
hatte den verzehrenden Blick gesehen,
mit dem er um sich geschaut hatte,
als er in die Stube getreten war,
wie seine Augen jedes der alten Mo
tel gegrüßt hatte, gleich einem Freund,
nach dem er in fremder Ferne gehei
me Sehnsucht empfunden hatte. Und
der Stuhl, der leer geblieben war, si«
wußte, wer auf ihm zu sitzen Pflegte,
sie wußte auch nie wurde ihr Gat
te wahrhaft der ihre, solange er ein
Fremder, ein Ausgewiesener blieb auf
seiner Heimathsscholle. Und wi«
ein stilles Gebet stieg es in ihr empor,
das ihm schaffen, das ihm zuriickge-
Die dort mit am Tische saß, noch
zitternd in schwächlicher Furcht, sie
dachte kaum an sie in diesen Minuten.
Gedanken, unfertige Pläne gingen ihr
durch den Kopf, stärkten die hoffende
Zuversicht und verjagten das zweifeln
de Bangen.
Hartmut und Angelika saßen sich
allein gegenüber. Frau Reichmann
Gesicht lassen, er hob den Blick
Ganz leise sagte sie:
„Wie war das furchtbar, der Feu
erruf und die Flammen, die überall
angelegt hat. Ich fürchte mich."
Und furchtbar zufammengeduckt, mit
scheuen Augen faß sie da.
„Ich glaube, Sie brauchen keine
Angst mehr zu haben. Man wird
den Knecht, der jedenfalls der Brand
stifter ist, selbstverständlich festnehmen.
Aber" seine Stimme war kaum
hörbar „Sie können ja doch sort
. Si> hob den Blick. „Sie
„Muth" voll Scham, doch in
unsäglicher Holdseligkeit senkte sie das
Haupt „ach, ich habe gar keinen
Muth und keine Kraft. Ich bin
Madeleine wie ein Donner klang
ihm der leise gesprochene Name. Hat
te er sie vergessen gehabt? Wo war
sie? Sein Blick irrte suchend umher
und gewahrte nicht die Gestalt in dem
tiefen Fenstererker.
Auch Angelika schien ihre Anwe
senheit im Zimmer gleichfalls ver
gessen zu haben, als sie erregt fort-
wird sich i vo' tw i s
Ich beneide sie, Glückliche!"
Wie eine Nachtwandlerin trat sie
dann an den Tisch heran. Ein blasses,
leeres Lächeln spielte um ihre Lip
pe», in ihrem Blick lag keine Frage,
nur bange Erwartung.
Hartmut stand auf. „Ich glaube,
wir können an den Heimweg denken,"
sagte er. Seine Stimme klang ruhig.
Ruhig ruhig! Hatte sie denn
nur geträumt, war es nur eine Ein
bildung ihrer Furcht gewesen, was si«
gesehen zu sehen gewähnt hatte?
Madeleine trat an Hartmuts Sei
te. Kein Abschied, ein einfaches Lebe
wohl, und dann gingen sie hinaus auf
den Hof.
Fahles Zwielicht lag darüber, die
Dämmerung rang mit dem Schatten
der Nacht. Hartmut schritt noch ein
mal zu der Brandstätte, wo ein paar
Knechte die qualmenden Trümmer be
wachten. Sie grüßten respektvoll,
als er herantrat. Seiner zähen Kraft,
seiner kühnen Unerfchrockenheit war es
zu danken, daß ein weiteres Umsich
greifen des Feuers verhindert worden
war. Der Herr stand wieder vor
ihnen, dem sie gehorchten. Er gab
noch einige Anweisungen, warf ei
nen letzten Blick nach dem Wohnhause
und stieg mit Madeleine in den Wa
gen.
In die Eck- sich zurücklehnend,
Ueber der taufrischen Erde stieg
langsam der junge Morgen empor.
Lichter und lichter ward der Horizont,
bläulich-violette Streifen überspann
ten die graue Dunstschicht im Osten,
färbten sich rosig und wurden zu Hel
lem Golde, und aus diesem tauchte
es gluthleuchtend auf, hob sich inajestä.
tijch zur Höhe, d«s neuen Tages
Leuchte, die Sonne.
Mit großem, heißen Blick schaute
Madeleine ihr entgegen.
Hartmuts Lider blieben geschlossen.
Aber durch sie hindurch suhlte er den
flammenden Tag. Und in seinem
Golde glänzten zwei helle Augen und
blickten scheu in die seinen hinein.
Was sprachen sie zu ihm, was ver
rieth ihr Glanz?
Traumhafte Fragen, die klarer
Antwort auswichen, nur tief innen
ein stilles Frohlocken, als sei ganz
heimlich über seinen W«g das Glück
gegangen.
19. Kapitel.
Im losen Morgenkleide trat Ma
deleine mit langsamen Schritten aus
ihrem Zimmer. Sie hatte keinen
Schlaf finden können. Mit müden
Augen hatte sie hinübergestarrt zu
dem dicht verhangenen Fenster, hinter
dem die Morgensonne strahlte. Lo
dernde Flammen schienen durch die
dunklen Borhäng- zu dringen, und
in der feurigen Lohe sah sie immer
und wieder zwei Augenpaare, die sich
ineinander senkten, aus denen gleiches
Leuchten brach, die di« gleiche Sprache
redeten die beide von Liebe wußten
alle beide!
Wenn es wahr sein könnte, was
wi« ein Blitzstrahl furchtbarer Er
kenntniß sie getroffen hatte! Wenn
Angelika Hartmuts Liebe erwiderte,
wenn nur ein Verhängniß sie dem
Sterbenden in die Arme getrieben
hätte! Wenn sie eine andere war, als
sie ihr allzeit erschienen war. Dann
Dann hatte sie selbst in frevelnder
Verwegenheit das Unheil herbeigeru
fen, hatte zwei Menschen einander
nahe gebracht, zwischen die sie das
Weltmeer hätte legen müssen. Dann
würde di« Stunde nicht fern sein,
wo Hartmut erkannte, was er viel
leicht vielleicht noch nicht wußte.
In unruhvoller Hast trat sie in das
Wohnzimmer, es war leer. Sie ging
weiter, um ihn in seinem eigenen
Zimmer zu suchen.
Im Reitanzug, den Hut schon auf
dem Kopfe, stand er da, die Handschu
he sich überstreifend.
Madeleine war an der Thür stehen
geblieben und sah ihn mit großen
Augen an. ' d t t
s hh b
Ueber sein Gesicht zuckte
anstrengen."
Sie erbleichte: .Du bist sehr be
sorgt." - s its d b t
terer Ton, der ihm das Blut zu
Kopse trieb.
»Madeleine wie soll ich Dich
verstehen?"
Da hielt sie seine Hände gefaßt,
zreßle sie gegen ihr heftig schlagc,-
)«s Herz und zum dritten Male bat
Ilt: „Nimm mich mit Dir! Hartmut,
ich bitte, bitte Dich geh nicht al
lein nicht allein nach dem Ulmen
, ,
Sekundenlang starrte sein Blick m
den ihren, dann machte er seine Hän
de frei und trat von ihr zurück. Kalt
klangen seine Worte:
.Ich gehe zu meinem Bater, ihm
meine Hilfe anzubieten, wie das nach
dieser Nacht wohl selbstverständlich ist.
Du solltest Dich über den gutenGrund
für eine Annäherung freuen, wenn
es Dir vordem Ernst war mit dem
Wunsche, eine Versöhnung zwischen
mir und dem Ulmenhofe Herbeizufüh
ren. Oder wärst Du anderer
Meinung geworden, feitdemDu weißt,
daß der alte Mann für feine Einsam
keit zuweilen einen freundlichen Trost
hat?-
„Hartmut" ein weher Klang
„was sprichst Du, wissen beschuldigst
Du mich? Ich glaube doch an Dich
wie konnte ich Dir mißtrauen?"
Hochausgerichtet stand er da, und
schroff sagte er: .
„Du hast es doch gethan, Madeleine,
und thust es weiter. Du bist
es gewesen, di« die Dinge wollte, wie
sie heute sind."
„Nein, so nicht so wollte ich es
nicht!" brach es leidenschaftlich aus
„Keine Unklarheit, nichts Unhalt
bares wollte ich zwischen uns. Zwei
Menschen, die einander doch begegnen
würden, sollten sich nicht ängstlich
meidin müssen aber doch nicht so
„Nicht das denn ? Sprich
klar aus, was Du zu sagen hast!"
als fordere er sie zum
Kampfe heraus, sah er sie an.
Tiefer Schrecken brachte sie zur
Besinnung. Nicht so durfte si« zu
ihm sprechen. Nicht an sich selbst
denken in dieser Stunde.
„Was ich gewollt, ich hätte es nicht
thun sollen, Hartmut. Ich hätte
Dich nicht überreden dürfen, hier in
Faltenhagen unsere Heimath zu grün
den jetzt noch nicht. Ich' dachte
zu viel an mich, war allzu selbstsüch
tig in meiner Liebe. Und ich wollte
Dich bitten, schon vor diesem Tage:
laß uns wieder fort von Falkenhagen,
nicht für immer, aber doch für eine
Zeit, laß uns reisen oder auch
anderswo uns ankaufen —"
Mit einem Ausdruck finsterer Un
„Der Augenblick ist schlecht gewählt,
Deine Reiseplänf zu erörtern. Es
drängt mich, fortzukommen, halte mich
nicht länger auf."
„Ich gehorche!"
Ganz leise sagt« sie es und ging
gesenkten Hauptes in das geöffnete
nacheilen? Ihr ein gutes Wort
sagen? Blitzartig durchfuhr es ihn.
Dann dreht« er sich kurz um und
verließ das Zimmer. Doch seine
Blicke irrten scheu hinauf nach Ma
deleines Fenstern, als er durch das
Parkthor hinaussprengte, nach Ulmen-
Hof hinüber.
Ein anderer noch hatte am gleichen
Vormittag denselben Weg genommen.
Auch nach Hölfenstein war die Kunde
von dem Brande auf Ulmenhof ge
langt, und Graf Egon hatte dortbin
seinen üblichen Morgenritt gerichtet,
um durch den Augenschein sich zu
überzeugen, wieviel wieder einmal die
Gerüchte übertrieben hätten, vielleicht
auch durch irgendeine zufällige Begeg
nung sich darüber Aufklärung zu ver
schaffen, wie man sich auf Falkenhagen
zu dem Elligniß stellte durch ei
ne zufällige Begegnung mit ihr viel
leicht ... der Herrin von Fcklkenha
gen...
Graf Egon hatt« den Ulmenhof er
blickt, der hell und unversehrt wie
sonst aus seinem Kranze mäßiger
Ulmen hervorgrüßte. Er stand also
noch, der alte Kasten . . . nirgends
Trümmerhaufen, kein« rührenden Fa
milienfzenen ... Ein paar^abge
darum dürfte sich Frau Madeleine
Bravand kaum so früh zu ihrem
Schwiegerpapa begeben. Schade,
man sah sich so selten, „man" lebte
sehr zurückgezogen aus Falkenhagen
und auf Hölfenstein.
„Hollah. Gnom" herumgerissen
trabte Graf Egons Brauner vergnüg
lich wieder in die duftende Kühle des
leif/Vogellaute jauchzten und Son
nenstrahlen Ringelreihen tanzten.
Und noch etwas anderes kam daher
getanzt geflogen,^gespningkn
hattet", und mit rundwangigem
Milch- und Blutgesicht... genau dem
gleichen, wie das des Elefantenkü
„u'llä, Mädel
alsdann keuchend, die Hand auf di«
Brust gedrückt.
D» w i D uermarsch^—
„Selbstverständlich!" Und wild
trotziger Uebermuth blitzte ihr aus
den Augen.
Und: „Ja, durchgebrannt!" trumpf
te si« noch einmal. „Oder glaubst
Du etwa, Tante Clementine dürfte
ahnen, daß oh jeh! Gottlob hat sie
nach Bornstadt gemußt heut früh
aber nun sag' doch erst" der Reiz
des Schreckensvollen, das sie zu hö
ren erwartete, dämpfte ihre Silber
stimme. „Auf Ulmenhof, lebt da
alles ist jemand zu Schaden ge
kommen steht vom Haus noch
was...
„Es lebt, steht, kreucht und fleucht
noch alles heut wie gestern."
Ach nein. Du" Enttäuschung
fast spielte um Ullas Kirschenmäul
chen „es hat doch aber gebrannt,
der Ulmenhof huh," sie schitttelte
sich ordentlich vor nachträglicher Won
ne „war 'das gruslich schön, wie
der Himmel roth wurde und sie so
Feuer! Feuer! schrien. Hatte
ich mitschreien dürfen ah und
mitlöschen, mitretten aber Du,
Egon, daß Du in aller Ruhe fein
säuberlich zu Hause bliebst, wo wir
doch sozusagen Verwandte vom
Ulmenhof- sind prügeln hätte ich
„Bitte, w-nn Du so schon Deine
verwandtschaftlichen Beziehungen zum
Ulmenhof bethätigen mußt"
Und schmunzelnd neigte er den Ra
ken vor ihr.
Sie übersah das. Alles an ihr
war Leben, Bewegung, sprühender
Eifer.
„Also ist nicht» passirt? BloßScheu-
Gras Egon nickte und klopfte be
ruhigend feinem Ps-rde, dem das
Stehen langwtilig würd«, d«n Hals.
Dann setzten sie sich alle drei mit
einander in Bewegung er, sie
und das Pserd. „Aber wunderro
mantisch muh es doch gewesen sein,"
seufzte sie dann im Vorwärtsschreiten.
Unter Egons schweren Lidern her
vor zuckte ein rascher Blick über Ullas
weiches Profil mit dem festen, vorge
schbbenen runden Kinn. Das Ele
fantenkücken war hübsch ja Teu
fel, warum war ihm das noch nie
aufgefallen?
„Ach, wer doch auch mal etwas
erlebte! Glückliche Madeleine, glück
liche Angelika! Brand Mord
Spuk alles meinetwegen nur
leben, leben!" Ihre beide Arme hatte
sie so jählings kraftvoll emporge
worsen, daß Gnom entsetzt in weitem
Bogen beiseite sprang. So in höch
ster Erregung stöhnte sie noch einmal:
„810 ß jetzt etwas -rieben können!"
Graf Egon fchi-lte zur Seite, lä
chelte ganz eigen und zwirbelte den
Bart.
„Schade" meinte er dann lako
nisch.
„Was schade?" forschte si«.
„Daß wir b«ide sozusagen nahe
Verwandte und so furchtbar gut
erzogen sind"
„Na, und wären wir's nicht, was
thäten wir dann?"
Seinen Arm hatte sie gepackt,
„Dann ...? Nmi, dann gingen wir
miteinander vielleicht zuerst einmal
in die Waldschänke zum Frühschop
„Frühschoppen!" Jubelnd schlug sie
schaff— Erziehung Blech! Du bist
ein Er, ich eine Sie, sonst nichts,
und Du führst mich zum Frühschop
pen. Gelt, lieber, guter Egon?"
Der Liebe, Gute hielt plötzlich die
Hände fest, die bittend vor ihm auf
und niederklappten, wie Hundepsöt
chen.
„Mädel, der Fluch unserer Missethat
komme auf Dein Haupt!"
Ein Triumphschrei und hinterdrein
Dir, Egon?"
„Donnerwetter ja —" mit mehr
Eile als Zuversicht begann er seine
Taschen zu durchsuchen „heureka,
da waren fünfzig Pfennig und.
o Wunder, da kam noch eine ganze
Mark zum Vorschein
„Mensch," stammelte Ulla bloß,
„Du bist ja reich! Also los."
In der Waldschänke am Wege fan
den sie unter einer Linde einen schatti
gen Platz, indessen Gnom zufrieden
zur Seite graste.
„Bier, Käse und Brot für mich
und sagte, als Ulla ihn darauf fas
sungslos anstarrt«:
„Wollten wir nicht etwas mileinan-
damenhafter als bisher.!. Er
blinzelte vergnüglich zwischen halbge
schlossenen Lidern hervor.
Ulla legte still das Messer nieder.
„Ja, wenn man nur eine Mark
fünfzig hat," flüsterten wehmüthig
,wei rosige Lippen.
auf Sekt und Austern zu verzich
ten"...
„Oder" ... unternehmend stemmte
sie die Ellenbogen aus oder Du
... man muß sich was dazu heirathen"
...Ein energischer Schlag aus die
Tischplatte... „Und ich thu's! Und.
wenn ich Frau Schulze darum werden
müßte!"
„Ulla Schulze"... Schaudernd
schüttelte sich Graf Egon. Seine
Kneipgenossin stieß plötzlich «inen klei
nen Schreckensschrei aus und machte
Miene, unter dem Tische zu ver
schwinden.
„Du ... dort steh doch nur" ...
Seine Augen folgten'der von ih
rer Hand gewiesenen Richtung, und
sein noch eben lachendes Gesicht er
starrte.
Der Ulmenhofener kam des Weges
von Falkenhagen dahergaloppirt
allein ohne das schöne, stolze
thörichte Weib zur Seite, das einen
Unwürdigen mit allen Gaben des
Himmels und der Erde überschüttet
hatte.
Die Lippen zusammengepreßt, die
Stirn gefurcht, starrte der Graf dem
Näherkommenden entgegen, bis Ul
las Ruf ihn aufrüttelte: Hh>
vorbei...und was er nur von uns
denken wird...Und weniger nun
auch absteigt hier"...
„Dann ist unser Bier- und Käse-
Idyll eben zerstört, meine liebe Ulla."
Seine Stimme hatte hart geklun
gen.
Betroffen sah ihn Ulla an.
Was hatte er ... er war doch vor
her so sehr, sehr nett gewesen.. Ge
nierte es ihn, hier so mit ihr
es war ja eigentlich auch furchtbar
unschicklich...
Puterroth vor plötzlicher Verlegen
heit duckte sie sich wie ein Häufchen
Unglück zusammen, als Hartmut Bra
vand mit kurzem, steundlichem Gruße
ohne Aufenthalt an dem Wirthshaus
garten vorüberritt. Doch wie ein
Stehauf schnellt- sie alsbald wieder
empor. Ihr- Mi-ne leuchtete.
„Du, Egon... denke Dir. er hat
gelacht mit seinen wunderschönen
dunklen Augen und sich so furchtbar
lieb gewundert über uns zwei
aber petzen ' — nein, das thut er
nicht"
„Zahlen!" Graf Egon winkte der
Kellnerin,um ihr schamhaft sein Ver
„^Schor/.wallte Ulla enttäuscht
einwenden, doch «in Blick in des Bet
ters verändertes, verstummtes Gesicht
sagte ihr:
Der Traum von Freiheit undFruh
schoppen war ausgeträumt, die Wirk
lichkeit war daran vorübergeritten,
hatte auf schnaubendem Rosse geses
sen und einen an alles gemahnt, was
er verloren.
Noch einmal suchten ihre Augen
den Reiter zu erforschen, der jetzt
wie auf Sturmesflügeln dahinstob.
Und heimlich bewundernd flüsterte sie
seinen Namen dabei: Hartmut Bra
vand ..." Wie gut seine ernsten Au
gen sie angesehen hatten... Ob er
nach Ulmenbos den Weg nahm...
hatte das Feuer gestern auch in sei
nes Vaters Herzen gezündet... hatten
si« miteinander Frieden geschlossen,
Vater und Sohn? . . .
Es war genug, was Ulla aus dem
Heimwege nach Hölfenstein zu denken
hatte, und sie beklagte sich nicht über
die Schweigsamkeit Vetter Egons.
Er, dem ihre Gedanken nachgingen,
war aus dem Ulmenhofe angelangt
und trat in das Zimmer seines Va
ters.
Es schien, als habe dieser des Soh
deS Kommen erwartet, denn er ver
rieth keine Ueberraschung bei dessen
Eintritt. Aus seinem Sessel sich er
hebend, erwiderte er Hartmuts Gruß
kurz, doch nicht unfreundlich, und
kam dessen Worten zuvor, indem er
ruhig, doch mit fester Bestimmtheit
sagte:
„Ich weiß, was Dich herführt. Laß
uns nicht lang« Worte darüber ver
lieren. Ich habe gestern bei dem
Brande Dein« Hilfe angenommen, wie
ich di« eines jeden Nachbarn angenom
men hätte, und danke Dir dafür. Eine
weitere Hilfe Deinerseits, die über
den Augenblick der unmittelbaren Ge
ich nicht"
Hartmut hatte ihn unterbrochen.
Auch seine Stimme klang ruhig und
fest.
„Ich bitte Dich trotzdem darum.
Dir die Mühe dafür abnehmen zu
dürfen, daß auf dem Hof« hier alles,
was durch den Brand beschädigt wor
wird."
„Meine Kraft reicht noch aus. den
Neubau zu beaufsichtigen, und die Ve
rsicherungssumme wird ausreichen, daß
er in dem den Ulmenhofener Verhält
nissen angepaßten Rahmen gehalten
wie Du mich auch In diesem einen
nimmst, aber es ist Dein Sohn,
Vater, den Du so niedrig einschätzest."
Des Rittmeisters Augen streiften
Über ihn hin. Das eine mannhafte
Wort traf ihn tiefer als alle Bitten,
die an sein Vatergesühl hatten rühren
wollen. Ein paar Sekunden war es,
als wolle in ihm verstummen, wa»
gegen diesen Sohn sich zu allen Zei
ten in ihm aufgelehnt hatte. Doch
schon hielt ihn wieder di« Erinnerung
gepackt an jenen furchtbaren Augen
blick, der diesen da aus ewig von ihm
ihm geschieden hatte, und schneiden
den Tones sagte er:
„So erspare es Dir und mir, da»
zu hören, was Dir nicht gut klingt."
Es blieb ein paar Sekunden still,
dann sagte Hartmut wieder ruhig:
„So laß mich wenigstens dafür
Sorge tragen, daß der von Dir fort
gejagte Knecht festgenommen wird
Denn er hat ohne Zweifel aus Rache
das Feuer angelegt."
„Er that es doch anzeigen werde
ich ihn nicht." Hart war es gespro
chen.
„Du wirst es nicht thun? Einen
Brandstifter der gerechten Strafe ent
ziehen? Einen überführten Dieb"
Hartmut brach plötzlich ab. In sei
nem empörten Tone schwankte es;
der Rittmeister achtete nicht darauf.
Werde ei inir nicht noch einmal vor
dem Gericht wiederholen lassen, da»
Geheimniß vom Ulmenhofe, das mir
mit frechem Lachen der überführte
Dieb entgegenrief, als ich ihm mit
dem Gefängniß droht« wie man
cher am Zuchthaus vorbeifährt, der
vielleicht hineingehörte."
Hartmuts Gesicht ward fahl. „Va
ter was willst Du damit sagen?'
„Was ich schon einmal zu Dir ge
sprochen habe und wozu Du schweigen
mußtest. Und darum eben ziemt e»
mir nicht, einen andern der Gerechtig
keit auszuliefern."
Bis zur Thür war Hartmut zu
„Wie Du die Peitsche schwangst
über einen Dieb, so hob ich die Pi
stole gegen einen andern."
Er athmete tief auf. „Lebewohl,"
sagte er langsam. „Ich kam gegen
Deinen Wunsch hierher und werd«
wiederkommen, wenn es mich so
zwingt wie heute."
Hartmut hatte das Zimmer verlas
sen. Draußen stieß er auf Frau
Reichmann, die eilends herbeikam und
bei seinem Anblick heimlich verlegen
stutzte.
„Ich wußte nicht, daß Sie hier
ich wollte den Herrn Rittmeister be
nachrichtigen Konsul Gredighausen
ist eben mit feinerHrau angekommen.
Sie haben von dem Brande gehört
und werden Angelika, die der Schre
cken sehr angegriffen hat, mit sich nach
Bornstadt nehmen. Ich habe viel zu
rüsten Sie verzeihen die Herr
schaften sind unten im Wohnzimmer,
fügt- sie noch zögernd hinzu.
Er antwortete nicht darauf, nickte
einen Gruß und ging an ihr vor-
Er hatte den Ulmenhof wieder ver
lassen. Und er hatte Angelika nicht
wiedergesehen. .
Starr gradeaus ging sein Villi,
als er nach Falkenhagen zurückritt;
fest umspannte sein« Hand den Zu
gel.
Fest den Zügel halten fest.
20. Kapitel.
Fort von Falkenhagen!
Hartmut selbst war es gewesen, der
das Wort gesprochen hatte. Als
er vom Ulmenhof zurückgekehrt, war
Madeleine ihm voll Freundlichkeit ent
gegengetreten, hatte keine Frage ge
than, ihm nichts von dem gezeigt,
was sie in den Stunden seiner Ab
wesenheit allein mit sich zur Ruhe
gezwungen hatte. Da gab er ihr
ungefragt Auskunft.
„Mein Vater braucht meine Hilf«
Sie antwortete nicht, aber ihr Blick
schien sanft zu fragen.
„Angelika sah ich nicht wieder.
Sie verläßt noch heute den Ulmenhof;
ihre Eltern holen sie ab!"
„Hartmut" nun bebte es doch
in ihrer Stimme, sie wollte an seine
Seite «ilen.
Er winkte ihr zu, trat an da»
Fenster, blickte eine Weile hinaus und
drehte sich dann mit einem Ruck wie
der ihr zu. ...
„Ja, Du hast recht, laß uns fort
von hier, irgendwo was anderes su
chen was Du magst wie Du
es willst."
„Unser Glück suchen und uns selber
so ganz zusammenfinden, wie wir
zueinander gehören! Ich danke Dir!"
Fort von Falkenhagen si« hätten
ohne einen Tag des Aufschubs abrei
sen können, die Abreise wurde ver
schoben durch ein geheimes Zögern
von Hartmuts Seite, das er unter
Scheingründen verbarg. Allerlei
Wirthschaftsfragen. die noch erledigt
werden mußten, .ein Ueberlegen über
das Wohin -- ein Ausbauen und
Wiederverwerfen von Plänen, und noch
etwas Befremdliche«, als werde ihm
daS Scheiden von Falkenhagen schwer,
als habe ein Theil seines Wesen»,
ihm selber unbewußt, dort schon Wur
zel geschlagen. ,
(Fortsetzung folgt.)
Für die KitHt.
SoN ll C Die
statt sie direkt hineinzulegen. Ein
anders Verfahren ist: Die Krabben in
Backteig zu wälzen und dann wie
darf. Ein Löffel Butter und ei»
Löffel Mehl werden geblich geschwitzt
und mit etwas Lammbrühe zu einer
fe!n geriebenen Parmefansäse, füllt
ihn in einen mit Butter ausgestriche
nen Reisrand, läßt ihn 16 Minute»
im Ofen backen, stürzt ihn auf eine
Schüssel und richtet das Ragout in der
Mitte an.
Nocken für die Suppe.
Man rührt ein Stückchen Butter z»
Sahne, giebt nach und nach und im
mer rührend 2 Eier, etwas Salz und
Mehl dazu, so daß ein ziemlich steife»
Teig entsteht, den man auf einen fla
chen Teller streicht und eine Stunde
kalt stellt. Davon sticht man mit ei
nem mittelgroßen Löffel längliche
Nocken ab, legt sie in siedendes, leicht
gesalzenes Wasser, läßt sie kochen, bi»
sie obenauf schwimmen, nimmt sie
mit dem Schaumlöffel heraus und
giebt sie in di« klare Suppe, die man
von Fleisch oder auch aus Fleischab
fällen und Knochen lochen kann.
Reis mit Weißkohl. Zwei
mittelgroße Weißkohlköpfe werden von
Strunk befreit, in Viertel geschnitten,
in siedendem Wasser zehn Minuten
abgewellt, in kaltem Wasser gekühlt»
ausgedrückt und in feine Streifen ge
schnitten. Dann gibt man sie mit
etwas Fett oder Butter in die Kasse
rolle und dünstet sie, mit Mehl über»
stäubt und mit Salz bestreut, lang
sam gar. Inzwischen wäscht man 7
Unzen Reis, blanchirt ihn mit sieden
dem Wasser, läßt ihn ablausen und
quellt ihn in Wasser mit Salz un!»
ein wenig Butter weich, aber so, dah
er noch förmig ist. Der Boden einer
feuerfesten, mit Butter ausgestriche
nen Form oder Schüssel wird rüit
feinen Speckscheiben belegt, darauf
gibt man eine Schicht Kohl, dann eine
Schicht Reis, dann eine Lage roher
Schinkenscheiben oder kleiner, gebra
tener, in Stücke geschnittener Saucis
chen, wieder Kohl, und so fort. Die
oberste Lage muß von Reis gebildet
werden, den man mit flüssiger Butter
oder zerlassenem Speckfett begießt.
Die Speise muß in mäßig heißen,
Ofen 45 bis SO Minuten backen und
wird in der Form fervirt.
Ausgebackene Aepselschei»
be n. Große Aepfel werden ge
schält, das Kernhaus ausgestochen,
sodann in dicke Scheiben geschnitten, die
man dick mit Zucker bestreut, mit ei
nigen Lösseln Rum übergießt und so
eine Stunde stehen läßt. Von ei
nigen Löffeln Mehl, einem Glase
Weißwein, etwas zerlassener Butter
und einem Ei hat man den Teig her
gestellt, in welchen die Apfelscheiben
Hineingetaucht werden, um sie nach
und nach in heißem Schmalz auszu
backen. Die Kasserolle wird öfter
gerüttelt, damit die Aepfelscheiben von
allen Seiten gleichmäßig braun ge
backen werden. Mit Zucker bestreut
werden sie zu Tisch gegeben.
Risotto. In 1 Eßlöffel But
ter dünstet man einen großen Eßlöf
fel feingeschnittener Zwiebeln, ohne sie
zu bräunen, gebe drei Tassen kochen
des Waffer und dreiviertel Theelöffel
Fleischextrakt dazu, sowie eine Tasse
Reis, Salz und Paprika. Man deckt
das Gesäß fest zu und läßt den ReiZ
gar dünsten. Er darf nicht start
kochen, sondern nur simmern. Wem»
man das Gericht austragen will, giebt
man einen Eßlöffel geriebenen Par
mesankäse und einen Theelöffel But
ter hinzu. Die Reiskörner sollten
hübsch heil bleib«», aber doch weich
sein! man hüte sich also vor dem Um
rühren, da die Körner hierdurch zi»
Brei gedrückt werden.
Hammelrippen und Zwi
ebel saure. Einig« Zwiebeln hackt
man sehr s«in und schwitzt si« in But
ter gelb. Ein« gut «ingekochte Becha
melsauce zieht man mit einigen Eigelb
ab, mischt die Zwiebeln darunter unt»
rührt die Sauce bis an s Kochen»
worauf man si« vom Feuer nimmt
und mit ein paar Tropfen Würze
verfeinert. Di« Hammelrippen brät
man recht im Saft, überzieht si« mit
der Sauce, streut frisch«, in Butter
geröstete Semmelkrumen darüber»
schieb! das Gericht einige Augenblicke
in den Ofen, ordnet dann die Ripp
chen im Kranz« an und trägt rasch