Aus der Redaktion. Eines Vormittags im Dezember saß der junge Redaiteur Axel Nön- »ow an seinem Pult im Redaktions- Kureau. Der Stuhl war ein wenig Zurückgeschoben, die Feder beiseite gt- etwas ungeduldigen Klang. .Ich wiederhole Ihnen noch einmal, «,ein lieber Herr Brandt", sagte er , zu einem vor ihm stehenden Herrn, , ich das Manuskript Ihrer Fräulein Tochter durchgelesen und - zurückgesandt habe, weil es nicht in den Rahmen unseres Blattes paßt. , Ich meine, das ist deutlich g««ug, und ich verstehe wirklich nicht, was mir us's Neue die Ehre Ihre , verschafft." „Es mag aufdringlich sein, Sie «och einmal zu belästigen, Hk" Re dakteur. Aber glauben Sie nicht, , baß es Ihnen möglich wäre, diese , Ileine Erzählung dennoch anzuneh- , gekürzt würde? Meine Tochter ist natürlich gern dazu bereit —" , , Hier wurde die Stimme ein wenig > unsicher, der gebeugte Rücken richtete sich aus, und das Manuskript, das , «r in der Hand hielt, wurde schüch tern aus das Pult gelegt. „Es geht nicht. Diese Art von Erzählungen liegen hier zu Dützen- ! den "Weihnachtsgeschichten on massa - sehr niedlich, sehr tugendhaft, aber heutzutage verlangt man mehr; tin Redaiteur hat seinen Lesern gegen über Verpflichtungen. Er darf sie >. nicht mit unbedeutenden Sachen er- . müden, es muß Geist, Schwung und Fortschritt in allem sein, was unser Alatt bringt." „Sie wollen damit sagen, daß meine Tochter zu altmodisch ist ' ach ja, sie gehört ja nicht zu den Mo dernen. DaS habe ich ihr auch be reits gesagt, und ich bin fest über- zeugt, daß dies der Grund ist, wes halb ihre Arbeiten zurückgewiesen »erden. Und doch ist so viel Gefühl, schreibt. Sie legt ihre ganze Seele > hinein, aber der Zuschnitt darauf kommt eS heute wohl hauptsächlich an —, und wo sollte sie daS lernen? Bei dem abgeschlossenen Leben, daS sie führt! Sie ist nämlich unser ein ziges Kind, Herr Redakteur, unser Schatz, unser Abgolt, aber sie ist schwach und gebrechlich sie ist im Wachsthum zurückgeblieben, verkrüp pelt. Doch die Seele ist, gottlob, srisch und gesund und klar, und al ?es, was sie denkt und fühlt, ist gleichsam nicht geschaffen für diese Prosaische Welt." „Ja, da haben Sie recht, mein Be per!" rief Rönn?w aus, den die Ver traulichkeit des Alten unsäglich lang- ' weilte. „Die W-lt verlangt heutzu tage keine Gefühlsergüsse, keine rüh renden Sachen; in der Literatur wird Lächerlichkeit." „Dasselbe habe ich unzählige Male -f.sagt und doch hält sie mit wahrhaft rührendem Vertrauen an der Ueber zeugung fest, daß es ihr doch noch einmal gelingen wird, eine ihrer tlei- > nen Arbeiten gedruckt zu sehe». ES ist nicht Eitelkeit oder Sch,iftstellir siolz bei ihr, ihr Leben ist ein so trauriges, daß die Erfüllung dieses Wünschen ihr neue Spannkraft ver leihen, ja, gleichsam das Leben in dem kleinen Körper erhalten würde. Sie würde darin eine Be stätigung sehen, daß die Stimmun gen und Gefühle, die ihre Seele er zeugt hat, auch für andere Inhalt Haben. Herr Redakteur, wenn des halb Ihr guteS Herz ich weiß, daß «s nicht richtig ist, Sie zu bitten, Rönnow blickte auf. „Unser Blatt honorirt alle Vei- gebeugte Gestalt verschwand. Axel Rönnow athmete tief auf. „Wir armen Redakteure sind doch im Grunde recht geplagte Menschen! Denn wir alle diese altmodischen Ro mane und Erzählungen bringen woll ten. die uns täglich eingeschickt wer den, könnt'n wir nur gleich die Bude schließen. Davon übee hat so ein altmodischer Vater mit einer verkrüp pelten Tochter nicht die geringste Ah ining. Nur gut, mich nicht habe bereden lassen, dann wäre ich p- nie wieder los geworden! Aser waS sehe ich, der alt« Knabe hat da? Manuskript hie: liegen gelassen; nun. damit werde ich mich nicht lange auf halten! Fort mit dir in den Pa pierkorb!" u Rönnow gab dem Manuskript ei- L nen ärgerlichen Stoß, bemerkte aber nicht, daß es den Korb nur streifte h und zu seiuen Füßen niederfiel. „Und jetzt wollen wir einmal or- ? dentlich frühstücken!" Und zur Thür d des Nebenzimmers gewendet, rief er d mit lauter Stimme: ! „In der nächsten halben Stunde j bin ich für niemand zu sprechen, hö- ! ren Sie? Wichtige Geschäfte!" d Der junge Mann, der aus sein a Rufen erschienen war, verneigte sich 8 pflichtschuldigst, und Axel Rönnow» verschwand in seinem Privatzimmer, k Einen Augenblick blieb das Redak- ! tionsbureau leer, dann trat ein älte- Z rer Herr im Pelz ein. » „Der Herr Redakteur ist also be- n fchästigt, nun, dann warte ich." „Wenn ich den Herrn melden darf, 6 wäre es vielleicht möglich", meinte Z der junge Mann schüchtern, indem er Ü einen Blick auf den eleganten Pelz r warf, dessen der Herr sich entledigte. „ES eilt nicht, stören Sie den 112 Herrn Redakteur bitte nicht, ich warte." > Der Neuangekommene war von e charaktervollem Aeußeren. " DaS » kurzen, kräftigen Nacken, die tieflie- z genden, forschenden Augen hatten ei- s nen weichen Ausdruck. Den Mund l umspielte ein jovialer Zug, die Stirn z aber war stolz und tiefe Furchen , zeugten von scharfem Denken. „Mein junger Freund hat hier sehr s hübsche komfortable Räume. Alles modern, sich, viel zu thun, wie es scheint, Stöße von > Briefen, Manuskripten, hm, hm, was ist denn das?" Er bückte sich und ' nimmt ein zerknittertes Papier vom T-oden auf. I, „Du bist der Vernichtung auch ! wohl nur mit genauer Noth entgan- l gen", lächelte der Fremde, „wir wol- len doch einmal sehen, was das ist, ü eine Weihnachtserzählung! Der o Name? Anonym! De: Handschrift nach zu urtheilen von einer Dame; auch gewiß eine Ausgeburt aus dem t Gehirn einer dieser Skribentinnen. die eS ganz vergessen, daß sie Frauen sind, wahre Frauen. Zu meiner Zeit I schriftstellerten die Damen auch, aber > sie blitzten deswegen doch ihre Weib- lichkeit nicht ein." Der alte Herr nimmt die losen Blätter zur Hand und beginnt z» lesen: „Der Ansang ist vielverfpre chend, der Stil frisch und natürlich." ' Aufmerksam liest er weiter. . Die halbe Stunde ist verstrichen. >' die Thür wird aufgerissen, und in bester Laune kehrt Herr Axel Rön- ..Was sehe ich! Der Herr Pro- fessor! Bitte tausendmal um Ent- . Es ist > mich nicht benachrichtigte! Welche ! Freude, Sie hier zu sehen!" „Ich war Ihnen lange einen Be- , such schuldig, Herr Redakteur, und , erlaube mir deswegen, Sie auf- , einiger Zeit an mich geschrieben. Da , wollte ich Ihnen die Antwort sel- , ber bringen." I „Seien Sie mir herzlich willkom- . inen, Herr Professor, es ist mir ei- ne große Ehre. Bitte, nehmen Sie Vlatz, wir Jungen bedürfen des , Rathes und der Anleitung der Ael- teren nur zu sehr." „Sie wissen, Herr Rönnow, ich > hege das lebhafteste Interesse fiir die Jugend und wünsch- ihr alles mögliche Glück. Und Sie, der Sie haben die besten Aussichten aus Er folg in Ihrer Wirksamkeit. Geht e>i gut mit Ihrem Blatt? Haben Sie viele Abonnenten? Gute Beiträge?" „Abonnenten kann man ja nie mals genug bekommen, Herr Pro fessor. Beiträge dahingegen gehen mehr als reichlich ein. Ueber »ie Quantität kann ich nicht klagen, schwerer jedoch ist es, etwas wirk lich Gutes, Inhaltreiches. Interessan tes zu finden, etwas, das fesselt und zieht. Und deswegen wandte ich mich an Sie, bester Herr Professor, und ich hoffe, daß Sie mich nicht im Stiche lassen werden! Das Weih nachtSfest steht vor der Thür, ein Gedicht vorn im Blatt, eine Weih nachtserzählung oder dergleichen aus I Ihrer Feder würde von unfchätzba ! Der Professor betrachtete lächelnd das zerknitterte Manuskript, das er vorhin aufgehoben hatte. „Fehlt eS Ihnen an Weihnachtserzählungen? Hier ist eine, die nur gedruckt zu werden braucht." sofort. vor einer halben Stunde habe ich den alten Vater der Verfasserin fortge sandt, dtr mir mit alltr Gewalt di« nichts DaS Publikum fordert Na men Sonst liest es nicht. Haben ?ie denn nicht etwas für mich, Herr Professor?" Der Professor blickte ernsthaft auf. „Nein, Herr Redakteur, ich kam, Beitrag für Ihr Blatt liefern kann." „Nicht?! Wie soll ich das verste hen?!" Ihr Blatt ebenso altmodisch wie das kleine Mädchen da," erwiderte d?r Professor, auf das Manuskript zeigend. „Scherz beiseite, Herr Professor! Alle Welt tSeiß doch, daß jedes Wort, Blatt kann sich nur geehrt fühlen!" Der Herr Professor schüttelte den ss cht ' d » nicht, dieser Realismus, der jede Spur von Poesie tödtet, der alles Schöne und Edle verhöhnt, der die Wirklichkeit entstellt und sie zu rohem Materialismus erniedrigt, der ist nicht nach meinem Geschmack." „Sie sind zu strenge, Herr Pro- meiner Ze t hatte das Ge „Aus Ihren Reden schließe ich, daß Daß Sie eine moderne Richtung ein geschlagen haben, weiß ich sehr wohl, abe, Ihr Blatt ist noch zu jung, so spürt; Sie stimmen nicht allemal mit der Tendenz Ihres Blattes überein. Sie schweifen zuweilen von der mo dernen Richtung ab, kehren aber stets von banalen Rücksichten getrieben, wieder ins alte Geleise zurück." „Herr Professor, ich danke Ihnen für Ihren Ausspruch, aus dem ich ersehe, daß Sie mich nicht ganz ver dammen. Aber unsere Stillung heut zutage ist eine sehr schwierige. Man muß mit den Wölfen heulen, um vorwärts zu kommen. Früher, strandete nicht in Schmutz und Mo rast! Ich bin auch jetzt noch ernstlich bemüht, mich rein zu halten, und bin z überzeugt, daß noch einmal eine bes sere Zeit kommen wird. Woher aber soll sie kommen? Wie lange sol^ was soll man bis dahin anfangen?" „Man soll die Talente begünstigen, die das Licht nicht zu scheuen brau- dagegen soll man alles, was Miß müth, Verzagtheit und Lebensüber druß hervorruft, unterdrücken! Wäh len Sie die Nahrung, die Sie dem Publikum reichen, sorgfältig aus. ge ben Sie Ihren Lesern lieber un schuldige als giftige Speisen, denken Sie an die Verantwortung, die auf „Wenn ich Sic so reden höre, Herr e>zig Richtige, daß ich Ihren Rath ismus reden hören, so finden Sie. daß meine Ansichten dumm sind, nicht wahr? Nun gut!" Der Professor klopfte dem Redakteur freundli, auf die Schulter. „Es ist schon viel, daß Sie mir entgegenkommen. Ich verlange ja auch nicht, daß Sie .lötzlich alles umstoßen sollen. Schwimmen Sie nur vorläufig mit dem Strom, wenn es nicht anders fein kann, aber lassen Sie sich nicht zu weit mit forttreiben, damit Sie stets das Ufer erreichen können. Wenn Sie sich selber nicht stark fühlen, um Bahnbrecher für eine neue Richtung zu fein, so stellen Sie sich wenigstens nicht hindernd in den Weg!" Rönnow ergriss die Hand des Pro sessors und drückte sie warm. Der Professor nickte. „Und als Anfang setzten Sie die se kleine Weihnachtserzählung vorn an in Ihr Blatt, dann weihen Sie das Fest auf die rechte Weise ein. Dieses kleine Manuskript ist in all' seiner Anspruchslosigkeit Goldes „Wie. Herr Professor, diese Blät ter!" Rönnow schüttelte den Kopf. „Ich versichert Sie, Herr Professor, ich habe das Manufkrip' selber gele- Deise." gen, die kein Mensch liest?" „Was den Inhalt anbetrifft, so hätte ich selbst nichts Besseres schrei ben können; und in bezug auf die Leser, wenn Sie wirklich eine so schlechte Meinung von Ihren Lesern haben, nun, da kann ich wohl Rath schaffen. Jetzt handle ich so wohl in Ihrem Interesse, wie in dem Ihres Blattes, im Interesse der Ver fasserin und in meinem eigenen!" Der Professor ergriff einen Bogen Papier und Feder, fuhr sich mit der Feder schnell über das weiße Papier hinlaufen. Rönnow schaute ihm zu, seine Zü ge klärten sich auf. „Jetzt ist'S genug. Diese Verse sollen die kleine Erzählung einleiten. Darin öffne ich Ihren Lesern die Augen für die Poesie, für die Schön heiten, die darin enthalten sind. Sin» Sie nun mit mir zufrieden?" Rönnow laS. „Ihre Verse, Herr Professor, ver leihen der Erzählung einen Glanz —" ,Und das, was ich hier ausspreche, ist meine feste Ueberzeugung. Viel leicht werden Sie an dieser kleinen Erzählung noch Ihre Freude haben. Jedenfalls hat sie mich, trotz meines Entschlusses, nicht für Ihr Blatt l schreiben zu wollen, zu diesen Versen ! infpirirt. Wie denken Sie nun da ! rüber? Soll ich jetzt mitsamnit dem kleinen Fräulein in den Papierkorb wandern? Von einander zu trennen sind wir ja selbstverständlich nicht." > Rönnow lachte munter. „Nein, so könnte ich Sie doch un möglich behandeln. Sie haben mir einen großen Dienst erwiesen, Her: , Professor, Ihr schönes, geistvolles Gedicht wird mein Blatt bekannt machen, und was das kleine Fräulein betrifft —" „So haben Sie sich, gelinde gesagt, sehr unritterlich gegen sie benommen und ihr eine unnöthige Kränkung zu gefügt." . . . „ „Aufrichtig gesagt, ich bin in Ver „Wie Sie auf passende Weise Ihr Unrecht wieder gut machen können, hm, feine Natuven müssen zart ! behandelt werden. Ob die heutige s Jugend Verständniß dafür hat? Wir i Alten, ja. es ist wohl am besten j wenn ich selbst es übernehme, ihr die erfreuliche Nachricht zu bringen." ! „Würden Sie mir wirklich den Ge- l fallen thun, Herr Professor?" s „Nein." sagte dieser, „hier handle ich nur in meinem eigenen Interesse! Geben Sie mir den Namen nud die Adresse, damit ich ohne Zögern —" „Sie haben ein gutes Herz, Herr Professor, und Sie haben ein gutes Werk gethan, ich wollte, ich wäre an Ihrer Stelle. Wie überrascht z die arme Kleine sein wird und wie glücklich! Es ist ein ganzer Roman der Vater kommt nach Hause, die Tochter hat ihn voll Sehnsucht erwartet er bringt traurige Nach richten, dann öffnet sich die Thür, und auf der Schwelle erscheint ein in Pelz gehüllter Engel. Das sind Sie, Herr Professor; Sie mel den, wie sich die Sache in Freude ! verwandelt hat, Tableau! Vater und Tochter in schweigender Umar mung, vielleicht gestattet man Ih nen gar, der Dritte im Bunde zu > sein!" „Ihrem Herzen fehlt nichts, Herr / Rönnow, es schaut auS der Ironie,! in die Sie sich auf moderne Weife hüllen. Heutzutage Ist es ja Mode, ! sich seiner besten Gefühle zu schäme >! Aber ich gestehe, ich sehne mich da nach. die meinen zu offenbaren." „Und daS Knie vor der Schönheit zu beugen," erwiderte Axel Rönnow. „Aber ich fürchte, Sie werden ent täuscht sein. Erzählte ich Ihnen, daß die Kleine verwachsen ist?" „Ich beuge das Knie vor der Schönheit, in welcher Gestalt sie mir auch entgegentritt und hier beuge lichkeit. Ich will ihr danken für kleine Erzählung bereitet hat. In zwischen leben Sie wohl, Herr Rön now, und wenn ich wiederkomme, so haben Sie daS ihr zu verdanken." „Auf baldiges Wiedersehen, Herr Professor! Ich bin in rosigster Lau ne! Ich seht im Geiste, wie die Weih nachtSnummer unseres Blattes rei ßenden Absatz findet. Wie alle sie „Jetzt sind Sie wieder ganz Re dakteur. jetzt ist der Mensch in Jh bald einmal wieder und sehe mich nach Ihnen um." Rönnow ergriff die Hand des Pro fessors: „Ich verspreche Ihnen, daß ich in Zukunft über dem Redakteur den Menschen nicht vergessen will und ich, ehe ich ein Manuskript in ' ! D Ihrem Blatte von ganzem Herzen Glück und Gedeihen." A.: „Ich weiß nicht, woran es schwer aufstehen." B,: „Vielleicht lezin Sie sich Abends zu schwer hin." Das Blechdachel. T. ist «in stattliche Marktflecken an einer Hauptbahnlinie liegend, im Osten der Residenzstadt; trotzdem er nur 30 Kilometer von dort ent fernt ist, hatte er früher nicht viel Kontakt mit derselben. In t«r Sta tion T. hielten die Schnellzüge über haupt nicht und die Posizüge bestieg nur ab und zu ein biederer Bewoh ner von T., den irgend ein« Geschästs sach« nach der Hauptstandt ri«s. So genügte sür den Verkehr vollauf das kleine Stationsgebäude, eine Viertelstunde vom Markt entfernt lie gend, das unten zwe, kleine Warte säle und am ungedeckten Perron «ine Bank hatte. Oben im ersten Stock die Wohnung des Stationsvorstan des: drei ineinandergehend« Zimmer und «ine Küch«, und unterm Dach noch «in Zimmer, das unbenutzt blieb, da der Expeditor Wittwer war und ihm und seiner Tochter die kleine Wohnung genügt«. Das L«ben auf der Station wickel te sich recht ruhig ab. Der Herr Vorstand und Klinghammer, der alt« Stationsdiener, wurden nicht zu sehr von der Last des Dienstes beschwert; von Morgens 9 Uhr bis 11 Uhr war kein Zug fällig, da gingen beide zum Frühschoppen; zwischen 4 und 5 Uhr konnten si« sich einen Dämmer schoppen leisten, und Abends zwisch«n 8 Uhr 10 Minut«n und 11 Uhr 30 Minuten saß der Expeditor beim Ta > rock im Honorationsstübchen der ! „Post" und Klinghammer kegelte in der Bahnhofsrestauration. Nur Al ma, die stattliche, blonde Tochter des Vorstandes, seufzte über die Mono tonie ihres 23jährigen Mädchenda seins. Ihre ganz« Ausst«uer, di« sie an den langen einsamen Ab«nd«n zierlich genäht und bestickt hatte, lag fertig im Schrank«, nur der Bräuti gam fehlte, aber wie sollte sich der in die öde Station verirren und in T. selbst war nicht ein einziger hei ratsfähiger Herr, bei dem irgend welche Aussicht auf eine Verlobung bestanden hätt«. So harrte sie, «in > d«n Ritters. Und die Erlösung kam. Die hohe > Generaldirektion fand es plötzlich ! nothwendig, T. in den billigen Vor ' ortsverkehr einzubeziehen und sechs > Vorortszüge an Werktagen und gar ! acht an Sonntagen einzulegen. Nun ! wars um di« Ruhe des Stationschess > geschehen. Sein« stille Hoffnung, d«r Vorortsverkehr mög« lv«g«n seiner mangelnden Rentabilität wieder auf gehoben werden, erwies sich als trü gerisch. Die Einwohner von T. hat ten plötzlich Geschmack an den Freu den der Großstadt gefunden, die sie nun schon um 40 Pfennig erreichen konnten, und auch die Residenzler la chen in Schaar«» heraufgefahren, seitdem das gelesenste Blatt der Stadt «inen schwungvollen Artikel losgelassen hatte über die nun der Masse erschlossenen intimen und da- Osten der Stadt verbunden mit deli katem Bier der Brauerei von T. Die Wirthe von T. lachten sich ins Fäustchen, aber die beiden Alten auf der Station wußten oft nicht mehr ein und aus. Besonders am Sonn tag war der Andrang enorm. In der I Perronsperr« waren die Ausflügler enger gedrängt wi« die Schafe im > Pferch; kam gar noch der obligate Gewitterregens gab es oft ärgerlich« ! Sz«n«n mit den Hunderten, die in den kleinen Wartesälen keinen Platz fanden und schutzlos dem Unwetter preisgegeben waren. In seiner Noch überschwemmte der die Ge neraldirektion mit Eingaben, in de nen er gehorsamst um einen Adjunk ten, sowie um «ine Vergrößerung des Bahnsteiges und um ein schützend«s Dach darüb«r nachsucht«. Die hohe Generaldirektion hatte ein Einseyen. Schon zu Ostern zierte die Station ein stattliches Wellblechdach, direkt unter den Fenstern des ersten Stockes, und .kurze Zeit daraus wurde das Zimmer im zweiten Stock von dem erreict.!"-Schnurrbart und strammem militärischem A-ußern. Man munkelt« etwas von einer be versah s«ine Obliegenheiten muster wgt zu sein. Nach kurzer vom Wirthshausl«ben zu sein und eine stille Beschäftigung zu Hause vorzuziehen. Dem Herrn Vorstand sellschoft Zuerst wur!> Thüre verschlossen. Eines Abends waren die beiden so vertieft, daß der um g Uhr 30 Minuten fälligen Vor steckt hatte und d> Tasche hatte ein danke! Gerade als der Zug pfiff, sprang der Adjunkt durchs Fenster aufs Blechdach. So hatte er der eine Woche später entdeckte ihn di« alte Zugehfrau beim Möbeltlopf«n unter dem Polster des Sofas. Die Situation war kritisch. Die Vor standswohnung hatte nur di« ein« Thür zur Treppe. Ein Besuch d«s Adjunkten, in sein Zimmer hinaus- und Trittlosigkeit der Wand. Ein ch«nbrüche eintragen. Nur mehr fünfzehn Minuten bis zum Abgang« d«s Zug«s! Dab«i war h«ute auch, noch ein Stud«ntenausflug mit Mu konnten die anrücken. Wi« ein Löwe rannte der G«fang«n« hin und her. Durch das G«trampel würd« Kling hammer aufmerksam und sah hinauf: „Sie fan's, Herr Adjunkt, kemma's do runter, Si« müssen an Schalter aufmachen." „Recht gern, bringen'S g'fchwind di« Leit«r, Klinghammer." Pflicht«ifrig schoß der Diener da von und brachte die Staffelei, di« zum Lat«rn«nanzünd«n b«stimmt war. Leider erwies sie sich als zu kurz; selbst als der Adjunkt sich vorsichtig zum Dachrand hinabließ, war «s nicht möglich, di« oberste Sprosse zu erreichen. In di«s«m Moment,aU der Beamte ängstlich zap velnd, für seine Füße einen Stütz punkt sucht«, marschirten di« Studen ten heran und beleuchteten die Sz«ne mit Lampions. Das Bild war so komisch, daß ein lustiger Musensohn das Lied anstimmt«: „Was kommt dort von d«r Höh'" und „was kommt dort von d«r blechernen Höh'" siel der Chor brausend e'N. Durch einen kühnen Klimmzug rettete sich der An gesungen« auf das schützend« Dunkel des Dach«s zurück. Es bli«b ihm wohl nichts anderes übrig, als von seinem erhabenen Standpunkt« aus d«n unten Harrenden zu verkünden: „Bitte, di« Fahrkart«n nachzulösen. Was dann folgte, konnte «r sich leb haft ausmalen: Rech«rchirung, Un- , tersischung, Entlassung. War es doch nicht das erstemal, daß Liebe und Dienst bei d«m slott«n Adjunkt«,, in Konslikt geriethen; mid jetzt. Da nahte die Rettung: „D«r Herr Vorstand kommt", schri« Küngham- I m«r hinauf. Und in d«r That, das! gewissen hatte diesen «in wenig ge- drückt und er hatte den Stammtisch früher verlassen, um seinem Unter- gebenen bei der Billetausgab« am Reserveschalter behilsch zu s«in und nun fand «r ,ogar den Hauptschalter geschlossen, an dessen Milchglasschei ben die ungeduldigen Passagi«re trommelten. Zum Frag«n blieb ieine Zeit; der Expeditor hatt« all« Hände voll zu thun; mit 10 Minuten Ver spätung dampft« der Zug endlich ab. und di« aniniirten Studenten ließen es sich nicht nehm«n, nochmals zum Abschied das schöne Lied von der ble chernen Höhe zu singen. „Zum Teufel", schrie der Bor stand seinen getreuen Klinghammer an, „was b«deutet das, und wo ist denn >er Herr Adjunkt?" „Am Blechdach! oben", sagt« der Di«n«r schmunzelnd. „Ja, was thut «r d«nn da? Und wie ist er'denn hin ausgekommen?" sagte d«r Expeditor ganz perplex; sann begann es ia Reserveschliissel, össnet« die Wohn zimmerthüre und lud den Adjun'ten m«hr dring«nd als höflich «in, sich vom Blechdach in di« gute Stube z), begeben, Bon der nun folgenden ziemlich lauten Unterredung schnappt« der pfiffig lächelnde Stationsdiener ein paar Schlagwort« auf, wi«: sträf licher Leichtsinn, Anzeig«, Entlassung, Ehrenrettung. Das Resultat aber wa, eine An zeige im Hauptblatt der Residenz stadt: Alma Wagner Ludwig Ulmer > liniglicher Bahnadjunkt, Verlobte. Erstaunt schüttelten die Freunde des flotten Lud! den Kopf; der Schmetterling, der Frauenfreund und sen' """" Schlot- Berechtigtes Mißtrauen. Eines TageS ein Bauer na- Im Verlaufe der Gedächtnisrede sag te der Pfarrer: „Der Verstorbene hat in seinem Leben viel gekämpft, bis nicht?" fragte der Franz'l. „Na, Michel. Da sagt Franz'l: „Bei mir ist es noch schlimmer, weil ich Pump hekße!" ist Karl Fischer." besinnen!" Jung«r Mann: „Ich war oft bei Ihnen, als Sie noch am Markt« ge für Sie? ich war dazumal freilich Aelterer Herr: „Ja, jetzt er kenn« ich Sie wieder. Si« haben dert!" Verblümt. Gast: „Minde stens zwei Stunden warte ich schon auf die Zeitung, Herr Wirth!" Wirth: „Zwei Stunden? Unmög» Umsonst hab' ich gesammelt heut' Der Pflanzen viel mit MUH' und Schweiß, Im Feld und Walde, weit und breit; I , Für einen Ochsen ist es Heu! Empfindlich. „Höre zu meinem Bedauern, daß Ihre Berla ge!" „„Zu Ihrem großen Be dauern? Was wollen Sie damit fa schneller als die Frauen!" Alter Herr: „Recht haben Sie. Als ich mei ne Frau heirathete. war sie s>chs Jahre älter als ich und heute ist sie zehn Jahre jünger!"
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