Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, May 27, 1909, Image 7

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    In! Strudel der
GrsUtadt.
Roman von E. Krickcberg.
I.
Im Eisenbahnzuge war er ihr zu
erst begegnet.
Er hatte die Offizieruniform mit
dem Civil vertauscht und mit Rück
sicht auf die große Hitze und seine
nicht eben glänzenden Kassenverhält
nisse ein Billett dritter Klasse von
einer Urlaubsreis« zurück nach Berlin
genommen. Sie saß bereits im Wc
g-n, als er einstieg, und er meinte
zu bemerken, daß sie einen scheuen
Blick über ihn hinwarf und sich nur
noch mehr in ihre Ecke drückte.
Wahrscheinlich war das Damenab
theil überfüllt gewesen, und sie hatte
e» mit geheimer Beängstigung gesche
hen lassen müssen, daß man sie bei
den Nichtrauchern unterbrachte.
Sie waren beide allein im Abtheil,
und da sie die Augen fortgesetzt auf >
das Buch in ihrer Hand gesenkt
hielt, konnte er sie ungestört betrach
ten. Schön war sie nicht, und auch
ihre, allerdings von einem weiten
Mantel umhüllte Gestalt schien we
der imposant noch besonders zierlich
zu sein. So ein guter Mittelschlag
dachte er, nicht hübsch, nicht häßlich
dabei anständig, vernünftig und ein
bischen hausbacken. Das aschblonde
Haar war unter dem einfachen
Strohhut glatt hinter die Ohren ge
strichen, und was er von ihrem Ge
sicht sehen konnte, zeigte di« Farbe
der robusten Gesundheit eines jungen
Mädchens vom Lande. Ländlich wur
auch die sehr schlichte Kleidung und
das viele Handgepäck mit den alt
modisch bestickten Hüllen.
Alles in allem kein besonders fes
selnder Anblick, dies Bisavis. Und
«r langt« in seine Tasche nach der
Zeitung, um sich fe!nerf:its in das
Lesen zu vertiefen. Da hob sie, durch
sein« Bewegung veranlaßt, das Auge
zu ihm empor, und nun war er frav
pirt von dem Blick, der ihn traf. Aus
d«n dunkelsten, strahlendsten und
tiefsten Blauaugen, die er je gesehen,
wurde er auf ihn gerichtet j
Augen so beredt und machtvoll, daß
sie das ganze, wenn auch nicht regel
uiäßig schöne, so doch durch feine
Ruhe und den weichen, versonnenen
und klugen Ausdruck sympathisch
wirkend« Gesicht beherrschten. Fra
gend ruhte ihr Blick auf ihm, und
unwillkürlich sagte er, sich vernei
gend: „Verzeihen Sie, wenn ich Si!
gestört haben sollte."
„O, bitte!" erwiderte sie freund
lich. „wir haben hier beide das gleiche
N-cht."
Nun hätte er gern ein Gespräch
mit ihr angeknüpft, aber sie war be
reits wieder uche e ,
das ihm nicht erlaubte, sich gehen zu
lassen.
Er holte das Taschentuch hervor
wechselte den Platz, streckte die Füße
das Buch, doch sie wendete kein Blatt
„Nein, der Zug geht durch."
„Aber mein Billett reicht nur bis
Halle!" rief sie erschrocken.
überall aus Fahrkarten direkt nach
Berlin."
„DaS weiß Großmutter sicher
man in Halle umsteigen müssen, und
so hat sie es mir auch gesagt . . .
Dann muß ich also ein neues Bil
lett lösen? Hoffentlich ist Zeit dazu."
„Kaum . . . wenn Sie nur we
nigstens kein G«päck aufzugeben ha
ben!"
Gott, was mach« ich nur?"
Die blauen Augen sahen so rüh
rend rathlos aus, daß er nicht än
dert konnt«, als sein« Ritterdienste
Orvnung zu bringen. Er sprang erst
in den Wagen, als der Zug sich be
reits wieder in Bewegung setzte, und
entgegen.
Nun kamen sie in ein angeregtes
Gespräch. Er stellte sich vor: „Hans
Orthmann." Das „von" seines Na
hochgebildete junge Dame, aber von
großer Weltun«rfahrenheit. Manch
mal mußte heimlich lächeln über
gung und «iner b«i ihrer Jugend er
staunlichen Selbstsich«rheit. Er ainü
sirte sich über die kleine Person da,
die noch kaum die Nase in die Welt
gesteckt hatte und sich doch so weise
dünkte. Kinder, die ohne Geschwister
und gleichaltrige Genossen in der Hut
alten Fainilienüberlieferungen auf
wachsen, nehmen leicht ein solch alt
kluges Wesen an. Es stand ihr übri
gens sehr gut. Die keuschen blauen
Augen und das harmlose, einem un
berührten Herzen «ntsprungnie
Selbstbewußtsein paßten zusammen.
Allerdings in der Welt draußen
würde sie manche trübe Erfahrung
mit ihrem veralteten Idealismus
machen und gezwungen sein, ihn so
schnell wie möglich abzulegen. Sie
dauerte ihn förmlich.
In Bezug auf ihre Person war sie
sehr verschlossen, wahrscheinlich hatte
man ihr daheim eingeschärft, sich un
terwegs nur ja nicht mit einem
Mitreisenden in ein Gespräch einzu
lassen. Soviel halte er am Ende der
Fahrt aber doch erfahren, daß sie
von einer alten Großmutter erzogen
worden war, weil ihre Eltern beide
im Auslande, in Südamerika, einer
Fieberepidemie zum Opfer gefallen
waren! daß sie außer gelegentlichen
kleinen Ausflügen in die Nachbar
schaft ihrer Heimaih zu Bekannten
und Verwandten noch nie eine Reise
unternomen hatte, jetzt aber nach
Berlin ginge, um einer andern altin
Dame, die auf dem Kurfürstendamm
wohnte, Gesellschaft zu leisten.
Also hatte er doch Recht gehabt
mit seiner Muthmaßung, daß sie sich
in abhängiger Stellung befand. .
Gesellschafterin war sie.
Mit wirklichem Bedauern nahm er
in Berlin Abschied von ihr. Gern
hätte er sie wiedergesehen, aber e,
wagt« nicht, sie darum zu bitten. Er
stens würde sie mit ihren altmodisch
prüden Ansichten sicher nimmermehr
auf ein Rendezvous eingehen, und
dann... er, ein Gardeoffizi«r, und
di« klein« G«s«llschafterin? . . . Das
wollte er doch lieber von vornherein
bleiben lassen, da konnten ihm leicht
sehr unangenehme Conflikt« erwach
sen.
Noch einmal blickte er ihr in die
schönen, strahlenden Blauaugen, di!
weder von der klugen, kühlen, per
sönlichen Ruhe, noch von der einge
kernten Altjungfernhaftigkeit ihrer
Besitzerin etwas wußten, sondern ihre
eigene, tiefe, reine Sprache redet.',,
dann lüftete er den Hut und ging
Schade da hatte er einmal ein
wirklich nettes Mädchen getroffen,
das eine nähere Bekanntschaft ver
lohnt hätte, und nun trieb das G:-
Gut, daß das Zusammensein nur so
kurze Zeit gewährt hatte, denn diese
Augen, das fühlte Hans von Orth
mann deutlich genug, hätten ihm
leicht gefährlich werden können.
gessen. H
Er ärgerte sich, und sehnte sich,
und schließlich kam er in einen Zu
er die Trägerin der blauen Augei,
zum Kuckuck wünschte. Aber als dann
unverhofft der bedeutungsvolle Tag
kam, an dem er sich ihr plötzlich ge
genüber sah, da wußte er nichts mehr
von Zorn und Bedenken, eine große
Freude erfüllte ihn ganz und gar.
Es war im Ausstellungspark. Er
B'ld, eine Perle der Ausstellung
Neugierig trat er näher: etwas an
der Gestalt der Dame frappirt« ihn
der nichts Unbeholfenes mehr anhaf
tete. Er konnte sich nicht verhehlen
daß sie für eine Frau in abhängi
heit besaß. Ein sicherer Instinkt für
die verfeinerten Formen des Lebens
mußte ihr innewohnen, sonst hätte
aus lichtem Sommerstoff und von
tadellosem Schnitt. Statt des groben
Reisehut«S von damals trug sie ein
weißes Chiffonhütchen mit hellen
Rosen. Sie mußte ein sehr gute?
gante Toilette machen konnte.
Er kämpfte mit sich. Sollte er ihr
näher treten? di« Bekanntschaft mit
ihr erneuern? N«in, rieth sein Ver
stand, eine Thorheit, eine Unkluz-
Aber während er innerlich noch
schwankte, trat sein Fuß schon auf
sie zu, und jetzt stand er an ihrer
Seite mit der quälenden Empfin
dung, einen Schritt zu thun, dessen
Folgen ihn vielleicht noch einmal sehr
unangenehm bedrücken konnten.
Auch sie erschrak sichtlich. Ein Hel
les Roth färbte ihr Gesicht. Einen
Augenblick schien «ine Berlegenheit sie
zu übermannen, dann aber rief sie
auf seinen lebhaften Gruß mit un
verhüllter Freude:
„O, Herr Orthmann! Das ist
f«n."'
Wi« gut sie seinen Namen behal
ten hatt«! Sie reichte ihm ohne Zie
«rei die Hand wie einem alten
fragte er sie. „Ist unser Berlin
gehabt, als ich vor einem Vierteljahr
hierher versetzt wurde."
„Ja, es mag wohl so sein für
d«n, der es zu genießen w«iß. Ich
hab« noch nicht viel von ihm gesehen.
eher eingeschüchtert . . . abgestoßen,
als angezogen. Man kommt hier
her und denkt, man weiß etwas vom
Leben und muß bald mit Beschä
mung einsehen, daß man dumm und
unwissend ist, wie ein Kind. Man
muß umlernen in so vielem, und
ist alles kalt, nüchtern, kategorisch:
„entweder oder!" Man braucht
nur auf die Straße zu treten: En:-
weder du läufst, wi« die andern, oder
du wirst gestoßen! Entweder du
sperrst die Augen auf, oder du wirst
überfahren! Und die Menschen star
ren einen all« so fremd und kritisch
an. Nein, hier ist's kalt, bei Groß
mutter war es nicht so amüsant wie
hier, ab«r warm und behaglich...
und wir sehnen uns nacheinander."
So tief hatte sie ihn damals nicht
in ihr Empfinden blicken lassen.
Das Zusammentreffen mit ihm
schien sie innerlich erregt, erfreut zu
haben. Sie war glücklich, inmitten
des kalten, fremden Berlin ooch ein
bekanntes Gesicht zu treffen. Das
rührte ihn tief.
„Si« haben Heimweb, Fräulein
Bömberg," sagte er voll Theilnahme.
„Das ist eine bitterböse Krankheit
aber sie geht, Gottlob, vorüber. Es
thut mir leid, daß mein geliebtes
Berlin so schlecht bei Ihnen ange
schrieben steht, aber ich hoff«, es wird
Ihnen eines Tages auch hier noch
warm unv behaglich werden. Fühlen
Sie sich denn wenigstens, wenn ich
mir die Frage erlauben darf, in Ih
rer Stellung wohl?"
Sie streifte ihn mit einem erstaun
ten Blick, dann sagte si« mit Beto
nung: „Ich kann nicht klagen, Tante
ist sehr gut zu mir."
„Ach, verzeihen Sie! Ich glaubte
Sie verstanden zu haben, daß Sie
eine . . . Stellung als Gesellschafte
rin bei einer alten Dame annehmen
»Darf ich mich Ihnen als Führer
anbieten?" fragte er schnell. „Ich ken
ne jeden Winkel der Ausstellung."
Sie war unschlüssig, ob sie das
„Pardon ... ich bemerke, daß ich
Ihnen lästig bin ..." Er wollte den
Hut ziehen, aber da rief sie entschlos
"st'
doch das ist Thorheit! Wenn
nußreiche Stunde zusammen, die wie
im Fluge verging. Mit Schrecken er
innerte sich Fräulein Bömberg plötz
„Leben Sie wohl," sagte sie. Wie
wieder schließen? Abschied sollt«
den, was da wollte und wenn er
sich kopfüber in sein Unglück stürzte.
„Werden wir uns nicht wiederse
hen?" fragt« «r.
„Ich hoff« et," sagte sie, „Berlin
ist zwar sehr groß, aber wir haben
uns ja doch schon einmal g«troff«n."
„Wollen wir das dem ungewissen
lb
weisender Blick trat in ihr Auge.
„Verstehen Si« mich nicht falsch,
Fräulein Bömberg," rief er schnell
„Ich m«in«, Menschen, die so wie wir
zusammengeführt worden sind, und
dann bei ihrer näheren Bekanntschaft
manche verwandt« Saite ineinander
klingen fühlen, sollten nicht aus phili
sterhaften Bedenken auf einen Berkeh»
miteinander verzichten, der ihnen
freundliche Stunden verspricht. Si«
sagen selber, Berlin muihet Sie kalt
und fremd an . . . nicht Berlin ist
kalt, das Leben ist es! Da sollten wir
doch jed« G«legenheit wahrnehmen,
ein wenig Sonne in unser Dasein
hineinzutragen . . . Für mich geschähe
das durch den Berk«hr mit Ihnen ...
doch bei Ihnen mag das anders sein."
„Nein," bekannte sie ehrlich. „Ich
ansehe, Sie wiedcozetrossen zu ha
ben .. . aber Tante würde nimmer
mehr zugeben, daß . . . Nein, es geht
wirklich nicht!"
Einen Augenblick stieg der Gedanke
in ihm auf, daß er ja der Tant« fei
denn, was für eine Person diese
Tante war? Reich war sie . . .aber
vielleicht eine Parvenue, oder eine un
kannte, und di« möglicherweise nicht
gesellschaftsfähig waren? Nein, so
sehr hatten die blauen Augen ihm
nicht!"
„Das kann wohl Ihr Ernst nicht
sein."
„Mein heiliger Ernst, denn ich kann
auszugchen."
„Besuchen Sie zum Beispiel nie
mals den Zoologischen Garten?"
genwart Ihnen nicht lästig
Mit Bitterkeit sah er, daß ein ge
quälter Ausdruck in ihr Gesicht trat.
„Es ist für uns beide kein Gewinn
versehen!"
„Das fragen Sie. nachdem ich eine
ganze Stund« m Ihrer Gesellschaft
> zugebracht habe?" Sie lächelte verle-
gen, und nun tonnte er doch noch ei-
thun. Und er ertappte sich aus dem
zu küssen dem Gesellschastsfräulein
wenn das die Kameraden sehen
würden!
Sie hatte im Laufe des Gesprächs
sich in den vorderen Räumen des
Glaspalastes auf, um sie vielleicht
vorübergehen zu sehen, vor allen Mit
müßte. —So ein rechter armer
Sklave, ein Packesel! . . . Das arme
Ding! Welch ein trübseliges Leben
würde es unter der Fuchtel dieser
ftinkelnden Steinen? Aber als sie jetzt
näherkam und er ihr ins Gesicht sehen
konnte, «in kühnqeschnittenes, charak
tervolles, kluge!, herrisches Gesicht
aus dem Geschick gewachsene Heroine
eines Hofiheaters zu Hilten. Das
Karmoisinroth auf den tarken Wan-
Da hatte ihn sein Ahnungsvermö
gen nicht betrogen. Mit dieser Dame
konnte er unmöglich in Verbindung
Berkehr mit ihrer Nichte von vornher
ein aussichtslos . . . Was sollt« dar
aus entstehen? Ja, wenn die Tante
ein unscheinbare, unbedeutende Person
gewesen wäre! Die hätte man im
Nothfall desavouiren können, ab«r
Mädchtn compromittirt« durch s«inen
Verkehr mit ihm? Oder wenn er ihm
Hoffnungen erweckte? Ihm Liebe ein
flößte? Wollte er «S dann skrupellos
das! Es war nicht nur kein Gewinn
dabei seine Pflicht befahl ihm ge
radezu, sie zu meiden.
11.
satz. und drei Tage lang blieb er ihm
treu. Aber in welcher Stimmung
war er in diesen drei Tagen! Uebel
launig, gereizt, unzugänglich, schroff
dann wieder elegisch, weltschmerz
lich angehaucht. Seine Kameraden zo
gen ihn auf: Ob der Monatswechsel
ausgeblieben sei, oder sein Hund die
Staupe habe? ... Er war wüthend
über die Kameraden, über die blauen
Augen, über die ganze Welt, am mei
sten aber über sich selber, daß er sich
von seiner „Sentimentalität", di« ihm
selber an sich ganz neu war, und über
die er bei andern weidlich geipottet
haben würde, so unterkriegen ließ.
Am Abend des dritten Tages ging
er das erste Mal wieder nach länge
rer Zeit zum Apollotheater, um zu
versuchen, ob die flotte kleine Tänzerin
ihm nicht das ernsthafte und solide
Gesellschaftssräulein vergessen machen
könnte.
und ärgerte sich, daß die Kleine sich
so verschminkt hatte! Die Lippen fast
blutroth und kirschrund, die Augen
brauen viel zu dickschwarz für das
kleine Gesicht, und der Hals so todten»
sind. Er mußte ihr sagen, daß er
ihr Schminken greulich fände.
Nach Schluß der Vorstellung stand
er im Flur des Theaters, ließ den
Menschenstrom an sich vorübersluien,
unschlüssig, ob er sie erwarten oder
Schulter:
„Auch mal wieder da?" sagte eine
gezierte Stimme. Er fuhr ärgerlich
hcrum. eine Kollegin der Kleinen ging
am Arm eines Kameraden vorüber.
Sie lachte in ihrer leichtfertigen Art.
Da floh er oon dannen. Das ertrug
l.ielt sich den
wer er war, tvürde sie sich mit ihrem
scharfen Verstände selber sagen kön
nen. daß an «ine eheliche Verbindung
zwischen ihnen nie zu denken war. und
sich nicht unnützen Hoffnungen hinge
ben. Sollte man von vornherein auf
j«des G!ück des Zusammenseins ver-
Äber sie hatt/ nicht gewünscht,
daß er sie im Zoologischen Garten
Sie quälte ihn unausgesetzt. Wie
eine Bürde schleppte er sie mit sich her
um. Nur wenigstens einmal wieder«
Auf dem Kurfürstendamm in der
Nähe des Zoologischen Gartens wohn
te die Tant«, Fräulein Bom-
Dann" als er es schon traurigen
Herzens ausgegeben hatte, sie zu sehen,
begegnete er ihr plötzlich in einer ganz
Er trat aus der Kunsthandlung
von K:ller und Reiner da standen
sie, Tante und Nichte, am Schau
fenster neben der Thür, in die Be
trachtung von Kopenhagener Porzel
lan vertieft.
Durch seinen Körpe: ging wie ein
Ruck ein freudiges Erschrecken. Sein
Fuß zögert«, weiterzuschreiten. Sollt«
er sich den Damen nahen, Fräulein
Bömberg begrüßen? Der Tante sich
präsentiren lassen dieser ihm so
unsympathischen Frau?
Nein das konnte er nicht über
sich gewinnen. Und wußte er denn
auch, ob es Fräulein Bömberg ange
nehm wäre, wenn die Tante von der
Reisebekanntschaft erführe? Vielleicht
war sie ein« mißtrauische, tyrannische
Person, die der Nichte jede freie Le
b«nsäußerung verargte.
S«!n Blick wurde unsicher, fragend.
Hatte si« ihn d«reits gesehen?
Dorette blickte nach wie vor auf die
Kunstgegenstände im Schaufenster.
Er bemerkte nicht, daß ihr Blick starr
war und nichts von den ausgestellten
Kunstschätzen sah. Sie hatt« ihn be
reits durch das Fenster entdeckt, als
«r noch mit den Angestellten drin ver
daß er die Tante zu vermeiden suchte.
Jetzt sah sie ihn unschlüssig verharren.
Kramvfhaft hielt sie den Blick auf die
Auslag«n gerichtet. Er mußte glau
ben. sie ahne nichts von seiner Nähe.
Da ging er seines W«ges ---
er verleugnete sie also vor der Welt.
„Du hast dich wohl in di« Kopen
hagener Bi«cher verliebt?" neckte die
Tante sie, ihren Arm rüttelnd.
„Komm die Pferde werden
nen.
Dorett« konnt« nicht wissen, daß
Haus Orthmann an der nächsten
Beistandes.
seh«n um jeden Preis.
Am nächsten Nachmittag lag sein
Dienst günstig, er konnte ziemlich zei
schininkt, geputzt wie damals . . .
»Eine gräßliche Person!" dachte Hans
von Orthmann schaudernd. Ein
Opfer mußte «S für einen feinfühlen
den Menschen sein, ihr zu dienen.
einem Tisch gerade vor der Terrasse
niedergelassen hatte, lehnte sie lässig
und gleichgültig im Stuhl, als ob sie
sich müde fühle.
Sein Herz klopfte ungestüm, er
sehnte sich leidenschaftlich nach einem
B'ick aus den blauen Augen. Eine
prickelnde Unruhe erfaßte ihn wk
tonnte er ihr nahen, ohne daß die
Tante es bemerkte?
Die alte Dam« rief einen Kellner
heran mit lauter herrischer Stimme.
Er kam augenblicklich Herzugel prun
gen, dienerte und war äußerst beflis
sen, die Bifehle der Damen entgeg,»-
»unehmen.
Fiir die Kiche.
i
Frikadellen von getoch«
tem Hühnerfl«isch. Ein aus»
gekochtes Suppenhuhn wird von alle»
S«hn«n und Knochen getrennt und
di« fette Haut zu Brei gemahlen. Dai
Fleisch hackt man etwas grob. Mit d«c
gemahlenen Haut und 1 Eßlöffel
Butter reibt manL bis 3 je nach-
Huhn ist glatt, gkbß
1 Ei dazu und 1 Tasse Weißbrot oder
Crackerknimen, dann würzt man mit
gerieb«ner Zwiebel, etwas gehackter
P«terfilie und Salz und Pfeffer un>»
mischt «ntweder 3 Eßlöffel süße Milche
Rahm, Fleischbrühe oder Saft von
reifen Tomaten mit dem Teig an.
Aus der Mass« formt man einige gro
ß« Bälle, die man in Mehl wendet
und in reichlichem Schmalz braun
brät.
Familien-Pudding.
Pfund Mehl verrührt man mit
Pfund Syrup, gibt ein Fünft«! Pfuna
sehr fein gehacktes Rindsnierenfetr
dazu, mengt «twas gestoßenes
Ingwer, 1 Theelöffel voll Zimmt, Ä
Messerspitzen voll Nelken und 1 Thee
löffel voll doppelkohlenfaures Natroit
und Zacker nach Geschmack darunter.
In «inem Tassenkopf voll Buttermilch
schlägt man 2 Eier, gibt eine Pris«
Scheiben, bestrem diese mit Pfeffer
einer flachen Schüssel heiß und legt
di« L«derscheiben, sowie sie die Psan»
ne verlassen, hinein, doch darf dit
Leb«r gebraten, schwenkt man ditz
Schüssel um, daß jede Scheibe mit der
Sauc« b«d«ckt ist, richtet die Leber an
und gibt den Rest v«r Sauce extrq
dazu.
Kümmel - Cookies. Matt
verarb«it«t 1 Pfund Butter zu>
Schaum und reibt Pfund Mehl
hinein, bis alles gut verm«ngt ifti
dann löst man IV, Pfund Zucker und
1 Ueelöffel Backsoda in 1 große«
Tasse kochend Wasser auf und läßt
es kalt werden, rührt dann 2 Ei«r
recht leicht und gibt si« zu dem aufge
lösten Zucker; man thut 4 Theelöffel
wenn man keinen Kümm«l mag,) in
das M«hl und rührt dann mit txr
Flüssigkeit einen Teig mit dem Mehl
'an, rollt denselben auf dem Backbrett
dünn aus, sticht die Cookies aus und
backt die Kuchen sogleich. Sie sind sehr
wohlschmeckend und halten sich lang«
Zeit frisch.
Hühnersuppe mit Rosi
nen. Man reinigt ein großes, zi«m
lich fettes Huhn mit größter Sorgfalt,
schlägt den Brustknochen mit einem
B«il flach und setzt das Huhn mit
kaltem Wasser aufs Feuer. Sowie
das Wasser zu lochen ansängt, zieht
Ofens, wo die Suppe nur langsam
kocht. Während des SimMerns fügt
man 3 Dutzend große Rosinen, ein
Sträußchen Petersilie, Gilbwurzel«
schnitzel, Salz und Pfeffer bei und
kocht die Supp« noch —2 Stun
den. Nun wird das Huhn aus der
Suppe gehoben, alles Wurzelwerk
ebenfalls entfernt und das Fett vor
sichtig abgeschöpft. Man knetet einen
Kloß aus 1 großen Eßlöffel Butter
und 1 Eßlöffel Mehl und gibt dieS
in ganz winzigen Stückchen in die
kochende Supp« und deckt den Kessel
zu. Nach fünf Minuten richtet man
die Suppe üb«r 1 oder 2 Eigelb, di«
in 1 Tass« süßen Rahm zerklopft
wurden, an. D«r Rahm wird kalt in
die Supp« gegeben, da si« sonst leicht
gerinnt.
Länge nach getheiltes Lamm ohne
Kopf wird gewaschen, gesalz«n und.
mit reichlich bräunlicher Butter über
gössen, in der Pfann« eine Stunde ge
braten. Dann überiräufelt man den
Braten mit «twas frischer Butter und
Citronensaft, überstreut ihn mit ge
riebener Semmel, unter die man eine
Kleinigkeit Mehl mischte, beträufelt
ihn nochmals mit Butter und brät
ihn noch IL—2O Minuten. Beim ATl
lichten garnirt man den Braten mit
ausgebackener Petersilie und reicht di«
mit 1/2 Pi"t Bouillon au»
Fleischextrakt und mit sehr wenig
hellbraun geschwitztem Mehl sämig
gemachte Sauc« nebst Salat dazu.
Rhabarber-Pudding. Aus
1 Pfund Mehl, Pfund Butter, «in
Glas Wasser, etwas Salz und
Theelöffel voll Backpulver knetet man
einen Teig, den man einige Male auf
rollt und wieder zusammenschlägt.
Den Teig legt man fingerdick ausge
rollt in eine gut auSgevutt«rt« Pud
dingform und füllt in den Hohlraum
reichlich gesüßten, gekochten Rhabar
ber, d«n man mit ein wenig abgerie
bener Citronenschal« vermischt. Zu
letzt legt man einen Teigdeckel dar
über, verschließt die Form gut und
locht den Pudding 2 Stunden lang
im Wasserbad«. Nachd«m er gestürzt
ist, str«ut man rasch Zucker und
Zimmt darüber und übergi«ßt das
Ganze mit brauner Butter. Man kann
den Pudding auch mit Banillensauc«
serviren.