Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, December 08, 1910, Image 6

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    Dt« Bögltin» »ant.
<Vo» Gerirud Kahles
ei» fingen?
leytc» Sonnenstrahl.^
»her keine Blätter rauschten.
«Sum und Sträuche waren lahl:
Arine lieben Blumen tauschten,
ZVen-i sie star>» allzumal.
Do das Vöglein wollte singen,
Eh es schied aus unserm Tl> l.
«wollte seine» Dank nur bringen
?ur den letzien
Ei» „erstklassiges Lebe«".
Carruthers der Direktor der Ex
«mple - Lebensversicherungs - Gesell
schaft, war in großer Aufregung.
Ein Antrag auf Auszahlung von
zehntausend Pfund war bei d«r Di
rektion eingegangen, aber seiner An
sicht nach war da «twas nicht ganz in
Ordnung. „Entweder ist es ein
Mord oder ein Betrug", äußerte r
ZU seinem noch jungen Sekretär Sey
oiour. „Die Polizei hat sich zwar
zufrieden gegeben und dem Bruder
Wollmacht zur Erhebung der Summe
«theilt, und dennoch bin ich d«r
Ueberzeugung, daß ein Verbrechen
Vorliegt."
„Darf ich Nachforschung«» anstel
len?" fragte Seymour eifrig.
John S«ymour war «in frischer,
junger Mann mit glänzenden Augen
und einem lächelnden Vertrauen auf
anderer Wohlwollen gegen ihn, wo
«ius sich seine B«li«btheii erklärte.
Er wünschte sehnlich vorwärts zu
kommen und war immer bereit, jede
Gelegenheit zu benutzen, bei der er ji>-»
Hervorthun konnte.
„Was wollen Sie denn?" fragt«
geveizt der Chef. „W«nn di« Polizei
«ichts herausbringt, dann "
„Dann kann ich es vielleicht", er
gänzte Seymour mit Selbstvertrauen.
„Sagen Sie mir, um was es sich
Handelt, und lassen Si« mich dann
«theilen."
„Das ist zwar eigentlich Zeitver
geudung. Aber ich will Ihnen den
Gefallen thun, da ich selbst mit mei
»er Kunst zu Ende bin."
„Es ist also «ine Lebensversiche
rung abgeschlossen worden?" frug
Seymour eifrig.
„Ja, vor etwa elf Monaten über
zehntausend Pfund durch einen g«-
«isscn Cyrill Lander. Si« s«h«n al
so. daß nur ein« einzig« Jahresprä
irire bezahlt ist. Doktor Bincent be
stätigt«, daß es ein „erstklassiges Le
ben sei, und ich s«lbst hab« mir den
Mann angesehen. Ein flotter, jun
ger Kerl, Journalist, wie er fagi«
ochtundzwanzig Jahre alt."
„Ich kann mich seiner gleichfalls
«itsinnen. Haar, Schnurrbart und
Vollbart schwarz. Mittelgroß, «twas
schmächtig. Lebhaft in s«inen Bewe
gungen und lebhaft auch der Aus
druck feiner grauen Augen."
„Sie haben ein gutes G«dächtniß,
Weymour", erwiderte der Direktor.
.Jetzt seh« ich ihn auch genau vor
mir. Er schloß die Versicherung aö
und ließ die Police aus seinen jün
geren Bruder Herbert überschreiben,
von Herbert Geld entliehen und
He <hn, wie er sagte, durch dies«
Transaktion sicherstellen."
„Nun, also Cyrill Lande: ist todt,
«nd Herbert «rhebt Anspruch auf die
„Geduld, Seymour. Gleich komm«
;ch daraus zu sprechen. Sieben Mo
ncite später erfuhren wir, daß unler
Mann ertrunken sei. Auf unser«
Anfrage erNärte man uns indessen
Z»oß dies nur eine Vermuthung sei.
Mann hatte seine Kl«ider am Stran
ge gefunden und einen Zettel mit >r
Mitteilung, er wolle den Versuch
machen, iib<r d«n Kanal i'.ach Fram
reich Er war zu je
ner Zeit offenbar krank, wie die spä
teren Nachforschungen ergaben, und
Herbiit hielt es nicht für ausgeschlos
sen, daß sein Bruder, der sich viel
Ous seine Sckiwimnkunst zu Gute
that, wirklich den tollen Plan, nach
Frankreich zu schwimmen, in die
That umgesetzt habe. Drei Wochen
«en kein Hahn kräht."
„Jedenfalls i" es nicht unmöglich.
Saß es Cyrill Lander's Leicht war;
hätte wiederlegen können."
„Leider! Alles war anscheinend
in bester Ordnung, Herbert war x
«its in der Angelegenheit hier. Er
ffcheint etwa fünf Jahre jünger als
sein Bruder zu sein, ist glatt rasirt
«nd etwas größer und stärker; er
ich es."
„Haben Sie ihn denn auch einmal
V, seines Bruders Lebzeiten gese
hen?"
„Freilich. Er war weger. der Po
lice hier und wiwsckt» mich >u spre-
nicht", fuhr S«ymour fort. „Viel
leicht handelt «s sich um einen Selbst
„lch glaube nicht, daß ein Selbst
mord vo.liegt. Ich beauftragte sin
Detektiv-Institut Sie wiss«n ja,
Cull«n über das Leben der bei
den Brüder im letzten Jahre Erkun
digungen einzuziehen. Cyrill l«bte
modischen Hause in Holloway und
H«rbert suchte ihn von Zeit zu Zeit
auf. Geschäftsleute sagten aus, daß
Cyrill schon vor sechs Monaten
kränklich aussah und zu altern schien.
Manchmal war er so krank, daß statt
seiner Herbert die Thür öffnete, und
er erzählte dem Milchmann, daß i«in
Bruder auf «ine oder zwei Wochen
an die S«e geh«n werde; er, Herbert,
werde hier bleiben, es solle aber zu
nächst nur m«hr das halb« Quantum
„Halten Sie es nicht für denkbar"
frug Seymour, „daß Herbert Cyrill
zu tödten beabsichtigte und di«fer
kam?" „Auch diese Ansicht habe
ich der Polizei gegenüber ausgespro-
und Garten sorgfältig abgesucht und
nicht der geringste Anhaltspunkt für
die Annahm« ein«s Mordes gefunden
worden sei. Allerdings, das De
tektiv-Institut konnte auch nicht fest
st«ll«n, daß Cyrill je in Folkestone
oder in dessen Näh« gesehen worden
ist, und doch fand man gerade dort
die Kleider."
„Es ist doch möglich, daß er sich
sofort nach seiner Ankunft er
tränkte."
„Ja; das ist allerdings faul. Was
konnte ihn hindern, den Zettel und
die Kleider am Strand« niederzule
gen, nachdem er sich des Bruders eni
ledigt?"
„Hören Sie nur weiter! Herbert
sagte uns, er hab« es so eingerichtet,
daß er mit Cyrill zugleich fahren
konnte, habe jcdoch den Zug versäumt.
Als er selbst dann eing«trosf«n sei,
hätte er keine Spur des Bruders
mehr entdecken können. Abends ab:r
fand man dann die Kl«id«r. Es ge
lang, den Kutscher ausfindig zu ma
chen, der Herbert an die Bahn ge
fahren hatte und sich seiner wohl er
innerte, wie auch daran, daß gerad«
er den Zug versäumt habe. Auch ei
ner der Portiers sagte in gleicher
Weise aus."
„Vielleicht schleichendes Gift.
begleichen abge
sandt."
„Das ist in der That seltsam!
sie kamen von Peru. Sie sagten, dag
gab an, achtundzwanzig Jahre alt zu
etwas nachzugeben wissen."
Seymour hüllte sich in respektvol
le Schweigen. Er fühlte, wie Tar
sen, der aus diesem Labyrinth hätte
führen können. Es war ganz gut
mögUch, daß ein nach Folke
besond«r« Notiz. waren
Cyrill Landers Kl«id«r draußen bet
dem abgelegenen und fast menschen-
vorher beseitigt und seine Kleidn
'onnten ja ganz «insach am Strande
ni«d«rgelegt worden sein. Zehntau
send Pfund sind ein schönes Stück
Geld, und manche Südamerikaner
nehmen es nicht so genau mit einem
Menschenleben, Nxnn es ein Vermö
gen gilt. Aber wenn ein Mord b«-
gang«n worden war, wo b«sand sich
dann der Leichnam? Man konnte chn
ganz gut Nachts in einem Automobil
fortgebracht und irgendwo im Walde
vergraben oder in eimn unbenutzten
Kohlenschacht geworfen haben. Es Ist
genug offenes Land zwanzig Meilen
im Umkreis von Holloway, wo man
kann. Nimmt man ihm auch noch die
Kleider w«g, dann ist er in wenigen
Wochen unkenntlich.
Seymour beschloß, diesen Herbert
Lander auszusuchen, der etwas an
sich hatte, was Herrn Carruthers arg
wöhnisch machte.
„Können Sie mich nicht mit einem
Auftragt zu Herbert Lander schicken?"
fragte er seinen Chef.
Und Carruthers war nicht verlegen
um einen Auftrag, d«r di« Vernxn
dung eines Direktionsbeamten recht
fertigte. Seymour konnte also mit
seinen Nachforschungen beginnen.
Herbert bewohnt« immer noch das
Haus, das s«in Bruder gemiethet
hatte ein altes, düsteres G«bäud«,
das einst wohl lxssere Tage gesehen
haben mochte. Es war schief und
altmodisch, und f«ine ni«drig«n,
schmalen Fenster machten einen recht
ärmlichen Eindruck. Bor d«m Hause
war ein kleiner Vo.hof mit ausgetre
ten«m Pflaster; vier Stfen führten
zu dem schmalen Haupteinaangsthor
empor, zw«i Stufen herunter zu der
niedrigen, unter einem Bogen fast
versteckten Thür ins Kellergeschoß.
Di« G«schästsleut« pflegten durch das
kleine Thor einzutret«n, und dort
flegte psie auch Cyrill Lander immer
zu empfangen. Seymour kannt« diese
Art von Häusern; zur Z«it, als Kö
nigin Viktoria noch jung war und
unsere Vorsahren glaubten, daß das
Licht nur dazu da sei, um ausge
sperrt zu werden, kurz, als Dämme
rung Trumps war, mochte dieses
Haus wohl als recht ansehnlich ge
golten hab«n. Ein Kohlenkeller,
den Seymour an der eisernen Klapp
thiir linrs vom Eingang erkannte,
nahm seine Aufmerksamkeit in An
spruch. Dort, dachte er sich, kann
man einen Todten recht wohl ver
schwinden lassen oder ihn wenigstens
für einige Zeit v«rst«cken. Es schau
dert« ihn bei dief«m Gedanken.
Er klopfte an das Hauptthor; ein
hübscher junger Mann öffnete und
blickte den Besucher fragend an.
„Ich komme im Auftrage der
Ex«mp«l - Versicherungsgesellschaft"
erklärte S«ymour. H«rbert Lander
bat ihn. einzutreten, und führte ihn
in «in Wohnzimmer auf der rechten
Seite des Flures.
Es war düster und roch dumpfig,
als würde es sehr selten benutzt. Lan
der schob zwei Sessel ans Fenster und
setzte sich seinem Besucher gegenüber.
Er schien sich keineswegs vor dem
Tageslicht und forschenden Blicken zu
Er war seinem Bruder nicht unähn
lich, aber entschieden jünger; ein
Mensch mit freundlichen Züg«n, glän
zenden Augen und lebhaften Bewe
gungen. Jedenfalls sah «r gan?
gutmüthig aus, und s«in Gesicht trug
keineswegs einen Ausdruck, der aus
Grausamkeit oder Ruchlosigkeit
schließen ließ«. Das Kinn vielleicht
war im Verhältniß zu der großen
Nase etwas zu schwach, aber sein Ge
sicht hatte zweifellos etwas Anzkhen
des.
sehen, daß Sie den Leichnam als
den Ihre? Herrn Bruders agnoszirt
haben. Aber Sie wissen es i
gemein leicht zufriedenzustellen. Wen.i
nun der Fall einträte, daß Ihr Bru
der wieder lebend auftauchte, müßien
arme Cyrill war der letzte in der
Welt, so etwas zu thun, selbst um
meinetwillen. Er war ein ausge
durchschwimmen, gelesen; in einem
vielleicht nicht ganz lichten Augenblick
hat er jedenfalls den unseligen Pla >
gefaßt, heimlich das Wagniß zu un
ternehmen. Cyrill war «twas eitel,
wie ich Ihnen schon gesagt habe. Er
hatt« mehr als einen Becher bei Wett
schwimmen gewonnen. Hier zum Bei
spiel ist einer." Er erhob sich und
nahm von einem Wandbrett einen
silbernen, gravirten Becher. „Cyrill
Lander erster Preis im Wett
schwimmen. Calloo, Schwimmfest,
19. August 1901."
„Er hat ihn in Peru gewonnen
und eine große Freud« daran g«habt
der arme Kerl," fügt« Herbert Lan
der hinzu, nachdem er Seymour die
Inschrift gezeigt und den Becher auf
seinen Platz zurückgestellt l,atte. Sey
mour dachte angespannt nach und
hörte kaum, was Herbert noch weiter
erzählte.
„Es war «in h«ißer Kampf, d«nn
nicht weniger als vierzig Theilneh
mer waren anwesend. Eine See wie
Glas. Von überall kamen die Bewer
ber. Aankees, Peruaner, ein Au
stralier und mein Bruder, den man
den „Briten" nannte. Die Englän
der sind in Callao sehr beliebt, und
als mein armer Bruder durchs Ziel
schwamm, wollte.', die Hochrufe kein
Ende nehmen. Er gewann leicht. Denn
er war die reine Wasserratte. Ja, se
hen Sie nur, was er wiegt!"
Seymour war nämlich zum Wand
brett getreten und hatte den Becher
wieder herabgenommen, ihn rasch
umgedr-ht und den Fuß betrachtet.
Er trug die Firma eines Londoner
Lieferanten.
„Rechnet man denn in Callao nach
englischen Meilen?" fragte Seymour,
scheinbar ganz unabsichtlich.
Landers Brauen zogen sich einen
Augenblick zusammen, und seine leb
haften Augen flackerten. Aber rasch
hatte er sich wieder gefaßt und ant
wortete lachend: „Die Sportklubs
jedenfalls; di« Engländ«r machen es
so, und die anderen äffen «s nach.
Uebrig«ns ist das Meilenmaß, daß
sie für ihre Wettkämpfe benutzen, in
England angefertigt. Das Maß ist
überall bekannt, und deshalb werden
sie es dadrllben auch beibehalten ha
ben."
Trotz dieser genialen Erklärung
hatte Seymour nicht den geringsten
Zweifel, der Becher sei in England
angefertigt worden. Aber warum?
Vielleicht für den Fall, daß doch die
Frage des Selbstmordes durch Er
tränken brennend werden sollt«?
Ein guter Schwimmer wird sich
bekannt«rmaßen nicht ertränken, und
der Becher sollte eb«n ein unbestreit
bares Argument dafür sein, daß Cy
rill Lander thatsächlich ein guter
Schwimmer war.
Callao ist weit, und recht viele
wußten wahrscheinlich gar nichts von
d«m dortigen Schwimmfest, und noch
weniger Leute waren wohl in der
Lage, den Spruch des Preisrichter
anzufechten.
Seymour ging und versprach, näch
ste Woche wiederzukommen und Her
bert die Entscheidung Carruthers
über den Vorschlag, die Zahlung
hinauszuschieben, zu überbringen.
Unverzüglich berichtete er seinem Chef
über das Resultat seiner Unierre
„Das haben Sie s-hr fein gemacht,
Seymour". sagte Carruthers anerken
nend. „Es ist ja nur eine Kleinig
keit. aber Kleinigkeiten weisen oft
d<n Weg zu wichtigen Dingen. Ver
lassen Sie sich darauf. Sie haben
das Richtig« getroff«». Er hat iia,
gegen den allenfalls auftauchenden
Selbstmordv«rdacht gesichert. Wir
hat/
Zwei Tage später ließ Carruthers
Seymour in sein Privatzimm«r ru-
p pt
gearbeitet. Herbert Lander ist ohn:
Zweifel der Käufer. Er nannte sich
Diaz und ordnete an. daß der Be
cher nach Callao geschickt werde. Er
bat sieben Pfund sechs Schilling und
drei Pence bezahlt. Besuchen Sie
den Mann jetit noch einmal und er
theilt, daß der Aussichlsrath nächste
werde, und begann nun über verschie
den« b«trüg«rische Manipulationen zu
lpr«chen, mit denen versucht worden
mour fort, „Plötzlich war einer von!
den beiden verschwunden, und man
Todter wurde aufgefunden und iden
tifizirt indentifizirt", wieder
holte er langsam und beobachtet« da
bei aufmerksam Lander, d«r di« Au-
Schlechtes Gewissen, dachte Sey
mour, während er fortfuhr: „Ei
den "
Er wurde durch ein lautes Ge
lächter Landers unterbrochen, der
würde dort unten im Keller den ar
men Cyrill finden!" Sein Gesicht
wurde plötzlich «rnst. „O, es ist
schändlich! Mein armer, guter Cy
diesen unvermuthet«n Gesühlsaus
bruch, mit in d«n Keller zu gehen, und
protestirte ziemlich ungeschickt dage
gen, daß sein« Worte so völlig miß
verstanden worden seien. Aber Lan
durch das ganze Haus und schließ
lich in d«n kleinen Garten hinter
dem Hause, Seymour «rr«gt und
Und dennoch brachte diese Besichti
gung des Kohlenkellers schließlich die
Lösung des Räthsels! Als Seymour
nach ein«r Stund« fast athemlos vor
Erregung se'ii: nere, iiberras hcnd«
Idee dem Direktor mittheilt«, stieß
er allerdings aus s«hr geringe Begei
sterung, „Zu weit hergeholt, wirklich
zu weit hergeholt!" sagte Carruthers
überlegen lächelnd. „Es kam so
über mich, als wir zusammen im
Keller standen", wiederholte Seymour
eigensinnig. „Ob es nun die eigen
thümliche Beleuchtung machte, oder ob
es eine Eingebung ohne besondre äu
ßere Ursache ist, jedenfalls will ich
den Gedanken nicht ohne weiteres fal
len lass«n. Könnte man «inen Haftbe
fehl erwirken?"
„Gott bewahre, mein Junge! Sie
können keine Verhaftung anordnen,
bevor nicht die Leiche gefunden ist."
„Aber dennoch müssen Sie ihn
verhaften lassen. Er könnt« doch
vielleicht ein Geständniß ablegen."
„Na, meinetwegen, ich will Ihnen
den Willen thun, einmal mit den
Leuten von Scotland Uard sprechen",
sagt« Carruthers. Und er hatte Er
folg.
Bald darauf wurde Herbert Lan
der von der Polizei verhaftet, weil
er im Verdacht stand, keinen älteren
Bruder Cyrill ermordet zu haben.
Ursprünglich war die Pclizei ja cicht
sehr geneigt dazu, ab«r im Aufsichts
rath der Gesellschaft faßen Leute, die
Einfluß hatten, angesehene soziale
Stellungen einnahmen und genau
wußten, wie sie davon Gebrauch zu
machen hatten.
Lander wurde, wie gesagt, ver
haftet, verhört, wieder ins Gefängniß
zurückg«bracht. wieder verhört und
in Hast behalten. Der Gefangene
und sein Anwalt beklagten sich bitter
über das unv«rantwort>iche Vorgehen
der Polizei; besond«rs aber war Her
bert Lander darüber sehr beiümmert,
daß man ihm nicht das geringste
Vorr«cht, nicht einmal die Dienste ei
nes Varbi«rs zugestand.
„Am Ende dieser Woch« werden
wir den Gefangenen wieder oerneh
men, Jnsp«kt°r Burrows, und ich er
warte, Si« bis öahin all Ihr?
Beweise beisammen haben", sagt« der
Richter ernst. „Es wird das letzte
Verhör sein, verstanden?"
Und am sestges«tzten Tag« saß Lan
der abermals auf der Anklagebank.
S«in Bart war ganz gehörig gewach
sen. und er sah z«hn Jahre ält«r aus.
„Wahrhastig Cyrill Ich könn
te es beschwören." flüsierte Carru
thers Seymour zu. der vor Erregung
zitternd neben ihm stand. „Si« hab«n
recht gebabt. mein Junge! Ich gratu
lire Ihnen."
Der Goldarbeiter, der den Becher
geliefert hatte, wurde nun hereinge
führt. Dann kam«n der Milchmann
und d«r Bäcker, und beide erklärten
sich bereit, zu beschwören, daß der
Mann aus der Anklagebank kein an
derer s«i, als Cyrill Lander, Alle
«rdenklichen Zeugen waren außerdem
vorgeladen, und viele von ihnen er
kannten auf den ersten Blick, daß der
Mann mit den langen Baltstoppeln
k«n« Cyrill sei!
„Wir ziehen die Anklagt wegen
Mordes zurück, Eu«r Gnaden", sagte
Inspektor Burrows ruhig lächelnd.
.Wir sind überzeugt, daß dieser
Mann Cyrill Lanoer .licht ermordet
hat, weil er selbst Cyrill Lender ist.
Zugleich erhebe ich die ÄnNage auf
Betrug"
„Der Angeklagte ist frei", sagt« da
rauf d«r Vorsitzende.
Vor dem Thore des Gerichtssaales
Abermals wurde ihm dec Prozeß ge
macht, und der iiberschlaue Jui.g« ßt
nun auf sieben Jahre die königliche
Suppe.
Carruthers erhielt vom Aufsichtsrath
ein herrliches Silterservice als An
erkennung für seine Thätigkeit im
Interesse der Gesellscyast.
Ein kostbarer Stöpsel.
Eines Abends, als die Fürstin, in
ihr Palais zurückgekehrt, den Shawl
ablegte, fehlte ihr der „Sancy". Der
Stein mußte aus dec Nadel heraus
gefallen sein. Die Fürstin läßt sofort
anspannen und steigt wieder treppauf
treppab, in alle Mansarden, in denen
sie an ienem Tage gewesen. „Habt
Ihr nichts gesunden? Ich habe etwas
verloren, ein birnförmiges Ding aus
Glas. einen Familienschmuck, an dem
ich sehr hänge. Sucht nur ordentlich!
Sucht nur!" Vergebliche Müh«. End
lich kommt die Fürstin zu einer armen
Wittwe, die acht uner,ogene Kinder
hat. „Ein Glasdings haben Sie also
verloren, gute Frau? Ja, ich fand
nichts doch balt! Die Kinder haben
heute mit einem Stöpsel aespielt, ei
nem gläsernen Stöpsel. Suchen Sie
ist!" Der kostbare Stöpsel fand sich
ricbtia unter dem Kehricht wieder, und
die Fürstin Demidow sorgte für die
Wittwe und lokmie der Kindern die
Rückgabe des Diamanten dadurch, daß
sie die Zukunft von allen sicherstellte.
Professor Dr. R. Wossidlo, der
als Sohn eines mecklenburgischen
Gutsbesitzers schon in frühester Ju
gend in die genaue Kenntniß des
mecklenburgischen Volksthums einge
führt worden ist, hat der niedersäch
sischen Volkskunde eine eifrige Thä
gifche Geschichte und Alterthumskun
de ihm angetragene Leitung des gro
ßen Sammelwerks „Mecklenburgilche
Volksllberlieferunqen" übernommen.
volkskundlicher Redeweise, Erzählung
und Dichtung ans Licht zu ziehen,
setzt er in einer sehr unterhaltsamen
dem Lande Fritz Reuters" aus
einander. Der Verfasser schildert sei
nen Verkehr mit dem Landvolk, die
ihm nicht selten entgegentretenden
Vorurtheile, die Bekämpfung des ent
standenen Argwohns er wird
manchmal kür eine Art Lockspitzel oder
für eine Steuerspürnase gehalten —,
in einer Weise, die schon allein ein
treffliches Bild von dem geistigen Le
ben des Volkes vermittelt. Der Ein
leitung entnehmen wir eine seltsame
Erzählung von Kaiser Friedrich. In
einem Dorfe bei Penzlin hatte ein
Tagelöhner seine Genossen gewarnt,
dem Professor Wossidlo Auskunft zu
geben mit der Begründung: „Da!
Prinz wäst is, hett dat so ok so
niaakt. Dee hett sich jo 65, as dat
gegen Oesterreich losgcihn füll, as
got, bebben de Oesterreichschen secht
kamen. Ja. hatt he secht, dat wull b,,
S^eht'^
Unter Küchenfeen.
„Du hast schon wieder gekündigt!"
„Ja paßt mir nicht!"
„Was paßt Dir nicht?"
gen!"
Replik.
Widerlegt. Alte Jungfer:
„Man sagt, es ziehe den Verbrecher
immer wieder zurück an den Ort sei
.. V
„Die Hexe will mich schlachten!
die Welt geht unter!"
Ungewollte Verkür
zung. Dienstmädchen (zur Frau
„Um Gotteswillen, Frau Doktor, Ihr
An
Stoßseufzer. Braut:
„Jetzt will mein Bräutigam nicht
lernen muß, wenn man heirathen
Pessimistische Betrachtung de«
Dichters Schmachtlock, nachdem er ein
Dachstübchen bezogen hat: „So! Da