Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, July 27, 1911, Image 7

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    M KM nmi» UliMljos.
Roman von H. v. Erlin.
(5, Fortsetzung.)
Deinem Herzen, mein Kind, ob Du
es wirklich willst, eines Sterbenden
Weib werden eines Sterbenden,
der als solcher vielleicht nur noch
Zage, vielleicht noch Wochen. Monate
voll Qual und Elend leben kann,
für sich und Dich."
- Tief neigte sich ihr Haupt. Ein
kalter Schauer durchfröstelte sie.
„Ich muß ich muß ja doch!"
ächzte sie.
„So halte Dich bereit, meine Toch
ter, zu morgen —"
Das Morgen ist zum Heute gewor
den. Noch einmal sein Heute!
Blumenschmuck ringsum in Os
walds Zimmer. Und da vor seinem
Bett ein Tisch, wie ein Altar ge
richtet, mit" brennenden Kerzen, die
still und feierlich in des TageS sonni
ger Helle leuchteten. Er selber in
den hochaufgerichteten Kissen lehnend,
fast ein Bild der Gesundheit vortäu
schend in dem schwarzen festlichen An
zug, der seinen Oberkörper umhüllte
mit der leisen Röthe der Erregung,
die auf seinen schmalen Wangen lag.
Er hatte «inen Spiegel verlangt, .sich
zu beschauen, zum ersten Male wieder,
seit er hier lag. Lange hatte er hin
eingeblickt in das Glas, das ihm ein
vordem zu sehen gewohnt war und
mit so viel Freude am eigenen An
blick gesehen hatte. Und heut er
war ja .derselbe geblieben fast
derselbe. Nicht völlig verändert, wie
er gewähnt. Und in den Adern fühl
te er das Blut, wie es rollte, warm
und heischend wie einst Glück und
Leben heischend. Und neue Hoff
nung kam über ihn, wie ein Rausch,
wie ein trunkener Taumel.
Er war ja noch! War noch er sel
ber geblieben! Und warum solljx er
nicht wieder völlig werden, der er
gewesen? Warum sollte denn an
ihm die Kunst der Aerzte versagen,
die schon so manches Wunder voll
bracht? Und wenn er nicht wieder völ
lig der Alte ward wenn es nur
besser wurde ja, wenn es nur
blieb wie es war wenn er nur
blieb! da blieb, da da! Nur
athmen. Nur sich athmen fühlen!
Und einen andern, jungen, heißen
Odem auf seinen Lippen fühlen
Nur weiter in seiner Kammer der
Sonne Leuchten sehen
Goldenes Leuchten es blitzte vor
feinen Augen, während'aus der ro
then Seidendecke, die über sein La
ger gebreitet war, seine Finger zwei
glatte, goldene Reisen durcheinander
rollten.
Rundes, rollendes Gold golde
nes Blinken und Klirren, auf rother
- auf grüner Decke
hen!
«ine Angelika.
- Weiß ihr schleifendes Gewand, weiß
der Schleier, der sie einhüllt, und
weiß, geisterhaft weiß das Gesicht der
Braut.
Der Braut des Todes.
Verborgenste lag, und vor ihm em
por lohte die Wahrheit!
Die sie da zu ihm ga-
Fackel senkte.
hin. Wahnwitzige Angst, wildes,
verzweifeltes Wehren und über alles
hinwegschäumende Wogen des Hasses
Leben klammert.
8. Kapitel.
Sie saßen zu dreien um das fla
ckernde Kaminseuer, Graf Egon, Ma
deleine, Ulla. Und was aller Welt
Gesprächsstoff bildete, das war auch
zwischen ihnen erörtert worden die
Hochzeit auf dem Ulmenhofe.
„Wie erschütternd poetisch muß das
„Ja, aber es scheint alle Aus
sicht vorhanden, daß er lebt als Krüp
pel."
wieder in die Kaminflammen, indes
sen Ulla sich mit dem Bemerken erhob,
nur schnell ihre Handarbeit hol«n zu
wollen. Der Nachhall dessen, was
sie gesprochen hatten, lag über den
Wolke. Beide schwiegen, bis Ma
„Madeleint, ob Du je imstande wä
rest, einen Mann so zu lieben?"
Ihre schmalen Lippen kräuselten
sich.
sich ihr^on
kommt es, daß Dein Herz noch nie
gesprochen? Hast Du die Liebe ver
schworen, Madeleine? Ich verstehe
Dich nicht, aber Du, Du kennst mich
genau und weißt —"
„ Daß Du ein vollendeter Ka
valier bist, lieber Vetter."
„Und sonst nichts, Madeleine?" Er
lächelte gezwungen.
„Oh doch! Und daß Du durch und
durch ein Graf!"
Ein« Blutwelle schoß über Egons
Stirm Ihr Spott klang liebens
sein überall Honigseim zu fahn
den., Den Mund verziehend, zuckte
er die Achseln.
liebe?"
„Wäre dies der einzige Beruf, zu
lent verspürtest?"
auch, er war doch nicht immer beruf
los gewesen, hatte als Offizier treu
dem Vaterlande gedient, hätte es wei-
Schülden hatte sie bezahlt, ekelhaft viel
er wurde wieder gemüthlich"
„Du hast gut spotten, Madeleine.
Jeder steckt nun 'mal in seiner Haut.
auf.
„Warum nicht? Hättest Du ernst
haft Lust zu irgend einem Fach, so
ler Egon, wenn man nur andere und
nicht si'ch selber langweilt."
„Aeußerst verbunden." verneigte sich
wollen wir zusammen rusreiten?"
„Nein, danke." Ihre Stimme
„Was thust Du denn?' Gehst Du zu
Dir hinauf?"
„Nein oder doch kielleicht. Ich
weiz nicht. Auf Wiedersehen."
Arm. Als sie Madeleine erblickte,
i blieb sie bestürzt stehen.
chen."
Das Elefantenküken wurde blut
roth. „Ja, aber das schickt sich
„Was schickt sich nicht?" fragte Ma
deleine plötzlich interessirtj
„Ja, sieh" das Komteßchen sah
mit einem Male höchst würdevoll,
Mit unerschütterlichem Ernst blickte
Madeleine Ulla «ine Weile schweigend
an, bevor sie sagte:
„So, so man thut das nicht.
Dann freilich, liebe Ulla, bleibt Dir
als erwachsenen jungen Dame nichts
anderes übrig, als für Dich allein
gemüthlich zu sein."
Und nicht achtend, wie die große
Kleine sie mit bedenklich herabgezo
genen Mundwinkeln flehend ansah,
Drinnen schaute sie sich ringsum,
als such« sie nach etwas, das über
die Zeit hinweghalf. Dann begann
sie hastig ihr Hausgewand abzuwer
fen, und wenige Minuten später ging
sie in dem schlichten Wollkl«ide, das
sie stets auf ihren Märschen trug,
die Anhöhe hinab, auf der das Schloß
lag.
Die Landstraße schritt sie entlang,
an der sich rechts und links die aö
nur sich zu erhalten gewußt^
res Reichthums stärkster Quell war,
er den verborgenen Schatz ausgespürt
hatte, das Erz, das daraus zutage
gefordert wurde. Erz von dem
Tiefen geheime Adern liegen fühlte.
Aber was sollte ihr das Erz, di«
Eisenkraft? Was gab für sie zu er
halten, zu schaffen, zu erkämpfen?
Zwecklos, pflichtenlos ihr Dasein
ziellos, wie ihre Wanderung, auf
der sie plötzlich d«n Schritt einhielt.
Vor ihr theilte sich die Straße. Die
hin, der seitabliegende Weg führte
durch den nahen Forst nach Ulmen
hof.
Angelika aufsuchen! Blitzschnell war
der Gedanke in Madeleinc aufgezuckt
und ebenso rasch wieder von ihr abge
than. Nein nicht heute! Ein an
dermal vielleicht. Sie wandte
sich und kehrte nach Hölfenstein zurück
Aber eines andern Tages, da nahm
sie ohne Zögern den Weg nach Ulmen-
Hof. Man war Besuch« dort nicht
gewöhnt, und Frau Reichmann kam
aus dem Hause geeilt, als vor der
Freitreppe die Equipage hielt, die
Madeleine hergebracht. Sie folgte
der Hausdame in das Zimmer hinein.
Ein alter Herr erhob sich aus sei
nem Lehnstuhl, ließ den Blick eine
Sekunde fragend auf ihr ruhen, ver
neigte sich und stand, den gebeugten
Nacken aufstrahlend, ihr gegenüber.
Nikolaus Bravand sein Vater.
DN Batter dessen, den sie am Schei
dewege getroffen, feiner Zukunft
Orakelfpruch ihm kündend.
Fest, ckit eindringendem Fragen
ruhten ihre Augen auf dem Rittmei
te:
„Ihr Besuch wird meiner Tochter
eine Freude hereiten, Baroneß. Und
Freuden sind ihr selten jetzt. Ich
danke Ihnen dasür."
Es war schlicht gesprochen, ohne
Aufwand von zur Schau getragenem
Haufe, Herr Rittmeister. Ist nicht
Hoffnung zum Bessern da?"
Er sah an ihr vorüber. „Wir
nehmen die Tage. Und jeder Tag
ist ein Gescheut."
Leichte Schritte klangen auf. Ange
lika trat ein und eilte Madelein« ent
gegen.
„W>e lieb von Ihnen, Baronesse.
zetreten ist, liebe Angela. Ich darf
„Aber gewiß. Wi« wollen Sie
denn sonst mich nennen?"
nen nur einen tieferen Glanz ver
liehen. Nichts Schmerz«rloschenes,
Gebrochenes, aber auch nichts größer
Gewordenes, vom Schicksal zur Kratt
Emporgehobenes —, nicht Weib ge
worden, nicht Weib sich fühlend
Braut vom Ulmenhofe.
hatten entbehren müssen, Madeleine
schweigsamer, Angela unausgesetzt
beobachtend und wieder durch
sie selber doch um sich her nichts ver
spürte^
„Empfängt Ihr Gatte Besuch«?
Würden Sie mich mit ihm bekannt
machen können, liebe Angela? "
„Ihr Gatte" sie hörte zunächst
der gehört seit dem Tage, da der
Geistliche ihn ausgesprochen, da er
an ihren Finger den goldenen Reifen
gesteckt hatte. In verwirrter Bitte
blickten ihre Augen Madeleine an
„sprich nicht so zu mir quäle mich
nicht"
Doch in dieser stand der weichmü
thige Wunsch, zu schonen, zurück vor
dem starken Wollen, in voller Klar
heit zu erkennen, wie die Fäden'la
ste: .
„Würde es Ihrem Gatten eine an
genehme Zerstreuung bringen, wenn
wir ihn besuchten?"
„Nein, o nein!" Angelika stieß es
nun voll erschreckter Hast hervor.
Und wieder achtete Madeleine nicht
der Pein auf Ang«likas Gesicht und
„Ich sah ihn nie. Sie haben wohl
ein Bild von ihm, das Si« mir zei
gen könnten."
Stumm nahm Angelika von einem
Pfeilertheilchen eine große Photogra
phie und reichte sie Madeleine.
Diese hatte sich erhoben. Dem vol
len Lichte zugekehrt stand sie und
studirte jeden Zug des Bildes in ih
rer Hand. Ein schöner Kopf, über
viele, über die meisten wohl sieghaft
in seiner hellen, lächelnden Schönheit;
der Linie des markanten Gesichtes
trug Charakter.
„Ich sah bei meinem ersten Besuch
von fern den älteren Bruder Ihres
Gatten. Er scheint ihm sehr un
ähnlich. Darf ich wohl einmal zum
Vergleiche Ihres Schwagers Bild se
hen?"
Verh«tzte Augen starrten Madeleine
an, die voll Ruhe, als sei ihr alles
unbekannt, was über die Thatsache
von Oswalds schwerer Verletzung hin
auslag, zu Angelika hinschaute.
Deren Lippen bebten, und erstick
ten Tones hauchte sie:
„Ich glaube es ist von ihm ke>n
Bild da."
Ueber Madeleins Augen senkten
sich die Wimpern, sie legte die Pho
tographie auf den Tisch zurück. Kein
Bild von ihm, dem andern. Im gan
zen Hause nichts, das an ihn erinner
te, seinen Namen trug —. im ganzen
Hause wohl keiner, der noch seinen
Namen nannt«.
Und ihre Stimme sprach den Na
men aus, laut und klingend:
„Hartmut ich glaube, so nann
ten Sie ihn damals Hartmut
Bravand, ist er daheim?"
„Nein —" Ein Zittern des Mun
des nur formte das Wort, kein Laut
machte es hörbar.
Und lauter noch fragte Madeleine:
„Wo ist er?"
„Ich weiß es nicht!" Ein er
stickter Ton und flehend gefaltete Hän
de „sei nicht so grausam."
Sie war es nicht weiter, nichts
weiter zu fragen. Ein paar ;uhig
gewechselte Reden noch, ein freundli
ches Trösten, das nicht aus unaufrich
tigem Herzen kam, und Madeleine
hätte sich verabschiedet.
Fest hielt der Kutscher die Zügel
gestrafft, um die flinken Renyer auf
der Baroneß Wunsch in gemäßigter
„Siehe, in trete ich
hinein und halte über Dir Deines
Weges Leuchte —"
Wohin hatte der Wandernde sich
9. Kapitel.
Slldtirol, vom liebsamen Früs
- überspannt, von lauen
Lüften umschmeichelt, die noch vom
Palmenrauschen ferner Länder trau-
lirol, am Anfang jenes Erdenstück
ch«ns, zu dem des Nordens Sehn
sucht allezeit die Sonne gebreitet hat.
Slldtirol, Italien! Und dort, wo
beide sich die Hände - reichen, auf
gelnd ein Schloß uralten Namens,
das vielen Wandel erlebt hat, durch
viele Hände gegangen ist, ehe seine
Winterscheide, mit hohlen Wangen
und keuchendem Athem ein Heim
der Schwindsucht Pension und
Lamalta!
Die «r hierher verschlagen worden
der da in kraftvoller
seiner Pflichten waltete? Hartmut
Bravand, wirthschaftlicher Leiter die
ser Zufluchtsstätte für die Aermsten
aller vom Leben Zurückgewiesenen.
Ein sonderbarer Posten, an den er
gestellt war, ein trauriges Stück Welt,
das sich vor ihm aufgethan. Und doch
ihn Heller und reifer als aU-s
natelang umhergegangen war wie em
Schwerkranker. An einem dieser Ta
ge jammervollster Zerrissenheit hatte
er sich einst hingesetzt und an seinen
Vater geschrieben.
Es war. keine Antwort auf diesen
Brief gekommen, lein Wort, das ihm
eine Hoffnung gewährt hätt« auf fein
Bitten: sage mir, daß Du dereinst
das Geschehene als ein über uns ver
hängtes Unglück zu betrachten imstan
de sein wirst, das mich so schwer
wie Dich betroffen hat. Keine Ant
wort! Und da im vergeblichen
Harren darauf, im Bangen und Seh
ihm, undurchdringlich, steinern. Mochte
nun das Leben Funken daraus schla
gen, es würde ihn nicht mehr schmer
zen.
Seit kurzem nun war es seinen un
ermüdlichen Bemühungen geglückt, bei
dem ausgedehnten Molkereibetriebe
von Lamalta den Posten eines Wirth
schaftsdirektors zu erhalten. Von de?
Vergangenheit hatte er den Blick ge
wandt und ihn vor sich hinausgerich
tet, der Arbeit entgegen, die ihm hel
fen sollte, sich irgendwo wied«r ein
Stück Heimath zu schassen.
Sein einstiger Traum von Glück
jenes blonde Haupt, das holde
Bildniß, das unauslöschlich in seine
Seele gegraben war Angelika.
Sie vergessen lernen! Er hatte
darum gerungen mit aller Kraft, bis
er sein Herz gezwungen hatt«, all
mählich stiller zu schlagen. Sein
Wesen zeigte wieder zielbewußte Be
stimmtheit, nur seinem Gesicht d^rbl^
lebten in tiefgeprcigten Linien pm
„Interessant!" schwärmten die weib
lichen Kurgäste von Lamalta, sein
stummes „Kümmert Euch nicht um
mich" mit Lachen ignorirend. Er
ging lustig her und unter ihnen, von
denen so manche schon der Tod ge
zeichnet hatte, und als neuer fröh
licher Genosse an des Lebens festlicher
Tafel wurde jeder Neuankommnde
begrüßt und aufgenommen.
Heut war es ein einziger Gast, den
der Hauswarten von der Bahnstation
gebracht eine Dame. Sie kam un
angemeldet, niemand kannte sie. Ih
re Erscheinung, die Art ihres Auf-
der Anstaltsleiter sie in das
Etablissement hinein.
blickten die Kurgäste neugierig der
Fremden entgegen? doch sie erschien
nicht. Sie hatte auf ihrem Zimmer
einen Imbiß eingenommen, und dann,
noch im Reisemantel, schritt sie übe?
die Terrasse auf den großen Schloß
hof hinab, den seitlich gelegenen
Wirthschaftsgebäuden zu. Sie wa
ren nur wenig erhellt, erschienen im
Gegensatze zu dem im Glanz« elek
irischer Lampen erstrahlenden Schlof
se fast in Dunkel gehüllt. Und in
dies Dunkel hinein, schritt si«, die
Augen brennend, daß es ihr war,
als müßten Lichter aus ihnen flam
men. Ihm über seinen Weg, ihm,
der ihr dort entgegenkam, wie sie et
gedacht, wie sie es vorausgesehen auf
langer Fahrt hierher zu ihm, Hart-
Was sie ihm gesagt, was er ih
geantwortet, wi« es gekommen, daß
sie ihm die Hand entgegengestreckt,
daß diese kühle, stolze Hand gebebt,
als si« die seine berührt, sie wußte
es nicht; nur daß seine Stimme ihr
gleich einem längst vertrauten, schwer
müthig - weichen Heiinathsliede ge
llunzen, das ihrer Seele seit Ewia
leiten bekannt gewesen, das war ihr
geblieben vom ersten Worte, das er
zu ihr gesprochen.
Weg welch' wunderbarer Zufall."
Sie schüttelte den Kopf. „Kein
eigentlicher Zufall diesmal, Herr Bra
»and. Ich hatt« im Prospekte »o»
Lamalta Ihren Namen gelesen und
freute mich, Sie wiederzusehen.'
Sie fühlte, wie seine Blicke in ih
rem
zögernd hinzu:
„Ich liebe Slldtirol und wußte kei
nen schöneren Frllhlingsaufenthalt
als dieses sagenreiche alte Schloß."
„Mit allem Elend, das heule sei
ne Mauern bergen, Baronessf?"
„Mit all' dxni Elend." Sie wieder
holte es, und ihre Stimme klang heiß
und voll dabei, daß es ihn seltsam
berübrte, wie zu der Stunde, da er
sie zum erstenmal vernommen hatte.
Er trat von ihr zurück in einer Weise,
die hätte sagen können: Was
ich kenne Dich nicht.
Sie lächelte und reichte ihm aber
mals die Rechte.
„Morgen mehr, Herr Bravand? ich
komme sa aus Ihrer Heimath."
Aus seiner Heimath! Das war's
ja gewesen, womit sie ihn gezwungen
h.'tte, daß er auf das Wiedersehen
n>it ihr in heimlich unruhvoller Erre
gung wartete. Doch der Tag ver
ging, ohne daß er von neuem mit de?
!?c-roneß zusammentraf. In gleichem
vergeblichem Ausschauen nach ihr ver
gingen auch die beiden nächstfolgenden
Tage. Und unter diesem vergeblichen
Warten begann es in ihm emporzu
wachsen wie geheime Feindseligkeit
gegtti sie.
kommen? Jene romantische
dabei in den Mund gelegt.
hatten sie di« Phantasie der vor
nehmen jungen Dame beschäftigt, ih
re Neugier angeregt, sich einen Men
schen näher zu betrachten, von dem
sie wohl vieles und ungewöhnliches
gehört hatte,.und war diese Neugierde
so schnell befriedigt? Alles in ihm
empörte sich gegen sie und wartet«
auf sie.
Sie aber saß heimlich, wo kein Au
ge sie suchte, ließ den Blick verloren
über der Berge ferne gigantische
Häupter schweifen und preßte die fei
nen Hände gegen ihr Herz, das unru
higer schlug, als jemals, das ein
Träumen begann, das ihr sonst fremd
gewesen, ihr, die wilde Pferde gebän
digt, die Herrin gewesen, wo ihr
Und hier? Was hieß ihren Fuß
plötzlich zögern auf dem Wege zu dem
Mann«, um dessentwillen sie doch
gekommen war, voll klarbewußten
Willens ihn wiederzusehen, ihn ken
nen zu lernen, weil er ihr von an
derer Art erschien«» war, als ai'e
Männer, die sie zuvor gekannt hatte.
Ja, um seinetwillen gekommen. Wie
kich sein Name, der Ort seines Au
fenthaltes erschienen. Ein stiller,
einsamer Winter, meist aus Hölfen
stein verlebt, hatte hinter ihr gelegen,
und als mit dem nahenden Frühling
Unruhe und Wanderlust von neuem
bei ihr einkehrten und sie doch vergeb
lich dem Wohin? nachsann,
da war ihr eines Tages unter aller
hand Hotelprospekten ein Name in
die Augen gefallen:
Hartmut Bravand.
Hochaufgerichtet hatte sie plötzlich
dagestanden, und von der Schloßter
rasse von Hölfenstein war fest und
zielbewußt ihr Blick in die Ferne ge
schweift.
Einen Tag später war sie abgereist.
Warum nun aber ein Zurückscheuen,
eine Zaghaftigkeit, die nie zuvor in
ihrer Natur gelegen?
Bon dex Heimath hatte sie ihm
erzählen wollen. Zögerte sie darum,
weil es ihm Schmerz bereiten mußte,
was immer auch sie ihm von dort be
richtete? Und wenn er darauf wartete,
daß sie es that? Vergeblich ausschau
te nach ihr vielleicht es mißdeutete,
daß sie ihm ferne blieb.
Das unentschlossene Schwanken in
ihr war, vorüber. Die Sonne wir
kaum am hellen Morgenhimmel her
aufgestiegen, im Haufe lag noch
alles in tiefer Ruhe als Madeleine
mit dem Entschluß, Hartmut Bra
vand zu begegnen, über den Schloß -
hos schritt, den Molkereigebäuden zu
Ein paar Arbeitsleute blickten ver
wundert auf die FrUhaussteherin, die
freundlich grüßend an ihnen vor
über ging. Durch ein Mauerpfört
chen trat sie in einen Seitenyof, wo
einst geschäftige Hände mit Mörtel
und Steinen an verfallenen Mau
ern herumgeflickt hatten. Der Ro
mantik des Ortes vollauf Genüge zu
thun, hatte man den ältesten Theil
des Schlosses als Ruine belasten.
Gras wuchs auf den Zinnen des zer
bröckelnden Wartthürmes, Efeu um
bogen. Und an einem dieser Bo
gen. den Rücken ihr zugekehrt, ganz
oersunken in Schauen oder Sinn.n,
lehnte der Gesuchte. Ein paar Se
kunden hielt sie zögernd den Schrit»
an. dann hob ihr Kopf sich frank und
frei, und ruhig - heiteren. Klange«
bot sie ihm den Morgengruß
Ihre Stimme unter Taufenden
zenfrühe schien ihm gesucht und ver
i>albet sein' Empfinden. Mit steifem
Kopfnicken erwiderte er ihren Gruh.
(Fortsetzung folgt.)
Für die Kiichr.
Gebackene Kalbsbrust. 4
bis 5 Pfund gute fleischige Kalbsbrust
ser mit Salz, Wurzelwerk und Ge
würz. Man läßt die Stücke abkühlen»
wendet sie in geschlagenem Ei und ge
riebener Semmel um und bäckt sie iw
reichlicher heißer Butter hellbraun.
Geback »er Fisch init Mak
chen Fisch oder ein Stück Fisch e;tr«
dazu abkochen. Der Fisch wird sehr
sorgfältig von Haut und Gräten be-
Aus etwas in Butter gar und gelb
gedünstetem Mehl, Sahne, Fischbrühe
oder Wasser wird eine ebene Sauce
eingepackten Schichten füllt, damit sie
gut einzieht. Obenauf füllt man noch
3 bis 4 Löffel dicke sauere Sahne, die
streuten Käse mit etwas zerlassener
Butter zu überfüllen. Das Gericht
wird in mäßig heißem Ofen 30—40
getragen.
Kohlrabi mit Lamm
fleisch. Man wählt hierzu ein 2
Pfund schweres Stück Fleisch von
einer Hammelschulter, setzt dies mit
ser genug, um das Fleisch knapp zu
bedecken. Man binde das Gericht mit
einem Mehl- und Butlerkloß, den
Saurer Rinderbraten.
Ein schönes Stück Rindfleisch (eirr
Schwanzstück) wird gut geklopft un!»
man es ab, spickt es gleichmäßig, be
streut es mit Salz, legt es in eine
Pfanne mit gelb gemachter Butter»
gibt drei bis vier zerquetschte Wa
cholderbeeren dazu und läßt da»
gibt man etwas Wasser dazu, be
streicht den Braten mit saurer Sahne
und gM auch die Sauce später
Mehl verkocht. Nach Belieben wird
sie vor dem Verkochen mit Mehl durchs
ein Sieb gerührt.
Gefüllte Schweinsbrust.
Die Schweinsbrust wäscht man, trock
net sie sehr schnell sorgfältig ab, löst
das Fleisch von.den Rippxn, streicht
die unten angegebene Füllung darauf.
umwickelt es mit Baumwolle. Zur
Füllung läßt man eine seingehackte
Zwiebel mit 3 Unzen scingehacktem
Speck gelblich rösten, fügt Pfund
enthäutete vnd geschabte Kalbsleber.
Semmel, Salz, Pfeffer, 2 Eier dazu
und vermischt Alles recht gut. Nun
legt man die Brust in ei« Bratpfan
ne mit wenig Wasser, sie im cige-
Haniinelrippen mit Zwie
belsauce. Einige Zwiebeln hackt
man schr fem und schwitzt But
recht im Saft, überzieht sie mit der
Sauce, streut frische, in Butter gerö
stete Semmelkrumen darüber, schiebt
Kranze an und trägt rasch auf.
Rheinische Suppe. Er»
fleischiges altes Huhn setzt man mit
Wurzelwerk und Salzwasser auf, kocht
es weich, löst das Brustfleisch unl»
alles übrige w«iße Fleisch von de«