Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, August 11, 1910, Image 6

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' mich snn»netweich-n
Ärmel
Äus irren Wcgcn und^viel.
deinem Purpurmund
Und 'alle Leiben"'Minsche" gehn' zur
Ruh'.
Es stirbt das letzte stürmische Verlan
ge»
O V h e l i a.
An einem schönen Maitage erreichte
Alexei Nokolaewitsch Naumow das
Städtchen, das nicht weit von der
österreichischen Grenze liegt. Er hatte
seine Studien an der Petersburger
Universität beendet und war jetzt als
Kreisrichter hierher versetzt worden.
Der Tag seiner Ankunft war ein
Sonnabend, und eine festlich geputzte
Menge belebte die Straßen, da der
größte Theil der Einwohner aus Ju
den bestand. Die Aufmerksamkeit al
ler wandte sich der fremden Persön
lichkeit zu, und wohl jeder wußte in
dem weltentlegenen Orte, daß es nur
der neue Richter sein könne. Sein
Kutscher fuhr ihn in's erste Gast
haus, und nachdem er gespeist hatte,
sing er mit der blassen, kränklichen
Tochter des Gastwirthes eine Unter
haltung über das Städtchen und
seine Einwohner an.
„Bei uns kennt ein jeder den ande
ren," sagte sie, „und Ihre Ankunft
ist jetzt auch schon allen bekannt."
„Sie kennen demnach also gleich
falls alle Leute hier?" fragte
chen.
„Dann werden Sie mir auch sagen
lönnen, wer die Dame war, die vom
Bahnhof mit mir zugleich in die
Stadt fuhr. Sie saß in einer Privat
equipage, uyd der Kutscher trug eine
grüne Livree. Sie fiel mir durch ihre
ungewöhnliche Schönheit auf, nie habe
ich so herrliche schwarze Haare und
so wunderbare dunkle Augen gese
hen."
„Wer kann das nur gewesen sein?"
sagte nachdenklich das Mädchen. „Die
Frau des Staatsanwalts ist brünett
und sehr schön, aber der Kutscher
trägt keine grüne Livree. Bis zu wel
wem Hause fuhr sie wohl?"
„Mit mir nur bis zu Ihrem Gast
hause, und dann bog der Wagen
rechts ein, wo eine Kirche in einem
großen Garten steht."
„Ja, das ist der Weg, der zur ka
tholischen Kirche führt. Der Priester
hat doch nicht Besuch erwartet? War
ten Sie bis zum Abend, Herr Kreis
richter, dann habe ich alles erfahren
Blechtafel stand kaum leserlich „Kir-
Muttergottes.
der Priester ist? Oder ist es vielleicht
„Wer seid Ihr?" fragte der Ange
„Wer ich bin? Ich bin der arme
Coinmissionär Wolf. Ich mache Ciga
scken."
„Gut, dann sagen Sie mir, ist das
Wohl ein katholisches Kloster?"
„Eine Kirche. Herr, kein Kloster,
katholische Kirche ist es."
„Wohnt der Priester auch hier?"
..Natürlich wohnt er hier. Dort ist
auch sein Haus «in ganz prächtiges
„Wissen Sie, wie der Priester
heißt?"
„Ja, Pan Trintowski."
„Wohnt er dort allein oder mit
Bruder, .der ist Gutsbesitzer und hat
große Zuckerfabriken."
„Ist der Priester ein alter Mann?"
„Gar nicht alt, ein Mann in den
besten Jahren. Aber der Herr Kreis
richter fragen mich so aus ist viel
leicht etwas geschehen?"
„Nein, nichts. Ich suche nur eine
Wohnung, ein Gartenhaus vielleicht
in einem so herrlichen Garten, wie
dieser Garten des Priesters. Hat er
nicht vielleicht in seinem Hause eine
Wohnung abzugeben?"
„Nein, Herr, er vermiethet nicht,
tens liegt das Haus von Fahlberg an
der breiten Straße, der hat eine
„Fahlberg? Ist er ein Jude?"
„Ja, Herr, «n sehr guter M-nschi
bei ihm wohnte früher der General,
jetzt steht das Haus leer. Ein sehr
„Ich will es mir morgen ansehen."
„Warum morgen, Herr Kreisrich
ter, warum nicht gleich. Sie werden
einem armen Kommissionär etwas
dafür geben und ich werde mit Fahl
berg reden, daß Sie das Haus
recht billig bekommen."
„Ist es weit von der Kirche?"
„Der Garten der Kirche stößt di
rekt an den Fahlberg'schen."
11.
Alexei Nikolaewitsch Naumow war
der Typus eines modernen jungen
hatte. Schön war seine Unbekannte;
so lange gespottet? Er selbst staunte
ihn sein Schicksal fübrte er mie
thete das Haus Fahlberg.
Das Haus hatte niir ein Stockwerk,
hier aus sah man durch die Bäume
das weiße Haus des Priesters schim
mern. Mit einem Glase sah Nau-
und die schmalen Fußwege waren mit
Gras bewachsen. Die Lust war schwer
vom schwülen Duft weißer Akazien,
räthselhafte Fremde, deren bezaubern
des Gesicht ihn Tag und Nacht ver
folgte. -I h s'
Körper war verhaltene Leidenschaft.
Der Weg, den sie ging, führte zu
zu dem Gesträuch weißer Akazien an
Naumow's Mauer. In diesem Au
genblick gab er sich ke'ne Rechenschaft
von seinem Thun, er erkletterte rasch
die Mauer und setzte sich auf diese.
>Sie kam näher und näher, der Weg
chener Ast ihren Weg, Sie bli?b ste
hen, hob hie Augen und erblickte
Naumow. Er grüßte, verbeugte sich
und sagte:
.'isch auf.
»Ach, Sie sind es!"
Ihre tiefe Stimme erinnerte an
bin Klang eines Violincellos.
„Ja, ich bin's!" antwortete Nau
pow, «Ihr Nachbar, der neue Kreis
xichter Alexei Nilolaewitsch Naumow.
Kch wohne bei Fahlberg."
.Fahlberg? Wer ist das? Und
Ivo ist das?"
> „Hier ist es, unsere Gärten stoßen
«neinander. Wissen Sie das nicht?"
„Nein!"
„Also sind Sie hier fremd?"
„Ja, ich bin aus Kiew."
„Also nur zum Besuch hier? Ver
zeihung, gnädiges Fräulein, daß ich
so neugierig scheine, aber da wir
>»och Nachbarn sind... Sie wohnen
also beim Priester?"
wechselnde Ausdruck ihres Gesichtes
schien ihm ein Räthsel, und der lei
denschaftliche Wunsch, dieses zu lö
sen, steigerte sich. Mit zitternder
fahren, ich habe mich Ihnen schon
vorgestellt."
> „Wie heißen Sie?"
„Ich sagte es Ihnen schon."
j „Ach, ich vergesse alles so schnell,
entschuldigen Sie, bitte."
Bösewicht ärgster Art."
ich Sie gefangen nehmen. Also Ver
brecherin, wie ist Ihr Name? Oder
! von Medici."
Er lachte auf. „Wirklich? Also
Priesters? Ich flehe Sie an, sagen
des Priesters hin.
Zu: d
serfürst!"
„Ich schenk ihn Dir, Wassersiirst,
111.
sches Lachen zu hören, ergriff ihn.
Sinnlos vor Leidenschaft siel er
vor ihr in die Knie und sagte athem
des Mädchens:
es."
sterte sie.
„Ist es Trintowski, der Prie^er?"
„Herr! was fallt Ihnen ein, bitte
los und flüsterte: „Wir wollen slie-
Feinde!"
Kopfe vor sich stehen, der das Miid-
Priester, „was bedeutet Ihr Beneh
men? Und wer sind Sie? Ihrer
Mütze nach Gerichtsbeamter? Wie
ter..." ch
„Ihre Tochter?" fragte Naumow.
„Das ist mein Bruder, der Guts
besitzer Wladislaw Trintowski", fügte
werden durchaus geschäftsmäßig ge
führt, wobei der Werth der Braut,
die Geschenke, die als Entgelt an den
und dem folgt binnen einigen Wochen
die Trauung. Das Geschäft ist recht
einträglich, denn die Eltern des Bräu-
Prokura-Voter der Braut mindestens
IVO Rubel in Baar zahlen. Dem
Vermittler selbst kommt jedes Mäd-
Veilchen.
„Fräulein Lene bringen Sie
doch mal die Veilchen herein, die eben
«ngekommen sind", rief die Stimme
des Chefs schnarrend hinter die brau
ne Plüschportiere, welche den eleganten
Blumenladen von der Arbeitsstube
abschloß.
Die Gerufene kam ein blasses,
schmächtiges Ding von fünfzehn Jah
ren, schlank aufgeschossen und in ihrer
ganzen Erscheinung noch deutlich das
Unfertige, Unbeherrschte ihrer halben
Kinderjahre zur Schau tragend.
Sie hielt einen Bastkorb mit herr
lich duftenden Veilchen in den Hän
den, den sie dem Chef reichte.
„Bitte, Herr Graf wollen Sie
die Güte haben? Vor zehn Minu
ten gekommen, noch förmlich taufrisch,
Lbertrefflich tadellose Waare!"
Der junge Offizien, an den diese
anpreisenden Worte gerichtet waren,
trat näher, die Veilchen musternd.
„In der That scheinen ja heute
besonders schön in der Sendung aus
gefallen zu sein also schicken Sie
mir, bitte, wieder das gewohnte
Quantum nach Hause."
„Sofort, Herr Graf, vielleicht auch
einen Busch Maiglöckchen? Eben
falls frische Sendung, tadellose
Waare."
Mit geschickter Wendung hatte der
Chef eine breite Majolika-Jardiniere
herangerückt, aus der hunderte von
grünen Stengelchen mit leuchtend wei
ßen Blumenglöckchen empordrängten.
Allein der junge Offizier wehrte ab.
„Nein, danke sehr sind ja wunder
lassen wir's dabei."
Der Chef neigte sich verbindlich,
während der Offizier sich wieder zu
Dabei streifte sein Blick flüchtig das
wieder senkien, doch deutlich denAus
sellos seiner Person Halt.
Vorsichtig legte er die Veilchen wie
der in den Korb, und Lene ging in die
Arbeitsstube zurück.
Ein drückender Blumenodem schlug
gen an Veilchen blieben sehr zum
Leidwesen ihres Chefs aus. Seine
Passion schien abgenommen zu haben,
zeschmiiikl mit einer tiefvioletten
Schleife, auf welcher in Golddruck
stand: „Unserem unvergeßlichen Jung
schehen sie hörte es aus dem Ge
spräch. das der Chef mit dem Besteller
bringen.
„Unserem Jung-
Siegfried" sie las es wieder und
wieder an dem Schleifenende, und
Schule mal etwa: von einem Jung»
Siegfried gehört zu haben. Der sei
ein gar tapferer Held gewesen, ohne
blick hätten die Herzen der Menschen
höher geschlagen so sieghaft habe
seine Erscheinung^gewirkt.
gen wachgerufen!
Sie zittertte, als sie, draußen vor
der Flurthür stehend, dem Burschen
»lischt mehr mit die Beilchen", sagte
er, sein breites Gesicht zu einem weh
müthigen Lächeln verziehend, während
Lene schluckte ein paarmal dann
flüsterte sie zaghaft: „Ich möchte ihn
so gern sehen."
Der Bursche zuckte die Achseln.
leer."
Augen und doch einem leisen Zug ron
Bitterkeit um den Mund vielleicht
die letzte Empfindung der ringenden
hatte ihm ja nun wenigstens ihren
Abschiedsgruß mit ins Grab geben
dürfen Veilchen!
Wittwe): Der Verlust ist ja herb,
Ballgesvräch. „Wunder
vares Kind, die Tochter unseres Gast
gebers. Die schönen Augen, das schön«
Profil, das schöne Haar...!"
.....Und das schöne Geld!"
Das schlimme Metier.
Mutter an,
.Der alles auf die gute Seite wendet,
Der wird gewiß ein braver Ehe-
Schuster leider.
Da hat sie's nun, es ist ja Schu
sterbrauch,
sohlen,
Und so versohlt er seine Frau halt
auch.
Ihr „Maß"stab.
Wally! Dem Dicken hast Du achtzehn
Schoppen gepumpt und bei mir
Böse. Erster Einbrecher:
„Nanu, wie siehst Du denn aus? Du
bist ja im ganzen Gesicht zerschun
den?" Zweiter Einbrecher: „Ich bin
gestern in eine Wohnung eingebrochen,
ten."
„Ach, Frau Räthin, die Geschichte,
Probatum ' est. Autor
(zum Direktor): „Ach, Herr Direk»
ordnete, um elf Bericht erstattet?
stand?"
Nichte (junge Beamtin): „Das
ist der Umstand, daß mein neuer
Chef noch ledig ist."