Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, April 08, 1909, Image 9

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    Nenn ThorbMs
Trnte.
komen von Elisabeth Vsebick«.
(S. Fortsetzung.)
Wenn «S chm bis jetzt noch nicht klar
geworden war, von diesem Augenblicke
«n wußte er, daß er sie liebte. Ihre
frische, natürliche Art, so frei von aller
suchtsvoll, daß er sich oft selbst aus
lacht«. Als Restow ihn dann in Kiel
gefragt hatte, ob er ihn nicht mit seiner
Jacht nach Wulsershagen bringen
wolle, da hatte er fast ohne Ueberlegen
ja gesagt. Auf der Fahrt hatte ihn
allerdings der Gedanke beunruhigt.
doch vor Weihnachten vor ihm geflohen
war, und daß es vielleicht taktlos von
ihm war, sie jetzt wieder aufzusuchen.
Er beschwichtigte sich dann aber selbst
damit, daß er je. nur einen kurzen Be
such von ein oder zwei Stunden auf
Wulsershagen zu machen brauchte,
wenn «s ihm nicht rathsam schien, län
ger zu bleiben. Doch der Zufall hatte
es anders gewollt, und Lena Thorbeck
dachte anscheinend nicht mehr daran,
ihm auszuweichen. So hatte er sich
Weihnachten <"> hl geirrt.
Ihm waren im Leben schon viele
Frauen begegnet, schöne und vor
nehme Frauen, Weltdamen, von raffi
nirtestem Luxus umgeben Sportla
dies, die ihre Hauptzeit im Stall oder
im Sattel zubrachten, einfache, häus
lich« Frauen mit einen scharf ausge
prägten Sinn für Küche, Keller und
Lein«nschrank.
Lena Thorbeck gehörte zu all' denen
nicht, Sie gehörte auch nicht zu den
wohlerzogenen höheren Töchtern, die so
korrekt und so nichtssagend waren. Sie
hatte die ruhige Sicherheit der Dame
von Welt, der Herrin über Grundbesitz
und Untergebene, und sie konnte dabei
weich und heiter und konnte im nächsten
Auqenblicke -rnst und sein.
Er liebte sie mit einer tiefen Lieb«.
Alles, was -r früher gefühlt und ge
dacht hatte, verblaßte vor diesem einen
großen Gefühl, das ihn ganz be
herrscht«. Ob sie seine Liebe erwiderte,
wußte er nicht genau. Oft war er
hoffnungsvoll, dann wieder ganz
muthlos. Aber in feinen Gedanken
und Träumereien sah er sie, die einsam
und elternlos war, an seiner Seite,
von seiner Liebe umgeben, unter seiner
Zärtlichkeit aufleben, von seinem Arm
beschützt. Aber er mußte zart und vor
sichtig um sie werben, ihr Zeit lassen,
daß das Gefühl für ihn langsam wach
sen und erstarken konnte.
Dieser dunkle, trübe Regentag hatte
auch seinen Reiz. Man rauchte, kas,
erzählte sich was, und draußen rauschte
unaufhaltsam der Regen, Es wurde
dunkler und fing an zu stürmen. Um
so gemüthlicher wurde es im Hause.
Man kam sich so geborgen vor. Mochte
doch draußen alles drunter und drüber
gehen, man rührte sich nicht mehr aus
dem Hause, wo es warm und gemüth
lich war und man sich mit allerlei
Schnurren und Witzch-n unterhielt.
Nach de:n Abendessen ging Lena noch
einmal in ihr Arbeitszimmer hinüber,
Gäste im Eß'immer blie-
Frau von Becbiritz legte'ihre" Pa«en»-
karten aus, und die anderen lasen.
Nur soge lehnt , eine Tiaarre »wischen
den Lippen, aelanaweilt am Ofen.
„Himmel, ist das ein schlechtes Wet
ter draußen." rief Alma Süttig, als
«in besonders starker Windstoß an den
Fensterläden rüttelt«, und kuschelte sich
tiefer in ibren weichen Sessel ein.
„Komisch, dak siechte Wett«r
immer draußen ist!"
Restow verschanzte sich Schutz
suchend hinter einem Zeitungsblatt,
und Alma und Betti riefen gleichzeitig'
„Au!" » u
„Ich kann noch viel schlechter- Witze
machen, besonders im Winter," verthei
digte er sich lachend.
Der Punsch war fertig, und Somm
vertbeilte die Gläser.
„Wollen wir nicht Fräulein Thorbeck
ruken?" fragte Höge, an den Tisch
tretend.
„Wenn fsräule'n Thorbeck arbeitet,
mag sie nicht gestört werden," sagte
Frau von Bechtritz wichtig und etwas
verweisend, von ihren Karten auf
sehend,
Höge zog sich wieder an den Ofen
zurück. Er war mißgestimmt und
tieftraurig. Er sehnte sich nach Lena,
er jetzt nur eine halbe Stunde
sie nicht und saß hier zwischen ihnen,
da auf dem Sessel in der Ecke? Ihn
aäbnte der Nlatz jetzt an, ihm war, als
strömte Kälte von dort aus. St«
hatt', doch den ganzen Tag gearbeitet,
jetzt Abends »Bte sie sich ihren Gästen
garette geben?" fragte Alma HUttiz
und fchU>ß «schöpft die Augen. „Wenn
Restow goß Betti eben noch Wasser
Höge war der einzize, der Notiz von
ihrem Wunsche nahm.
„Ich habe in meiner Manteltasche
welche," sagte er, sich zur Thür win
dend, "einen Augenblick, bitte."
Die mit Steinfliesen bedeckte Diele
Fenster klatschen, und'der Wind pfiff
an den Kleiderständer getreten und
suchte seinen Mantel, als di' Hausthür
ausgestoßen w>: de. Der Wind fuhr
heulend hinein und trieb ein paar
große Regentropfen auf die Diele.
Ein Mann trat ein und drückte die
Thür hinter sich zu. Als er seinen
triefenden Hut abnahm und der Schein
der Lampe sein Gesicht traf, erkannte
Höge den Fremden von gestern.
„Was wünschen Sie?" fragte er ihn
etwas von oben h«rab.
Einen Augenblick standen sie sich
stumm gegenüber, dann antwortete der
Das unbehagliche Gefühl, das Höge
schon gestern diesem Menschen gegen
über gehabt hatte, veranlaßt« ihn zu
diesen Fragen, die er sonst niemals an
Jemand gerichtet hätte, der in «in Haus
kam, in dem er selber Gast war.
„Ich aber das werde ich ihr selbst
sagen," antwortete der andere.
Höge stand noch unschlüssig da, als
die.Thür vom Arbeitszimmer geöffnet
wurde und Lena im Rahmen erschien.
Sie konnte bei der matten Beleuchtung
nicht gleich erkennen, wer auf der Diele
stand, und sah forschend und fragend
umher.
„Hier ist Jemand, der Sie zu spre
chen wünscht," sagte Höge und trat an
ihre Seite.
Der Fremde kam auch näher. „Ich
bitte um Entschuldigung, daß ich so
spät hier eindringt," sagte er höflich,
„aber ich komme eigentlich als Hilfe
suchender —"
in's Zimmer zurück, wohin die Herren
ihr folgten, „Ach, Sie sind es," sagte
sie dann, als der Fremde ihr beim
Lampenschein gegenüberstand.
„Kennen Sie mich?"
„Sie waren doch gestern —"
„Ganz recht, ich hatte gestern die
Ehre."
bitten?"
überhaupt machte er den Ein
druck, als sei er tief erschöpft von einem
weiten W«g oder einer schweren Arbeit.
Man sah jetzt auch, daß setn Anzug
durchnäßt war, seine Stiefel arg be
schmutzt, selbst sein Gesicht war naß
vom Regen, und das hing ihm
strähnig und ungeordnet in die Stirn.
„Ich komme zu Fuß vom Rordkam
per Leuchtthurm und habe in der
Dunkelheit den Weg verfehlt. Drei
Stunden irr« ich schon umher, und hin
Würden Sie wohl die Güte haben, mir
für diese Nacht Obdach zu geben?"
Höge machte eine unwillkürliche Be-
Mansardenzimmerchen zurecht machen
lassen."
„Ich hoffe, ich mache Ihnen nicht zu
Lena sah ihn erstaun' an. „Wenn
um Obdach bittet —"
„Ich kann mir nicht helfen, der
Mann macht mir einen unangenehmen
Eindruck. W«nn man jung und ge
sund ist. geht man nicht in der zehnten
Stunde zu .ld>remden Menschen und
„Er, sah wirklich angegriffen auS."
„Mehr s«elisch «rr«gt, als körperlich
angegriffen. Ein Spaziergang von
beunruhigt «s mich. ES ein
Ihrer Näh« »u wissen."
Si« hatten sich während dieses Ge
sprächs gegenüber gestanden und sich
angesehen. Jetzt wandte Lena den
Blick fort. Durch all' seine Worte
ligen Gefühl dei Beschütztseins die
Auf der Diele erschallten Schritte
rückgekommen, und R«stow rief nach
Höge und fragte ihn, wo er so lange
mit den Cigaretten bliebe.
Nun gingen sie alle in's Eßzimmer,
aber eine behaglich« Stimmung wollte
nicht mehr recht aufkommen, die An
störend. Er aß wenig von dem, was
man ihm vorgesetzt hatt«, und sprach
auch nicht Sonim nahm sich sei-
Man ging heute früh zu' Ruhe, Als
rauchten die Herren noch ihre Cigarren
zu Ende. Somm schloß die Hausthür
ab, dann folgten sie. Für den Frein
gen, Herr Oberstleutnant."
„Nett von Ihnen."
schästig vom Stall her angewatschelt.
Die Thür zum Kuhstall stand aus. Er
war jetzt leer, die Kühe waren in den
Sommermonaten a": auf der Weide.
Aus dem Pferdestall lam ein Knecht
mit einem Gespann heraus. Das alles
ging Lena jetzt nichts an, da sie, Mitt
lers Rath folgend, die ganze Wirth
die Leute und sprach oft mit ihnen.
Am Pferdestall war die Wohnung für
einen verhetratheten Knecht. Da spiel-
Strande liegen und fischte oft
Abends.
Als sie sich getrennt hatten, ging
der sich vom Hause aus neben dcm Ge
hölz hinzog. Frau Bruhns hatte ihr
geklagt, daß das Wetter in ihrem klei
gelstimnien.
Man hatte Lcna vom Eßzimmer
aus im Garten gesehen. Hans Restow
öffnete ein Fenster, und als er sie am
Weinspalier stehen sqh, rief er über
müthig:
Sie nickte hinauf und lachte. „Seid
ihr beim Frühstück?" fragt sie. „Ich
komme hinein."
Als sie in's Haus trat, traf sie mit
sie, da er in Hut und Mantel war.
„Ja, gewiß, gnädiges Fräulein, ich
will Ihre Güte nicht länger in An
spruch nehmen."
„Hoffentlich haben Sie gefrühstückt."
Er bejahte und dankte ihr für di«
Aufnahm«. Dann ging «r, und sie
trat in's Eßzimmer. Dort waren alle
Serfammtlt und sprachen von dem
Fremden, etwas und nicht
lange, denn der Briefträger kam. Sein
schwerer Schritt knirschte auf den
Steinfliesen der Diele, Am gestrigen
Nachmittag war daS Schiff vom
Zestlande in L-mkendorf eingetroffen.
Dann ging de- am selben
Abend noch bis Westerhuk, übernachtete
dort und kam am nächsten Morgen
ziemlich früh nach Wulsershagen,
Alma und Betti stürzten hinaus, sowie
Nc ihn hörten, Restow folgte. Der
Briefträger lacht« und kcamte In seiner
Tasche.
großen Brief," sagte er zu Alma, in
der Ueberzeugung, ihr etwas sehr An
genehmes zu berichten.
Sie lächelte gezwungen. Die „ganz
großen" Briefe waren meistens Manu
skripte von Skizzen, die eii.e Redaktion
als ungeeignet zurückschickte. Den
Brief brauchte sie gar nicht erst zu öff
nen. Aber sie bekam auch angenehmere
Nachrichten, die sie, auf der Diele ste
hend, sofort las. Dann ging sie auf
ihr Zimmer hinauf, um ihre Korre
spondenz, sofort zu erledigen. Restow
hatte mehrere Briefe, mit d-nen er sich
vor die Hausthür zurückzog, um sie
dort, auf der Steinbalustrade sitzend,
zu lesen. Niemand ging leer aus, und
als der Briefträger all' seine Gaben
vertheilt hatte, schickte Lena ihn in die
Küche, damit er sich stärken solle.
Höge war später gekommen als die
anderen und frühstückte noch, während
er sein« Briefe las. Es war einer vom
Auswärtigen Amt darunter, den er
schon halb und halb ernartet hatte.
Er enthielt den Befehl für ihn, in einer
besonderin Angelegenheit nach Kopen-
Seine Jacht wollte er in Lemkendorf
lassen und sie erst, wenn er zurückkam,
was wohl kaum vor einigen Wochen
geschehen konnte, abholen. Als er es
den anderen sagte, herrschte große Be
stürzung und Trauer. Man war so
eingelebt miteinander, daß es einen
großen Verlust bedeut:te, wenn nun
einer fehlte. Lena sagte am wenigsten.
Sie stand am Fenster, und während sie
in den Garten hinaussah, dachte sie
Immerzu: „Er kommt ja wieder! Wie
gut, Jacht hier bleibt!"
überhaupt hier.
Betti meinte, man müßte ein Ab
schiedssest für ihn veranstalten mit
Bowle und Lampions.
„Wo wollen Sie denn di« Lampions
herbekommen, Berehrteste?" fragte Re
stow.
Sie machte ein lanc.es Gesicht. Höge
hatte einen anderen Plan. Er meinte,
er müßte heute Nachmittag seiner Jacht
wegen nach Lemkendorf, und schlug
nun vor, daß si- alle, wenn der Wind
gut wäre, in Buhns großem Boot hin
übersegeln wollten.
Der Borschlag wurde mit Begeiste
rung aufgenommen, nur die beiden
älteren Damen schlössen sich aus.
Wasserfahrten waren nicht ihr Fall, be
sonders Segeln nicht.
Das Boot strich bei günstigem
Winde an der Küste entlang. Es war
sonnig und sehr warm, da ikan schon
bald nach Tisch ausgebrochen war. Der
weiße Sand des hohen Ufers leuchtete
wie Kreide. Lena mußte daran den
ken, wie Mittlei ihr zuerst von Wul
fershagen geschri-ben hatte, er glaubte,
so ähnlich müsse Rügen aussehen. Sie
erzählte es, und Somm und Höge, die
Rügen kannten, sagten, der Vergleich
wäre ihnen auch schön gekommen. Im
Ganzen sprach man wenig, jeder
„döste" etwas vor sich die sonnige
Blättern in einem tiefen, satten Grün.
An einer sehr flachen Stelle hatte sie
eine losgerissen, sie aber enttäuscht
wieder fortgeworfen, denn sic fiel in der
Luft sofort zusammen und sah häßlich
schnellen Bewegung fortzuschießen. Es
war eine ganze Welt für sich dort un
ten, eine wunderbare, märchenhafte.
Das Ufer flachte sich ab. Man sah
dort war.
Westerhuk wuchte auf mit seinen
kleinen Häusern, am Strande lagen
Fischerboote, und Netze waren zum
Trocknen ausgespannt
D«r kleine Hasen von Lemkendorf
Abenden vom Wulfershagener
Strande aus sehen konnte. J«tzt leuch
tete er weiß in der Sonne.
sie ausgestiegen warm.
Dann gingen sie nach dem Schiffs
zimmerplatz hinüber, auf dem Höges
Jacht reparirt wurde. An zwei Boo
ten wurde gearbeitet. DaS eine war
fast fertig und wurde eben getheert, das
andere sah noch wie ein Gerippe aus.
Es roch nach Theer auf dem Platze und
säuerlich nach frischem Holz. Ueberall
'agen Sägespäne umher. Höges Jacht
stand, von beiden Seiten gestützt und
mit Segelleinen bedeckt, unter einem
Schutzdach. Die Reparatur war schon
beendet.
Harms, der Zimmermann, führte sie
hinüber und sprach mit Höge. Als er
dann di« Schutzleinwand entfernte,
standen sie alle bewundernd um die
schlanke, weiße Jacht herum. Es wurde
eine kleine Leiter angelegt, und Hog«
stieg hinauf, um die Reparaturen an
zusehen.
„Wenn es den Herrschaften Spaß
macht, die Jacht anzusehen," rief er
von oben hinunter, „aber, bitte, nur
immer einer zurzeit, sie steht nicht so
fest zwischen de. Stützen."
Natürlich wollte» sie sie alle gern
sehen, und er zeigte unermüdlich alle
Einzelheiten. Jeder kam begeistert
unten wieder an. Als er Lena in die
kleine, enge, für zwei Personen einge
richtete Kajüte hinunterführt?, sagte
„Schade, daß die Jacht auf dem
Sande liegt und nicht im Wasser, sonst
führe ich jetzt mit Ihnen davon, ganz
weit fort."
Ihre Hand ruhte noch in der seinen,
da er sie auf der steilen, etwas unbe
quemen Treppe gestützt hatte. Er faßte
sie ein bißchen fester, obgleich sie jetzt
gerade unten angekommen war und
eigentlich keiner Stütze mehr bedurfte,
und sah sie an.
Sie war befangen und athmete tief.
„Wenn man das so könnte weit,
weit fort von allem —'
Sein Blick litß sie nicht los, obgleich
Aind jetzt freigelassen hatte.
Ihre Augen tauchten tief ineinander,
dann wandten sie sich beide ab und stie
gen wieder hinauf, und von den reizen
den Wandschränken u,,d d:r entzücken
den kleinen Küche, von denen Alma
und B«tti noch den ganzen Nachmittag
sprachen, hatte Lena Thorbeck nichts
gesehen.
Mit dem Hafen waren sie jetzt
eigentlich fertig, nachdem Restow
ihnen noch die Herberge gezeigt batte.
in der Höge sich ein Zimmer hatte mie
then wollen. Sie schlenderten nun die
schmale Pappelallee hinunter, di« nach
dem etwas landeinwärts gelegenen
Lemkendorf führte. Unter
den Linden vor dem Hotel wurde Kaf
fee getrunken. entdeckte in ei
laternen. die er zu Bettis Freude er
stand. Run konnte Höge doch noch sein
Abschiedssest bekommen.
Als sie die Rückfahrt antraten, hatte
der Wind abgeflaut, und das Boot
glitt so langsam vorwärts, daß man
kaum ein Weiterkommen merkt«. Die
S«e war wie ein Spiegel und von
einem hell«,, zarten Blau, im Westen,
hinter Westerhuk und dem Erholungs
hause, färbte di- untergehende Sonne
den Himmel roth. Eine große Stille
lag über dem Wasser.
Schließlich mußten Hog- und Re
stow doch noch zu den Rudern greifen,
weil das Segel ganz schlaff wurde.
Lena nahm dafür Höges Platz am
Steuer ein.
Nun flog das Boot schneller dahin,
und als die Riemen in den Gabeln
knarrten und das Wasser ausspritzte,
wurden sie unwillkürlich alle etwas
lebhafter. Betti und Alma sangen ein
zweistimmiges Liedchen. Lena lehnte
sich mit dem Rücken gegen das Steuer
ruder und sah auf das Wasser. „Wenn
ich zurückkomme wenn ich zurück
wmme —" sagte Rhvthmus d«r
Manchmal glitt ihr Blick dann ver
stohlen über Konrad Höges schlanke,
'rastvolle Gestalt, über sein ernstes
Gesicht. Was hatte «r damit sagen
wollen? Wollte er sie dann auf sein
Lebensschifs nehmen und mit ihr da
vonfahren weit fort?
Sie schlang die Hände ineinander,
erst los«, dann immer fester. „Es darf
ja nicht sein, Konrad Höge. Komm
Mußte sie wirklich? Wenn sie es
ihm nun und Liebe
wzr und sich so sicher fühlte, daß
manchmal sogar fast vergessen konnte,
schien 's ihr selbst leichter.'
Sie hätte auf einmal aufjubeln mö
gen, lachen, sing-n, mit Jemand um
die Wette laufen, jedenfalls »?«t an»
dere eher, als hier still und unbeweglich
In dem engen Boo' sitzen. Ach, einmal
einen Menschen haben, der sie lieb
hatte! Nicht s? wie Somms, bei denen
doch natürlich die eigenen Kinder und
Enkel im Vordergrunde standen, und
die außerdem noch mit allerlei kleinen
Dingen ihres Lebens vollauf beschäftigt
waren. Nein, so lieb, wie nichts ande
res auf der Welt, so lieb, !,aß er alles
mit ihr theilte. Einen Menschen, dem
man einmal alles, alles sagen konnte!
Vielleicht war dann gar nicht mehr
so schlimm, wenn man es einmal alles
erzählen konnte, wenn noch Jemand da
war, der es nit trug!
Am Wulfershagener Strande stand
Bruhns an seiner Jolle. Seine Frau
kam gerade und brach e ihm noch An
gelschnüre, an den«n sie die Köder be
festigt hatte; di, Kinder liefen hinter
ihr her.
Als das Boot auf dem Strande
knirschte, fing Bruhns das Tau a 112,
das Höge ihm zuwarf, und zog es noch
weiter auf den Strand. Er stand mit
seinen hohen Stiefeln ganz im Wasser.
„Das war bloß ein? halbe Segel
partie," sagte Lena, „auf dcm Rückwege
haben die Herren rudern müssen."
„Dja," sagte Bruhns bedächtig und
sah auf die stille See und den wolken
losen Himmel.
„Wollen Sie noch Angeln auslegen,
Bruhns?"
„Heute müssen Sie doch wohl bei
ßen," meinte er.
„Dann vergesser. Si« mich nicht,
wenn Sie was fangen."
„Nee, Fräulein." Er schmunzelte
vergnügt, denn Lena war seine best«
Boot.
Frau von Somm und Frau von Bech
tritz und w'nkten mit den Taschen
tüchern.
„Jgittigitt," rief Betti mit krausem
Näschen, als sie die aufgespießten Re
genwurm» sah.
oben.
Abends war es doch sehr kalt m
Strandhäu°chen, so daß man nicht
lang« dort sitzen konnt:, aber es war
wölbte sich über dem Wasser, das sich
Unendliche auszudehnen schien. M»nch
kleine Welle auf, als wenn das Meer
im ruhigen Schlaf einen tiefen Athem-
Hoge nach kurzem Stillschweigen.
„Wissen Sie es noch?"
„Ja."
Lena lächelte im Stillen über seine
Frage. Als ob sie jemals, ach, jemals
ein Wort vergessen könnte, das er ge
sagt. All«? wußte sie ja noch, nicht
nur die Worte, auch den Tonfall, sei«
?Es hat einen gan> eigenen Reiz,
dies Fleckchen Erde." fuhr er fort, „ich
wüßte gar nicht, womit ich es eigentlich
vergleichen sollt«. Diese landschaftliche
Schönheit und dazu die Weltabgeschie
d>,nheit —"
„Es freut mich, daß Si- mich jetzt
verstehen. Ich habe Wulferihagen so
sehr lieb —"
was ihm den besonderen Reiz giebt.
Wulsershagen das sind Sie über
haupt. Es ist ganz erfüllt von Ihrer
Seele."
Sie gingen langsam, fast zögernd.
Der Sand knirschte leise unter ihren
Füßen. Und Höge dachte bei sich, daß
Abberufung so schnell kommen würde/
sagte er nach kurze. Pause. „Es wird
nir sehr schwer, jetzt fortzugehen, und
Höge." (Fortsetzung folgt.)
ttn?" Bräutigam sungl-
Fiir die Küche. <
Altdeutsche Hering!-?
ring darf nur einmal
weil er sonst zerkocht, die Eigenthum»
lichkeit der Sauce erfordert es jedoch/
daß die Heringsstückchen ganz bleiben.!
Darauf wird ein Löffel Mehl in et
was Wasser klar gerührt, in die
Sauce gegeben, etwas Pfeffer dazu
gefügt und alles noch einmal aufge
kocht.
Backobst mit Semmelkloß.
Das Backobst muß, nachdem es gut
mit heißem Wasser gewaschen ist, über
Nacht in kaltes Wasser gelegt werden,
damit es gehörig aufquillt. Man
kann auch den glasirten Tops oder die
Schlüssel mit dem Obst über Nacht,
len, wodurch das Aufquellen erleich
tert wird. Am anderen Tage wird
das Obst mit Wasser, dem man,
wenn es nöthig erscheint, noch etwas
zufügen kann, und etwas Zucker auf
gesetzt und ein Weilchen langsam ge
kocht. Zum Kloß rechnet man auf j«
2 Personen 4 altbackene Semmeln,
ein Ei und Unze Butter. Die
Semmeln werden geschält, so daß die
Rinde zurückbleibt, die man würfelig
schneiden und in Butter gelb braten
kann. Das Innere wird in Milch
geweicht, ausgedrückt und durch ei»
Sieb gestrichen. Nun wird die But
ter im Napf mit der Reibkeule weich«
gerührt; man fügt die Eidotter, die
geweichten Semmeln, beliebig auch
Zucker, die gebratenen Semmelwürfel
und den steifgeschlagenen Eiweiß
schnee dazu und formt von der Masse,
der man, wenn sie nicht hält, noch
etwas geriebene Semmel und ein
Kloß. Dieser wird in die Mitte de»
Backobstes gelegt, das natürlich gehö
rig Brühe haben muß, und muh
darin gar kochen. Die Kochzeit be
trägt ungefähr 45 —M Minuten.
Weiße Rüben. 4 Pfund Rü
ben werden sauber geputzt, gewaschen,
in kochendem Wasser einige Minute»
abgewellt, dann mit kochendem Was
ser, etwas Salz und einem Stückchen
Butter langsam weich geschmort.
Dann nimmt man die Rüben heraus,
verkocht die Brühe mit etwas in But
ter gar, aber nicht gelb gedünstetem
Mehl, fügt eine Tasse gut« Milch
oder süße Sahne, eine kleine Prise
Zucker, Salz und etwas Pfeffer hin
zu, läßt die Rüben darin nochmall
aufkochen, schmeckt ab und richtet sie
an. Dieses Gemüse kann nach Be
lieben mit feingehackter Petersilie ge
würzt werden.
Schinienbeefst«aks. Die
Reste eines rohen Schinkens, oder
die sich zum Aufschnitt nicht gut eig
nenden Stücke werden, nachdem man
die Schwarte und härtlichen Ränder
abgeschnitten hat, einen Tag in Milch
geweicht, dann gut abgewaschen, fein
gehackt und mit Pfeffer gewürzt.
Nach etwa zuzugebendem Salz muß
sorgfältig abgeschmeckt werden. Dann
Mehl bestäubtem Brett kleine Würst-
Schneeballen. Pfd. But»
dazu kommt 1 Pint Rahm, Pfund
feines Mehl hinzu, bis der Teig sich
beim Rühren von der Kasserolle los
bestreut.
Welsh Rabbit (rare bi t)
zu Bouillon. Man rührt
Pfund frische Butter zu Sahne, giebt
ebensoviel geriebenen Chesterkäse nebst
Masse. Mit derselben bestreichet man
breite Semmelscheiben und stellt sie s»
lange in den Bratofen, bis sie ganz
zerfließen und bräunlich aussehen.
Man servirt sie recht heiß. Als Bei
loge zu Fleischbrühe sind sie sehr b
liebt.