Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, June 23, 1910, Image 6

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    Pikseckr's Götterdämmerung.
August Piesecke .oa: sonst ein ganz
pernünftiger Mensch, bloß vor dem
Kometen hatte er eine scheußliche
«igst.
„Wenn det man jut abläuft!" hatte
«r sich ein über das andere Mal be
kümmert an seine getreue Ehehälfte
gewandt, sobald er in seinem Leib
blatt las. daß der himmlische Wel
tenbummler wieder irgendwo mal ge
achtet worden war. „Weeßte, mit
dem Ding is schließlich nich zu spa
ren; man hat doch zu ville dolle Ge
schichten davon gehört!"
„Aber Aujust," hatte Frau Minna
dann jedesmal erwidert, „Aujust, er
iwanne Dir! Wenn se nun alle so'n
Angstmeier wären?!"
„Na weeßte, det Wasser hat keene
Walken, aber in der Luft is doch, we
»igstens is det mein Jefühl, noch ville
weniger davon zu merken! Det ha'm
wa doch bei die letzten Ballonunfälle
ziemlich deitlich wahrjenommen."
„Ja doch, da haste ja janz recht,"
suchte ihn Frau Minna zu beschwich
tigen, „der Komet is aber trotzdem al
ten janz ejal. Kein enziger macht sich
wat daraus, im Jejentheil, man is
kreuzfidel; immer lustig muß die Welt
tzuj runde jeh'n!"
„Schade, daß De nich bei Hagenbeck
Ehierbändigerin bist, mit Deinem
Muth könntste 'n schönes Stück Geld
„Aujust!"
„Na, ick Wirde mir doch auch nich
Wor den Komet jraulen, wenn man't
»ich eben zu 'n bißche wat jebracht
Hätte und nu soll ver janze Klum
patsch mit einem Male noblenz ko-
Klenz zum Deibel jehen! Det ärgert
Vnir weiter nischt!"
„Wenn 't ober nu mal nich zu
lindern is?! Uebrigens" wenn
Krau Minna übrigens sagte, dann
wurde sie giftig! „übrigens, wenn
Dt nu schon mal so bestimmt dran
Llobst, det am 18. oder 19. de Welt
«ms'm Leim jeht, dann vasteh ick bloß
«ich. wie De Dich immer noch so hart
näckig der Verlobung von unsere Meta
«wtgegenstemmen kannst! Det arme
Machen heilt den janzen lieben lan-
"
„Minna, verjiß nich, det De Dir
»mter jebildetes Publikum befindest!
Km Abjeordnetenhaufe hätte Dir Herr
von Kröcher nu schon rausjefchmis
sm!"
„Ach wat! Hier führ ick det Präst-
Hnum! Und ick sage Dir nochmal, et
is ein Skandal, wie De det Mächen
Hier versauern und vertrauern läßt!
Kugend? Nischt hat se!"
jebildeter Mensch! Bei's Militär
„Minna, ick rufe Dir zur Ord
nung!"
„Hat sich wat mit Ordnung! Sei
»seit kommen däte, denn kannsie wat
erleben!"
„Nee, laß man." wehrte Herr Pie
secke ab, „ick habe schon jerade jenug
nach. wenn Theodor heite Nachmittag
kommt. Ick sage Dir, mach mir kee
«en Kummer!"
n» Thema, als den Kometen; das
wußte Theodor ganz genau.
„Haben Sie schon gelesen. Herr
Piesecke. man hat 'n jetzt gesehen, der
der Wüste Kalahari nicht
doch, entschuldigen Sie, ich meine na
türlich auf dem Tempelhofer Felde.
Wissen Sie, da ist die Luft besonders
lesen. Sagen Se mal, wat meinen
Se, ob et woll zum Klappen
kommt?"
terjeht?"
de»en Schlüsse kommen'"
„Na siehste, Minna!" triumphirte
Herr Piesecke. „Da hastes!"
Frau Minna machte ein ganz ernst
haftes Gesicht, aber innerlich froh
lockte sie. Dieser Herr Theodor schien
die Sache doch ganz geschickt zu ent
wickeln.
stein erhob seine Stimme „das ist
eben das Gefahrliche! Eben deswegen
muß man sich auf das Schlimmste ge-
Bortrage einen Augenblick inne, um
die Wirkung seiner Worte zu beobach
ten.
Herrn Pieseckes Ziige nahmen mehr
und mehr den Ausdruck der Erregung
an.
„Sie wissen doch," fuhr Goldstein
fort, nachdem er sich im richtigen
um die Sonne mit einer Geschwindig
keit von 4 Meilen oder 30 Kilometer
in der Sekunde bewegt?"
„Nee det is mir wieder entfal
len."
Herr Piefecke machte große Augen.
„In der Sekunde!" betonte Herr
Goldstein nochmals ausdrücklich.
„Na und —?"
„Ja, bitte, stellen Sie sich doch mal
vor, was das heißt: mit dieser kolos
salen Vehemenz gegen «inen Kometen
schweif anzurennen!"
Herr Piesecke wischte sich den
Schweiß von der Stirn.
„Hm, 'n Automobil is ja rein jar
„I, gar kein Vergleich! Den
fürchterlichen Krach kann man sich ja
gar nicht vorstellen. Dazu reicht un
ser menschliches Begriffsvermögen
nicht aus. Nicht wahr?"
Herr Piesecke war ganz wehrlos.
„Ja hm und is denn jar nischt
dajejen zu machen?"
„Ausgeschlossen, Herr Piesecke
ausgeschlossen! Wo denken Sie hin?
Absolut nichts zu machen!"
Herrn Piesecke perlte der helle
Schweiß auf der Stirn.
„Und Sie wollen sich woll die Je
fchichte gar noch mit'm Fernkieker an
sehen?!"
„Wieso?"
„Na, Sie haben sich doch da so'n
rundes Dings mitjebracht."
„Ach herrjeh, das hätt' ich ja um's
Haar vergessen, nein, Herr Piesecke,
das ist etwas für Sie. extra für Sie
mitgebracht: Kometenschnaps!"
„Ach Unsinn, Kometenschnaps?"
„Na, bitte, kosten Sie mal! Stärkt
die Nerven, bringt den inneren Men
schen wieder in's Gleichgewicht und
heilt auch die stärksten Anfälle von
Kometenfurcht."
„Hm Sie haben recht, nich
übel. Sie sind 'n Engel!"
„Das habe ich schon lange ge
wußt."
„Na nur nicht gleich zu einje
bildet."
„Bin ich auch gar nicht. Aber
Wenn's einem von so schönem Munde
gesagt wird —"
„Er meint die Meta," hielt es nun
Frau Minna für angebracht, in die
Debatte einzugreifen.
Herr Piesecke machte einen schwa
chen Versuch, sein Gesicht in grausame
Falten zu legen.
„Seien Sie nicht böse, Papa Pie
secke, bitte, sagen Sie nicht länger
mehr nein, stehen Sie unserem jungen
Glück nicht länger hinderlich im Wege.
Wenn wir nun doch schon einmal in
wenigen Tagen alle miteinander auf
einmal in's Gras beißen müssen we
gen des scheußlichen Kometen, warum
sollen wir mit dem schrecklichen Welt
schmerz in ein vielleicht viel schlechte
res Dasein abrücken?'. Sie sind doch
auch mal jung gewesen, Herr Pie-
H ch d L b . t
mit der wohlthuenden Wirkung des
Kometenschnapses einen tiefen Ein
druck auf das empfängliche Gemüth
des Herrn Piesecke.
„Na schön, wenn die Zeschichte denn
sowieso in 'n paar Dagen zu Ende is,
meinetwejen denn in Jottesnamen.
Wo is Meta?"
Meta, die natürlich an der Thür
gehorcht hatte, erschien mit unheimli
cher Geschwindigkeit auf der Bild
l zz l
so bestimmt is da habt Ihr
Euch!"
lichen Menschenkinder in die Arme.
„Aber det sage ich Euch," Papa
Piesecke wendete sich auf der Thür
sich darauf, Vater Piesecke!"
Am Tage des befürchteten Weltun-
tergangS fand der Verlobungsschmaus
Kometenjahr war leider nirgends
mllthlichen Geister des Weins sich all-
barmen konnte, und Papa Piesecke
ächzte und stöhnte mit. 810 ß daß
ihm nicht so vergnüglich zumuthe war,
wie dem Kleeblatt von Schwerverbre
chern, das sich zu einer schändlichen
That vereinigt hatte.
ES wurde acht, es wurde neun Uhr,
und noch machte sich nicht das ge
ringste Anzeichen des bange erwarte
ten Weltuntergangs bemerkbar. Vom
Kometen war keine Spur zu sehen.
Der Himmel hatte sich tadellos be
wölkt. Papa Piesecke seufzte, begann
zugleich jedoch frische Hoffnung zu
schöpfen, daß vielleicht durch irgend
einen kleinen Rechenfehler in der kos
mischen Ordnung der Kometenschweif
gar nicht mehr mit der Erde in Be
rührung komme und die ganze Welt
untergangsgeschichte sich als eitel
Hirngespinst erweisen würde.
Da es mochte gegenltl Uhr sein
färbte sich der ganze Himmel plötz
lich blutroth. Was war das? Papa
Piesecke erblaßte. Jetzt ging's los!
Es wurde also doch Ernst!
„Herr Goldstein! Herr Goldsteinl"
Der Angerufene war im Handum
drehen zur Stelle. Er hatte nur auf
dies Signal gewartet.
„Kommen Sie, Papa Piesecke!"
Mit diesen Worten schleppte er den
Willenlosen auf die Veranda hinaus,
wo dos feurige Schauspiel natürlich
um so deutlicher zu sehen war.
„Kommen Sie, Papa Piesecke, da
drinnen ist's für Sie entschieden zu
schwül."
Piesecke richtete sich ein wenig auf,
um den glühenden Himmel zu betrach
ten, aber entsetzt sank er wieder in die
Stuhllehne zurück, als links und
rechts von ihm im Garten ein Don
nerschlag nach dem anderen erfolgte.
„Was ist denn das?"
„Zweifellos Kometensplitter!"
„Det sagen Se so ruhig?"
Goldstein schien die Frage zu über
hören.
„Krachen thut's eigentlich famos!"
„Na. sei'n Se so gut!"
„Wissen Sie was, Herr Piesecke
trinken wir noch einen Kometen
schnaps!"
Das schien das Erlösungswort für
„Das brennt!"
Goldstein sah ihn von der Seite an.
„Nicht wahr, als ob man anfinge, in
nerlich schon so sachte unterzugehen?!"
„Um Ihre Laune möchte man Sie
Wieder ging der Höllenspektakel los.
Bum! B»m! Und dazwischen huschten
Feuergarben durch die Luft. Herr
Piesecke griff entsetzt nach seinem Ko
metenschnaps.
„Prost, Herr Piesecke! Immer trin
rung verspüren!"
Das war in der That das einzig
Richtige. Auf einen mehr oder weni
ger über den Durst, sagte sich Herr
Piesecke, konnte es ja gar nicht mehr
ankommen. Den Kater erlebte man
ja schließlich gar nicht mehr!
Und so währte es denn gar nicht
lange, da schlief Piesecke den Schlaf
des Gerechten und auch das ärgste Ge-
Bart. „Aber nun bin ich gespannt,
was eijentlich aus dem Weltuntergang
jeworden is!"
vor beklagte.
„Das ist doch keine Sache, Abends
um 10 Uhr mit Kanonenschliigen die
„Was?!" Herr Piesecke verstand erst
„Wenn ich Ihnen rathen darf, Herr
Piesecke," entgegnete Goldstein mit
großer Seelenruhe, „dann lassen Sie
das lieber sein; denn sonst gehe ich hin
und erzähle der ganzen Stadt, wie sich
ein gewisser Piesecke wegen seiner
grenzenlosen Kometenfurcht hat leimen
lassen!"
Und Piesecke fügte sich drein. Von
Hardanger Brautfahrt.
Fjords, in den winzigen Gärten am
Abhang Apfel- und Kirschbäume in
weißschimmernder Blüthe; der späte
wie eine tiefblaue Fläche flüssigen
Stahls. Der kleine Küstendampfer
gleitet in scharfer Biegung um die
Geierfelsen langsam in die Bucht.
Im frischen Seewind weht am Gas
der Kommandobrücke die schlanke,
wetterharte Gestalt des Kapitäns in
dunkelblauer Uniform.
Das Schiffchen, das einmal wö
chentlich den Dienst zwischen den sud
lichen Häfen und den Fjorden des
Nordens versieht, ist stark besetzt.
Junge hochgewachsene Burschen im
Sonntagsstaat, Bauernsöhne, Fi
scher, Arbeiter; dazwischen einige In
genieure, die an der Bergbahn arbei
ten; staatliche ältere Männer, Hof
besitzer, Bauern, die als Herren sitzen
auf altererbter Scholle; zahlreich«
junge Landmädchen mit farbigen
Schürzen, buntbebändertem Mieder,
blühende, junge Gesichter, das lichte
Haar in Zöpfen aufgebunden, die
mit farbigen Wollbändern durch
wirkt sind: lachende nordische Ju
gend!
Vom Vorderdeck klingt fröhlicher
Gesang; an einem Tisch sitzt eine
Gruppe junger Burschen, die, keck
aus der Stirn geschoben, die dunklen
Mützen der Universitäten Lund und
Christiania tragen, Bauernstudenten
aus den nordischen Kirchspielen, die
in den Ferien heimkehren, in die stil
len Thäler, in die Gehöfte und
Pfarrhäuser der Heimath. Die
Gläser mit dampfendem Punsch krei
sen in der Runde. Mit innigem Be
hagen rauchen die Burschen aus kur
zen, thönernen Shagpfeifen; laut
klingt von ihren Lippen das Skal,
geister!, der Heimath, dem blonden
Mädchen ihres Voltes, den Lehrern
und Schülern, dem Blute, dem sie
alle entstammen. Jubelnd klingt es
zu den alten verwitterten Felsen
empor, machtvoll das alte Heimath
lied „Vi elskaer". Die jungen, wei
chen Mädchenstimmen fallen ein und
über den schweigenden Fjord schallt
jugendbewußt: „Hardanger Braut
fahrt."
Abseits stehen zwei Freunde schwei
gend vorn an der Back. Thor Jan
sen, breitschultrig, eine starke, statt
liche Männergestalt, das Gesicht un
schön, aber mit einem Ausdruck kla
rer Offenheit, mit scharfer, breit
kantiger Stirn und stahlgrauen Au
seinem, edelgezeichnetem Gesicht,
aber blaß und krank aussehend, ver
braucht von wildem, unstiitein Le
manischen Blutes, für Freiheit, für
Volksschulen, für die Vorherrschaft
ihres häßlichen, altmodischen Dia
den" der Christianier Tagespreise".
Er lachte bitter. Der Freund
sieht ihn traurig an und sagt lang
sam: „So spricht Axel, der Sohn
Sörendsen Akerjhelms? Du hast
Ruhm und Ehre in der Fremde ge
erntet, so zieht dich denn die Ferne
nia und Kopenhagen meldeten uns
deinen jungen Ruhm. Inge Herr
lin schrieb an den Kunsthändler in
sie von deinen Bildern besaßen."
I Eine tiefe flammende Röthe steigt
dem andern in die Wangen. Inge
Herrlin: der Klang versunkener
Kindheitsglocken. Inge Herrlin, sei
l ne kleine Braut, wie er sie einst ge
! nannt und die er fast vergessen hat.
der« Frauen. . er senkt da»
Haupt, da er an sie denkt, unterdrückt
gewaltsam seine Bewegung und sagt
' s I h
Jansen erwidert schlicht:
„Mein Leben meldet wenig von
Ruhm und Erfolg, ich war drei
Jahre lang auf deutschen Hochschulen,
ich habe jahrelang zu den Füßen
deutscher Lehrer gesessen, ich war
ihnen dankbar für das Wissen, das
sie mir boten, aber ich wurde die
Sehnsucht nicht los, das blutende
Heimweh nach den Fjorden des Nor
dens. Ich machte mein Jngenieur
examen und bin glücklich, jetzt an
einem Kulturwerk für unser Volk
mitarbeiten zu dürfen. Ich bin als
Ingenieur bei der Regulirung der
Wasserfälle thätig. Sehr einsam
war es im Winter hier oben. Berge
und Wälder in Eis erstarrt, kaum
eine Verbindung mit der Außenwelt,
aber wenn ich verzagte, da war ei
ner, der mir half, dessen Beispiel
mir Kraft gab, Sörendfen Akerj
helm!"
„Mein Vater?"
„Ich habe ihn zuerst in Christiania
getroffen. Sie haben ihn in den
Storthinq gewählt. Sein Wille war
es nicht, aber die Fischer und
Bauern eures Kirchspiels bestanden
auf ihrem Willen und du weißt,
daß sie zäh und ausdauernd sind,
wen» sie einen Vorsatz gefaßt. So
nahm dein Vater die Wahl an."
„Er hat mir nichts davon mitge
theilt."
Er nahm wohl an, daß es dir
gleichgültig sein könnte in dem fröh
lichen Genußleben, das du im Sü
den führtest. So begegnete ich dei
nem Vater. Ich bin ein nüchterner
Mensch, Axel, gewöhnt- kühl und
ohne Begeisterung alle Dinge zu prü
fen, aber die Begeisterung erfaßte
auch mich, als ich deinen Vater spre
chen hörte. Ungebeugt und aufrecht,
trotz der schneeweißen Haare seiner
70 Jahr:, mit seiner breitkantigen
Stirn, den machtvollen stahlblauen
Augen, glich er den uralten Eichen
unserer heimathlichen Wätder. Der
harte, unbeugsame Freiheits- und
Unabhängigkeitsdrang, das alte, stol
ze Bauernblut, das Rechtsgefühl, das
kein Haar breit weicht von jenem,
was es ersaßt! und doch kein klein
licher, engbegrenzter Geist. Wie er
sprach, da wuchs er empor über sich
und über uns alle, da war er nicht
mehr der sanfte Hirt, der Pfarrherr,
der allsonntäglich in dem kleinen
Geist der Kraft das strahlende Licht,
das mit kllen Mächten der Finster
niß kämpft. Er hielt sie gut in
junger starker Ruhm verbliche vor
der Größe dieses alten Mannes
und der stillen Treue Inge Herr-
Fahrt, Gott segne dich, Axel
Abendtisch Farbiges Bau
starke, würzige Duft keimreicher
Frühlingserde. Inge Herrlin trägt
die Speisen auf: geräucherte Fische,
Axel Akerjhelm empfinden etwas
von jener Kinderehrfurcht, ein Ge
fühl, das in ihm erstorben war seit
Jahren, nachdem die Heimath, die
taufent und tausend Fäden um ihn
wob, ihn doch nicht zu halten ver
mocht hatte.
Der Alte sitzt mit dem Rücken ge
gen die Brüstung, Von dem abend
lichen Himmel hebt sich in scharier
Silhouette das weiß unibuschte Ger
manenbild ab. Er spricht vom Soh
ne und doch ist es. als ob seine
Worte andern gälten, nicht ihm
allein, sondern seiner Gemeinde, sei
nem Volke, jenen, die leben, und je
nen, die da kommen werden. Er
spricht in schlichten Worten von
der Arbeit, die geleistet ist, und je
ner. die noch zu leisten sein wird,
von der Arbeit der Erziehung eines
ganzen Voltes zu dem Bewußtsein
des Stammes und Blutes dem es
angehört. Es gelte den Kampf mit
den reinen Waffen des Geistes.
So spricht der alte Pfarrer Sö
rendfen Akerjhelm, von dem Thor
Jansen gesagt, daß in ihm der Wi
kingergeist wieder erstanden, sei, und
der junge blasse Künstler an seiner
Seite fühlt, daß er dieses Vaters
unwürdig sei. In dem alten Man
ne erblickt er das, was er in sich
selbst begraben hat. die selbstlose
Hingabe an ein Ideal und die
jünglinghafte Kraft der Begeisterung.
Axel hat nur für sich rnd seinen
Ruhm gelebt, feine Jugend aber ist
darunter zu kurz gekommen. Und
nun fühlt er, daß für ihn die alte
Kraft und Gesundheit nur noch aus
der Berührung mit der Muttererbe
stammen könnte.
Der Vater steht auf, die mächtige
Hünengestalt des Alten überragt den
Sohn um Haupteslänge.
„Ich habe noch zu arbeiten, so
werd: ich dich für heute verlassen
müssen. Ein Wort noch zum Will
komm! Ich weiß, daß unsere Wege
auseinander gegangen, daß du Ruhm
und Erfolg geerntet hast, uns aber
verloren gegangen bist. Meine
Hände vermögen dich nicht mehr zu
halten. Tausende von uns sind im
Süden zugrunde gegangen. Ver
sprich mir, daß der Sohn Söreiid»
sen Akerjhelms nicht zu ihnen ge.
hört! Du wirst wieder in die Fremd«
gehen, so will ich dir das Beste mit
geben, was unsereßäter ihren Söh
nen mit in die Ferne gaben. Ei»
Stück Heimatherde. Gehe mit ihm,
Inge Herrlin!"
„Bater!"
„Gehe mit ihm, mein Kind!"
Die Sonne ist untergegangen,
aber die Luft ist erfüllt von dem
eigenen glimmernden Licht der „wei
ßen Nächte", mit dem Sommerz-u
-ber des Nordens. Der Fjord flim
mert in weißem Silberschein. Hand
in Hand schreiten sie zum Strande
hinunter, und Inge sagt leise, wäh
rend '.hr weißes Gesicht schimmert
in dem fahlen Licht: „Ich werde
thun, wie dein Vater es gewünscht.
Ich habe so lange auf dich gewartet
und wie der alte Wikingerspruch
lautet, der seefahrende Mann trage
an seinem Herzen ein Stückchen
le, will mit dir gehen. Damit
du uns nicht wieder verloren gehen
kannst!"
Da zi-ht er sie in seine Arme und
küßt die jungen herben Lippen, er
nimmt sie an sein Herz, nicht stür
misch und begehrlich, sondern mit je
ner behutsamen scheuen Zärtlichkeit,
mit der man kostbares Gut birgt.
Vom Fjord aber erklingen helle fri
sche Mädchenstimmen durch die
Berühmtheit. Im Salon
wurde über Böcklin gesprochen. Na
mentlich seine „Todteninsel" wird in
den Himmel gehoben. „Die sollte ei
gentlich jeder haben," meinte ein Herr.
„Ach, Sic haben sie?" flötete ein
Fräulein. „Allerdings. Gnädigste!"
„Ach. wenn Sie's gelesen haben, bor
gen Sie mir's doch auch!"
Kurirt. „Meine Frau kann
es nicht lassen, meine Taschen hin
und wieder einer geheimen Visitation
xu unterziehen." Naturforscher:
„Das hatte meine Agathe früher auch
an sich; aber jetzt macht sie einen gro
ßen Bogen um meine Garderobe. Sie
hat nämlich mal in meiner Rocktasche
eine Blindschleiche gefunden."
Gemüthlich. Aufseher (zu
einem Spaziergänger): „Sie verzei
hen, mein Herr, können Sie mir viel
leicht auf einen Moment einen Blei
stift leihen?" Spaziergänger: „Mit
Vergnügen, mein Herr, hier ist der
Bleistift." Aufseher: „Danke
die Güte, mir Ihren Namen und
Ihre Wohnung zu nennen. Ich muß
Sie nämlich aufschreiben, weil Sie
folgendes Verhör: Also, liebe Fras
Tiefsinnige« aus dem Buche deS Le
bens.
Manche Mädchen laufen so viel auf
der Gasse herum, bis sie schließlich
er bläst.
„Du, die Mali hat Dich gestern
eine dumme Gans geheißen."
es nicht so genau nehmen."
Na, na! Studiosus Pump:
„Habe ich gestern Abend etwa zu
zahlen vergessen?" Kellnerin: „Ja
wohl, Herr Doktor!" „Na, da zahl'
ich morgen alles zusammen, Rest."
Verblümt. Unteroffizier
(zum Rekruten, der ein Paket mit
Wurst auspackt): „Was ist das, Hu
ber?" „Ein Gruß aus der Hei
math!" „Hat Vater mich nicht
Letztes Mittel.
erklärt?"
Fatal.
Junger Arzt: „Sie. lieber
Bedenkliche Offenheit.
K u'n d wollen Sie
für Zahnziehen haben? Können Sie
es nicht billiger machen? Es ist doch