Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, January 26, 1911, Image 6

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    von Margarethe Sander.
Wie Notl^zu^el^
Der Pri»z u»d Tante Minchen.
Wir Kinder glaubten an den Prin
zen und waren überzeugt, daß er
«ines Tages kommen würde, um
Tante Minchen abzuholen. Wir hat
ten sogar heftige Streitigkeiten dar
über, wie der Prinz aussehen und
welches sein Gefolge sein würde.
Meine Schwester behauptete, er wür
de mit sechs Schimmeln angefahren
kommen. Das bestritt ich auf das
Lebhafteste, weil ich eine Abneigung
Hegen Schimmel hatte, wohl deshalb,
weil die weißen Pferde, die ich zu
sehen bekam, so abscheulich schmutzig
waren. Ich war entschieden siir
tohlpechrabenschwarze Rappen. Die
Rachbarskinder, mit denen wir spiel
ten. und die von dem Prinzen wuß
tep, meinten, er käme mit einem Wa
-gen, der von Schwänen gezogen wür
de, durch die Luft geflogen. Nur
Paul Schachtmann, der zuch später
Ingenieur wurde, behauptete, der
Prinz käme mit einem Extrazug, in
«inem Salonwagen.
Jedenfalls glaubten wir an den
Prinzen, denn Tante Minchen hatte
»ins oft genug gesagt, wenn wir ir
gend welche verwegenen Wünsche Su
szerlen: „Wartet nur, wenn mein
Prinz kommt, dann sollt ihr alles
haben."
Niemand erwartete wohl den
Prinzen sehnsüchtiger als ich, denn
Tante Minchen hatte mir versprochen,
!vaß es dem Prinzen auf einen Pony
>für mich nicht ankommen würde, und
«in Pony war für mich der Inbegriff
oller Sehnsucht. Damals war ich
zehn Jahre alt und verachtete die
'lnfanterie, bei der sie mich später
doch als Einjährig-Freiwilligen ein
singen. Meine Schwester erwartete
von dem Prinzen zwei schneeweiße
Schafe und «inen Brillantring. Der
Brillantring sollte aber so groß sein
wie eine welsche Nuß.
Es war Tante Minchen vor Jah
nial ein Prinz kommen, um sie abzu
holen? dann würde sie sehr glücklich
werden. Wer das prophezeit hatte,
weiß ich nicht? nur soviel stand bei
lins fest, daß es mindestens eine
Zigeunerkönigin gewesen war, welche
Tante Minchen dieses herrliche Prog
nostikon für die Zukunft gestellt
hatte.
gär von einem Erzengel abgeholt und
zum Glück geführt zu werden, so
war es Tante Minchen. Die Erin
nerung an sie und all ihre Liebens
,Würdigkeit hat mich auf meinem gan
zen Lebenswege begleitet, und wenn
Ich heute einen grausamen Witz über
olte Jungfern lese, fühle ich eine Em
pörung aus meinem Herzen ausstei
gen.
Tante Minchen war eine alte
"Jungfer, aber eine von denen, die in
s>>« Welt gesetzt sind, um s^ohlwol
-reiten.
Warum Tante Minchen ni: gehei
?athet hatte, weiß ich nicht. Auch
setzt, nachdem ich alt und grau ge
worden bin, ist es mir schleierhaft,
'warum sich nicht ein Mann fand, der
'so viel Herzensgüte und Liebeswür
>igkeit durch die Ehe an sich fesselte.
Dazu kam noch, daß Tante Minchen
in der Jugend sehr hübsch gewesen
fein mußte. Aber die Männer sind
zu allen Zeiten blind und egoistisch
gewesen; und wenn man über die
«Zegenwart klagt und die Vergangen
veit lobt, thut man großes Unrecht,
kenn schon in vergangenen Zeiten sa
smng auf Geld. Davon aber batte
Tante Minchen sehr wenig.
Ihr Vater hatte in patriarchali
schen Zeiten einem schlesischen Mag
naten nicht nur ein Leben lang treu
gedient, sondern auch unter schwieri
gen Verhältnissen seinem Brotherrn
und der ganzen das^Vermö-
Beliuchtung, in Vieh. Feldfrüchten,
Gemüse usw. Als er starb, hinter
ließ er nur ein kleines Vermögen.
die Hälfte der Pension in Baar, wel
che die Mutter erhalten hatte. Das
war wenig, sehr wenig, entsprach
milit nicht. Die anderen Geschwister
Minckens waren verheirathet und
versorgt. Minchen war die Schwe
ster unserer Mutter. Zwei ihrer
Brüder waren in angesehenen Stel
lungen; zwei befanden sich in Süd
amerika und sammelten dort angeb
lich Reichthümer; eine Schwester war
mit einem Manne verheirathet, der
ihr nur ein bescheidenes Loos bieten
konnte, mit dem sie aber recht glück
lich lebte. Ein Bruder war unver
heirathet gestorben. Er hatte wenig
stens ein Testament zugunsten Min
chens gemacht, und so kam Tante
Minchen, alles in allem genommen,
zu einer kleinen Rente, von der sie
leben konnte, wenn sie die Ansprüche
an das Leben in den allerbescheiden
sten Grenzen hielt.
Erst später habe ich begriffen, daß
sie dieses Bewußtsein, unabhängig
von ihren Geschwistern zu sein, hei
ter und fröhlich machte. Sie war
nicht die Uebersliissige !n der Fami
lie, wie so viele, viele alte Jungfern
e' leider sind. Sie brauchte nicht
das Gnadenbrot zu essen und in der
Familie herumzuvagiren, um bald
hier, bald dort einige Wochen :m
Haufe zu sein, bis sie fühlte, daß
man ihrer überdrüssig war. Nein,
wohin sie kam, da war sie hochwill
kommen, und besonders wir Kinder
konnten die Zeit gar nicht erwarten,
bis Tante Minchen wieder eintraf.
Mit ihr kam Lachen und Scherzen
in das Haus. Sie wußte so drollig
Anekdoten zu erzählen; und wenn es
dunkel war, kramte sie Märchen aus,
so wunderschön, wie es nach unserer
Ansicht niemand sonst tonnte. Nicht
nur meine Schwester und ich, sondern
alle Kinder aus der Nachbarschaft,
die in unserem Hause Zutritt hatten,
saßen dann zu ihren Füßen und
lauschten. Sie kannte die alten deut
schen Märchen und auch die schwe
dischen von Andersen auswendig, und
sie verzierte sie noch mit Erklärungen
und eigenen Erfindungen, worüber
ihr die seligen Geister der Märchen
dichter und Märchensammler gewiß
nicht gezürnt haben werden. Tante
Minchen kannte immer neue Spiele,
neue Unterhaltungen für die Win
terabende, denn bei uns war sie meist
im Winter. Im Sommer hielt sie
sich im Süden auf. Nie aber blieb
sie in einer Familie länger als drei
Wochen: dann ging sie immer wieder
nach ihrem Heim zurück, das sie in
Niederschlesien ausgeschlagen hatte.
Im Herbst war sie am Rhein. Ein
Onkel hatte dort einen Weinberg und
behauptete, wenn Tante Minchen
nicht zur Weinlese da sei, gerathe der
Wein nicht.
Nun war Tante Minchen hoch in
den Fünfzigern, vielleicht schon in den
Sechzigern. Sie sprach nicht gern
von ihrem Alter. Sie nannte sich
zwar häufig selbst eine alte Frau,
aber sie sagte, das mit einem so ei
genthümlichen Lächeln, daß man an
nehmen mußte, sie glaube selbst nicht,
daß sie wirklich eine alte Frau sei.
Es ist nur ein Glück, daß die
Kinder ein kurzes Gedächtniß haben
und, wenn man sie an gewisse Dinge
nicht erinnert, dieselben vergessen.
Wenn Tante Minchen nicht da war,
dachte ich nicht an einen Pony. Nur
wenn der Brief kam, der Tante Min
chens Ankunft vierzehn Tage bis
drei Wochen vorher anzeigte, dann
hoffte ich, sie würde nicht allein, son
dern mit dem Prinzen kommen, und
letzterer würde gleich den Pony mit
bringen. Allerdings, als ich zehn
Jahre alt war und die rothe Mütze
des Quartaners trug, dachte ich ver
ächtlich von mir selbst, weil ich einst
an diesen Märchenprinzen geglaubt
hatte. Mit vierzehn Jahren ist man
Pessimist und überzeugt, die letzten
Räthsel des Menschenlebens gelöst
und der Welt Lauf begriffen zu ha
ben, ja sogar imstande zu sein, der
Welten Laus zu ändern. Manche
Menschen bleiben in dieser Beziehung
Quartaner, auch wenn sie siebzig und
achtzig Jahre all werden.
Wieder war Tante Minchen im
die Straße herabblickte, wo eben das
Tageslicht erstarb, während das
Zimmer schon in Dunkelheit gehüllt
ne Mutter die Frage :
„Glaubt Tante Minchen wirklich
an den Prinzen und daß er einmal
zlaubt hat, der Märchenprinz wllroe
in einer goldenen Kutsche abholen.
Aber auch sie hofft, wie wir alle,
wahrscheinlich auf ein glückliches Er
eignis, das immer noch sür sie eintre
ten kann."
„Meinst du, daß Tante Minchen
noch Heirathen wird?" fragte ich alt
t.ug.
Aber meine Mutter schüttelte den
ls si ' k
lich ein bildschönes Mädchen war, das
in allen Gesellschaften Aufsehen er
regte, wird wohl jetzt auch niemand
I«mmen, wo sie eine alte, verschrum
pelte Frau ist. Der Prinz müßte
schon in einer anderen Gestalt auf
treten, als in der des Freiers."
Es kam irgend jemand in's Zim
mer herein und störte die Unterhal
tung der Dämmerstunde.
Die Zeit ging um, und Tante
Minchen kam pünktlich, wie sie vor
her angemeldet hatte. Sie war im
Lausse der Jahre eine große Men
schenkennerin geworden. Ich hatte
schon beschlossen, mich von ihrem
Einflüsse zu emanzipiren. Ich ge
hörte nicht mehr zu den „Kindern",
ich wollte mir von der alten Frau
nicht mehr imponiren lassen. Aber
als sie mich prüfend betrachtete, ihrer
Verwunderung Ausdruck gab, wie
groß und kräftig ich geworden war,
und hinzufügte: „Nun bist du ein er
wachsener Mensch, mit dem man
schon sprechen kann, wie mit einem
Großen", hatte sie mich völlig gewon
nen. In ihrer Gegenwart versuchte
ich nicht, mit Gewalt meine Stimme
herabzudriicken und ein Krächzen aus
zustoßen, weil ich es meiner unwür
dig fand, nicht schon eine Baßstimme
zu besitzen.
Jungen in den Liimmeljahren sind
immer in dem Besitz wunderbarer
Rezepte, die sich durch ganze Genera-
Bengels mit den Diskantstimmen von
einem Genossen, der sich auch nach
dem Baß sehnte, erfahren, daß Ciga
rettenrauchen und Grogtrinken einen
kolossalen Baß ergebe. Soweit unser
Taschengeld und die strenge Aufsicht
in Schul« und Haus es gestatteten,
thaten wir alles, was in unseren
Kräften stand, um den Baß herbei
zulocken. Bor allem sprachen wir
mit möglichst tiefer Stimme, bis uns
der Hals weh that.
Aber in Tante Minchens Gegen
wart ließ ich alle die Faxen. Ich
schämte mich, vor ihr zu heucheln.
Sie unterhielt sich mit mir, wenn die
„Kinder", auf die ich mit Verach
tung herabsah, nicht da waren i sie
besprach mit mir ernste Angelegenhei
ten, und das wirkte auf mich mehr,
als wenn man mich noch als Kind
behandelte und mir gute Lehren ge
ben wollte.
Es war ein abscheulicher Herbst,
naßkaltes, rauhes Wetter. Tagelang
regnete es, dann fror es wieder ein
wenig, und der Schnupfen, den man
damals noch nicht „Influenza" nann
te, grassirte auch in unserer Stadt.
Wir alle litten am Schnupfen, der
mir insofern Freude machte, weil ich
infolge der Heiserkeit tiefer sprechen
konnte als sonst.
Auch Tante Minchen wurde von
dem Schnupfen befallen. Eines Ta
ges lag sie im Bett; das Gesicht mei
ner Mutter wurde ernster und ern
ster, und nach zwei Tagen wußten
wir es, daß Tante Minchen die Lun
genentzündung hatte. Dann kam ei
ne bange, bange Zeit und dann
lag Tante Minchen todt und kalt,
aber mit einem Lächeln auf den Lip
pen, auf einem Bett in einer Kam
mer. bis der Sarg gebracht wurde.
Wir alle waren wie vor den Kops
geschlagen. Uns Kindern schien es
undenkbar, daß die gute Tante Min
chen nun für immer todt sein sollte.
Natürlich, ich gehörte nicht zu den
Kindern, ich war ein Erwachsener
und suhrte selbstverständlich ein Ta
gebuch. An jenem Tage, an dem
Tante Minchen starb, schrieb ich voll
Pessimismus die Worte aus dem
Treuen Eckart nieder:
„Ungeollhrlich hoffen ist ein lai:g
Zeil, daran sich viele zu Tode ziehen.
Es machet lange Zähne und das
Maul wässern, so doch endlich lauter
Mermuth kauen muß."
An alle Verwandte war telegra
phirt worden, und diejenigen Ge
schwister Minchens, die nicht allzu
weit wohnten, hatten versprochen,
zum zu kommen. Der
Sarg stand in der guten Stube, und
vier Lichter, zwei zu Häupten, zwei
zu Füßen, brannten neben der Tod
ten. die mit gefalteten Händen fried
lich und still in ihrem letzten Schrein
lag. Ueber das Begräbniß war von
Seiten der Kirchgemeinde noch nichts
festgesetzt. Mittags läuteten die Glo
cken zu Tante Minchens Gedächtniß.
D?e Mutter klagte, daß man gar
nicht wisse, woran man mit dem Be
aräbniß sei, und der Vater tröstete
K'chh f°' fp k
Es war Mitlag, wieder an
einem stürmischen, rauhen Herbsttage.
Nur auf Sekunden brach die Sonne
direkt vom Bahnhof waren sie mit
der Droschke bis zu '.mserer Wob-
n.ing gefahren, und nun wurden sie
in s Zimmer geführt, in dem Tante
Minchen im Sarge lag. Stumm
nen Verwandten ein stilles Gebet
sprachen oder sich die Thränen aus
den Augen wischten.
Da klopfte es an die Thür, und
unser Dienstmädchen kam herein. Sie
reichte dem Vater ein Stuck Papier,
das zum Theil bedruckt und zum
Theil beschrieben war.
Der Vater las es, und ich sah in
seinem Gesicht eine tiefe Bewegung.
Dann rief er mit etwas unsicherer
Stimme:
„Hört einmal zu! Kirchengemeinde
zu St. Johannes. Die Beerdigung
des Fräulein Minna B. findet am
24. November, Nachmittags 3 Uhr
statt. Die Abholung der Leiche er
folgt um 1 Uhr Nachmittags dessel
ben Tages. Prinz, Kirchhofsinspek
tor."
Der Vater hatte die letzten Worte
mit erhobener Stimme gelesen. Wir
Einen Augenblick huschle der Son
nenschein in's Zimmer, und Über das
Gesicht der Todten. Dann ver
schwand er, aber es sah auS. als ob
Tante Minchen gelächelt hätte.
Feurige Kohlen.
„Na hübsch ist Ihre Schwägerin
nicht gerade!" sagt- Herr Schulze.
„Die hübsch? Mit ihren Schiel
augen und dem gelben Gesicht? Nee,
hübsch ist anders. Und dazu di-se
Länge!" versetzte Herr Protz. „Sie ist
ja mehr als einen Kops großer als
ich!"
Das Gespräch fand an dem
Stammtisch im „Blauen Assen" statt
und die Frau, von der man sprach,
war die Wittwe Lina Schreiber.
August Schreiber's Schwägerin.
August Schreiber warf einen vor
wurfsvollen Blick auf Herrn Protz
und trank langsam sein Bier aus.
Wenn seine Schwägerin auch wirklich
einen Kopf größer war als Protz, so
wollte das nichts sagen. Sie war >a
sehr groß für eine Frau, aber Protz
war ein kleiner und ziemlich dicker
Mensch. ,
„Hübsch ist, wer was hübsches hat,
sagte August endlich. „Mein armer
Bruder sagte aus seinem Sterbebette
zu seiner Frau: „Ich lasse Dich in
guten Händen zurück, Lina. Mit
August als Bruder und den zehntau
send Mari, die ich gespart habe, wird
es Dir nie an was fehlen."
Einige Minuten herrscht- tief-
Stille an dem Stammtisch. Plötzlich
aber bog sich Herr Protz weit vor und
seine kleinen Augen kniffen sich zu
einem Schlitz zusammen.
„Wollen Sie damit sagen, daß
Ihre Schwägerin zehntausend Mari
hat?"
„Ich persönlich sage gar nichts. Ich
erzähle bloß wieder, was ich zufällig
gehört habe." Seine Stimme zitterte
wie in tiefer Rührung.
Wieder herrschte tiefstes Still
schweigen. Sie alle dachten voll Mit
gefühl an seinen Bruder, der so jung
gestorben war und um den August
heute noch trauerte. Denn jedesmal,
wenn er von ihm sprach, drohte ihm
die Stimme zu brechen.
Endlich sprach August weiter: „Ich
fürchte bloß, daß die arme Lina eines
Tages in schlechte Hände fällt. Da ist
dieser junge Franz Winterlich, der
Kerl ist schon ein paar Mal zu ihr
zum Abendbrot gekommen."
„So?" fragte Herr Protz in ge
dehntem Ton- und mit gerunzelten
Brauen. „Und Ihre Schwägerin
was sagte die dazu?"
„Lina? Hm sie scheint unent
schlossen. Franz Winterlich hat
schwarzes Haar und sie kann bloß die
Blonden leiden die Mittel- und di?
Dunkelblonden. Ja, meine Lina hat
seinen Geschmack. Und Winterlich ist
auch unheimlich lang und dürr; Lina
aber liebt die untersetzten Figuren".
Die Augen des Herrn Protz glitzer
ten und er strich sich ein paar Mal
über sein fast rothes, borstiges Haar.
„Ja, eine gute Figur ist nicht zu
verachten", meinte er selbstgefällig.
„Neulich," fuhr August fort, „als
Winterlich gegangen war, sprachen
Lina und ich vom Heirathen. Und da
meinte sie: „Verschaff mir einen
Mann, August, der wirklich wie ein
aussieht und nicht wie ein
Brunnensckiwengtl. Der Herr Protz,
den Du neulich als Gast mitbrachtest,
der hat eine schöne Figur."
„Dus hat sie gesagt? Das hat sie
wirklich gesagt?" rief Protz und riß
seine kleinen Augen auf, soweit er
genvolles Gesicht.
„Ich? Hm ich sagte, Herr Protz
then." S' d s
hört! Sic wissen doch gar nicht, wie
ich über Wittwen denke."
August Schreiber schaute ziemlich
betroffen drein.
„Ja, aber Herr Protz, Sie den
ke» doch nicht wirklich —"
Da fiel August dem Manne beina-1
ge um den Hals. !
„Oh, Karl, Karl! Jetzt weiß ich,
kommt!" rief er begeistert. (Die kleine
Lina war, nebenbei gesagt, fast zwei
Meter groß und belani schon graue
Haare.)
Plötzlich aber wurde Karls Gesicht
ziemlich lang. Er lratzte sich hinterm
„Warten Sie mal was wird
denn da mit Tilli?"
„Wer ist Tilli?"
„Na, Mathilde Schwarz. Ihr Va
ter hat ein Obstgeschäft in der Was
serstraße. Sie haben vielleicht schon
bemerkt" er sah sich verlegen im
Zimmer um „Sie haben vielleicht
bemerkt, daß ich in letzter Zeit mit
ihr ging —"
„Ja, unsere Anna sah Sie neulich
mit ihr", warf der Wirth ein.
„Na, da wird es eine kleine Aus
einandersetzung geben," fuhr Protz
fort.
Hilft
„Schwager Karl," sagte er geheim
nihvoll, „darüber brauchst Du Dir
keine Sorgen zu machen. Das deich
sele ich schon. Ich werde mit dem
Mädchen sprechen und zwar so, daß
sie Dir später keine Vorwürfe machen
kann."
Diese Güte überraschte Herrn Protz.
Ihm kam plötzlich ein schwarzer Ver
dacht und ein böses Funkeln trat in
seine Augen.
„Wofür thust Du eigentlich das
alles?" fragte er lauernd. „Wir beide
sind doch eigentlich nie richtige Freun
de gewesen."
„Karl", sprach da August eindring
lich und sehr sanft, „erinnerst Du
Dich, daß Du mir früher mal die
Minna Schröter abspenstig gemacht
hast, die Kellnerin im „Weißen
Schwan" war?"
seinem Stuhl hin und her, sagte aber
„Und," fuhr August fort, „weißt"
Du nicht, daß in der Bibel steht: Du
sollst feurige Kohlen auf das Haupt
„August," stammelte Karl Protz
tiefgerührt, „Du bis ein Engel. Ein
Stammtisch saßen, eine Lage Bier
Am nächsten Abend kam Karl Protz
„zufällig" bei Schreibers vorbei und
Verlobungsring paffe. Während die
Wittwe das Abendbrot in der Küche
zurechtmachte, fragte Karl, ob August
habe. !
Karl Protz im „Blauen Affen" nicht
der Ecke der Wasserstraße, wie August
lein Schwarz ein bißchen getröstet."
„Na, weißt Du, Deine Art von
Trösten kann mir gar nicht gefallen!
Laß. das lieber sein!"
August Schreiber nahm eine tief
zekränkte Mi«ne an.
„Na weißt Du Du kannst mir
Den Sonnabend darauf wurde
Lina Frau Protz.
Am Abend nach der Hochzeit er
jählte August im „Blauen Affen"
ner, dicker Mann mit blaurothein
Gesicht erschien. Es war Karl Protz.
August Schreiber erhob sich verwun
dert.
„Nanu, Karl, was ist los?" rief
er. „Ich denke, Du bist auf der Hoch
„Habc ich das gesagt? Nein! Ich
allein seine Schuld".
Karl Protz schäumte vor Wuth.
Jetzt mischten sich auch die andern
hinzu.^
Der Gesichtsausdruck Karls war so,
daß August sich ordentlich fürchtete.
wohl —"
das?" brüllt« Karl.
„Wenn Du es durchaus wissen
mußt ich will mit Tilli Schwarz
und deren Vater ein kleines Haus be
.Mas soll das heißen, Karl, daß
Du Dich im Wirthshaus rumtreibst?
Mach, daß Du nach Hause kommst!
wurde, ob er auch, wie viele andere
Juristen, das neue Bürgerliche Gesetz
buch in populären Vorträgen zu be
„Nein, das ist Staub-freie Müllab
fuhr."
Schweninger antwortete ganz einfach:
„Wie es Ihnen beliebt, Durchlaucht,
aber wenn Sie kurirt werden wollen,
der kurirt, ohne zu fragen."
Der Fürst war gan, verblüfft über
diese Grobheit, fügte sich dann aber:
„Wenn es denn sein muß. so fragen
Sie in Gottes Namen weiter, aber ich
erwarte dann auch von Ihnen, daß
Sie als Arzt ebenso Großartiges lei
sten werden, wie als Grobian."
Schweninger gewann einen solchen
Einfluß auf Bismarck, daß er keinen
Ungehorsam duldete. Einmal, als er
ergriff den Teller und warf ihn zum
Fenster hinaus. B-smarck war ganz
verblüfft, aber die Energie Schwenin
gers imponirte ihm so, daß er sich
RSchtttcher SSrm.
In Stuttgart wurde einst eine Ver
ordnung erlassen, nach der jeder, der
in der Nacht nach Hause ginge, bei
Strafe weder lärmen noch finge»
durfte. Gleich in der ersten Nacht
Hauptwache vorbei und wurde sogleich
angehalten: „Weiß Er nicht, daß man
keinen Lärm machen darf, wenn man
nach Hause geht?" „Ich gehe aber
nicht nach Hause." antwortete der An
getrunkene schlagfertig.
Rt« «r» Wag»«r aus »er Pr»v«.
Richard Wagner kleidete auf den
Proben seinen Tadel gern in eine
humoristische Bemerkung. Als bei
einer Probe des „Rienzi" die Posau
nen zu laut bliesen, sagte er lächelnd:
„Meine Herren! Ich glaube kaum,
daß ich mich irre, wenn ich behaupte,
daß wir uns in Dresden befinden,
und daß wir deshalb nicht vor Jericho
stehen, wo Ihre geachieten Vorfahren
die abnorme Stärke ihrer Lungen be
währten, indem sie die Mauern dori
umbliesen."
Treue und Redlichkeit.
Austauche» Schloß.
Und jaud dri» 2 Mark 3U vor.
z Mark auswärts) gilt der Tatz:
Behalte esl Wer's hat, der hat'sl
Die Hauptsache.
„Fräulein, ich glaube, Sie werden
nie Lawn-Tennis lernen."
„„Das schadet nicht, ich find« aber
das Tennis-Kostüm so schön!""
Billige Protzerei.
Bonvivant, der es eigentlich verzehren
soll, ist nämlich Vegetarianer!""
Verlorene Liebesmühe.
lich gesucht!"
mit!"
ein ehemaliger Angestellter von Ihnen
fein?" „„Schwerlich; Wein hätte
der bei mir wenigstens nicht gestoh
len!"
Tr»uf dreffirt.
„Sie reiten ja Ihren neuen Gaul
„„Ja; das Luder war nämlich im
Circus und geht nicht ohne Musik!""