Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, January 19, 1911, Image 2

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    »«» »ct«.
Vo» Marg. Älauert.
RnigÄ herum der Nacht.
Die Bi«graphe».
fthene Publizist Bellangin hatte sich
gegen Zusicherung des halben Erträg
nisses bereit erklärt, die Vorrede des
Buches zu versassen, das sein Freund
nehmen wollte: ein Buch über das
Leben und die Werte des berühmten
Jean Loutardeau, dem eben jetzt ein
waren und die seine umfangreiche
Mappe kaum zu fassen vermochte.
„Es ist eine Goldgrube!" hatte der
welche Weise er in den Besitz dieses
befand sich alles Mögliche: Manu
mit Freude erfüllte. Mehr als siinf-
Btsonderes in Aussicht stellten und
Von feinen Lesern stets mit Begeiste
rung aufgenommen wurden. Vor
allem aber, welche Wohlthat war diese
Arbeit für den armen Loutardeau!
Eine Fülle von Licht sollte sich über
Grab verbreiten, der Menschheit
heimnißvollsten Vorgänge seines Le
bens, seines Deutens, beleuchten. Wie
reiche Belehrung tonnte die literarische
Jugend aus diesem Werke schöpfen!
Es sollte sie in das Vorgehen beim
Verhältnisse und andere äußere Um
stände auf feine Werte ausgeübt hat
ten. erklären: ganz abgesehen von den
Berichten über seine Wohnungen, seine
Lebensweise, seine Ernährung. Das
tonnte man „Di- Naturgeschichte eines
Mannes" nennen, und zwar mit mehr
Recht als die unzusammenhängend«
tionsschriftsteller „Die Naturgeschichte
einer Familie" betitelt hatte. Beim
Durchblättern dieser werthvollen
Dokumente begeisterte sich Daubac für
die erhabene Rolle, die ihm zugefallen
war, und Bellangin wunderte sich
nem Leben über ein Thema schreiben
konnte, das -hm nicht vollständig
fremd war. Er handhabte die Schrift
stücke, die ihm so viel Belehrung brin
gen sollten, mit einer Empfindung
von Ehrfurcht und fühlte sich in sei
ner eigenen Achtung steigen, als ob
den Herren vollständig verwandelt.
Das sehr gewöhnliche Gesicht Daubacs
zeigte eine Art von Begeisterung und
etwas Ernstes, Leidenschaftliches be
lebte die Augen des Publizisten, in
Nachdem sie noch bestimmt hatten,
auf welche Stellen sich die Vorrede be
sonders beziehen sollte, und die beiden
Blätter, die den Plan des Werkes ent
hielten, von Bellangin für gut befun
den worden waren, empfanden unser«
beiden Freunde ein dringendes Be
dürfniß nach frischer Luft, da ihnen
die Köpfe brannten. Sie verließen
das Kaffeehaus: Der Kritiker, indem
er riesige Rauchwolken aus seiner
Londres in die Luft blies und Ma
dame Goufsepin mit seinem Spazier
stock einen Gruß zuwinkte, der be
häbige Daubac keuchend, als wollte er
die Gewichtigkeit des Altenpackes an
zeigen, den er unter dem Arm trug.
Es war nahe an Mitternacht, das
Wetter war herrlich, aber empfindlich
talt. Die beiden Freunde bewohnten
dieselbe Gegend; somit war es ihnen
sehr willkommen, zusammen gehen zu
können, sie hatten sich auch noch man
cherlei zu sagen.
„Der verdammte Goussepin," be
gann der Journalist, „hat immer aus
gezeichneten Kognak. Mit dieser
Wärme im Magen und einem guten
pelzgefütterten Rock wie der meine ist
man doppelt empfänglich für den
prickelnden Reiz dieser prächtigen
Nacht."
„Herrliche Kälte!" murmelte Dau
bac vor Frost zitternd und sein sei
denes Halstuch fester um den Hals
schlingend. „Noch nie in meinem Le
ben habe ich so viele Sterne leuchten
sehen! Aber, ich habe Sie gestoßen,
glaube ich?"
„Du kannst mich getrost duzen,"
sagte Bellangin, „ich sehe überall
Sterne, sogar am Boden: nehmen wir
uns in acht, sie nicht zu zertreten!"
„Ja, gewiß! Uebrigens würde es
uns nasse Füße eintragen, denn sie
sind alle in der Gosse," fügte Daubac
hinzu.
„Wirtlich, die Hitze war zu arg in
dem Lotal: ein tüchtiger Marsch in
der frischen Luft wird uns gut thun.
Aber da fällt mir ein, das Dentmal
unseres theuren Loutardeau ist ja
ganz in der Nähe. Könnten wir nicht
den kleinen Umweg machen, um es
aufzusuchen?"
„Großartiger Gedanke!" rief Bel
langin. „Ich würde mich glücklich
schätzen, die Züge dieses Mannes ken
nen zu lernen, von dem ich, jetzt da
und hatte stets Vorliebe für den Är
schen Lieder trällerten und seine Dra
men stets beifällig betlatschten. Der
Stadtrath hatte es jedoch für gut be
gende Stimme ihr Gehör.
„Hörst Du?" frcwte Daubac.
„Jawohl; wahrscheinlich irgend ein
Statue zu unterbrechen. Da vernah
men sie deutlich die Worte:
„Ach, wie gros ist mein Mißge
schick. und welcher Hohn auf alle?,
was man Ruhm nennt! Dreißig
Jahre hat man gewartet, um mich
fchwunden war. Nun erfuhren diese
braven Leute endlich, daß sie nicht be
trogen sind; zugleich erfahren sie aber
auch, daß sie, um mich zu sehen, die
innere Stadt verlassen und sich mit
dem Omnibus in einen Stadttheil
begeben müssen, der ihnen ebenso
fremd ist, wie mir: umgeben von
Palästen, deren Bewohner weder der
Sprache noch den Gefühlen nach zu
den Franzosen gehören. Und nicht
genug an dem! Eine riesige Einsicht
könnte ja möglicherweise dazu führen,
daß einstmals mein Monument in eine
weniger öde Gegend versetzt würde,
aber das Standbild als solches würde
überall und immer gleich lächerlich
sein, und das bringt mich zur Ver
krästigen Hände, die würdig eines
Schmiedes gewesen, sind schlank und
zart! Die eine muß eine Gansfeder,
die nöthigen Papiere hal
bestimmbares Alter. Nie habe ich
eine solche Nase gehabt, die mich zu
schielen zwingt; ich erkenne weder
freien Bewegung hindern! Oh, welch«
Qual! Und der Urheber dieses me
tallenen Spottbildes ist mit einem
ich durch dieses schändliche Götzenbild!
Wehe über die Ungerechtigkeit Gottes
und über die Dummheit der Meri
ten!"
Rock hattest? Was sie vor allem zu
tellektuelles, moralisches Bild. Dies
nicht weniger entstellt als der Bild
„Du sprichst die Wahrheit, verehrter
Geist; tausend alberne Flugschriften
feines Stils ..."
nes Winterrockes scheint aus einem
sehr seltenen Pelzwerk zu sein."
„Ganz richtig, der Kragen ist aus
Bureaulhes, ein Eindringling in der
Welt der Gelehrten und Schriftsteller,
ein Bild von Deinem eigentlichen
Wesen zu geben. Alle diese Schrif
ten, zum größten Theil von Deiner
eine solche Menge von Plunder zurück
geblieben ist."
„Plunder? Deiner Bescheidenheit
Schatz?"
Vetters achten Grades! Aber dieser
raubend wäre, Dir alles vorzulesen,
will ich Dir lurz den Inhalt mitthei
len. Außer einigen ganz geringen
Art und Weise Gerechtigkeit wider-
„Erster Irrthum!"
Todtenfchein Deines Vaters."
„Holzhändler und reich war er, als
in Wirklichkeit der Sohn eines Martt-
Onte'ls Boisseau, in ein Internat."
„Das ist eine wichtige Auskunft!
letzte!"
„Er erhielt Preise!"
d s müssen aber unseren
gann. Bisher sind Ihre Mittheiluu
bule aus Liebe" nur einen mittel
mäßigen Erfolg erzielte, so müssen
wir daran erinnern, daß er sie mit
selten noch über so viel Lebhaftigkeit
des Stils und so viel Frisch» der
Phantasie verfügen."
Nch eingebüßt!"
„Wirklich? Das, ist merkwürdig!
Neununddreißig Jahre, statt einund
„lch sage: es ist gut. Also w«i
ter!"
wir ihn auf d:nr Höhepunkt seiner
geistigen Entwicklung: zu dieser Z«it
überraschte er die Welt mit seiner
aröbtes Meisterwert!"
einem Anruf an die heilige Dreifältig-
Tisch vor sich hatte."
„Im Gegentheil, ein Freuno hatte
mir die Statuette zum Andenken an
die letzte Vorstellung geschenkt."
„Ebenso wie ihn das herrliche Bild
von Bocaver zu seinem Roman „Die
Schiffbrüchigen" begeistert hatte."
„Das ist zu arg! Jedermann außer
Ihnen weiß, daß dieses Bild im Hin
blick auf meinen Roman gemalt ist.
„Warte nur! Sieh, ob uns nicht
d:e geringfügigsten Einzelheiten Dei
nes täglichen Lebens bekannt sind: Er
stand um sechs Uhr auf, tränt seine
Schale Milch, ritt eine Stunde, tam
zum Frühstück nach Hause, nahm ge
wöhnlich nur weiche Eier, ging dann
wieder aus, diesmal zu Fuß, mit sei
nem Weichselrohr in der Hand, und
tam dann ..."
«Halt! Woher haben Sie das alles
„Aha! Zum Theile ist es ja rich
tig. Ich erinnere mich dieses Briefes,
in dem ich meinen Collegen über einen
Landaufenthalt in der Nähe von Nan
tes berichtete. Ich blieb aber nur «ine
Woche dort, habe also nur acht Tage
auf solche Weise zugebracht. Acht
Tage von vierundsiebzig Jahren!"
„Was nun folgt, wirst Du aber
nicht leugnen: Ein großer Feinschme-
Weine (wir haben die Rechnungen des
Weinhändlers)! ihrer feinen Blume
verdankt er auch die Begeisterung, die
Wein und habe nur für meine magen
kranke Schwester, als sie später zu
mir wohnen kam ..."
Prinzessin sagen!"
„Eine Prinzessin? Seid Ihr wahn
sinnig?"
„Jawohl. Sophie Getuska. Du
hattest wohl all« ihre Briefe ver-
„Aber Ihr dreifachen Esel! Habt
„Ruhig! Kaukasischer Zobel!"
„Da zeigt sich der Vorstädter!"
i Grobheit mit diesem Flegel nicht auf
belehrt. Gehen wir!"
„Verzeiht mir meine Heftigkeit,
redet."
ihn? Wenn wir den Dokumenten
widersprechen wollten, die in dieser
Tasche ruhen, in dieser Tasche, die
unser Vermögen enthält, welche Be
wir es je wagen, uns auf die nächt
lichen Aussprüche einer Statue zu be
rufen? Nein, in«n die
unbestreitbare Beweise einschalten
.Dieser Ritter von der Halle," b«-
schloß Bellangin „hat durch sein
Widersprechen nichts anderes erreicht,
gen, da sich die beiden Freunde zum
Gehen wendeten und als Abschieds
gruß die Worte: „Wir werden ihn
er sich, noch ganz verwirrt von seinem
Sturze, den Vorfall nach Möglichkeit
zu erklären; man konnte aber aus sei»
Trotzdem verfügten sich einige Polizei
soldaten an den Ort des Uebersalles.
Zum Glück war Bellangin nicht tödt
gen, aber eine schwere Verletzung des
Gehirns machte seine Uebersührung
in eine Heilanstalt nöthig, und die
Aerzte haben wenig Hoffnung, diesen
schlummernden Geist wieder erwachen
zu sehen.
Was Daubac anlangt, der nichts
anderes zu verlieren hatte, und auch
wirtlkch verlor, als seine Dolumente,
so ist er noch heute Bureauchef und
wird sich mit dem »administrativen
Ruhm begnügen müssen, so lange ihn
nicht die Entdeckung neuer Familien
papire in die Lage versetzt, Biograph
zu werden. Der Verleger Latruelle
gibt sich den Anschein, ihn nicht mehr
zu kennen, und wenn der Arme sich
den herrlichen Abend in's Gedächtniß
zurückruft, da er mit dem berühmten
Kritiker Arm in Arm das Caf6
Goussepin durchschritt, dann ist es ihm
selbst unbegreiflich, wie er, im Besitze
des Materials zu einem Werte von so
unbestreitbarem Werthe, auf den un
seligen Gedanken kommen konnte, das
Ganze dem Urtheil eines in Bronze
gegossenen Borstädters zu unterbrei
ten, noch dazu in enier so verlassenen
ten, noch dazu in einer so verlassenen
die Statuen mit den Missethätern im
Einverständniß sind.
China un» ,»üvcr".
Das liebe Schwatzen hat schon viel
Unheil angerichtet. Da ist es in Chi
na gut bestellt. Die Chinesen verlan
gen von ihren Frauen nicht nur Liebe
und Treue, sondern auch Schwei
gen. Das Gesetz gibt dem Ehemann
oas Recht, sich von seiner Frau schei
den zu lassen, wenn er beweisen tan»,
daß sie zuviel schwatzt. Wer also
seine schwatzhafte Frau los sein will,
braucht blos mit ihr nach China zu
ziehen.
Möglichlcitc,,.
„Das ist nicht möglich!" sprach man
früher
Blieb da Geschlecht noch um Geschlecht.
Indessen aus der andern Seite
Ein a n d'r e r Kopf es schon erfand.
Schier»
Mein Dirndl, dös hat Aeugerl
Schön wia die blauen Veigerl,
Die funteln in fein' G'sichterl
Als wia a Christbaumlichterl.
Und erst die schönen Backerl.
Und dann die weihen Zackerl
Im rosinrothen Münderl,
Als wia a ganz tloans Kinderl.
Es is ja schier a Engel,
O, möcht's mich doch a wengerl.
Kavaliere aus Ber
lin O. „Weeßte, Olla, vor vier Wo
chen habe ick mir schon einen Knoten
in's Taschentuch jemacht, dett damit
ick mir endlich mal ein reinet nehme,
und heute trage ick es noch. Nee,
ick bin doch zu vageßlich!"
—Er k.nnt sich. Arzt (li«st
in d«r Zeitung die Todesanzeige von
ein«m seiner Patienten): Na, den
hätte ich auch wieder von seinen L«i
-— Ein Schlaukopf. Mei
sein! Ich esse di« Käserinden immer
mit. Lehrlinz: Sehr wohl, Mei
ster, dann werde ich sie immer sür
Der Philosoph.
„Auf den Hasen hab' ich schon
zehnmal geschossen und nie getroffen.
streben zu wollen."
Herr: „Denken Sie sich, Fräu
lein Mathilde, ich träumte neulich,
daß ich Ihnen eine Liebeserklärung
gemacht hätte!" Fräulein (brüst):
„Zu dumm!" Herr: .„Nicht wahr,
wie man nur so albernes Zeug träu-
Nasfinirt.
„Ich will alle Hüte aufprobiren.
Wenn dann mein« Freundin «inen
davon kauft, tann ich mit gutem G«-
wiss«n sagen, daß ich ihn schon ge
tragen habe."
—P e ch. Gauner: „Das heißt
aber Pech haben! Mühe ich mich da
einen ganzen Monat ab. von rück
wärts durch die Mauer ein Loch zur
Kasse des Banthauses zu brechen und
derweil macht der Banlier vorne
Klassische Krankheit.
Schwärmt denn d«r Professor
Krause immer noch so sür Homer?
Na und ob! D«r wird noch Ho
m«roiden lrieg«n!
Macht d«r Gewohnheit.
Gesängnißdireltor (zum unschuldig
Verurtheilten): „Ihre Unschuld hat
sich glänzend herausgestellt! Sie sind
frei, nachdem Sie zehn Jahre gesessen
haben; aber lassen Sie sich das zur
Eifersucht. Gatte: „Wa
rum hast Du denn das Mädchen ent
lassen! sie war doch sehr tüchtig."
Gattin: „Ja, das mag fein; aber
Frau Scheibler vo:. nebenan hat in
vier Wochen acht Dienstmädchen ent
lassen, und ich nur sieben: ich werde