Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, December 16, 1909, Image 6

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    Das Wsndersamt.
Sliz,e v°n Else «rafft.
Die gedruckten Hochzeitseinladun
«en waren gekommen: fünfzig Stuck
ouf Büttenpapier und mit Gold
schrift. Sie sahen sehr vornehm aus.
Es paßte sich auch sehr gut, daß
Lisbeths Bräutigam gerade da war.
als sie kamen. Der Briefträger hatte
das Paketchen Bruder H«inz auf o«r
Treppe gegeben, die verwittwete Frau
Sanitätsrath hatte es ihm sofort ab
genommen und war damit aufgeregt
zu dem Brautpaar in das Speisezim
mer getreten. ,
„Gott sei Dank ... da sind sie!
Morgen also können sie schon fortge
schickt werden."
Heinz lachte. Der Primaner lachte
immer, wenn «r von dieser übereilten
Hochzeit der Schwester sprechen horte.
Er machte gar lein Geheimniß dar
aus, daß ihm der aufgeblasene, selbst
bewußte Schwager »nicht
Abständige Schwester mit der groß
artigen Verlobung einfach überrum
pelt hatt«. Man nahm jedoch die Ulke
reien des Primaners nie ernst. Selbst
sein Grienen über die vornehmen
Einladungskarten machte wenig Ein
druck. Der Bräutigam, Herr von
Stötten, sah nur einen Augenblick
scharf zu dem Jüngling hinüber, der
seelenruhig meinte: „Ich würde die
Dinger lieber schon heute Abend weg
schicken. Mutter. Je früher, desto vor
nehmer." ...
Jetzt lachte Lisbeth auch. Und sie
fuhr gleich darauf erschrocken mit
der Hand über den Mund, als sie das
Gesicht des Verlobten sah.
„Wenn ihr meine eigenen Worte
ins Lächerlich« zieht, wcnn ihr beide
so wenig Lebensart habt, um nicht
zu wissen, daß man in besseren Fa
milien mindestens vier Wochen vor
der Hochzeit die Einladungen fort
schickt, könnt ihr mir leid thun," sagte
er tadelnd, indem er der Schwieger
mutter die Einladungen aus d;r
Hand nahm und j«de einzelne sorg
fältig prüfte.
Heinz lag bereits lang ausg«streckt
„Wenn's man bessere Sachen z»
pappen gibt, sind mir die Familien
ganz schnuppe," gähnte er.
Und Lisbeth sah plötzlich sehr heiß
und roth aus. Ihre Hand suchte zö
gernd die des Verlobten.
„Es war doch nur Spaß, Alfred!"
Er nickte würdevoll.
„Du weißt aber, daß ich derartige
Späße nicht liebe, Kindchen."...
„Ja, das weißt du doch," setzt« die
Mutter hinzu. Dabei b«ugte sich die
moderne, schlank« Figur sehr inte
ressirt über den Stuhl des Schwie
gersohns und prüfte gleich ihm die
gen."...
„Selbstverständlich, Mama, gerad:
derartige Sachen betrachtet man als
Aushängeschild der Bildung. Wenn
das nicht von vornherein einen guten
Hindruck macht, hat man in der Ge
sellschaft «inen schweren Stand. Ich
habe übrigens eine Liste meiner Ver
was?"
Die Dame schluckte.
„Ja . . . Tante und Onkel Heine-
Bruders."...
Phon?"
„Ja, das muß sein," sagte Lisbeth
„Guschi ... du bist wohl nicht
recht gescheidt, Kindchen!" sagte Ma
ma beinahe erschrocken.
„Wer ist daS . . . Guschi?" . . .
Lisbeth flocht aus den Tischtuch
„Weißte doch, Alfred. Wir hab:n
Vater war Papas Cousin."..
Jetzt lächelte Herr von Stötten.
„Also dritter Grad der Verwandt
die nicht geladen."
„Es ist doch aber auch Lisbeths
Hochzeit," sagte da Heinz vom Sofa
her. „Und was sollte denn die Wittwe
damals machen, als Onkel so plötzlich
ein Vrach-ltrl ist !«a5."...
„Halt'n Mund," sagt« die Frau
Santtdtsrath ärgerlich. „Und rangle
nicht so auf dem guten Sofa rum!
Mir ist's auch nicht angenehm, lieber
Alfred, aber ich glaube kaum, daß
wir die beiden in Südende umgehen
können. Der Gustav ist ja ein bischen
unmanierlich, aber na, was lernt er
denn als Gutsverwalter aus dem
Lande? Mein Mann hielt immer
groß« Stücke auf seinen Vater, und
Lisbeth ist beinahe in jeden Ferien
draußen gewesen bei Gärtners."....
„Ja ... fein war's immer," strahl
te die jung« Braut. „Da li«gt Hinte:
dem Haus ein ganz alter, verwilde
ter Garten . . . Obst gibt's da . . .
du, Alfred ... so dick« Aepsel! . . .
Guschi und ich saßen immer oben
auf den Bäumen, wenn sie noch gar
nicht reif waren, und bissen alle ro
then zur Probe an."
„Sag' doch nicht immer Guschi,"
ereiferte sich Herr von Stolten. „Die
ses Wort fällt mir direkt auf die
Nerven. Ich verstehe es überhaupt
nicht. Da komnit zum erstenmal mei
ne ganze Familie nach Berlin, durch
weg alt«r Atxl, und ihr nehmt auch
nicht die geringste Rücksicht darauf
und wollt Krethi und Plethi zur
Hochzeit laden. Die Heinemanns und
Famili« Schubert lasse ich allenfalls
noch gelten, die Männer sind Beamte
im Ministerium gut da kann
man nichts dagegen sagen, und die
beiden Tekphonistinnen sind trotz ih
res Berufes immerhin gebildete Mäd
chen aber diese Gärtners, dirs«
Tante Dörth« und ihr Sohn nee
ausg«schloss«n!"
Es folgte eine große Stille nach
diesen energisch gesprochenen Worten.
Die Hausfrau sah die Tochter an.
di« immer noch ihre kleinen Frans«n
zöpschen flocht, und d«r Primaner
stand ungewohnt schnell vom Sofa
auf. Er trat an den Tisch, steckt
beide Hände in die Hosentaschen und
begann zu pfeifen: „Du bist verrückt
mein Kind."...
Als er sah, wie die Stirnader des
Bräutigams bedrohlich stärker wur
de, brach er kurz ab mit der Pfeiferei,
nahm eine der Hochzeitseinladung«»
hoch und warf si« verächtlich sofort
wieder hin.
„Spart euch das Porto und den
Aerg«r für Familie Gärtner, meine
Lieben, und haut euch, bitte, weite?,
wenn ich draußen bin. Denn die kä
men gar nicht, die würden euch trotz
der hochvornehmen Einladungskarten
eine Absage schicken. Tante Dorthe
wollte bereits in diesen Tagen zu ih
r«r Schwester ins Friedrichsdorfer
Stift ziehen, und der Bauer"
Faust ein« harmlose Stubenfliege auf
dem Tischtuch todt „der Bauer
dampft mit dem nächsten Schiss als
Beamter der Neu-Guinea-Compagnie
nach der Südsee Bismarck-Archi
pel! Weißte übrigens, wo der l!«gt,
lieber Schwager?"...
knallend hinter sich zu.
„Flegel!" sagte Herr von Stolten
laut. Mit einem Ruck schob er den
Lisbeth ihre ersten Abschiedsbesuche,
then.
Mit dem hochmiithigsten Gesicht»
Lisbeth geradezu als Ideal eines jun
den Mädchens galt.
Sie öffnete selbst die Thür. In
dem kleinen, dunkkn Corridor nahm
dir! Denkst du noch an mich, obwohl
dein Hochzeitskleid beinahe fertig ist?
Na . . . schwimmst in Wonne, was?
Ich kenn' daS, Gott, Kleines, was
sind wir Bräute für begnadete Men-
Salon!"...
Lisbeth hatte ihren Hochmuth ganz
und gar ftirgessen und ihren Stolz
Namen „von Stolten" zusammenhing.
Sie sah in das glückstrahlende Gesicht
der jungen Frau, ließ sich regungslos
abküssen und blickte sich dann in dem
Ein Vertiko, ein Büfett, ein Plüsch-
Sessel und ein Diplomatenschreibtisch.
Die junge Frau verstand den Blick,
„Ja," lachte si« „so üppig wie du
kriegt's nicht jeder! Nur zwei Stuben
und Küche fürs erste . . . genügt aber
zum Glücklichsein! Na, und du?...
Wie ist dir denn nun so?"
Si« hatte die Freundin neben sich
auf das Sofa gezogen und wollte ihr
Hut und Jacke abnehmen.
„Nein" . . . wehrte Lisbeth ab,
„bitte, laß . . . ich will noch einen
Besuch heute machen, ich wollt' dir
nur Lebewohl sag«n, ehe ich fortgehe
aus Berlin."
„Das that auch bitter noth," meinte
die junge Frau. „Seitdem du verlobt
bist, habe ich dich nur einmal flüchtig
gesprochen. Wie kam denn dai so
schnell? War Sehen und Lieben «in?,
oder"... sie sprach nicht aus. Sie
lachte auch nicht mehr. Leise strichen
ihre Hände über die der Freundin.
„Wie siehst du d«nn aus? Bist dün
ner geworden ... ja, ja, Lie.. Ver
lobtsein strengt an! Aber du hast es
ja viel besser als ich, mach's erst mal
durch, zwei Jahre Sehnsucht haben
zueinander und sich nicht krieaen dür
fen" ...
„Sehnsucht haben zueinander"...
Lisbeth saß regungslos in ihrer
Sofaecke.
„Worauf sollen wir warten? Mein
Bräutigam hat seine schöne Stellung,
hat ebensoviel Vermögen wie ich" ...
„Weiß ich," lachte die junge Frau.
„Ganz Berlin ist voll von der groß
artigen Partie, die du machst. Ich
will von dir auch was anderes hören.
Wie ist dir denn nu so kurz vor d:r
Hochzeit?"
Lisbeth fühlte einen Arm um ihr-
Schulter und legte unwillkürlich den
Kopf auch an diesen Arm.
„Wie soll mir denn sein?"
Als sie das gefragt hatte, durch
lief ein Zittern ihren Körp«r. Die
Freundin hatte so seltsame Augeu,
war eigentlich an dem Lächeln?
„Nicht wahr, ganz heilig, geradezu
fromm wird man vor Glück so vor
der Hochzeit, und jeder Kuß macht
das wundersame Gefühl in uns grö
ßer, stärker."
„Welches wundersame Gefühl
denn?"
Die jung« Frau lacht« und wurde
mädch«nhaft roth.
„Schäfchen thu' doch nicht so!
Du kennst es doch sicher «btnsogut
wie ich, wenn dich dein Schatz küßt.
Darüber spricht man doch nicht wei
ter. Wenn's das nicht gäb' zwischen
Mann und Weib, könnt' man ja
Fremden und sich ihm fürs ganze
Leben am Aiiar versprechen. Meine
kleine Lisbeth, ich wünsch' dir nu:
das «ine, daß du so glücklich wirst,
standen. Was wollt« sie eigentlich
noch hier? War ihr diese Freundin
nicht Plötzlich ganz fremd geworden?
fenen Gesicht Abschied.
„Gott sei Dank," dachte Lisbeth,
Straße entlang und sah doch nichts
weiter als das strahlende Gesicht der
Freundin und hört« doch nichts wei
ter als die Worte:
„Wenn'S das nicht gäb' zwischen
Mann und Weib, könnte man ja gar
Alfred zu Tisch, wozu ihn Mutter
Tante in Südende machte. DaS war
si« ihr eigentlich schuldig für alle
Güte....
gtrstrig.
Lisbeths Freude war plötzlich wie
weggeblasen. An den blanken Fenstern
der Parterrewohnung fehlten die Gar
dinen, es stimmt« also, was H«inz
gesagt hatte.
Wnschild der Tante auch nicht meh.
!orrit.?r laut. Von irgendwo fiel de:
Widerschein rothen Feuers durch die
schnell geöffnete Thür.
LiSbeth schössen die Thränen Ins
Gesicht, so blendete das.
„Guten Tag, Guschi," sagte sie
und blickte an dem hochgewachsenen
Manne vorüber, der vor ihr stand,
„ist Tante da?"
„Guten Tag, Lisbethchen," sagle
er, ebenso flüsternd wie sie. „Hoppla,
nicht fallen! Da stehen schon meine
überseeischen Koffer. Ich dachte eben,
der Mann wär's, der sie holen woll
te."
Er wies zur Seit« in die kleine,
bereits leere Küche, wo ein heftig
prasselndes Feuer im Bratofen brann
te.
„Das ist ein Feuerchen was?
Da geht meine Vergangenheit in
Flammen auf. Bleib! nichts als Asche
Seine mächtigen Hände griffen in
den Berg von Briefen , Büchern,
Pappschächtelchen und anderm bunten
Kram und stopften davon in das
Ofenloch.
Lisbeth sah zu und hatte das Ge
fühl, als ob die rothen Flammen ''N
ihr selber brannten.
„Halt!" sagte sie unwillkürlich, aIZ
sein« Hand schon wi«der in den Pa
pierkorb griff. „Ich glaube, der roia
Kind«rbries ist von mir, verbrenn'
den nicht, Guschi.'...
Er sah sich um. Sein Gesicht war
vom Bück«n dunkelroth. Seine Hand,
die das Brieflein hielt, fiel zuckend
nieder. Die blonden, leichtgeiockten
Haart hingen ihm wild in die hohe
Stirn, die dicke Joppe aus Loden
stoff war am Halse geöffnet, so daß
man einen Theil der braunen Brust
s«hen tonnte.
„Entschuldige," sagte »r statt aller
Antwort und versuchte di« Joppe zu
zuziehen. „Da fehlt nämlich ein Ha
ken. Und Mutter, die sonst so wa->
angenäht hat, ist schon fort."...
Lisbeth wich erschrocken in den
dunklen Korridor zurück.
„Und da läßt du mich ein das
sagst du nicht gleich?! Wo ist denn
Tante?"
Der Hüne stand bewegungslos vor
trauriger Blick war das. Alle Liebe,
alle Sehnsucht, die er sein Leben lang
von niemand Abschied genommen. So
was thut alten Herzen weh. Selbst ich
soll nicht mehr rüberiommen, ehe ich
abdampfe, wir haben uns hier ge
stern Abend in aller Still« Lebewohl
gesagt. Sind ja bloß vier Jahre, di
ich mich verpflichten mußte aber,
—"bitte"
Bismarck-Archipel das ist dicht
Er half ihr.
„Das ist am Ende der Welt ja,
„Mit ihren Frauen?"
die Hand aus, die so schwer war, als
Körper festhielt.
„Ich muß doch wohl jetzt gehen,
'""und"ich?"^"^'
Da lächelte sie.
„Du darfst mir zum Abschied den
wolltest, Guschi. Weißt du noch, zu
Pfingsten? Aber da lag doch wirklich
„Ja gespielt, Lisabethchen. Nun
hüte dich!"
Er beugte sich, küßte ihre ausge
streckte Hand und sah dann hilflos
auf den lächelnden Mund. Als die
nen Lippen, konnte er gar nicht an
ders: er küßte ihn...
Das Lächeln erstarb unter diesem
Kusse. Ein wunderbar Erbeben durch
flog den Mädchenkörper ...
„Lisbeth!" schrie der Mann auf,
als er die leichte Gestalt in seinen
Armen Wanten sah.
merte sich in jäher an ihn
fest, sie weinte, sie lachte, sie bog sei
nen Kopf noch mehr zu sich herunter
und legte wieder und wieder die Liv
„Hilf mir doch, Guschi . . . hilf
mir doch!" schluchzte sie.
„Ja, aber Lisabethchen um
Gottes willen, wenn ich nur könnte,
ich thät's ja so g»n! Wozu soll ick,
dir denn helfen?" fragte er erschüttert.
Aber er brauchte wohl keine Ant I
wort mehr, als er ihre Augen sah.
Wie ein Sieger hielt er sie fest und
führte sie sorgsam in den verwilder
ten Garten, in dem er sie ein Weil
chen mit dem Wundersamen, da«
plötzlich in ihr Leben gekommen war,
allein ließ. Als er dann in Hut
und Mantel wieder aus dem Hause
trat, lief sie ihm entgegen, wie sie noch
gengelaufen war.
Arm in Arm schritten sie durch
die Straßen, fuhren gemeinsam nach
Berlin zu Lisbeths Mutter und wuß-
Ober-Berli«.
b«rt.
Vor acht Tagen erhielt ich einen
blau geränderten Brief; sowohl das
Eouvert wie der Briefbogen zeigten
einen dunkelblauen Rand. Da stand
, geschrieben:
„Geehrter Herr! Wir brauchen Ih
ren Rath und Ihr« Mitarbeit in
wir Sie bitten, uns zwischen 9 und
12 Uhr Vormittags aufzusuchen?
Wir werden Ihnen dankbar sein.
Hochachtungsvoll Laura Eisenhardt,
Direktrice der Berliner GründungS-
Eentrale."
Diese „Centrale" befand sich in der
Potsdamer Straße. Und ich ging
natürlich hin, da ich sehr neugierig
in dem «ine junge Dame vor einem
großen Schreibtisch saß.
„lch danke JHnen," sagte sie
Ben Sie sich einen gut?n Kognak ein.
Es steht alles vor Ihnen. Sie müs
sen sich ein wenig stärken, denn was
wie ich sollte.
„Ich bin sehr neugierig!" sagte ich.
„Es handelt sich," suhr die Dame
fort, „um einen kleinen Riesenplan,
dessen Ausführbarkeit aber nicht im
Reiche der Unmöglichkeit liegt. Wir
leb«n ja in einer so lebhaft bewegten
Zeit, daß der Boden für wirklich
großzügige Unternehmen gar nicht so
schwer aufzufinden ist. Wir wollen,
um es kurz zu sagen, ein Ob«r-Berlin
schaffen. Sie verstehen mich natür
lich noch nicht. Aber Sie werden
gleich so weit sein. Wenn Sie Ber
lin von der Gondel eines Luftballons
betrachten, so merken Sie gleich, daß
alle Straßen von Häusern
nicht bebaut sind. Lachen Sie nicht.
Die Geschichte ist mir eine sehr «rnste
Angelegenheit. Ich meine natürlich
nicht, daß wir jetzt die Straßen ebenso
bebauen wollen, wie das andere Bau
terrain. Aber ich habe mit vie
stellt werden. Und Ober-Berlin
werden. Wollen ie das bezwei-
Steuergeschicht« in diesem Sommer
werden weile Kreise sehr in Unruhe
gerathen, und es könnte vorkommen,
daß die Zahl der Geld- und Arbeits
losen 'n Berlin zu groß werde»
könnte. Da heißt es nun: die Auf
merksamkeit auf neu« große Unter-
kann, nicht wahr?"
„Freilich!" erwidert» ich lebhaft,
i „über ein Ober-Berlin kann man
! ten Glasdächern, Säulenarrangements
für Beleuchtungszwecke, Lufthäfe»
, und Bahnhöfen neuester Konstruktion.
Alles Dachartige muß so großartig
gebaut werden, daß es von der Bal
longondel aus einen imposanten An
> blick gewährt. Hier haben natürlich
> die Architekten zu zeigen, was sie
> können. Und man muß auch im
' Auge behalten, daß später eine archi
tektonische Ueberbauung der Dächer
St"dt köstlichste
! sehen werden. Dann wird der ge
.! sammte Luftschiffverkehr in Ober
, Berlin eine glänzende Centrale er
halten. Die Sache ist durchaus nicht
so schwierig durchzuführen, da wir
. ia mit diesem Kolossalunternehmen
soziale Gefahren beseitigen oder doch
abschwächen könnten. Si« verstehen
wohl, wo ich hinaus will. Der Staat
selbst die Regierungskreise
müssen für diese große Idee gewon
. nen werden. Und sie sind zu ge-
Winnen, wenn wir ihnen klar machen,
, daß dadurch die Wirkung der unseli
gen Steuern abgeschwächt wird. Und
, so werden wir im Handumdrehen
im Besitz« von großen Geldern sein,
die uns die Ausführung dieses Rie
senplanes womöglich schon in diesem
Jahre ermöglichen. Nun liegt uns
natürlich zunächst daran, durch richtig
geschriebene Prospekt« Staat und
Stadt in Mitleidenschaft zu ziehen.
Wollen Si« die Güte haben, dies«
Prospekte zu schreiben?"
„Selbstverständlich!" sagte ich und
goß mir den dritten Kognak ein.
„Ich werde," sagte Laura Eisen
hardt lächelnd, „Ihnen gleich einen
kleinen Vorschuß zahlen," und sie
legte zehn Tausendmarkscheine vor mir
einzeln auf den Tisch.
Ich dachte natürlich gleich:
„Wenn sie nur echt wären!"
Ich untersuchte jeden Schein ein
zeln ganz genau, da ich diese Scheine
sehr gut kenne und überzeugte mich
sehr bald, daß auch nicht ein einziger
falscher Schein dabei war.
„Der Vorschuß ist so glänzend, wie
das ganze Ober-Berlin!" sagte ich
lachend, steckte die Scheine in meine
Banknotentasche zu den Hundertmark
schnnen, die darin waren, goß mir
noch einen Koogak ein, trank ihn aus
und erhob mich.
„Meine Gnädige," sagte ich, wäh
rend ich der Dame die Hand küßte.
»Sie werden von meinen Prospekt«»
ebenso entzückt sein wie ich es von
Ihrer wahrhaft hervorragenden Idee
bin!"
Danach verließ ich Laura Eisen
hardt. Ich wollte noch fragen, od
sie verheirathet sei, ließ das aber, da
die Frage doch falsch gedeutet werden
tonnte. Laura hatte prächtig« weiße
Zähne, braune Augen und röthliche
Haare.
Im zweiten Vorzimmer kam der
Portier auf mich zu und sagte flü
ernd:
„Mein Herr! Sprechen Sie kein
Wort, wenn Ihnen Ihr Leben lieb
ist. Aber geben Sie gefälligst sofort
die zehn Tausendmarlschein« heraus."
Ich machte natürlich ein sehr ver
dutztes Gesicht. Aber da kamen die
vier anderen Diener mit langen Brow
ning-Pistolen und- hoben diese lang
sam in die Höhe dazu wirkten
die langen blauen Mäntel sehr im
posant. Ich aber griff in meine
Rocktasche und holte die zehn Tau
sendmarkschein« hervor und gab je
dem der fünf starken Diener zw«
»on diesen glänzenden Scheinen.
Danach verbeugten sich di« starken
Diener und d«r Portier sagte listig:
„Mehrere Geheimpolizisten folgen
Ihnen und werden Sie nicht «inen
Augenblick unbeachtet lassen. Wir
rathen Ihnen also: gehen Sie ja
nicht auf ein Polizeibureau, es könnte
Ihren Tod zur Folg« haben. Sie
werden sehr bald Weiteres zu hören
bekommen. Gehen Sie nach Hauje."
Ich ging nachdenklich zur nächstes,
Elektrischen und fuhr nach Hause. A»i
Abend erhielt ich wieder einen Brief
mit blauem Rande da stand:
„Geehrter Herr! Verzeihen Sie
einer Dame, die sich langweilte, den
kleinen Sch«rz, den ich mir erlaubte?
Die Diener handelten in meinem
Auftrage. Ich v«rreife. Schreiben
Sie eine Geschicht« über die Grün
dung. Hochachtungsvoll bin ich Ihre
Laura Eisenhardt, Direktrice in ei
nem C'chuhwaarengeschäft."
Drei Depesche«.
Eines Nachmittags trat eine jung!
von und riß «s dann sofort entzwei.
Darauf wurde ein zweites Formular
ausgefüllt und erlitt Schick^
dies geschehen war. und die Absende
rin sich entfernt hatte, las der Be
amte aus Neugier die beiden zerrisse
nicht, mich wiederzusehen."
dritte hatte diesen Wortlaut: „Komm'
sofort. Nimm möglichst den nächsten
Zug. Antworte."
Mißverständnis.
erfreut Meier!"
Müh« können Sie sich sparen. Bei
den Mund!"
nehmen wir am besten was von
Supps!
Die Zeichnung.
Kniff kennt, füllt die Flasche schnell
werden. Er verspricht, den
Aufirag bestens zu erfüllen, und
macht sich gehorsam auf den Weg. Wie
er aber zurücklehrt, ist gerade der Di
rektor im Zimmer in einer geschäft
lichen Unterredung. Rathlos. den
Gegenstand seiner Sendung wohlge
füllt in den Händen, glotzt der Junge
den Ingenieur an. Dieser sagt ne
benhin mit einer leichten Handbewe
gung: „Leg' die Zeichnung dort auf
den Tisch!" Da bricht der Bursche
in Todesängsten in die Worte aus:
.Ja, 's is awwer ieen Stöpsel
d'rusf!"