Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, July 14, 1910, Image 7

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    Besiegt.
Roman von A. ». Vertdorss.
(12. Fortsetzung und Schluß.)
Konradine hörte schon eine ganz«
Weile nichts mehr von den Vorstellun
gen ihrer Mutter, sondern hatte den
Kops an die Lehne ihres Stuhles sin
ken lassen und stieß nur einmal einen
tiefen Seufzer aus. Jetzt beugte sich
haltend, über sie.
„Mein Gott, sie ist ohnmächtig!
Konradine, Konradine! Mein Kind,
mein liebes, liebes Kind!" schrie die
nun wirklich nur zärtlich besorgte
Mutter laut auf.
Aber als Konradine wieder zum
Bewußtsein erwacht war, mußte sie sich
gleich zu Bett legen, und der rasch ge-!
holte Arzt fürchtete ein Gehirnfieber.!
So schlimm wurde eS nun nicht. ES
war nur die schwere Ueberreizung und
Ueberanstrengung der an Leiden und
Entbehrungen, an Seelenkämpfe und
Schicksalsschläge nicht gewöhnten Na
tur. Das Fieber schwand bald, nur
Abends noch erhöhte sich die Tempera
tur, und der erst schwache Herzschlag
setzte rasch und ungleichmäßig ein.
Aber die Nächte verbrachte sie wach, in
fieberhaften Halbträumen. Ihre Mut
weilte zurzeit in Monte Carlo. Alles,
was im Herzen dieser Frau, der das
Leben auch manch bitterschwere Stund«
gebracht, die durch manches schwere Er
lebniß und heimlich durchkämpfte?
Elend hart geworden war, im tiefsten
Grunde schlief, alle aufrichtige Mutter
liebe und 'rge um Kind, dem sie
oft genug auf sehr falschen Wegen das,
was sie gelernt hatte, im Leben Glück
zu nennen, verschaffen gewollt, stieg
jetzt herauf, und diese beiden Herzen,
die im Begriff gewesen waren, sich
gänzlich mißzuverstehen und kalt zu
verlassen, schlössen sich leise wieder
fester aneinander. Ach, beide fühlten
sich sehr einsam, sehr hoffnungslos; in
zählte der Mutler allmählich alles, al
immer teilnehmender, immer trauri
ger werdenden Blick der Mutter; mit
heißem, erlösendem Schluchzen preßten
Himmel geknüpft war. mit unlöslicher
Treue, das Band, das Mutter- und
Kindesherz bindet, fester und inniger,
daß sie es in den Kissen ersticken wollte.
Sie wollte ihr Zeit lassen, still zu
Auf deren Gesicht lag tiefer Ernst
hastig aufrichtend, während tiefe Gluth
ihr Gesicht überzog. „Ach, gieb ihn
schnell, bittre!"
FrNu von Kaiserström ernst. „Bon
deinem Mann habe ich keinen Brief für
dich, kein Zeichen, sondern dies Schrei
ben, obwohl hochwichtig für dich."
Konradine war wieder in ihre Kis
sen zurückgesunken, und die jähe Rothe
ihrer Wangen war wieder marmorner
Blässe gewichen, über die nur das
Abendroth des Himmels seinen trüge
rischen Rosenschimmer warf. Ein mü
des Lächeln zuckte um ihre Lippen, und
sie streckte die Hand nicht nach dem
Briefe aus.
„Liebes Kind, so ganz apathisch
darfst du nicht allem anderen gegen
über sein, was nicht direkt Ebersburg
ist," bedeutete die Mutter ernst. „Es
gibt vielleicht Umwege zu ihm, und die
ser Brief kann vielleicht ein solcher Um
weg sein, wenn du auch neulich mein
test, nicht für Millionen nähme er dich
zurück. Der Brief ist vom Testaments
vollstrecker Breitenfelds für dich.
! Sieh, Ebersburg ist noch nicht frei,
! noch ist sicher kein Wort zwischen ihm
und dem Mädchen gefallen, das er sich
dereinst in Jahr und Tag erst, Kon
radine, denn eine Scheidung geht nicht
so schnell zur Lebensgefährtin >
wünscht, und, ick kann mir nicht helfen. >
ich möchte denken, er glaubt an deine
»rnste Liebe noch nicht. Er sucht immer
noch selbstsüchtige Motive! Du selbst
bist, weiß Gott, schuld daran, nach
dem, was du in deinem Trotz und bei
ner Starrheit ihm alles darüber sag
test, als er dich das erste Mal in Wien
fortschickte, zurück zu mir, nach der Ka
tastrophe Aber wenn du jetzt
Millionen besäßest, wenn du jetzt wäh
len könntest wie damals er, und du
kämst zu ihm, nochmals treu und uner
schiittert zu ihm, dem Verarmten, der
> nicht mehr Fürst ist, jetzt, wo du mit
> solch einem Vermögen wohl einen Für
sten gewinnen könntest, und brächtest,
! ihm deinen Reichthum, das wäre doch
1 ein unumstößlicher Beweis deiner
Selbstlosigkeit, deiner wahren Liebe,
z gegen die er sich unmöglich verschließen
i könnte!"
i „Mama!" schrie Konradine auf,
, deren Herz anfing, in einem wahren
i Fieber der Hoffnung zu schlagen. „Den
z Brief! Gieb ihn her! Ja, du kannst
z recht haben! Es wäre das ja denkbar.
- Wenn ich noch einmal käme, unerschüt
terlich in meiner Liebe, immer wieder
,! und wieder, und brächte ihm solch ei
i nen Beweis meiner Aufrichtigkeit, dann
z Sie hatte, fieberhaft die Worte her
i ausstoßend, den Brief genommen und
-! aufgerissen; aber ihre Finger zitterten
t so, daß sie kaum damit zustande kam
,! und, die Decke fortschiebend, war sie
I dicht an's Fester getreten, das schei
r dende Licht zum schnellen Ueberfliegen
i des Schreibens zu benutzen.
Da sah ihre Mutter sie schwanken?
der Brief glitt mit leisem Zischlaut zur
i Erde, und Konradin' sank mit einem
r harten Aufschluchzen in den Diwan
z zurück, das Gesicht mit den Händen be
, deckend.
„Um Gottes willen, Kind! Was steht
- denn darin? Sprich doch nur, ich kann
ja mit meinen schwachen Augen nichts
. lesen ohne Glas!" stotterte Frau von
Kaiserström tief erschrocken und ge
' ängstigt, den Brief von der Erde raf
- send.
. Konradine hatte sich gefaßt,
j „Verzeih', Mama, arme Mama.
z Ach, deine Worte vorher hatten fo gol
-5 denen Tag in mir gemacht —an Wun
, der sollte ich glauben, und ich glaubte
schon! Jetzt ist es wieder Nacht ge
r worden und noch tiefere. Nicht mir
I hat Breitenfeld seine Millionen ver
z macht, sondern Ebersbürg. Mir nur
, ein kleines Kapital, genug, um anstiin
e dig zu leben, ohne Broterwerb suchen
z zu müssen. Jetzt kann ich erst recht
nichts, nichts mehr versuchen, meines
e Mannes Herz wiederzugewinnen, mir
. zurückzuerobern von dem guten Mäd-
chen, das er sich erwählt, und dem er
, nun goldene Tage bieten darf. Wie
r wird ihn der Gedanke schon beglücken,
daß er die Bescheidene, Schlichte, die
Enterbte des Glückes so nennt man
. das ja wohl nun so hochstellen kann.
daß alle Welt sie sieht und ihren Werth
erkennt. Nun, wo ich keinen Beweis
b meiner selbstlosen Liebe ihm mehr brin
> gen kann. Komm zu mir, Mama,
meine liebe Mutter. Gräme dich nicht.
, Gott ist gerecht. Einst glaubten wir
beide, aus den Höhen des Glückes zu
t stehen und es zu verdienen, und sahen
verächtlich auf die „Enterbten" herun-
ier: ach Gott, wie schlecht, wie grausam
t bin ich oft gegen Agnes gewesen und
nun sind wir die wahrhaft Enterbten,
» denn wir haben siegesstolze Hoffnungen
gehabt, und sie sind alle dahin:
>, Gott, welcher stets nach Lieb' und
Weisheit handelt,
e Macht, daß der Mensch durch rauhe
r Wege wandelt,
h Tagen
!, Nicht weiß zu tragen."
u « » «,
rNi und mich am Sonntag, d...in
Deinem Hotel zu empfangen. Die
Stunde, bitte ich Dich, mir zu bestim
men.
Es küßt Dir di« Hand Dein sehr er
gebener Ebersburg,
Montreux, Hotel des Alpes."
Konradine hatte geantwortet:
„Lieber Ebersburg!
Wenn es Dir recht ist, bitte ich, um
7 Uhr zu kommen.
Konradine."
Und nun war es Sonntag und fast
7 Uhr. In wenigen Minuten würde er'
hier sein. Eine tiefe, feierliche, fast
unnatürliche Ruhe hatte sich Konradi
nens bemächtigt. Sie lag nicht auf
dem Diwan, sondern war in Toilette
und saß neben dem Tisch, der vor dem
Sofa stand, in einem Sessel, ein Buch
in der Hand. Sie las nicht oder wußte
nicht, was sie las. Es war nur, um
sich Haltung zu geben und nicht so er
geben auf ihr Schicksal wartend aus
zusehen, wenn er eintrat.
NreitenseldS letztwillige Verfügung
die große letzte Hoffnung, die ihr je
aufgestiegen war, wieder genommen
wurde, ihrem Gatten einen unabweis
baren Beweis selbstloser Liebe geben
zu können, war der Ernst und die
Ruhe des Abgeschlossenhabens über
sie gekommen und hatte förmlich
wohlthuend und stärkend auf ihr er
schüttertes Gemüths- und Nervenleben
gewirkt. Sie hatte begonnen, mit dem
zu rechnen, was ihr zu thun nun ein
zig übrigblieb, das heißt, ihr Leben,
ihre Zukunft sich allein zu denken,
aber nicht in der bisherigen Weise, den
Lebensgenuß als Lebenszweck betrach
tend, auch nicht in stiller, ergebener
> nes bei ihrer Mutter zu bleiben und
zu versuchen, mit deren Gatten sich zu
verständigen, wie Ebersburg ihr ge
rathen, sondern einen Lebenszweck zu
suchen, einen ernsten, der natürlich
ihren Gaben und Fähigkeiten entspre
chen müßte, und zugleich durch irgend
welchen Erwerb ihr nicht bedeutendes
Einkommen erhöhen konnte, um davon
auch die nicht auskömmliche Lage ihrer
Mutter bessern zu können. Denn nur
arbeiten, thätig sein, um zu arbeiten
oder die Zahl der Helfenden, die auf
Erden ihr Glück nur im Glücke an
derer suchen, zu vermehren, dazu
fühlte sie sich kaum schon geeignet und
abgeklärt genug. Und dazusitzen und
aus Glück warten, im vornehmen
Müßiggang der Weltdame, bis wieder
ein Mann käme, ihr Herz und Hand
zu bieten, das war ihr ganz unfaß
bar, denn zum ersten Mal empfand sie
Menschen Schicksal wird, werden
muß, ob er will oder nicht, und über
die hinwegzukommen ein Ding der
Unmöglichkeit, eine Unnatur scheint.
Mit dieser Liebe hatte sie zu rechnen,
sich mit ihr abzufinden, die wie ein
steinern Denkmal unbeweglich über
dem Afchenhügel in ihrem Herzen
ragte. So wollte sie um sich her ihr
Lebensfeld bauen und darauf säen
und ernten, wie und was ihre Ver
hältnisse ihr erlauben würden. Das
mußte freilich erst erwogen werden.
Zunächst war ihre Aufgabe die denk
bar schwerste: das letzte Lösen des
Bandes, dessen Knüpfung ihr einst so
bitter schwer geworden, das sie sogar
versucht hatte, in leidenschaftlichem
Trotz- und Rachegefühl um jeden
Preis zu lösen, nicht bemerkend, wie
unter diesem wild wuchernden, er
stickenden Unkraut schon längst ganz
still und leise eine schöne, seine, grüne
Hossnungs- und Liebessaat keimte
und zum Lichte drängte und stark und
hoch emporgeschossen wäre, wenn eine
gewaltige und zornige Hand die
schwer lastende Unkrautdecke auseinan
der gerissen hätte, der zarten, jungen
Saat, die unbewußt heißersehnte Er
lösung, Luft und Licht für herrliche
Frucht zu bringen. Wohl hatte das
Schicksal die Decke hochgerissey, welche
sie selbst in müßigem Harren nicht zu
heben vermocht hatte, aber darüber
war es spät, zu spät geworden, und
als es Luft und Licht um sie ward,
da wurde es auch Abend, und erschro
cken hatte sie sich umgesehen nach der
großen Liebessonne, die am Horizont
ihres Lebens versunken war.
Es war ein stürmischer Tag gewe
sen, und der See hatte hochgehende
Wogen gezeigt. Noch jetzt, obwohl der
Abend den Sturm beschwichtigt hatte
und die schweren Wellen langsamer
und ruhiger kamen und gingen, hörte
auf das Stürmen und Wogen in
Konradinens Herz, wie daS einförmig
tiefe Ticktack einer Uhr auf erregte
Nerven wirkt.
Auf dem Tisch stand eine hohe
Lampe mit einem weißen Seiden
schirm, ein mildes, stilles Licht in
dem großen Zimmer verbreitend. Bett
Vase, die Konradinens Eigenthum
war, das letzte Geschenk Eversburgs
in Wien, stand auf dem Tisch, zwar
vor Kurzem in JstreS. Ihr Gesicht
war schmaler geworden, und eine
klare, fast kranke Blässe lag darüber,
die stahlblauen Augen ganz dunkel
ihn Menschen haben, die sich an dem
steten Ausblick auf unsagbar Trauri
ges gewöhnt haben oder gewöhnen
wollen, und der schön zu ihrer des
Farbenreizes fast ganz entbehrenden
Schönheit, die mehr durch Linien
graue, glatte Tuchkleid war kein vor
theilhafter Hintergrund für diese.
Aber ungesucht und
über in dem weißen, klaren Lampen
Thür, und Herr von Ebersbürg wur
de ihr gemeldet. Ein jähes Roth floß
rasch in die tiefe Blässe ihrer Züge,
um sie bei seinem Eintritt aber fo
rasch wieder zu verlassen und die
Schatten unter ihre Augen legte, wel
chen nur höchste Erregung furchtsa
mer Spannung so schnell zu erzeugen
elegante, sichere Weltmann, mit dem
verbindlich ruhigen Gesicht eines sol
chen, der den Salon einer ihm nicht
die aber vollkommen unvermeidlich ist.
" Irgendein Wort der Begrüßung zu
finden, noch so banal, vermochte Kon-
und überlegen, etwas nachgegeben
hatte, stand wortlos steif das Haupt
sie ihm unge
messen. Ich muß diese Nacht weiter
es verstand sich von selbst", sagte
Es war sehr schlimm für sie, daß
Brief, den sie in Jstres auf feine
bettelnd.
fühlte,
hätte."
Fassung und eisigem Stolze. „Ich bin
durch dieselbe Güte und Treue des
edelsten Menschen und Freundes in
eine vollkommen auskömmliche Lage
versetzt worden."
„Das ändert nichts an meinen Dis
positionen. Du wirst begreifen, daß
machte, ehe die Sache ordnungsgemäß
ihren Gang geht. Entweder also, Du
acceptirst die Hälfte meines Vermö
gens sowie die Breitenfeld'fche Villa
fche Dich!" befahl der Blick.
entzog ihm die Ha.id.
„Das ist das thust Du mir an,
so an, wegen meines unglücklichen
ren Sehnens voll reuig flehender
Liebe?" Ihre Stimme brach, aber sie
erstickte das Schluchzen, das ihr die
Brust zersprengen wollte. „Während
kannst Du mir alles zumuthen, die
Verpflichtung, mir die Wahl zu
lassen, Dein Lebensglück damit zer
störend und preisgebend? Oh, Du bist
sehr edel, sehr gut, sehr stolz, aber
ich will Dir nun nimmer darin mehr
nachstehen. Ich acceptire die andere
Hälfte Deines Vermögens, acceptire,
was Du wünschest."
„Gut! Dann acceptirst Du, meine
Frau zu bleiben. Denn ich wünsche
dies jetzt."
Sie starrte ihn verständnißlos an.
„Warum?" stieß sie hervor und
schob ihren Stuhl zurück, als über
käme sie ein Grauen vor diesem so
„Eben, wie Du ganz richtig sag
test, Deines offenherzigen Brieses
wegen", war die Antwort, in der ein
weicherer Ton war, als er ihn bis
her in der Unterredung gebraucht
hatte.
„Oh, Adam, wie kannst Du!"
stammelte sie in bitterer, vorwurfs
voller Beschämung.
„Weil ich dem Brief glaube, glau
ben möchte, Konradine, obwohl ich
keineswegs ganz sicher bin, daß diese
Deine jäh erwachte Liebe tiefe Wur
zeln hat, aber sie kann solche bekom
bist über alle Consequenzen unserer
Wiedervereinigung. Ich würde Dir
ein unerbittlicher Herr sein, Konra
dine, und alles, was Du warst, mußt
Du aufgeben. Dein ganzes Selbst ver
lange ich, um es zu bilden, zu formen,
zu behandeln nach meinem Guthalten,
damit eine ehrliche Harmonie zwischen
uns denkbar ist. Eine fürstliche Le
bensweise wirst Du bei mir nicht
mehr führen, nur einen einfachen,
standesgemäßen Haushalt auf dem
Lande. Du wirst nicht mehr die Her
rin über einen unbeschäftigten Mann
sein, sondern seine Hausfrau und
Gattin, die er schätzen, hochhalten,
ehren will."
„Aber nicht lieben!" zitterte es von
ihren Lippen, während zwei große
Tropfen still aus ihren Augen flössen.
Ein flüchtiges, fast mitleidiges
Wollen wir es noch einmal miteinan
der versuchen? Willst Du in Wahrheit
meine Gattin sein?"
Sie stand auf, als wollte sie zum
Fenster gehen, von ihm forttreten,
hielt inne, sah zurück, wie er so ruhig
ihrem Thun zusah, kehrte um und
kniete still neben ihm nieder, ihre
Lippen auf seine Hand neigend, ganz
Er kam ihr zuvor und legte ihr
blondes Haupt leicht an seine Brust.
„So sind wir also einig, einig über
alles, was ich Dir vorher zur Bedin
gung gemacht habe, und Gott gebe
seinen Segen zu unserem aufrichtigen,
beiderseitigen Willen, meine liebe
Frau!" fügte er mit jetzt leicht vibri
render Stimme hinzu.
! Ihr Arm stahl sich schüchtern um
seinen Nacken.
„Und die andere? Agnes, Deine
Liebe?" sagte sie bange.
.?<ch sab sie auf. als ich Deinen
Brief gelesen hatte. Und wenn ich das
nicht hätte, dann hätte ich
konnte ich sie ja nicht. Aber ich dachte
ein so liebes, liebliches Geschöpf schon
vor mir von einem anderen Mann
sie ihre Hand nicht ohne ihr Herz
geben würde. Agnes Wetterholt ist
seit wenigen Tagen mit Rudolf Rein
hart verlobt, seitdem er von mir'
wußte, daß Du freiwillig zu mir
iiber für alle Zulunft frei wußte/
Auch ihr anderer Arm stahl sich um
seine Brust schließend. I
.Bist Du nun zufrieden? Einstwei-!
len wenigstens, bis das Vielleicht
Wahrheit geworden ist?" sagte er
leise, seine Lippen sanft auf ihre.
Stirn drückend.
„Nun eins eins noch, Adam!
Ah! Ich höre ei imirer noch, das
furchtbare Wort, den unvergeßlich
tödtlichen Klang wie ein Messer
stießest Du es mir mitten in mein
weit offenes, mein Dir preisgegebenes
Herz jetzt in Jstres, als ich >
Abend» in Dein Zimmer kam: Ich j
hasse Dich! riefst Du mir
erinnert! Ich hasse Dich so tief so
tief!'
„Ja, das that ich. Aber es gibt
einen Haß, der in seiner glühenden
Kraft die schlafende Liebe überfällt,
umklammert, um sie zu ersticken, zu
tödten; aber wenn die schlafende Liebe
staunend darüber erwacht und ihn an
sieht mit ihren furchtlosen, klaren
Augen, dann flieht er beschämt über
seine wilde Rauheit, und die Liebe
slüsterte sie mit seligem
Lächeln, als sie an seiner Brust lag,
feinen starken Herzschlag fühlend.
„Vielleicht besiegt!"
«in «aunerftückchen.
Der bekannte englische Artist Wil
liam Everhart erzählt salzenden hüb
schen Schelmenstreich:
Bei einer Vorstellung in einem
Bergwerksstädtchen lieh ich mir von
einer Dame aus dem Publikum ein
Diamantenarmband, und nachdem ich
stampft hatte, gab ich es ihr unver
sehrt mit höflicher Verbeugung zu
rück. Zu meiner nicht geringen
Ueberraschung weigerte sie sich, es
anzunehmen und erklärte, ich hätte
ein falsches Armband untergeschoben
und das ihrige im Werthe von P2SI)
behalten. Ihr Begleiter unterstützte
ihre Behauptung und sie fanden einen
Juwelier im Publikum, der das Arm
band für falsch erklärte. Die Dame
forderte ihr richtiges Armband oder
P 250 Entschädigung. Drei oder vier
kräftige Burschen bahnten sich ejnen
Weg zur Bühne, und die Sache sah
böse für mich und meine Genossen
aus.
Das Publikum sah anscheinend die
ganze Szene für einen vorher ge
planten Trick an und wartete jeden
Augenblick, daß ich das echte Arm
band vom Hut oder aus der Nase
eines Zuschauers nehmen würde, um
es mit einer artigen Wendung zum
Vorschein zu bringen. Aber nur zu
bald wurden die Leute ungeduldig.
Eine Bierflasche wurde nach der
Das war das An
zeichen, daß man sich gegen uns zu
bewaffnen begann. Ich flüsterte dem
Direktor zwischen den Kulissen einige
Worte zu, und dann kündigte ich
dem Publikum an, daß ich die Dame
für mein Versehen entschädigen und
ihr die verlangte Summe geben
wollte. Darauf kam die Dame mit
ihrem Begleiter auf die Bühne und
ich händigte ihr einen Beutel mit 25<Z
Dollars ein.
Sie verließen den Saal durch den
Bühnenausgang, wo inzwischen drei
Polizisten postirt waren, die sich lie
bevoll ihrer annahmen. Man hatte
nämlich schon lange wegen verschie
dener Hotelschwindeleien nach ihnen
gesucht. WaS die 260 Dollars be
trifft, die ich der Dame ausgehändigt
habe, so muß bemerkt werden, daß eS
nur falsche Goldstücke waren, die ich
zu meinen Künsten verwendet«. Sie
wie das Similiarmband der Schönen,
welches mir eine so große Verlegen
heit bereitet hatte.
Raffinirt.
befolgen."— Meyer: „Gut, Herr Dok
tor, ich verspreche es Ihnen." Arzt:
das erste, Sie zu thun
Caf6 werden mehrere Paletots ge
stohlen. Als man endlich den Pale
totmarder erwischt hat und ihn beim
„Ja, glauben Sie, Herr Commissär,
das Geschäft ist so lukrativ, daß ich
mir einen Buchhalter halten kan»?!"
Für dir Köche.
Gefüllte Brotschnitten.
Man streiche aus Weißbrot, ohne
Kruste, runde oder viereckige Schei
ben in der Größe eines Weinglases
etwa und immer zwei zusammenge
hörig, hacke dann Fleischreste recht
fein, würze sie mit Salz, Pfeffer un!»
Muskatnuß und nach Belieben auch
L bis 3 Sardellen, vermische nun
das Ganze mit Eigelb und ganz we
nig Fleischbrühe, bringe es aus»
Feuer und lasse es heiß werden, aber
mit einem Stückchen frischer Butter
belegt und dann erkalten läßt. Hier
auf bestreicht man je ein Brotschcib
chen strohhalmdick mit dieser Masse,
legt ein anderes darauf und wenn alle
gefüllt sind, wendet man sie in v:r
klopftem, gesalzenem Ei um und bäckt
sie in heißer Butter.
Gurkensalat. Man schnedet
die geschälten, frischen Gurken in sehr
dünne Scheiben und stellt sie auf
Eis oder an einen kalten Ort. Dann
mengt man guten Essig mit einer
Kleinigkeit Salz, etwas Pfeffer, auf
jede Tasse Essig 2 Eßlöffel Zucker,
wenn sich alles aufgelöst hat, gibt
man den Beiguß über die Gurken»
scheiden, die man sofort fervirt.
ser süße Gurkensalat ist eine in Meck
lenburg beliebte Zugabe zu Bratkar«
toffel oder kaltem Fleisch.
Karottengemllse. Mair
wäscht die geputzten Karotten, legt
sie sür b Minuten In kochendes Was«
ser, nimmt sie heraus, trocknet sich
mit einem sauberen groben Tuch ab,
schneidet sie in Scheiben und gieht si«
mit wenig Wasser, etwas Salz, eine?
Messerspitze weißem Pfeffer und ei«
nem großen Stück Butter in ein»
Kasserolle, in der sie, gut
auf gelindem Feuer bei öfterem Um
schwenken weich dämpfen. Dan»
stellt man sie vom Feuer sofort au,
die heiße Herdstelle, quirlt 2 Eidott»
und I—IV- Eßlöffel feingehackte Pe«
tersilie in Pint süßer Sahnt
(oder guter Milch), verrührt etwatz
von der Karottenbrühe damit, schmeckt
ab, fügt nach Belieben etwas Zucker
dazu und schüttet diese Sauce naH
und nach über die Karotten, die nicht
mehr kochen, sondern nur noch dari»
heiß stehen dürfen. Das Gemüse muH
sofort auf erwärmter Schüssel angv
richtet werden.
Lachskoteletten. Ein
telstück Lachs (Salm), etwa 3 Pfund!
wird vom Rücken aus an den Grätet:
entlang getheilt. Bon den beides
Hälften werden Haut und Gräten entf
fernt, das Fleisch in fingerdicke Schei4
ben geschnitten, gewaschen und getrock»
net, dann oval geformt, leicht gesalzech
und gepfeffert und auf einer Porzel»
lanplatte eine Stunde in OlivenSl
marinirt. In einer eisernen Psänni
werden einige Löffel Olivenöl erhitzt
und die Koteletten darin auf beidm
Seiten in etwa 15 Minuten saftig ge«
braten. Die Sauce wird
indem etwa 2 Eßlöffel feingehackt»
Schalotten in heißem Oel leicht angeck
dämpft werden, etwas Weißwein imH
Estragonessig dazu gegossen, dies allef
auf ein Drittel eingekocht und, went
ausgekühlt, mit 3—4 Eigelb, mit deq
Schneebesen geschlagen und mit ein«
gen Löffeln Olivenöl im Wasserball
öder auf leichtem Herdfeuer zu eis»s
dicklichen Sauce aufgetischt, in dt»
nach und nach 2—3 Löffel Olivenöl
gegossen werden. Mit dem Saft ei»
ner halben Citrone und etwas SalA
abgeschmeckt, wird der Sauce
Petersilie und Estragon zugefügt unh
sie entweder über die Fleischfiücke ge
gossen, oder in einer Sauciere extr»
gereicht. Die Koteletten werden mit
Petersilie, Fischkartofseln und
nenstücken garnirt.
Spargeleier. Man schält
eine Anzahl mittelstarker Spargel,
schneidet sie in 2 Zoll lange Stücke,
kocht sie in Salzwasser weich unk»
schüttet sie zum Abtropfen in ein
Sieb. Aus etwas Mehl in Butter be
reitet man eine hellgelbe Einbrenne»
verkocht sie mit etwas von dem Spar
gelwasser, etwas Milch oder süßer
Sahne, geriebener Muskatnuß und
wenig weißem Pfeffer zu einer gut
seimigen Sauce, die man mit den
Spargeln mischt, und läßt daS Ganze
in einer Pfanne über gelindem Feuer
recht heiß werden, aber nicht zum Ko
chen kommen. Nun schlägt man 6 —Ä
Eier dazu und rührt alles behutsam
um, bis die Eier gar sind. DaS Ge
richt darf nur den Kochgrad erreichen,
die Eier werden dabei doch gar. Nun
schmeckt man nach Salz ab, das meist
noch hinzuzufügen ist, richtet alles auf
erwärmter Schüssel an und streut nach
Belieben gehackte Petersilie oder ge
hackten gekochten Schinken darüber.
Geschmortes Rindfleisch.
Man köpft ein derbes Stück Rind
fleisch von 2—3 Pfund Gewicht
(Schwanzstück) tüchtig, reibt es mit
Salz ein und macht einige Einschnitte
auf der Oberfläche, in die man gerie
bene Zwiebel und etwas Pfeffer unk»
Salz streicht. Dann läßt man es auf
allen Seiten in zerlassener, gelb ge
wordener Butter anbraten, gießt
kochendes Wasser dazu, läßt daS
Fleisch, gut zugedeckt, über gelindem
macht die Sauce nach Belieben mit
etwas in Wasser verquirltem Meht
oder mit etwas in Butter geröstetem
Mehl seimig, würzt nach Belieben und
reicht die Sauce neben dein in Schet»
ben geschnittenen Fleisch.