Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, June 29, 1911, Image 7

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    .M Mul vom NmenW.
Roman von H. v. Erliu.
I. Kapitel.
Sie haben zwei Söhne."
„Hartmut!" Der Rittmeister fuhr
„Sie wollen doch nicht sagen
bereitet und um geringfügigerer Din
ge willen, als es der Fall sein dürf.
t«, wenn gleiche Neigung die beiden
te." Z F' ch
Der Rittmeister hatte sich von sei
nem Sitz erhoben und ging mit wuch-
Gestalt. In seiner Stattlichkeit,
mit seinem schneeweißen Vollbarte,
seinem edelgeschniitenen Kopfe, seinen
unter weißen Haaren reifen
Mig."
Des Rittmeisters Faust sank schwer
auf die Tischplatte hernieder.
„Hartmut er und immer er!
lich begütigend ihre weiche Hand
auf des Rittmeisters hagere Recht«.
„Er thut sich selber kein Gutes
schwer macht, Liebe zu finden, wäh
rend X>swalds sonnige Natur sich
überall die Herzen erobert. Es sind
se beiden."
Eines Vaters Söh»e doch nicht
Kinder einer Mutter/ Und beide sich
ungleich, wie diese MRtter sich ungleich
gewesen und unablässig an
des Rittmeisters GesM gebreitet.
Seine beiden todten.Frauen. In
Hartmuts düster verschlossenen Zü
gen lebte vor ihm die Erinnerung
fort an das Weib, das ihn betro
gen, das sein Leben vergiftet, noch
andere, in deren holder Gestalt noch
einmal über seinen Weg die Liebe
geschritten, mit der er ein kurzes,
seliges Jahr lang das Glück im Ar
me gehalten, sie stand wieder auf vor
ihm, wenn er in Oswalds lichte Au
gen sah.
Der blonde, schöne, frohe Knabe,
hatte ihn allzeit mehr geliebt a/s sei
nen Erstgeborenen. Doch klagte er
sich nicht der Ungerechtigkeit gegen
Hortmut an. Wie hätte er dessen
finster leidenschaftlichen Charakter,
das Erbtheil seiner Mutter, anders
zügeln sollen, als mit eiserner Stren
ge, einer Strenge, deren der schmieg
same Sinn des um fünf Jahre jün
geren Stiefbruder« ni«mals bedurfte.
Oswald zwang sich die Herzen, wo
immer er nur erschien. Was Wun
der, wenn er auch Angelika« Herz
gezwungen.^
Wie eme unheimlich drohende Wol
ke stieg e« vor dem Rittmeister auf,
und al« wolle er diese verscheuchen,
strich er mit einer heftigen Gebärde
durch die Lust und rief, feine hohe
Gestalt aufflraffend:
„Ich glaube, Sie sehen Gespenster,
Nebe Reichmann. Ich habe so gut
wie Sie Augen im Kopse und habe
ni^ite."
„Möchten Sie recht haben, Herr
Rittmeister," erwiderte Frau Reich»
Mltnn ernst. „Ich aber wollte, ich
hätte-"?»' Konsul Erlinghausen und
meiner alteN Freundin, seiner Frau,
sie für den Rest der Reise anderswo
Der Rittmeister fuhr auf. „Fort
Verhältnissen kein Aufenthalt für «i
me:
„Es wird nicht nöthig sein. Viel
leicht haben Sie recht, vielleicht sehe
ich wirklich Gespenster. Außerdem ist
Stunde schuf."
„Ihnen! Ich weiß ja, wie Sie's
meinen und wie Sie getreulich mit
Mit ernstem Lächeln nickte er ihr
zu. wie sie, das Schlüsselkörbchen vom
Tische nehmend, sich in das Haus
begab.
Als Rittmeister Bravand allein
war, sanken die gestrafften Schultern
ihm schlaff hernieder, schwer ließ er
sich in einen S«ssel fallen und starrte
die er von sich abdrängen wollt«, e?
sah sie doch. Das Gespenst des Un
frieden«, das fast des Hasses drohen
de Züge trug. Selbst in ihrer frü
hesten Kindheit hatt« kein Verstehen,
keine brüderliche Zuneigung zwischen
Feinde, und erst als das Berussstu
hatte die juristische Lausbahn erwählt.
Hartmut fiel es zu, dereinst den Guts
hos zu übernehmen, wofür er
der nahegelegenen Provinzialstadt in
das Rechtsbureau eines Justizraths
eingetreten und pflegte allsonnabend
lich nach Ulmenhof herauszukommen.
Und noch nie war bei diesen Besuchen
des Rittmeisters Freude, seinen Lieb
ling wiederzusehen, unbeeinträchtigt
Wer trug die Schuld daran?
Wer? Hartmuts Stimme war
es, die man dröhnen hörte, Hartmuts
und streckte die Fäuste gegen den
Bruder, vielleicht im Begehren, dessen
Glück zu zerbrechen? Wahrlich
Hochauf richtete sich d«r alte Mann
Das blaßgrüne Kl«id stand ihr
gut. Es hob die Farbe ihres Ge
sichtes, das Goldblond ihres Haares
sie zwei La France-Rosen vom Ti
den Gürtel hielt.
Oswald Bravand kam heuteAbeno
der wußte und sah, was schön war
Plötzlich verflog das Lächeln, die
Rosen sanken auf den Tisch zurück.
stimme zu ihr herauf.
Des Rittmeisters ältester Sohn er
theilt« den Leuten auf dem Hofe
seine Befehle. Es geschah in herri
scher Kürze.
Angelika lauschte vorgeneigten
doch ergriffen und hastig ins Kleid
gen«stelt.
Und wieder spielte das anmuthige
ES war die Zeit der Mittagsruhe
das Anschirren der Pferde beaufsich
tigte, und raffte ihr Kl«!d zierlicher,
als sie fühlte, daß er ibr nachsay.
Unter den Ulmen vor dem Herr
schaftshause suchte sie sich einen schat
tigen Platz, las jedoch nicht, sondern
Landschaft, über grün« Wiesen, die
im Erntesegen reisenden Felder. Es
war schön hier und sie freute sich de«
Hierseins, freute sich, daß die Eltern
si« nicht mitgenommen auf ihre Rei
se nach Portugal, wo vordem de«
Bckt:r Konsul gewesen und sie die
Kinderjahr« verlebt hatte. Sie war
zerne
Ihr versonnen schweifender Blick
zu Roß eine Dame angesprengt. Ul
la von Hölfenstein vielleicht? Doch
nein, der armen Komteß hatte die
gräfliche Tante noch ni« ein Pferd
zur Verfügung gestellt. Angelika
spähte schärfer und schnellte plötzlich
von ihrem Sitz empor die Reiterin
herein.
„Grüß Gott, Fräulein Angela, ken
nen Sie mich noch?"
Lachend rief sie es vom Pferde her
unter, und das Lachen ward ein un
merklich Lächeln, als Angelika ängst
lich vor dem unruhigen Thiere zurück
wich, ehe sie «in überraschtes: „Baro
ness«, wirklich Sie" hervorbrachte.
„Ja, ich, Madelein« von Falken,
des Weltenbummelns müde für ein
Weilchen. Eh, ruhig Roland!" Da
mit schwang sich die gertenschlanke
Gestalt aus dem Sattel und über
gab dem herbeieilenden Knechte ihren
Rappen.
Und dann maßen sie einander mit
feiner, kluger Kopf bestätigend nickte:
„Nvch immer wie einst, Angela.
Siebzehn waren damals in der
seltsam anders als alle."
Angela sagte es, die Augen zum
farblosen Gesicht der Baronesse erho
ben, gebannt von jeder Regung der
gemmenscharfen Züge. Nur langsam
fand sie sich zur Pflicht der Höflichkeit
zurück, den Gast ins Haus zu bitten.
Auf dem Wege dahin stockt« Madelei
nens Fuß plötzlich und
„W«r ist der Herr dort drüben?"
fragte sie.
„Der?" Angelika erröthete ein we
nig. „Des Rittmeisters ältester Sohn.
Er hat Sie wohl nicht bemerkt, Ba
ronesse, sonst —"
Doch diese ging über die Antwort
hinweg, als hätte sie dieselbe nicht
vernommen.
„Welch merkwürdiger Kopf." Hart
mut Bravand hatte mit kaum einem
Blicke die beiden gestreift, die jetzt
im Haus verschwanden.
Eine Viertelstunde später saß Ba
sich ihres holden Gesichtes freuen,
Jahren von der kleinen Siebzehnjäh.
flüchtige Bekanntschaft in einer
Daß sie nun heute eigens von Schloß
Hölfenstein nach Ulmenhof geritten,
um Angelika guten Tag zu sagen,
war ein impulsiver Einfall gewesen,
der ihr gekommen, als Cousine Ulla
vorgeschwärmt, die gegenwärtig aus
dem Ulmenhof zu Gaste sei und bei
deren Namensnennung ihr Angelika
los, reich, unabhängig durchstreifte sie
s«it Jahr«n die Welt und kehrte nur
vorübergehend bei Verwandten oder
nach rechts und links dann doch
einmal ein flüchtig Schauen hinein
in die wogenden Felder seitwärt« und
mit heftigem Ruck fühlte Roland die
Züg«l in seiner Herrin Hand, daß er
zögernd inne hielt im tollen Laufe
und langsamer ging, wie sie es woll
te, immer langsamer, fast im Schritt.
Drüben im Korn, hoch aufgereckt,
da« Gesicht von flammendem Zorn
übergössen, stand Hartmut Bravand,
vor sich einen Schnitter, der sich zu
vertheidigen schien, bis ihm der Herr
die Sense entriß, sie mit kraftvollem
Arme schwang, daß sausend darun-
Madeleinens Pferd stand, ihre Au
gen hingen unverwandt an dem Man-
Selbstvcrgessenheit, dann hatt/ ihre
„Vorwärts, Roland!" Der Rappe
stob davon.
Auf dem Ulmenhofe hatte Angeli
ka bei der gemeinsamen Vespermahl
zeit voll Lebhaftigkeit von ihrem Be
suche erzählt. Der Rittmeister und
Frau Reichmann bedauerten, die ih
nen nur dem Namen nach bekannt«
Baronesse versäumt zu hab«n, Hart«
sen seine Augen mit weitem, weichen
Blicke über Angelas Köpfchen hinw«g
ins Ungewisse sahen. Später, als
Nelken und Reseden des Gartens
AIs sie ihn erblickte, erschrak sie
ZÜege gehen, Fräulein Gredighausen?"
Ihre Verwirrung steigerte sich, da
bei breitete ein liebreizendes Lächeln
sich über ihr Gesicht, wie sie scheu den
Blick zu ihm hob.
„O ich war doch nur überrascht
was thun Sie zu solch ungewohn
ter Stunde im Garten, Herr Bra
vand?"
„Ich suchte Sie, Fräulein Angeli-
Jhr Herz stockte. Sie fragte nicht,
warum. Aber ihre Augen schauten
unruhig zur Gartenpforte hinüber.
„Ich suchte Sie," sagte er noch ein
mal, „denn ich wollt« Sie allein spre
chen, um Sie zu fragen: ist>«s wahr,
daß Sie meine Gesellschaft absichtlich
meiden bin ich Ihnen so unange
nehm?"
„Aber wie kann Ihnen solch ein
G«danke kommen, Herr Bravand?"
wehrte sie voll Hast ab.
„Der Gedanke liegt nahe für mich,"
sagte er gelassen. „Ich bin's nicht
gewöhnt, viel Sympathien zu begeg
blickten ihre Augen ihn an und das
zarte Roth ihrer Wangen vertiefte sich
oabei. Wenn er nicht alle W«lt sich
von auch andere ihr Theil erhielten.
Und hohen Werth mußte die Eine
haben, um die sich'« zeigte!
Ihr Blick hob sich freier, ihre Hal
' tiefliegenden Augen zu ihr hernieder.
„Wären Sie sich des Grundes wirk
lich nicht bewußt, um deswillen Sie
müßten? Und müssen Sie es, An
gelika?"
stand.
Angelika faßte sich zuerst.
„Sie, Herr Referendar? Welche Ue
vielsagenden Verbeugung gegen Ange
lika begleitete Antwort.
Auf Hartmuts Stirn zeigte sich ei
ne steil«, senkrechte Falte.
„Ich habe Dich zu sprechen, Os
wald, und erwarte Dich vor dem
„Zu Befehl!" gab der Referendar,
spöttelnd aufreizendem Tone zurück.
„Ich hätte Dir ohnedies sogleich bei
meiner Ankunft meine Aufwartung
hier der angenehmen Aufgabe widme
test, Fräulein Gredighausen Gesell
schaft zu leisten."
„Ich erwarte Dich." Dann verbeug
te er sich leicht grüßend und schritt
dem Ausgang des Gartens zu. Ein
Blick des Hasses folgte ihm.
als wenn sie gleichsfalls den Garten
verlassen wollte: da fühlte sie sich
fast gewaltsam bei den Händen zu
! rückgehalten und Oswalds erregte
klang an ihr Ohr:
„Ist m«ln Bruder ein besserer Ge
sellschafter als ich? Und was
wollte er bei Ihnen? Wagt er es et
wa er hatte ihre zu
wenn alle Welt, selbst solch einer, Sie
und s«ine leuchtenden, zwingenden
Augen suchten die ihren.
„Nicht böse sein! Undinenaugen
denn ich dafür, wenn Sie mich um
Sinn und Verstand bringen?"
Nun hob sie doch das Gesicht zu
ihm und der abweisende Ernst darin
hatt«.
„Sie sind ein furchtbarer Mensch,
Herr Referendar! Kämen Sie doch
nicht mehr, so lange bin!"
einmal, bevor sie durch die Garten
pforte schlüpfte, blitzschnell den scheuen
Blick nach ihm zurück.
Referendar in lässiger Haltung über
die Schwelle.
„Du wünschest also, elier lrörs?"
„Laß jede Komödie vor mir. Du
weißt, um was es sich handelt. Zeig'
die Rechnungen her."
Oswalds Gesicht verzog sich zu ei
nem merkwürdigen Lächeln. „Also
gebeten. Ich dachte schon
den Grimasse die Augen ein und zog
dann aus der Brusttasche ein Bündel
Papiere heraus, die er mit gespielter
Wichtigkeit vor Hartmut ausbreitete.
„Na, dann also hier sämmtlich
quittirt, wie Du mir befohlen."
Mit gespreizten Beinen sich hin-
und herwiegend, wartete er, bis der
Bruder die Papiere Stück für Stück
geprüft hatte. „Nun," fragt« er da
rauf, „stimmt's?"
Hartmut schob die Rechnungen wie--
der zurück.
„Es scheint zu stimmen." Er stieß
die Worte fast hervor, als sei ihm
die Kehle zugeschnürt, und seine Hän-
Erregung. „Im übrigen laß Dir
eins gesagt sein! Was ich bisher für
Dich gethan, geschah um unsern Va
ter. Du wußtest das und hast «s
reichlich genutzt. Von heute an aber
Oswalds Gesicht hatte sich verfärbt
und er trat dicht vor Hartmut hin.
„Was willst Du damit sagen, Du?
Willst Du Dich etwa auf diese Weise
für Deine gestörte Gartenpromenad«
revanchiren?"
„Hüte Dich, Du Du —" Der
Stuhl, den Hartmuts Rechte gefaßt
hielt, sauste krachend zu Bod«n, und
durch da« g«össnete Fenster hallte sei
ne Stimme donnernd hinaus, bis hin
in seinen Augen glomm «in böses
Licht, wie er Blick in Blick mit dem
Thür.
„Geh! Es ist besser für Dich und
Freien aufaetragen und durch eine
Bowle zu Ehren Oswalds bereichert
Hartmut erschien erst spät im gemein
flösse Feuer durch seine Adern. Er
Des Rittmeisters Blicke, die prüfend
zwischen ihr und seinem Lieblings-
M-n ,hn m.t siummem Segenswu...
„Zum Wohl, Vater!" Oswald leerte
Heute ist heut!"
Und im Nachhall dieses dasein««
seligen Liedes waren sie allein mit-
Angelika.
Willen, der stärker war als sie. Und
ohne sich zu rühren, vernahm sie.
was jetzt mit leidenschaftlichem Flü
stern zu ihr drang:
„Angela, heute nur, heute glück
lich sein! Angela, Engel, Angebetete!"
Sein Arm hatte sie umschlungen.
Sie erzitterte in Kraft- und Wehr
losigkeit.
„Angela," fordert« er ungestümer
„nur «in Wort! Einzig Geliebte
Du!"
Seine heißen Lippen hatten sich aut
die ihren gepreßt.
Nun drängte sie ihn von sich,
sprang empor und wich vor ihm zu
rück. „Nein, nein lassen Sie
mich!"
Er hörte nicht die erschreckte Ab
wehr, nur die Aengstlichkeit in ihrer
Stimme, bog sich ihr von neuem zu
mit lockendem Schmeicheln
„Fürchten Sie sich vor der Liebe,
Angela?"
«Nein, aber vor dem Hasse!"
Ueber ihre Lippen war es geflohen
kaum daß sie wußte, was sie gespro
chen, indessen ihr« Aug«n groß und
starr hinüberblickten zu einem der
dunklen Fenster des Hauses, von dem
es ihr war, als lehne dahinter in ti«s
ster Finsterniß eine Gestalt.
Oswalds Blick war der Richtung
des ihren gefolgt, ein unheimlichesZu»
cken ging über s«in Gesicht und völ
lig veränd«rten ToneS stieß er hervor:
„Der da oben hätte er's gewagt,
auch Si« schon unter den Bann der
Furcht zu zwingen? Er Sie?!"
Seine Augen ruhten mit heißem
Leuchten wieder aus Angelika: wie
hieweggewischt war die jähe Verän
derung in seinen Zügen. „Sie sind's.
die alle zwingt Herzbezwingerin!"
Sie achtete nicht der leidenschaftlich
zärtlichen Worte: in ihr zitterte noch
sein drohend raunender Ton, sie schau
erte noch vor dem unheimlichen Auf
blitzen des Hass«s, den sie eben auch
auf feinem Antlitz ges«h«n auch
auf dem seinen!
Er aber eilte mit fröhlichem Wort
dem Vater entgegen, der mit der
frisch angesetzten Bowle zurückkam,
füllte von neuem die Gläser und
mit flammendem Blick Angelika das
seine entgegen
Heut« ist heut!"
2. Kapitel.
Etliche Tage später. Bleifarbener
Himmel und in schwüler, schwerer
Luft ein lautloses Warten. Auk
was? Aus die Wohlthat erfrischenden
Regens, auf Ungewitter und Sturm?
Ein Warten und Bangen! Daß sie
es gewußt hätte, was in ihrer Seele
schwer und schwül war wie in der
Luft, die sie athmete, was einem Un
gewitter entgegenbangte, was sie un
ruhvoll umhertrieb und die Farbe ih
rer Wangen löschte. War es Liebe
die mit undeutbarer Räthselschrift
im Buche ihres Lebens schrieb; war
es Furcht, die dem Hasse ins Ange
sicht gesehen? Und so ost ihr Auge
auch nach innen schaute, nichts that
sich vor ihr auf, das einen Weg ge
zeigt hätte, beiden, der Liebe uno
dem Hasse zu entfliehen.
Kein Wissen, nur ein dumpf««, ziel
los Ahnen, daß sie fliehen müsse.
Aber wie für ihr Geh«n den Vorwand
finden? Sie scheute davor zurück, sich
jemandem zu offenbaren, ging fast
geflissentlich Frau Reichmann au«
dem Wege, seit sie zu suhlen begon
nen wie der«n Blicke ost voll heimli
chen Beobachtens auf ihr ruhten. Da
war ihr plötzlich die Idee gekommen:
wenn sie auf Hölfenstein der Baroneß
Besuch erwiderte und wenn man sie
Ohne auf Ulmenhof ein Wort von
ihrer Absicht zu sagen, machte sie sich
auf den Weg, obwohl derselbe eine
anderhalbstündige Wanderung bedeu
tete. Rasch schritt sie zunächst voran
als eile sie einer Hoffnung entgegen.
Doch bald begann ihr Gang langsa
mer und langsamer zu werden, bis
sie in müder Unschlüssigkeit stehen
blieb und um sich blickte. Wie weit
noch ihr Ziel! Und wie drückend heiß
die Luft! Und wie matt und schlaff
ihre Glieder! Was sollte sie thun?
Umkehren? Weiter gehen? Sie hätt«
weinen mögen, daß sie wieder einmal
(Fortsetzung folgt.)
Fiir >ie Äiichr.
Kaltes Rindfleisch mit
pikanter Sauce. Man schneidet
das vollständig erkaltete Fleisch in
möglichst feine Schnittchen und legt
sie schichtweise in folgende Sauce:
Vier Eier werden hart gekocht, auS
den Dottern und dem Dotter eine?
rohen Eies, drei fein gehackten Sar
dellen, einem Theelöffel feinem Senf,
dem Safte einer Citrone, etwa»
Salz, Pfeffer, einer Prise Staub
zucker, Oel und Essig wird eine dicke
Sauce bereitet, die man durch ein
Sieb streicht. In eine tiefe Schüs
sel legt man eine Schicht Fleisch,
darauf eine Schicht Sauce und ab
wechselnd so fort, bis alles verbraucht
ist. Den Schluß bildet eine Schicht
Sauce. Vor 24 Stunden soll da»
Fleisch nicht genossen werden, es ge-
Pfund Brot rechnet man 1 Pfund
frische Aepsel (von Ringäpfeln S bis
6 Unzen), Pfund Zucker und Z
form oder Auflaufform wird mit
Butter ausgestrichen, dann eineSchicht
geriebenes Brot hinein gestreut: dar
auf vertheilt man einen Löffel de»
erkalteten Apfelkompotts, bestreut eS
mit Zucker, Korinthen, Rosinen, Man
delstiften, läßt wieder Brot, Aepsel,
Zucker, Rosinen folgen, bis alles ver
braucht ist. Die oberste Schicht ist
auch etwas Weißwein darüber spren
gen, bäckt den Auflauf eine Stunde
im Ofen und gibt ihn in der Form
zu Tisch.
Kalbs - Koteletten mit
Speck. In einer Kasserolle läßt
man Butter zergehen, belegt si« mit
und giebt die gut zub«reitet«n Kote
l«tten hinein. Man dünstet si« unter
öfterem Umwenden gar und stellt sie
mit dem Speck warm. Di« Hälfte
de« Fettes wird mit gewiegter Peter
silie, etwas Pfeffer und Salz, einem
halben Glafe Weißwein und ebenso
viel Brühe oder Wasser ein wenig
«ingekocht, dann sind 2 Eigelb in
zwei Lössel Brühe zu zerquirlen,,
und die Sauce, di« aber nicht mehr
kochen darf, damit abzuziehen. Ko
teletten und Speck werden wieder
hineingethan, dazu einige Tropfen
fort aufzutragen ist. Auch Ham
melkoteletten lassen sich auf die ver
schiedenste Weise zubereiten. Gespickt,,
mit Mostrich bestrichen und gebacken,,
schmecken sie vorzüglich, auch in zer
lassene Butter oder Oel getaucht,
aus dem Rost gebraten und mit
Kressensalat angerichtet, sind sie aus
gezeichnet.
Vanillesauce. Eine kleine
Schote Vanille wird zerschnitten und
in einem verdeckten kleinen Topf in
etwas Milch eine Stunde auf die bei
ße Herdstclle zum Ziehen gestellt.
1 Pint Sahne oder gute Milch seht
man mit einfünstil Psund Zucker auls
einmal aufkochen und rührt 5—6 mit
ein wenig kalter Milch und I—2
Theelöffel Kraftmehl oder Kartoffel
mehl verquirlte Eier dazu. Nun quirlt
man die Sauce über dem Feuer un
ausgesetzt, bis sie zu steigen beginnt,
und richtet sie nach Belieben warm
oder abgekühlt an. Kochen darf sie
nicht, da dann die Eier gerinnen.
Spinatklößchen. Unter et
was leicht gerührte Butter giebt man
nach und nach vier ganze Eier. Hier
auf wird gut verlesener, gewaschener
Spinat (nicht mehr als «in paar Hän -
de voll)) roh gehackt, sodann nxich
gekocht und nebst zw«i zu kleinen
Würfeln geschnittenen Semmeln, di»
in Butter geröstet wurden, an die zu
vor gerührte Masse gegeben. Auch
zwei Unzen Mehl, etwas Salz und
Muskatnuß werden noch dazugethan.
Nun formt man Klößchen aus der
Masse, die in Fleischbrühe oder Salz
wasser eingelegt und gekocht werden
Nierensuppe. Man setzt
eine gewässerte und von den Röhren
befreite Niere mit 1 Pfund zerhaue
nen Knochen und Quart Wasser
zum Feuer, schäumt gut ab, läßt sie
2 Stunden gut kochen und giebt eine
Kleinigkeit Selleriesalz hinzu. Da
raus gießt man die Brühe durch eil»
Sieb und schneidet die Niere in Wür
fel. Dann läßt man 2 Unzen But
ter zergehen, macht 3 Eßlöffel Mehl
braun und gießt die Brühe dazu. Die
Suppe muß recht sämig, jedoch nicht
ab, giebt nach Belieben noch etwa»
Fleischextrakt. etwas Paprika und ein
wenig Madeira dazu, legt die Niere