Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, November 24, 1910, Image 6

Below is the OCR text representation for this newspapers page. It is also available as plain text as well as XML.

    Zontschi I. und Jantschi 11.
I. W i e d i e A l t f u
"war, an die elf Jahre alt, da kaufte
Papa aus dem Markte zu Boenifch-
Brod «inen Rappen für 27 Gulden.
Der durfte aber nicht gleich in den
Stall zu Favorite, Amazone und
Macbeth, sondern mußte einen Monat
lang draußen mit den Schweinen
weiden. Der Schmied ging alle
Tage hin und salbte den Kerl fest ein.
Nach einem Monat hatte Jantschi,
,l>er Rappe, keine Mähne mehr, keinen
Schweif und keine Deckhaare. Aber
das. was Papa hatte wegbringen
wollen, war mit weggegangen.
Er sah nun aus, wie der Dingo im
Brehm gezeichnet ist: mager, elend,
nackt zum Erbarmen. Das war
am 4. Mai. Das war das lange
versprochene Pferd.
„Junker, wann reiten Sie Ihren
Hengst spazieren?" fragten mich die
Autscher höhnisch, so oft ich an ihnen
vorbei kam. Darob ward ich sehr
Ärgerlich und mochte den Gaul nicht
ausstehen.
„Laß sie reden," sagte Papa. „Das
Pferd ist dreieinviertel Jahre alt, feh
lerlos und wird das beste auf der
ganzen Puszta. Nur Geduld, Ma
rius!" So nannte mich Papa,
aber ich heiße eigntlich Maria.
Ja, Geduld! Nach zwei oder drei
Wochen fing ihm die Decke zu wach
sen an. Nun sah er noch viel, viel
garstiger aus.
„Papa, wirst sehen, er bleibt so
fleckig!"
„Nur Geduld, Marius! Sammt
fchwarz wird er. Das schönste und
schnellste Pferd auf der ganzen
Puszta."
Unterdessen hatte ich mich an den
Anblick des kleinen UngethümS ge
wöhnt, ihm auch hie und da Rüben
gebracht, die er mit Heißhunger ver
schlang. Er fraß nämlich gierig wie
«in Rohrwolf: den Hafer vor sich, daS
Heu über, das Stroh unter sich. Er
wetzte an der Krippe und tanzte und
webte wie toll, wenn Futterzeit war.
Gesicht vor Freude breit und breiter.
Ich führte ihn an der Longe spazie
ren, und mehr als einmal riß er mich
um: das gab dann einen Feiertag für
mich, denn nun glaubte ich an Papas
Prophezeiungen.
Als man Mais brach, hatte er fein
Winterhaar, so schwarz, wie meines
Cousins Lackstiefel. Zu Weihnach
ten kriegte ich Wagen und Geschirr
und durfte ausfahren. Freilich, ein
paar Tage lang lenkte Papa. Wie
ner ein Paar Wochen Pista, unser
Paradekutscher. Endlich im Früh
jahr ich.
Ueber dieses Ereigniß schrieb ich
meinem Cousin, der in Wißkirchen
in der Kadettenschule war und di«
Ferien allemal bei uns verbrachte,
.folgenden Brief:
Puszta Jlintzi, 21. Febr.
„Lieber Cousin Kolinsky Arpad,
Kadettenschüler (Kawaleri) in Weiß
kirchen. Der Jantschi ist schon schön
schwarz und wiehert sehr und lauft
wie närrisch, und Fräulein Baleska,
was jetzt meine Gouvernante ist,
fährt nicht mit um keinen Preis. Sie
sagt, ich wer umschmeißen, lieber
Arpad, schreib mir gleich sofort und
der Pista und der kleine Stefan der
was bei die Schweine ist und der
Ojuri lassen Dich schön grüßen.
Gruß und Kuß
Maria."
Mein Cousin schrieb mir nun zwar
nicht „gleich sofort," als er aber im
August selber kam, entschuldigte er
sich: es wäre dazu keine Zeit gewesen
Nicht einmal hier habe er vor den
Remonten Ruhe, erklärte er seufzend.
Nun müsse er wieder den Jantschi
Ich llß"nW°"" »wirrte
Pferd fährt."
hindurch. Er wird natürlich reiten
und fahren wollen. Ich habe jetzt
kein geeignetes Pferd für ihn, daher
Du verstanden.
„Abtreten!"
lch erzählte.
sur Jantschis: Auf das „Sst", wo-
rauf die anderen Pferde stehen blei
ben mußte er angehen; auf einen
Zungenschlag, sonst eine Ermunte
rung, stehen bleiben.
Wollte man von unserer Pußta
auf die Straße kommen, ging's über
eine Brücke. Diese Brücke sah man
erst, wenn man dicht davor stand,
weil sie in der Biegung war und
mitten in einer Baumgruppe. Auf
die Brücke wurde Jantschi ganz be
sonders „hergerichtet".
Cousin Arpad stellte sich hin und
schwang schreiend einen brennenden
Span, während ich Jantschi langsam
hinführen mußte. Kaum sah ihn
Jantschi. da machte er natürlich aus
einem Hinterstollen Kehrt und rann
te, was er konnte, davon. Dafür be
kam er dann zu Hause Zucker.
Jantschi, das intelligente Thier,
hatte auch bald heraus, daß er immer
ganz besondere Leckerbissen bekam,
wenn er sich im Wasser niederlegte.
Nach einem Monat sagte Arpcd
befriedigt: „So. jetzt kann Onkel
Heinrich kommen. Jantschi ist „her
gerichtet". .
Er kam auch. Er ritt auch den
Jantschi. Und das ging so zu.
Onkel Heinrich saß auf. Ms er
oben saß, wollte er natürlich von der
Stelle. Er that einen Zungenschlag
Jantschi stand. Da hieb er ihn
mit der Gerte, und der Rappe lies.
„Sst! . . . Sst!" machte Onkelchen,
dem das Tempo zu stark war
Jantschi galoppirte immer besser.
Jetzt kamen sie zur Brücke, der Gaul
schlug pünktlich seine Pirouette, der
Onkel fiel runter, und Jantschi lies
nach Hause, um sich seinen Zucker zu
holen.
Am Tage darauf sagte ich zu Ar
pad: „Wir müssen den Onkel bitten,
er möchte noch einmal ausreiten ge
gen den Bach zu, damit er sieht, was
Jantschi alles gelernt hat."
Arpad war der gleichen Ansicht.
Er ging zu Onkel Heinrich und re
dete ihm zu, es doch noch einmal mit
dem Pferde zu versuchen. Dazu
machte er aber ein so dummschlaues
Gesicht, daß der Onkel mißtrauisch
„Hab ich denn meine Knochen ge
stohlen?" schrie er den Cousin an.
„Aber sieh. Onkelchen," sagte Ar
pad, „das ist heute bloß ein unglück
cher Zufall gewesen . . . Warum bist
Du auch gegen die Brücke zu gerit
ten? Dort ist das Pferd bis jetzt noch
allemal umgekehrt."
Onkel ließ sich lange nicht erwei
chen. Endlich, nach einer Woche, als
es ihm schon hübsch langweilig bei
uns geworden war, entschloß er sich
doch. Aber Arpad (der als Ka
dettenschüler jedenfalls mit allen
Gäulen auf dem Du-Fuße stehen
mußte) sollte ihn, ebenfalls zu Pfer
de, begleiten. Arpad bekam Papas
Pferd geborgt, zog seine schwarzen
Breeches und Lackstiefel an, und so
ritten sie fort. Ich trabte auf des
Schäfers Eselchen daneben; war auch
zu neugierig, wie Arpad den Onkel
hineinlegen würde.
Bis ans Wasser ging's ohne Zwi
schenfälle. Als wir aber hinüber
wollten, versagte Arpads Pferd.
„Wartet," rief Onkel Heinrich, der
sich schon zu fühlen begann, weil
bisher alles so glatt abgelaufen war,
„wartet, ich will zuerst durch." Er
wollte, aber Jantschi nicht. Agitza,
das kleine Eselchen, spürte drüben die
Schafe und furtete ohne AiHiand.
Dann folgte Arpad freundlich lä
chelnd und verschmitzt. Sein Schim
mel scharrte, und auf einmal
lag er da. War diese Bestie von
einem Schimmel auch „so eine", die
sich im Wasser gerne niederlegte!
Das sehe» und sich dazulegen
war für Jantschi natürlich nur de.s
Werk einer Sekunde. Cousins
Lackstiefel und schwarze Breeches aus
Distanzreiterstoff waren für den Au
genblick hin doch man konnt? sie
immer noch auffrischen. Onkel Hein
richs goldenes Augenglas aber 'andcn
wir nie mehr in den trüben Finthen.
Jahren erinnere ich mich des
Nachspiels dieser Heldenthat.
Keine Ausrede half die Schuld
hört.
„Marius, Du ungerathener, schlech
ter Kerl. Du Nichtsnutz, Taugenichts
wird denn nie ein ordentlicher
Mensch aus Dir werden? Du weißt
! ganz gut, was ich Dir schon alles
„Siehst Du," sagte Papa, „daZ
waren alles theils kindische, theils
freche Streiche. Aber das, was
heute geschehen ist, das ist ein
fach ignobel. Hast Du denn kein
Ehrgefühl im Leib, Kerl? Und kei
nen Begriff von Gastfreundschaft?"
Ich blieb stumm.
„Marius!" rief mich Papa an,
„sieh mich an; Jantschi wird ver
kauft."
„Papa!"
„Da gibt's nichts zu bitten. Nur,
wenn Onkel Heinrich will, dann bleibt
er. Verstanden?"
Und Onkel Heinrich war hartge
sotten. Endlich, nach blutigen Thrä
nen, nachdem ich sogar einen Kniefall
vor ihm gethan und himmel
hoch geschworen hatte, in Zukunft we
der keck noch vorlaut sein zu wollen,
nahm er mich an die Hand, und in
Papas Kanzlei wurde die Versöh
nung gefeiert. In dieser Stunde
liebte ich Onkel Heinrich grenzenlos.
11. So zwitschern di« Jun
gen.
Wenn ich's nicht schon irgendwo
erzählt habe, will ich's nächstens ein
mal thun, wieso es geschehen ist, daß
ich Gesa, Papas ehemaligen Guts
herrn, geheirathet habe und auf der
Pußta Jlintzi geblieben bin.
Ja. die Zeit vergeht. Drei Jah
re war ich alt, als ich herkam.
Nun bin ich schon über ein Viertel
jahrhundert da, einige Reisen abge
rechnet. Ich habe sie so lieb, die
Pußta Jlintzi, daß Gesa auf meinen
Wunsch selbst wirthschaftet, seitdem
mein Papa zu müde dazu geworden.
Wo ich als kleines Mädchen her
umgetollt, da thut's jetzt mein Nette
ster und einziger, und der zählt nun
auch schon elf Sommer.
Schandor hat gerade wie ich vor
Zeiten zum Geburtstag einen klei
nen Rappen bekommen und ihn Jant
schi benannt, weil ich ihm so viel
von meinem Jantschi erzählt habe.
Er wacht eifersüchtig darüber, daß
niemand anderer als er Jantschi füt
tere, aber hauptsächlich fahr« und
reite.
Nun begab es sich vor einem Mo
nat, daß Cousin Arpad, der jetzt
schon lange Rittmeister ist, sammt
Frau und Töchterchen zu Besuch
kam. Mir fiel nicht ein, Schandor
ein Wort darüber zu sagen, denn daß
er so galant sein würde, Arpads klei
ne Nelly spazieren zu fahren, hielt
ich für selbstverständlich. Schan
dor nicht. Ihm war Nelly von
Herzensgrund zuwider. Sie hatte
hübsche Kleider an und benahm sich
überaus artig Eigenschaften, die
meinem Schandor sehr mißfielen. Er
nannte sie Stadtfratz und verachtete
sie tief. Er machte also keine Mie
ne, sie mit dem Ponywagen ausfah
ren zu lassen. Ich nahm ihn deswe
gen einmal vor. Allein er blieb
trotzig und meinte, Jantschi gehöre
ihm, und er werde reiten und fah
ren. wann er wolle.
In solchen Fällen gibt es nur ein
unwiderlegliches Argument mütter
licher Autorität, und das brachte ich
auch vor. Schandor weinte, ver
sprach. von nun an brav und galant
zu sein, und ich bog meine Reit
gerte wieder gerade.
Am andern Morgen sollten Nelly
und er ausfahren. Nelly freute sich
darauf sehr. Am andern Mor
gen aber war von Jantschi, Schandor,
dem Wagen und allem Zubehör keine
Spur zu entdecken. Na, der kann
sich freuen, wenn er nach Hause
kommt! Nelly wurde indessen
durch andere Zerstreuungen entschä
digt und auf den Nachmittag vertrö-
Es wurde Nachmittag, von Schan
dor kein Schatten. Es hatte ihn
auch niemand gesehen. Am Abend
wollte ich Nelly etwas zum Lesen ge
ben, da fehlte der dicke Band „Leder
strumpf" im Bücherschrank. Die
Köchin kam verzweifelt herein und
rief: „Gnädige Frau, wie soll ich den
Rehbraten tranfchiren, wenn ich kein
Beil hab'?"
„Wo ist es denn?"
„Ich weiß nicht. Wird schier der
„Mit dem großen Messer also!"
rieth ich.
„Das große Messer ist auch ver
schwunden."
Frau Kolinsky sagte nach dieser
Mittheilung:
„Cousine, ich beneide Sie um Ihre
Ruhe. Wenn meine Nelly seit dem
Morgen verschollen wäre, ich hätte
mir schon lange die Haare ausge
raust." 't k ' A 112
wo bei Bekannten zu Besuch."
me?r? Ansicht für mich. Eine flüch
tige Umschau ergab den Abgang ei
nes Flaubert-Gewehres und einer
gestopften Seeadler in Gesas Ar
beitszimmer der ganze Stoß ausgeris
sen. Das Stubenmädchen ging
mit einer defpe.-aten Frisur umher,
denn ihr falscherZopf war verschwun
den. Nachdem ich den merkwiirdi
setzte ich mich hin und bot meine gan
ze Phantasie auf, um mich zwanzig
Jahre zurück zudenken. Ich legte mir
Küchrnbeil war sein Tomahawk. Die
übrige Rüstung. Den Zopf des Stu
benmädchens sah ich als Skalp an des
Häuptlings Gürtels baumeln. Na
türlich war Schandor der Häuptling
ren nur die Unterindianer.
Trotzdem es Frau Kolinsky sträf
lichen Leichtsinn nannte, wartete ich
bis zur Abenddämmerung, ob meinen
Sohn die Sehnsucht nach den Fleisch
töpfen von Jlintzi nicht in die Arme
Als das Warten vergeblich war,
gab ich dem alten Schweinehirten
vertraulich einen Befehl . . . Der
schlaue Kerl nickte lächelnd ....
Meine Cousine war entschieden ner
vöser als ich. Sie weigerte sich,
schlafen zu gehe.,, und wußte so vie
le Schauergeschichten zu erzählen, daß
die arme, gefühllose Nelly in lau
tes Weinen ausbrach und sich über
das Schicksal ihres ungalanten Cou
sins grämte. Endlich gingen
wir zur Ruhe. Ich blickte prüfend
den Himmel an und war sehr er
freut, als «r voller Sterne
stand. In der Nacht ich
„Gott im Himmel, Cousine," sagte
mir die Rittmeisterin beim Früh
stück. „Sie müssen doch Schandor
suchen lassen! Ich verstehe Sie nicht!"
„Ja, ja, Marie jetzt ist es end
lich Zeit," rief auch Arpad.
„Laßt nur," erwiderte ich lachend,
„ehe es Mittag ist, kommt er gewiß."
Sie zuckten die Achseln, dann sa
ßen wir da und warteten. Wir wa
ren in der Laube im Garten hinter
dem Hause. Just läutete man zum
Füttern, als ich ihn kommen sah.
Langsam schob er sich durch's Gitter
thor herein, eine grenzenlose Beschä
mung in dem schmutzigen verstaubten
Gesichtchen, über das die Thränenbä
che kleine Streifen zogen. Den stol
zen Skalp schleifte er nach, nicht zum
besonderen Vortheil des armen Haar
zopfes, Ich blieb ganz ruhig.
Auf halbem Wege nahm er einen An
lauf auf mich zu. Wäre ich nicht
aufgestanden und hätte mich fest ge
beide hingeflogen.
„Mama! Mama!" schrie er gellend
und bohrte den Kopf verzweifelt in
meine Brust.
Er that mir leid, der arme Schelm.
„Schandor, na sag' doch, was ist
denn geschehen?"
„Mama! Mama!" jammerte er
und endlich brachte er's von Schluch
zen unterbrochen, heraus: „Man
hat hat mir den Jantschi
den Jantschi meinen Jantschi ge
„Ja, wo hast Du ihn denn stehen
gehabt?" fragte ich freundlich.
Da fiel ihm erst sein Streich
wieder ein, er gab keine Antwort und
weinte weiter. Sein Jammer dau
erte mich. Ich konnte mir das so
gut vorstellen. Ich faßte ihn an bei
den Armen und sagte ihm:
„Ich weiß, wo der Jantschi ist."
Und richtig wollte er sich losreißen.
„Im Stall," rief er. Die Thrä
nen waren im Nu versiegt Er
wand und krümmte sich, um sich aus
meinen Händen zu befreien.
„Schandor, wenn Du nicht jetzt in
Dein Zimmer gehst und Dich wäschst
und nicht eher herauskommst, als bis
den Jantschi nie mehr. Verstehst?"
drohte ich ihm. Das wirkte.
„Ja, Mama, ich will alles thun,"
antwortete er. „Laß mich aber ge
schwind los."
Er schoß fort wie eine Kugel aus
dem Lauf. Frau Kolinsky sah
mich fragend an.
Jantschi stehlen zu lassen. Ich
in fieberhafter Eile an. Ich furcht
folgende Rede:
„Schandor! Ich hoffe, daß du ge
nau weißt, wie abscheulich Du Dich
freundlich benommen, die ein so lie
bes, artiges Kind ist, daß Du Dir
sie zum Muster nehmen könntest, Du
treibst."
.So?" fragte ich entrüstet.
„Ja. Denn Du hast sogar Zigeu
nerpferde gestohlen, als Du in mei
nem Aller warst, und der Gouver
nante die Zahne in den Brunnen ge
worfen und Deinem Ontel Heinrich
ein Pferd geborgt, das sich im Was
ser niederlegle."
„Ja, woher weißt Du das?" fragte
ich unvorsichtig und verblüfft.
„Hab's gelesen in der Zeitung.
Von mir hat noch nie was in der
Zeitung gestanden. So.arg trieb'
ich's nicht."
Ich machte einen letzten Versuch
meine Ehre zu retten.
„Na dann hast Du vielleicht auch
gelesen, wie ich Onkel Heinrich um
Verzeihung bitten mußte?"
„Ja. Das auch!"
„Also mußt Du Dich bei Nelly
entschuldigen."
„Ich?" fragte er mit ungläubigem
Staunen.
„Freilich, ich Hab's doch auch müs
sen."
„Du! Du warst ein Mädel,
erwiderte er großartig.
Ich weiß, es war gegen die Regeln
der Pädogogik aber ich konnte
ne Arme und küßte ihn stürmisch.
Dann ließ ich ihn zu Jantschi lau-
M ' v ehd ist
gestraft worden, und es hat nichts ge
nutzt. Die eiserne Erzieherin Zeit
machte sie erst „u der gesetzten Marie
Ringejiuddtlt.
hat, hat m'r sich die Hand geschittelt,
gesroot: „Wie geht's, wie steht's?",
hat dann e' bisje vum Wetter ge
terrje ebbes vorschwärmt, was die in
d'r lescht' Zeit for Bravourleischdun
ge' vollbracht hätte', odder zum min-
Riede un' drei Weibcher, un' was so
int'ressante Themas ineh' sin'. Kummt
m'r in e' Wirthshaus, vun was werd
geredd'? Vun de' Herre' Bolezei
hunn, iwwerhaabt vun ni; als wie
vun de' Hunn! Un' dann werd ge
kohlt un' uffgefchnitt', daß die Bääm'
wackele.
han. Da is' geflunkert wor' un' uff
gefchnitt', daß sogar 'in Herr Fersch
der d'r Nähts aus'gang' is un' sich
Rauwehelm selige' Angedenkens.
Zeletscht is's sogar 'm Herr Brau
meeschder zu viel 'wor' un' 'r saht:
met eme Seite'blick uff fein' Nochber,
„Ich will Eich emol e' Hundsgeschicht'
verzehle', die werklich Wöhr is.
schaft in Gefchäfde. Wie fein' Ge-
Vier. Gutt! Aus dem st^'
launt war, bleibt er fteh'n un' ruft:
,Un' fuffzig Penning!" „Drei
Mark fuffzig zum erschde', zum
zweite' un' zum dritte' Mol!" ruft
che'? Laase' loße'? Dosor wäre' 'm
die drei Mark fuffzig zu schad'. Er
kaaft also noch e' Halsband, denkt:
Stadt.
odder weniger dabei in Mitleiden
schaft gezoh' werd.
Das hat aa' d'r Andon gewißt^
Mark im Johr! Do kiieht die
Anschlähfrefser! Wie d'r Andon dann
Der Andon hat dann zu seiner
Entschuldigung d'r Wohrhääd gemäß
verzehlt, wie die Sach' 'gang' hat, un'
geleht! Ach herrjesses!
„Dirmel, Ochs!" Hot se geschriee',
„das kann aa' nur Dir Hornvieh bas-
Mei' drei Mark fuffzig will ich wid
's Geld zum Finfchder 'enauswerfe'?
Du Lumpazius, Du —".
D'r Andon hat's Befchde gedahn,
was 'r duhn kunnt, 'r hat se austowe'
lasse,' hat sich still in's Nescht geleht
Am erschde' Dah Hot sei' Alt' als
so richdig bedrachde' däht, e' ganz
scheen' Stick Vieh, un' am vierte'
hätt' se ne nimmeh hergewwe', nit for
all' Geld in d'r Welt. Am finfde'
Dah mußt' d'r Andon e' Geschäfts
gang mache'.
Wie d'r Hund gesteh'» hat, daß 'r
seine Bändel anduht, un' seine' Hütt,
is 'r ahnem in die Heh' geschprunge'
un' wollt' mit. D'r Andon hat nit
so rccht gezoh' 'r könnt' 'm noch
durchbrenne', hat 'r gemeent. Wie
sei' Fraa awwer feegt: „Nemm de'
Tyras (so hat sc ne gedaast gehatt)
e' bisje' met, da« arme Stickelchc'
muß aa' 'mol an die frisch' Luft.
Bring' m'r ne awwer nor Widder
mit!" Do kunnt 'r nit annerscht, do
mußt 'r. Na schien!
Wie 'r bei seine' Geschäftsfreind
'komme' is, läßt 'r de' Hund for d'r
Dier lieje', daß 'r die Stubb' net so
vertrambele sollt'. Der Hund is aa'
scheen lieje' geblieb' Appell hat 'r
gehatt. des muß m'r sah'n.
war 'r fort. Dunnerkeil noch emol!
Dem Andon is die Kreid' fahl 'wore'.
Vor finf Dah hat > nit getraut,
met 'm Hund heeinzegeh'n, jetzt nit
ohne Hund. „Das Lumpe'vieh is
si(.,er hecingeluff' uff fei' Dorf, wies
die Stroße'bahn gefieh'n hat!" hat 'r
vor sich hingebrummelt. „Was mä
che'?" Er hat hi' un' her iwwerleht
un' iwwerämol is 's 'm 'kumm':
er hat e' Fiiifinarkstiick aus 'm Port'-
monii genomine', hat's in de' linke'
Schillesack gesteckt un' isch heem.
Wie 'r heemkummi, meent sei'
Fraa: „No, kummschde schun? Wo
haschde denn de' Hund? „Ach, Al
di", sah r' met eme ließe' Lächele un'
'm schlauschde' Gesicht, wo 'r mache'
kann, „ach wäschde. Du hascht doch
recht gehatt, was brauche' m'r so e'
wünscht' Stick Vieh! Ich Hann ne
g'rad' ewe' verkaast. Finf Mark
Hann ich defor krieht", lacht 'r un'
— als fuffzeh' Grofche' Re
wach!" un' dornet drickt 'r seiner
Fraa die finf Mark in die Hand.
„Ach", froot die, „na', menetweje'
heisch? 'r doch Dunnerkeil, d'r
Name laast m'r uff d'r Zung' 'erum
Häm „Na", unerbrecht ne
sei' Fraa, „Du werrscht doch we
nigschdens wisse', wo 'r wohnt?"
„Jo!" saht d'r Andon, „ganz^aenau!"
Bettuch"
(„Fliegende Blätter", München.)
„Der Bühne bleibt
sind Sie denn mit Ihrem Aerö
plan?"
»So? Was ist es denn?"
ganze Fabrikation."
„Aber wie wollen Sie das Netz
selbst vor dem Hinunterfallen be
was zustößt?"
keine Mutter!"
die Welt gekommen?!"
Splitter.
Manche Frucht de.' Erziehung ist
Papas Trinkbecher ist oft der Lei-
Ziele am schwersten zu treffen'
Gefchichtsprofessor (im
kommt denn Napoleon 111. hierher?"
Der Mißgünstige. Frau,
ihren zu drei Jahren Zuchthaus ver
kommen?" „Ne, ne, das will ich
net!" „Siehste, so bist de doch
all' mei Lebtag gewese. Nit des
kleinst Vergnüge Host de mir un die
Im Theater.
Theaterzettel): „Der zweite Theil de»
Stückes spielt im Winter!"
Vater: „O jegerl, und wir ham
unsere Pelzröck' z'haus' g'lafsen!"
Phlegmatisch. Frau:
„Ein halbes Jahr haben wir uns nicht
mehr gesehen, lieber Mann!" Er:
„Und da zerdrückst du mir gleich drei
Cigarren!"