Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, July 08, 1909, Image 7

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    Im Strudel der
Großstadt.
Roman von E. ttrickeberg.
(7. Fortsetzung.)
ken, daß Anna - Maria auf irgend
«inem Gebiete künstlerisch thätig sein
müßte, nicht losreißen. Ihr« ganz«
Art hatt« etwas stilvoll Künstlerisches,
und während er ihrer weichen, vollen
die Idee, daß sie sicherlich sehr musika
.Sie irren auch diesmal, Herr Ba
ron, ich besitze auch die Kunst des Ge
sänge» nicht wenigstens nicht da»,
gen ein wenig singen und musiziren
da» ist alle», was ich vermag. Ich
bin schon seit einer Reihe von Jahren^
Angenehme neben dem Nothwendigen j
oft recht herzlich wenig Muße. Sie
Hann!, daß ich bin!
Ich fürchte, er ist mit falschen Voraus
setzungen an die Bekanntschaft m:t uni
herangetreten."
„Ich wüßte nicht, Iva» diese neben
sächliche an der Persönlich
keit der Anna - Maria Seidelmann
ruhig. Soltei dagegen protestirte leb
haft und ganz erschreckt.
„Wie können Sie das denken, gnä
diges Fräulein, ich bin tief unglücklich,
daß Sie meiner harmlosen Bemerkung
eine solche Auslegung geben! Der
einzigartige Charm, der Sie umgiebt,
die Atmosphäre, die man in ihrer Nähe
athmet —" er verhaspelte sich, fühlte
selber mit Beschämung, wie unange
bracht dergleichen ihm so geläufige
Kompliment« diesem jungen Mädchen
gegenüber waren, fand aber nicht gleich
aus dem Labyrinth, In das er sich hin
eingeredet hatte, heraus. „Lassen Sie
mich ein etwas abgedroschenes Wort
gebrauchen," schloß er. „Das „Stil
volle" Ihrer ganzen Persönlichkeit
schien mir darauf hinzuweisen, daß
Sie selber sich nothgedrungen auch
künstlerisch bethätigen müßten."
Hans lacht:. „Es gibt nicht nur
ausübende Künstler, mein lieber Alex
ander, sondern auch Künstler der Em
pfindung." Die Verwirrung Solteis
amüsirte ihn. Es sah dem gar nicht
ähnlich, sich durch irgend etwas in Ver
legenheit bringen zu lassen. Anna-
Maria mußt« doch also wohl einen
großen Eindruck auf den verwöhnten
Kavalier gemacht haben. Er war ganz
stolz auf feine Freundin.
Auch die Frau Pastor lächelte. „Ich
denke, wir sind In diesem Augenblick
schlecht und recht als Menschen beisam
wlr Im gewöhnlichen Leben Künstler,
Osftziere oder ganz bescheidene Beamte
Als die Damen aufbrachen, litt die
Frau Pastor nicht, daß die Herren sie
weiter als bis zum Ausgang des Parks
begleiteten. Man verabschiedet« sich
herzlich, und Hans versprach Seidel
manns einen Besuch für einen ter
nächsten Tage.
„Sie scheinen recht häufig bei dm
Damen zu verkehren/' meinte Soltei
sie zu ihrem Tisch zurückkehrten. „Wie
> ist denn „Polly" mit dieser Konkurrenz
«inverstanden?"
HanS sah den Freund betrosffen an.
»Fürchten Sie, daß ich mein Training
vernachlässigen könnte? Dann
möchte ich doch lieber beizeiten zurück
treten."
„Das haben Sie natürlich schon
wieder krumm genommen! Sie sind
jetzt empfindlich wie eine Schnecke, so
bald man die antippt, zieht sie sich auch
schleunigst in ihr Haus zurück. Es
war eine Neckerei und kein Vorwurf,
mein Lieber, und es Ist doch wohl am
End« selbst für den feit einiger Zeit
den Prüden markirenden Orthmann
keine Schande, wenn Jemand an
nimmt, daß er sich mehr für eine schöne
Frau als für einen Gaul interessirt."
Hans schüttelte lachend den Kopf.
Er verstand den Freund.
„Sie sind mit Ihren Kombinationen
heute entschieden unglücklich, Alexan
der! Der Verkehr mit meinen guten
Seidelmanns hält mich von keiner
Pflichterfüllung ab."
„Ach so! Er ist natürlich durch
aus harmloser Natur! Hm da
rum hat man selbst seinem Intimus
diese so plötzlich aus der Versenkung
aufgeiauchte alte Freundschaft verheim
licht."
„Sprechen Sie sich deutlicher au»,
Soltei. Ich kann nicht dulden, daß
die geringste Unklarheit über meine
Beziehungen zur Familie Seidelmann
herrscht."
Augen nicht Grund h„ben, die braunen
zu segnen! „Anna - Maria" und
.Hanni" das klingt vertraulich ge-
Jhre Zukunft gedacht! —" Es scheint,
.Deruhigen Sie flch, Alexander! Ot«
wohl ich mich glücklich schktz'.n würd«,
Anna - Maria mein nennen zu dürfen,
wird dat nicht geschehen. Wir sind
seit unserer frühesten Jugend vi«l zu
qute Freunde, um uns ineinander ver
.Auf Ehre?"
„Mein Wort darauf! Aber Sie
diese Enthaltsamkeit etwas einbilde!
ehrt fühlen."
würde ich von vornherein jede Hoff
nung auf Ihre militärische Laufbahn
aufgeben."
HanS sah ihm aufmerksam in'S Ge
sicht. Das hatte ja ordentlich feierlich
geklungen. Es war doch sonst nicht
SolteiS Art, sich vom Anblick eines
schönen Mädchens zu Ueberschwäng-
Natur.
! „Donnerwetter, ist daS ein Mäd
chen!" fuhr Soltei fort. „Eiqentlich,
! HanS, sind Sie ein ich weiß nicht,
ber Alexander."
„Soll das ein Beweis von Miß
trauen sein?"
„Nein, wahrhaftig nicht, lediglich
ein Gebot der Klugheit ist's! Anna
mütterlicher Obhut, der Welt sehr we
ten Sie selber auch die edelsten Absich
ten damit verknüpfen."
„Ich habe mit Anna - Maria kürz
lich dasselbe Thema verhandelt: Skla
ven sind wir allisamnit, auf diese oder
jene Weis« aber «S siebt zu hoffen,
daß der Lebemann Sollei diese Tyran-
Es aibt mehr schöne Mädchen auf der
Welt, Alexander! DaS wissen Sie ja
am allerbesten."
doch innerlich nicht bei der Sache.
Plötzlich sagte Hans, sein GlaS voll
goldigen Weins gegen das Licht hal
schixrer, alter Rheinwein, tristallklar,
lauter, algeklärt, echt bis in'l Mark
dabei kühl von außen, daß man st« fül
temperamentlos halten könnte.
Der Rheinwein will langsam und mit
Verständniß genossen sein, aber dabei
kann «s einem Passiren, daß «inem ein
Rausch zu Kopfe steigt, ehe man «S
merkt."
„Hat dieser „Rheinwein" vielleicht
blaue Augen?" fragte Soltei.
Hans lächelte vor sich hin. Er ant
wortete nicht.
„Heiliges Kanonenrohr! Die
spuken also wahrhaftig noch bei Ihnen!
Gott stehe Ihnen in Gnaden bei!"
Aber In seinem ehrlichen Schreck
iib«r diese Entdeckung empfand Soltei
X.
Gräfin Anastasia EinHardt von
Kaltenbergen bewohnte eine große
Zimmerflücht auf dem Kursürsten
damm. Sie stammt« au» einem alten
fsürstengeschlecht, da» im Südosten
Rußlands reich begütert war.
gestanden hatte.
Sie beherrschte ein halbes Dutzend
Sprachen fließend, war in Phllosovhie
wußte genau In der Volksökonomie und
Soziologie Bescheid, politistrte gern
und vor ihren diplomatischen Kennt
nissen und Fähigkeiten hatte selbst der
gewiegteste Staatsmann Respekt. Da
für aber gingen ihr auf anderen Ge
bieten der Wissenschaft oft die elemen
tarsten Kenntnisse ab und ihr Charak-
Philosophie beeinflußt.
lich gutmüthig war und schrankenlos
im Wohlthun, so brachte sie dieser
Zwiespalt ihres Wesens oft in die un-
Prinzeß Mentschikofs, ist russisch, die
Frau.
kurz vor dem zurückkehren, da
gestellt sein.
Zimmer hatte schwere ge
schnitzte Elchenmöbel, einen riesengro-
Kugel in R.ßland erbeutet hatte.
„Mit dem künstlerischen Pro
gramm wären wir also fertig", sagte
die ältliche Komtess- Mechthild von
Bucherierger, ,wk kZnMnl mm
.Bitte", unterbrach Gräfin A-a
-stasia, die in ihrer pelzbesetzten Kaza
b«ika auS rothbraunem Samt
im Hiuse trug sie stets Gewänder -on
russischem Schnitt wie eine
tenplatz thronte, „ich möchte gern noch
für die kleine Melitta von Hochspitz
Die Damen warfen sich verstohle-
Blicke zu u: d die Aelteste unter ihnen,
Baronin von Söldenschloß, sagte mit
vorsichtiger Reserve
„Aber meine liebe Anastasia, Fräu
erdacht werdcn", entschied Gräfin
Anastasia.
Bricklett übernimmt das Arrangement
gewiß, er selber spielt ja Mandel'..:.
Da hinein würde die Kleine mit ih-
S ch 'st sch b'ßch
abgedroschen aber meinet
wegen," pflichtete Anastasia bei. Und
man ging nun zur Berathung d«r in
offiziellen Hälfte Festes über. Die
verschiedenen Buden und Verkaufs
stände wurden den Damen, die sich
dazu gemeldet hatten, zugeteilt.
„Das Champagnerzelt könnt: vie
leicht Ihre Nichte, Fräulein vom Berg,
zusammen mit meiner Tochti unter
meinem Schutz Umnehmen," schlug
die Gräfu Bertha von Lachwitz vor.
Sie wie ihre Todter waren berühmte
Schönheiten in der Gesellschaft. Viel
leicht wollte sie der Gräfin ein
Pflaster auf die Wunde legen,
wenn sie ihrer Nichte einen Platz
meistbesuchte des Festes sein würde.
Aber Anastasia faßte die Sache anders
„Meine Nichte?" fragte sie im schrof
fen Ton, „Sie treiben > ohl
Ihren Scherz mit mir? Soll Doret
te als Aschenbrödel neben Ihnen
Unsinn, sonst kommen wir ja nicht
zum Ziel. Ich glaube nicht, daß
Dorette persönlich Werth darauf legt,
überhaupt beim Fest in irgendeiner
offiziellen Eigenschaft zu debütieren,
aber wenn sie nicht mitmacht, würde
es wieder heißen: na ja, der alte
Drache gönnt ihr das Amüsement
nicht! Liebe Gräfin, entrüsten Sie
sich nicht, man t ja doc! nicht 'in',
Also meine Nichte
im Zigarreten- oder Blumenzelt wir
ken. Dazu eignen sich nur muntere,
flotte, pikante und hübsche Damen,
Dorette ist weder hübsch noch munter,
pikant schon gar nicht, nicht mal in
teressant: sie ist überhaupt mehr fürs
häusliche Leben zugeschnitten, als für
.Aber liebste, Sie thun Ihrer Nich
d«s Mädchen, so klug . . . ."
Blicks in dem deutlich stand: .Ist sie
nicht wirklich eine Drach«?" Dann
meinete Komtesse Mechthild von Bu
chenberger, die von etwas schwärmeri-
Herzlich: „Diese Mechthild! ist
werden, wenn wir ste ungeschoren He
tzen; aber wie gesagt, ste soll und
muß mitwirken und dann mag sie
meinetwegen weissagen oder Näsche
reien verkaufen, das ist mir einer
lei .. . Nur für griechische Gewänder
bin ich nicht! Ich werde Dorette in
das kostbare Prunkgewand einer vor
nehmen Kleinrussin stecken, das wirkt
fremdartig und paßt für so etwas
Ausgefallenes, wie das Weissagen,
ganz vorzüglich, ist auch nicht stil
widrig, denn in den Dörfern im In
nern Rußlands trifft man oft ge
nug auf Frauen aus den besseren
Ständen, die sich irgendeinem phan
tastischen Unfug mit Leib und Seele
ergeben haben."
Wenn die Damen mit dieser Auf
fassung der Gräfin nicht einverstanden
waren, so hüteten sie sich doch, es nie»
ken zu lassen. Man besprach die
weiteren Angelegenheiten und der
Vormittag war schon weit vorgerückt,
als man sich zum Aufbruch anschickte.
Anastasia langte nach ihrem Stock,
den sie, die vom Zipperlein geplagte,
stets in Greisnähe neben sich hatte,
um sich mit seiner Hilfe schwerfällig
zu erheben, zuckte aber beim bloßen
Versuch schmerzvoll zusammen. Auf
ihr ungeduldiges Läuten erschien so
fort Dorette.
„Meine Nichte wird Ihnen die
Honneurs machen, meine Damen, da
ich alter Krüppel nun einmal dazu
nicht imstande bin."
Als sich die Thür hinter den Da
men geschlossen hatte, trat Steinrücker
von der entgegengesetzten Seite ins
Zimmer. Er war schon seit einer
halb«n Stunde anwesend und hatte
Dorette Gesellschaft geleistet, d. h.
sich mit ihr gelangweilt, wie er es
auffaßte.
Gott, diese Landpomeranze! Da
saß ste über eine komplizierte Sticke
rei gebeugt, sprach über Kunst, Litera
tur und sonst noch etwas, allerhand
sehr gescheite Sachen, fragte theil
nahmsvoll nach den Leiden und Freu
den seines Berufs wie hausbacken
und befaß sogar die Geschmacklo
sigkeit, sich und alles mit dieser küh
len Ruhe . . . „der schönen Harmonie
ihres Wesens" wie Vetter
hätte gewiß nicht so ruhig bei ihr
ausgehalten, bis die Tante Exzellenz
frei war, wenn er nicht dringend
hätte.
Handlung mit den Damen und die
plötzliche Attacke ihres Leidens hatten
sie übellaunig gemacht.
Blick sein Gesicht streifend. „Du siehst
te er sich und sagte im Tone eines
gutmüthigen Vorwurfs: „Sie wis
sen doch, liebe Tante, daß mir dies
Wohlthätigkeitsfest auch noch «ine
Menge Arbeit aufbürdet."
„Dies Fest", sagte sie brüsk, „wächst
zu amüsieren, damit arme Leute Sup
diefe unnütze Menge Geld, die zum
Fenster hinaus geworfen wird, damit
ein paar lumpige Mark erübrigt wer
den. Was ist das alles für ein Wi
dersinn."
„Sie machen doch aber mit, verehrte
Tante?" konnte er sich nicht enthalten,
einzuwerfen.
„Natürlich!" fuhr sie ihn an, „ar
rangirt habe ich's 'ogar, weil die
Buchenberger, die Lachwitz, die Söl
denschloß, die Hospitz und die andern
alle kaum eine lumpige Mark heraus
rücken würden, wenn nicht ein biß-
Sien Amüsement für sie dabei abfiele.
So geben sie mit leichtem Herzen
Hunderte für die Ausstattung ihrer
Buden allein hin und fetzen ihren
größten Ehrgeiz darein, recht viel für
den ArmenfondS abzuliefern."
"h Atlinta versp chen
„Wo oerbringst du denn jetzt eigenr.
lich deine Abende?" fragte sie scharf.
„Keiner sieht dich oder will dich a«-
doch nicht allen Ernstes glauben ma
chen. daß du über deinen Bücher«
sid-st ber stx x
eine unangenehme Ueberrafchung auf
seinem Gesicht spiegelte. .Wenn
Sie wünschen, Tante . .
Ihr inquisitorischer Blick heftete sich
Weise auf sein Gesicht. .Das klingt
»Aber nein, Tante, ich meine nur
ich fürchte, Dorette wird selber
nicht sehr entzückt von meiner Beglei
gen wegzuscheuchen.
Dorette trat in diesem Augenblick
wieder inS Zimmer und meldete, daß
kommen aus.
.Natürlich wieder eine Bettelei/
sagte die Gräfin mit einem Seufzer,
.aber dann laßt sie in Gottes Namen
ein; ich übe das Wohlthun heute gleich
ten vorhin und jetzt wahrscheinlich mit
recht realer Münze. Geht einstweilen
nach dem Salon hinüber."
Eine blasse, in schäbige schwarze
Gewänder gekleidete Frau trat ein; in
ihrem Gesicht war wie mit scharfem
losen Leidens eingegraben. Was im
mer die Frau that und sprach, dieser
Leidenszug wich nicht von ihr und
ihre Stimme hatte den sanften vi
brierenden Ton einer in alles ergebe
nen Dulderin.
Solche larmoyanten passiven Gesich
ter und Stimmen haßte die Gräfin,
an der alles thatkräftiges Leben war.
Es war übrigens so, wie sie vermuthet
hatte, die Fremde suchte ein« Unter
stützung nach. Sie gab eine de- und
wehmüthige Schilderung ihrer Leiden
zum besten. Es war eine Geschichte
hirzerbrechenden Elends, aber sie floß
ihr wie etwas auswendig Gelerntes
vom Munde, und die Gräfin, als gut«
Menschenkennern, hatte die Empfin.
Dung, als ob die Thränen, die all
minchen Stellen der Erzählung der
Frau flössen und das unterdrückte
Schluchzen hin und wieder, ebenso
auswendig gelernt waren, wie die
Worte.
Sie hätten ehedem ein Gut besessen,
berichtete die Frau von Schebnitz, aber
Mißernten und Unglücksfälle unter
dem Vieh hätten sie in eine schwierige
Lage gebracht. Um ihr Unglück voll
zu machen, hätte sich ihr kindlich gut
müthiger Mann dazu überreden lassen,
für «inen Freund eine hohe Summe
Bürgschaft zu leisten und sie zahlen
müssen. Das Gut sei ihnen genom
men worden und mit leeren Händen
hätte man sie gehen heißen. Sie seien
nach Berlin übergesiedelt, ihr Mann
habe alles versucht, sich durchzubringen,
selbst als BersicherunaSbeaintei!
ihr adliger Stand setzte ihnen doch eine
Grenze, über die sie nicht hinausgehen
dürften. Schließlich habe ihr Mann,
von Kummer und Aufregung zerrüt
tet, einen Schlaganfall erlitten, wäre
nun schon seit Jahr und Tag gelähmt
und müßte im Rollstuhl gefahren wer
den. Zum Beweise der Wahrheit ih
rer Worte präsentirte sie das Zeugniß
eines Arztes. Sie hab« mit dem
Kranken vollauf zu thun. Augen
blicklich sei die Noth so groß bn ch
dem armen Kranken die nothwendigste
Arznei aus der Apotheke zu besorgen.
be sie sich überwunden und das erste
Mal die Zuflucht zum Bitten genom
men. Die qnädiaste Gräfin sei
wegen ihrer Wohlthätigkeit bekannt
und von einer Standsgenossin dürste
sie doch zu allererst Mitleid und Ver
ständniß für ihre v«r,weifelte Lage er
warten. Sie wollte kein Almosen,
sondern nur ein Darlehen von fimf
Mark bis zum Ersten, dann wollte sie
die Schuld aus der Familienrente^von
(Fortsetzung folgt.)
daß so viele Wachtposten da an der
Mauer stehen?" Wärter: „Die ste
hen bloß da. damit uns die Kerle, die
Offen. Lisi: „Frau Miillel
hat nach Ihnen wahrend Ihrer Abwe
senheit gefragt, gnädige Frau!" --
Gnädige: „So? Gott sei Dank, daj
ich nicht zu Hause war!" Lisi: »Ja
das hat Frau Müller auch gesagt!"
Für die Küche.
Blumenkohl - Salat. De»
gut gewässerte und geputzte Blumen
len, mit einer Sauce aus zwei mit
etwas Salz, Oel, Essig, Brühe unl»
Pfeffer, nach Belieben auch Zucker
verrührten Dotter gemischt. j
KalbSlunge n h a ch i s mit
Reis. Die weich gesottene, ausge
kühlte Lunge wiegt man zu einen»
Hachis, dämpft sie mit Zwiebel un>»
Petersiliengrün in einem Stück Fett
od«r Butter ab, giebt hellt Einbrenn«
daran, füllt mit Fleischbrühe auf,
säuert mit Citronensaft und richtet
das Hachis in einem trockenen gedün
steten Reisrand an.
Rindfleisch auf ostpreu»
Bische Art. Ein Pfund Rind
fleisch wird geschabt, ein paar
alte Semmel in der Universal-Reib
maschine zerrieben, Ei und ein
Stückch«» geräucherter Speck hinzuge
than und die Masse nach Belieben mit
Zwiebel, Schnittlauch oder Petersili«
abgeschmeckt. Dann wird ein Reh
rücken darauf gejsrmt und mit dem
übrigen halben Ei bestrichen, dann
gut gespickt, mit Semmel bestreut und!
in eine Brühe gelegt, welche aus txT
Abgängen mit Wurzelwerk gekocht
wurde. Dieselbe muß etwa 4 Tassen
köpfe voll betragen. Der Brate»
wird immer mit brauner Butter be
gossen und im ganzen eine Stund«
lang gebraten. Man reicht ihn mii>
gebratenen Kartoffeln und Salat. ,
Gebackener Kastanien«
Pudding. Nachdem man von 3(1
bis 40 Kastanien die Schale entfernt
hat, schmort i»»n ste in 3 Theilen
Wasser, 1 Theil Zucker und ein paar
Tropfen Citronensaft so lange, bis sie
anfangen, breiig zu werden und da»
Zuckerwasser zu Shrup geworden ist.
Darauf läßt man sie etwas abkühlen,
zerquetscht sie ein wenig mit einer sil
hinzu: 6 Eigelb, den Schnee von 4
Eiern, 2 —3 Eßlöffel voll Himbeer
marmelade, 1 Theelöffel voll Backpul
ver, etwas Butter, Salz und Pfeffer
(sehr wenig), füllt die Masse in eine
gut gebutterte, feuerfeste Porzellan»
schüssel, bedeckt mit Butterpapier (fette
Seite nach oben) und bäckt sie eine
A l t d e "ti Hir Ings-
Hering darf nr>r einmal aufschwitzen,
weil er sonst zerkocht, die Eigenthüm
lichkeit der Sauce erfordert es jedoch,
daß die Heringsstiickchen ganz bleiben.
Darauf wird ein Löffel Mehl In
etwas Wasser klar gerührt, in die
Sauce gegeben, etwas Pfeffer dazu
gefügt und alles noch einmal aufge
kocht.
Spinat - Suppe. Man
wasche und koch« Peck Spinat so
weich, daß man daS Gemüse durch ein
Sieb streichen kann. Hat man 2
Tassen starke Fleischbrühe, so erhitz«
man diese, andernfalls nehme man
kocht wurde. Aus IV2 Eßlöffel But
ter und eben so viel Mehl bereitet
man «ine Einbrenne, fügt 1»/2 Tasse
Milch und eine halbe Tasse süßen
Rahm und Salz und Pfeffer hinzu
und vermischt dies alles mit dem in
der Brühe befindlichen Spinat. Diese
Suppe ist schmackhaft und gesund.
Sonnenscheinkuchen. Man
schlage das Gelbe von 7 Eiern mit
I>/» Tasse Powder - Zucker
Schnee von 10 Ei«rn und 1 Tasse fei
nes mehrmals gesiebte» Mehl und
etwas Mandelextrakt als Gewürz in
den feinen Kuchen, der in einer hohen
«ul»> Mi» wie ein Angel Food-Ku
chen gebacken werden muß. In die
sem Rezept wird weder Backpulver
noch Cream of Tartar gebraucht. Der
Kuchen ist von feinem Geschmack und
sehr zart und wird von Herren beson
ders gern gegessen.
Rühreier mit Kalbshirn.
Ein Kalbshirn wird von Häuten
und Adern befreit, zerschnitten unt»
mit einer kleinen, fein gehackten Zwie
bel oder Schalotte, Salz und Pfeffer
unter fortgesetztem Umrühren gar ge
dünstet. Darauf giebt man füns bis
sechs, mit -in bis zwei Eßlöffeln
Milch zerquirlte Eier hinzu und rührt
ein feinflockiges Rührei davon ab, dai
recht heiß ausgetragen wird.
Sellerie - Gemüse. Man
schält 2—3 Sellerie, schneidet sie in
gleichmäßige Scheiben und läßt diese
in Wasser mit Butter und Salz oder
in leichter Brühe langsam weichdäm
pfen. Die Sauce wird mit einer hel
len Mehleinbrenne oder mit in Butter
durchdünsteter geriebener Semmel ver
kocht und schließlich das nach Salz vor
sichtig abgeschmeckte Gemüse mit etwa«
feingeriebener Muskatnuß gewürzt.