Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, April 08, 1909, Image 8

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    Die halbe Krone.
Novelle von B. M. «roier. Deutsch von
«. Bischer.
ES war ein schwüler Abend gegen
tkchluß der erschlaffenden Londoner
Saison. Eine dumpfe Atmosphäre
lastete auf der Stadt, und sogar die
Lust s-tiien erschöpft, während ein
Hageres junges Mädchen in schwar
ßtm Wollkleide langsam die Stufen
«iner Miethskaserne des nordöstlichen
Stadttheils hinaufstieg. Von einem
Personenaufzug ist bei derartigen
Häusern natürlich keine Rede, und
als das junge Mädchen endlich das
fünfte Stockwerk erreicht hatte, stand
sie Athem schöpfend still, ehe sie einen
Drücker hervorzog und die aus zwei
Zimmern und einer Küche bestehende
abgeschlossene kleine Wohnung betrat,
gm Wohnzimmer saß, über den Tisch
gebeugt, eine verblühte kleine Dame,
«ifrig damit beschäftigt, daS Muster
eines Spitzenkragens zusammenzustel
len, wobei sie die Zeichnung
dern Seit« drehte, um den Effekt zu
Als sie die Thür« gehen hört«,
schaute sie lächelnd auf und sagte:
.Nun, Mabel?"
„Nun, Mama?" widerholte die
Tochter. „Hier bin ich." Dann ließ
sie sich wie gebrochen auf d«n nächsten
Stuhl niedersinken.
„Du bist wohl sehr müde, mein ar
mes Kind?" rief Mrs. Eliot. „Gewiß
hast du einen fürchterlichen Tag hin
ler dir; selbst hier oben rührt sich ja
laum ein Lüftchen. Dein Abendessen
tvird im Handumdrehen fertig fein.
Ich bringe es dir sofort."
„O nein, plage dich doch nicht da
wit." Allein schon war die Mutter
geschäftig in die Küche getrippelt, wo
sie mit Tellern und Tassen zu Hanti
ren begann.
Mabel Eliot war ein hübsches, dun
keläugiges Mädchen von zweiund-
Dwanzig Jahren, weder groß, noch be
sonders schön gewachsen, sondern eher
«ine unbedeutende Erscheinung, nichtS-
Lchätzte Gehilfin in der KonfektionS
«btheilung des großen Geschäftshau
ses von Rosalind 6- Comp. Es war
UuSverkausSzeit. Zehn Stunden hatte
die Aermste auf den Füßen verbracht,
vnd nun war sie zum Weinen müde.
Mutter und Tochter lebten allein,
ohne sich ein Dienstmädchen zu hal
len. Mrs. Eliot lochte und besorgte
den Haushalt, die übrige Zeit klöp
pelte sie Spitzen, während Mabel d«n
ganzen Tag im Geschäft verbrachte.
Allein trotzdem das Leben der beiden
Frauen «igentlich ein fortgesetzter
Kampf war, so brachten sie es doch
fertig, sich glücklich zu fühlen, ihr ei
genes bescheidenes Heim zu erhalten
und sich schuldenfrei durchzuschlagen.
Eilig wurde ein Brett mit dem aus
zwei Eiern, einer Tasse Kakao, sowie
Brot und Butter bestehenden Abend
«sseii vor Mabel gestellt, die ihren Hut
abnahm, sich müde an den Tisch
schleppte und zu essen anfing.
„Nichts Neues passirt?" lautete
MrS. Eliots täglich wiederkehrende
Krage.
„Gar nichts", antwortete die Toch
ter, di« Tasse niedersetzend. „Nichts,
als das gewohnte Drängen und Bal
gen. Jedermann verläßt jetzt die Stadt.
Und was hast denn du den ganzen
Tag gemacht? Hoffentlich warst du
ausgegangen?"
„Nur bis zum Kramladen, mein
liebes Kind", antwortete die Mutter
mit etwas schuldbewußter Miene.
»Weißt du, es liegt mir so viel daran,
mit dem Spitzenkragen für Mrs.
Bennett vorwärts zu kommen. Es ist
doch ein tüchtiges Stückchen Arbeit.
Sie will mir aber auch dreißig Schil
ling dafür bezahlen."
„Wir würden ihr drei Guineen da
für anrechnen, während du dir dein
Augenlicht für ein Pfund zehn Schil
ling ruinirst und auch noch das Ma
terial dazugeben mußt!" brummte
Mabel. „Ach, nun ist mir wieder bes
ser", fügte sie, die Ellbogen auf den
Tisch stützend, hinzu, während sie ei
nen wohlgefälligen Blick durch daS
hübsche kleine Wohnzimmer schweifen
ließ. Als ihr Auge dabei auch aufs
Kamin fiel, fragte sie: „Bon wem
hast du denn einen Brief bekommen,
Mama?"
„Ach du mein Güte!" rief Mrs.
Eliot. „Richtig, den habe ich ganz
vergessen! So vertieft war ich in
meine Arbeit. Er ist ja für dich,
mein liebes Kind. Mit der Mittags-
Post ist er gekommen." Rasch war
sie aufgestanden und reichte ihn nun
ihrer Tochter über den Tisch hin
über.
„Woher der nur fein mag?" mur
melt- das junge Mädchen, ihn herum
drehend.
„So mach ihn doch auf, dann wirst
du «s gleich sehen."
Einige Minuten schwiegen beide,
dann sagte Mabel: „Nun höre bloß;
es ist ein Brief von Tante Jane Mac-
Curdy."
„Jane MacCurdy!" wiederholt« die
Mutter in ungläubigem Tone. „Wo
her weiß sie denn ülerhaupt etwas
von unserer Existenz?'
„Alles weiß si«, sogar von mir, wi«
du gleich hören wirst." Und Mabel
„Glenorchy Lodge, Callander N. B.
Liebe Nichte!
Du wirst erstaunt sein, ein Brief.
chen von mir zu bekommen, zumal,!
da ich seit meiner Verheirathung mit'
JameS MacCurdy keinen Verkehr
mehr mit den Eliots hatte. Für meine
Familie war ich ja von dem Augen
blick an gestorben, als ich einen Spe
zereiwaarenhändler heirathete. Mein
Gatte der beste aller Männer
gehört« der Kolonialwaarenbranche in
Glasgow an. Vielleicht war es der
Schinken, den die lieben Verwandten
nicht schlucken wollten. Nun, jetzt ist
er todt und kann bei niemand mehr
Aergerniß erregen. Er hat mir
recht viel von den Gütern dieser Welt
hinterlassen, und nun ich bei Jahren
sagte, in beschränkten Verhältnissen
gestorben, auch höre ich, daß Du als
Verkäuferin in einem Modewarenge
schäft angestellt bist. Du kannst also
nicht auf Deine Tante herabsehen, die
die Besitzerin von sechs der schönsten
Spezereihandlungen in Glasgow ist.
besuchst, damit ich sehe, ob wir Ge
fallen aneinander finden. Sollte das
nicht der Fall sein, so schadet es^ja
dann kann sich für uns beide was
Gutes daraus entwickeln. Ich sag«
Dir im voraus. Du wirst eine recht
häßliche, hausbackene Frau in mir
finden. Bitte Deine Mutt«r, daß si«
mir D«in« Gesellschaft eine Woche
Mittwoch dem ersten August, zu mir.
Deines Vater älteste Schwester
Janet Eliot MacCurdy."
„Ist das nicht ein seltsamer Brief?"
sagte Mabel, ihn ihrer Mutter hin
haltend. „Eigentlich hätte sie dich doch
mit einladen sollen. Allein gehe ich
natürlich nicht, und so werde ich ihr
gleich abschreiben."
„O, liebe Mabel, so thöricht wirst
du doch nicht sein", protestirte MrS.
Eliot. „Deine Tante meint es gut
und reicht dir den versöhnenden Oel
zweig."
„Ein Check wäre in diesem Fall
angebrachter. Mein« Reise nach
Schottland würde in der dritten
Klasse hin und zurück fünf Pfund
losten. An besseren Kleidern fehlt eS
mir auch, und überdies soll ich ja
nur „zur Probe" geschickt werden.
Nein, nein, liebe Mutter, ein« solche
Reife könn«n wir wirklich nicht er
schwingen."
„Ich habe ja aber fünf Pfund da
liegen, die ich gut entbehren kann.
Und was deine Kleider anbelangt, so
hast du doch dein neues Jackenkleid
und einen schwarzen Rock mit weißer
Bluse für den Abend. Schreibe nur
und nimm die Einladung an, mein
liebes Kind. Thu's mir zuliebe. Ja
net ist zwar immer eigenthümlich ge
wesen und hat mit ihrer Heirath
sämmtliche EliotS vor den Kopf ge
stoßen, trotzdem habe ich deinen Vater
sagen hören, die sei seine Lieblings
schwester und, von einigen Verdreht
heiten abgeskhen, eine kluge und gut
müthige Frau."
nach zwei Tagen schon wieder einge
hende Kiste! Und mit diesen fünf
Pfund könnten wir beide eine ganze
bad verbringen. Ach Mütterchen, du
brauchst so nothwendig eine Luftver
änderung. Denke nur an die schönen
langen Faulenzertage am Strand mit
einem hübschen Buch. Und sogar eine
Bootfahrt könnten wir uns ab und zu
leisten."
„M«in liebes Kind, nicht in die
sem Jahre. Nun laß mich dir auch
men, mir würde nun plötzlich etwas
zustoßen, so hättest du keine Seele
auf der Welt als deine Tante Flint
und deren Familie. Nun weißt du
aber doch selbst, daß dies« nie sehr
verwandtschaftlich gegen mich gesinnt
ihren Beifall hast."
gestellt bin, lieb« Mieter."
leben in der Welt. Wohl laden sie
versuchen. FlintS sind überdies fast
ebenso arm als wir, liebe Mutter,
denn sie müssen den äußeren Schein
wahren. Wie entsetzlich muß das sein,
wenn das Geld knapp ist! Und bei
Onkel James ist das Geld bekanntlich
immer knapp. Violet hat niemals ei
nen Penny und läßt sich, wie du
weißt, von mir Hüte garnieren und
Blusen modernisiren."
„Ich begreife nicht, wie sie die
Frechheit haben kann, auch noch deine
handeln!"
„Ach, Mutter, du hast gar keine
Nachsicht mit ihr! Die arme Vi ist
eben verwöhnt. Horch, es klingelt!
Wer mag zu dieser Stund« noch kom
men? Es ist ja schon acht Uhr vor
über."
ch«n und Scherzen erklang, als sie
ihr« Cousine Violet und den Vetter
Montague hereinführte. Violett war
ein großes, schmächtiges, nach der al
lcrneusten Mode gekleidetes junges
Madchen, obwohl ihr Staat etwas
verblichen aussah. Sie trug ein reich
mit Falbeln verziertes Musseliirkleid,
einen Rembrandthut, ein Perlenhals
band und schmutzige weiße Hand
schuhe. Ihr breites, aber hübsches Ge
sicht war von reichem braunem Haar
umrahmt. Dabei hatte sie schläfrige
blaue Augen und einen ganz beson
deren sogenannten Eliotschen Mund,
dem sie, wie behauptet wurde, vor al
lem daS Recht auf Bewunderung und
Beachtung verdankte.
„Du bist gewiß überrascht, Tante
Edith," sagte sie, sich auf einen Stuhl
werfend, „mich bei nachtschlafender
Zeit hier zu sehen, aber ich wollte
Mabel gerne zu Hause antreffen. Wie
ich sehe, ist sie eben mit dem Essen fer
tig," fuhr sie, «inen verächtlichen
Blick auf die leere Tasse und die
Eierschalen werfend, fort: „Ich kom
me nämlich mit einer großartig:»
Neuigkeit."
„DaS freut mich," erwiderte Mrs.
„WaS sagt ihr dazu! Denkt euch,
nächsten Mittwoch reise ich nach
Schottland. Ich habe «ine Einladung
von der närrischen alten Tante Jan«,
der SpezercihändlerSwittwe, erhalten.
Heute früh ist der Brief gekommen.
lernen, und schon fühl« ich mich als
ihre Erbin und ihr Abgott."
„Dann vergiß nur dein liebes Brü
derchen Montague nicht", warf der
junge Mann grinsend ein. „Wir beide
sind ja doch immer gut« Kameraden
gewesen, Vi. Du mußt eine Jagdein
ladung auf nächstes Jahr für mich
herausschlagen."
„DaS wollen wir erst mal sehen.
Vor allem muß ich einige von meinen
Rechnungen bezahlen. Nun also, Ma
bel, ich möchte nämlich so gerne, daß
„Ich wußte nicht, daß Engel auch
Hüte machen", bemerkte ihr Bruder.
„Weißt du, ich habe keinen Augen
blick zu verlieren," fuhr das jung«
Mädchen, di« Unterbrechung abweh
rend, fort. „Heute ist schon Freitag,
da bleibt mir nur wenig Zeit zu
d«n Vorbereitung««, und ich muß doch
gleich einen guten Eindruck machen.
Um zehn Uhr Vormittags fahr« ich
von der Station King'S Croß ab.
Papa wünscht nämlich nicht, daß ich
bei Nacht reise."
„Das trifft sich ja ganz gut", be
merkte Mrs. Eliot di« das Servier
brett beiseite gestellt hatte, „du und
Mabel können dann zusammen reisen.
Auch sie hat eine Einladung von ihrer
Tante bekommen."
„WaS", rief Violet, dunkelroth wer
dend, „du willst doch nicht sagen, du«
sie dich auch eingeladen bat?"
„Doch; jetzt eben habe ich ihren
Brief gelesen", erwiderte Mabel, „und
mir überlegt, ob ich die Einladung
annehmen solle."
„Es ist eine große Ausgabe. Da
ran denkst du wohl nicht?" sagte Bio
let mit nicht nur fragendem, son
dern mit geradezu anmaßendem Blick.
„Die Mutter wünscht, daß ich sie
annehme."
„Das begreif« ich nun wirklich
nicht. Du würdest dir dort überdies
deplazirt vorkommen. So viel ich
weiß, hat Tante Jane einen wunder
vollen Sitz, einen ganzen Diener
schaststroß, viele Gäste und überhaupt
«inen lebhaften gesellschaftlichen Ver
kehr lauter Dinge, die dir ganz
„Das ist allerdings wahr", gab
Mrs. Eliot zu. „Mabel hat noch nie
mals irgend welche Vergnügungen ge
habt, um so »zehr ist es jetzt an der
Zeit, sie nachzuholen und Bekannt
schaften zu schließen. Ich habe be
stimmt, daß sie ihrer Tante schreibt
und die Einladung annimmt. Sie
reist also am Mittwoch Vormittag
nach Schottland ab, und zwar dritter
Klasse."
„Dann wird sie jedenfalls nicht
mit mir reisen", rief Violet. „Ich kann
unmöglich dritter Klasse fahren, wo
man sicherlich mit greulichen Leuten
könn«, uns ja dann in Edinburg
treffen falls Mabel wirklich hinge
hen follte."
„O ja, sie wird wirtlich hingehen,"
wiederholte die Mutter mit ruhiger
Entschiedenheit. Und da Mabel jetzt
Flint war zufällig ganz besonders
schlecht bei Kasse und trennte sich nur
bitter ungern von der Fünfpfundnote,
gen. Ihren Großstadtaugen bot sich
Morl MinsterS, New
casile und Berwick, die bis dahin blo-
ße Namen für sie gewesen «irren/
den besten Platz, die Zeitungen uns
die Reisedecke als etwa? ganz Selbst
verständliches. Uneingeweihten gegen
! sende Dame hätte halten können, denn
MabelS Anzug war einfach, ihr We-
sen gefällig und bescheiden. Es ver
> droß diese indeß nicht wenig, mit an-
hörxn zu müssen, wie Violet die Leute
anschnauzte, sich hi^
hübschen jungen Manne (einem herr
schaftlichen Diener!) zu tokettiren.
Nachdem die beiden Cousinen di«
Nacht in Edinburg verbracht hatten,
schlenderten sie noch durch die schöne
Prinzeßstreit, ehe sie nach Callander
weiterfuhren. Auch auf dieser Seiten
linie war ihr Coupe dritter Klasse bald
gedrängt voll von Bi«hhändl«rn, Tag
löhnern und lärmenden Burschen, die
sich zu irgend einem Sportfest bega
ben. Violets Haltung und Miene
war jetzt die eines Menschen, der in
eine von der Pest heimgesuchte Be
warf ihrer Cousine vielsagende Blicke
zu und drückte sich, das Taschentuch
vors Gesicht haltend, tief m ih« Ecke.
In Falkirk stieg di« ganz« Schaar
aus, allein der Platz neben Violet
wurde sofort von einer ungeheuer
dicken, kurzathmigen alte:. Frau in
Schwarz eingenommen. Ihr Kleid
war zwar anständig und nicht zerris
sen, aber sie trug Zwirnhandschuhe
und Slraminpantoffeln, und in der
fchentuch, in das ein großer Vorrath
von allerlei Gemüsen eingebunden
war. Sich den Schweiß abtrocknend,
schaute sie sich um und redete Violet
dann plötzlich im breitesten schotti
schen Dialekt an: „Sagen Sie mir,
bitte, bin ich wohl hier recht nach
Doune?"
Violet antwortete aber nicht, son
dern starrte die Alte mit ihrem hoch
müthigsten Ausdruck an.
„Wären Sie so freundlich, mal
rauszugucken und den Schaffner zu
ist?" suhr die Alte fort, ohne sich im
geringsten einschüchtern zu lassen.
„Ich verstehe Ihre Sprach« nichts,
si« selbst auf. Ihr Körper füllte
Thür und Fenster vollständig aus,
während sie hinausrief: „He, Al
terchen, bin ich im rechten Zuge nach
Doune? Ist daS die Richtung nach
Doune?"
Plötzlich sich der Zug in Be-
I »Ich glaube, Sie sind im richtigen
Zuge," sagte Mabel, di« in einem
Fahrplan nachgeschaut hatte. „Wie
> ich sehe, kommt Doune unmittelbar
! vor Callander, und dorthin reisen
wir."
> „Danke schön, liebes Kind", sagte
die Frau und begann nun ängst-
Thränen ausrechend, stieß sie unter
fürchterlichem Schluchzen hervor: „O
MädelS, ich bin in schrecklicher Be
drängniß. Meinen Geldbeutel habe ich
den?" Dabei wandte sie sich ganz spe
ziell an Violet, die diese halbausge
sprochene flehentliche Bitte mit eisigem
Blick erwiderte.
ich machen ohne einen einzigen Pen
ny?" Zugleich zog sie ein schmutzi
ges Billet dritter Klasse für ein« ein
fache Fahrt hervor und besah eS unter
Violet wandte sich jetzt spöttisch ad
lein die beharrliche Alte setzte sich ihr
gegenüber und fuhr fort: „Könnten
Sie mir denn nicht beistehen?"
Violet geruhte jedoch nicht zu ant
worten, sondern schloß gelangweilt
die Augen.
sind Sie doch sicherlich nicht bei Kasse,
daß Sie nicht «iner armen Frau mit
! «iner halben Krone aushelfen könnten.
I — Sie in ihren schönen Kleidern!"
fügte sie laut schluchzend mit erhobe-
ner Stimme
also nicht b«isteh«n, junges Fräu
lein?"
lein sie kurz ab.
„Na, das ist merkwürdig! Sehr
merkwürdig!" rief sie.
Violet schaut« unausgesetzt zum
Fenster hinaus und gab k«in« Ant
wort, wähdind die Alte, noch immer
scharf das abgewandte Gesicht des
jungen Mädchens, sowie deren üppi
gen Blumenhut anstarrend, fort
fuhr: »An Ihrer Stelle wäre ich nicht
so hartherzig gegen einen Mitmen
schen. Wie soll nun eine arme alte
Frau, die nicht gehen lann, wieder
heimkommen?"
Von vlötzlicher Wuth gepackt, stand
Biolet jetzt auf, stürzt« ans andere
Ende des Coupes, wo ihr« Cousine
saß, und bemerkte mit lauter, klarer
Stimme: .Die Alte ist entschieden be
trunken si«h nur die rothe Nase!
t«r Giite reist!"
„Dann steht vielleicht das «Dienst
mädchen mir bei", bat die beharrlichste
nun «b«nsalls d«n Platz wechselte und
Mab«l scharf ansah: „W«nn Sie mir
nur wenigstens eine halbe Krone ge
ben könnte, liebes Kind, das wäre
schon ein« groß« Wohlthat für mich,
und Ihnen würd« es vielleicht S«gen
bringen," sagte sie mit lauerndem
Blick.
dessen Inhalt sie in ihren Schoß schüt
tete. Es enthielt einen halben Sove
r«ign,eineßückfahrtkart« dritter Klasse,
Krone.
„Du wirst doch lein Narr sein",
wies Violet sie zurecht. „Das ist ganz
gewiß «ine alt» Betrügerin, die das
putzt!"
„Nein, nein, sie ist sicherlich in
Noth", widersprach Mabel. „Es
muß kein Spaß sein, auf der Reise
nicht «inen Penny in d«r Tasch« zu
ben."
Damit legte sie die halbe Krone in
die mit fettig«. schwarzen Hand
schuhen bekleidete Rechte der Alten.
Kind," sagte die Frau. „Sic werden
dies Werk der Barmherzigkeit nie
mals bereuen. D«r Arme muß dem
Armen helfen!" Und da der Zug
jetzt in die Station Daun« einfuhr,
keit aus.
„Wi« konnt«si du so schwach s«in,
Mabel", bemerkte ihre Cousin«, „und
dein Geld wegschweißen, als seiest du
ein« Millionärin! Tante Jane wirü
wohlgemeinter Irrthum", entgegnete
Mabel. „Ich riskiere es lieber, ange
führt zu werden, als daß ich einmal
schien. Ihre Identität stand außer
sehr viel daran, zu erfahren, was für
ein« Art Mädels ihr ohne eur« beste
Besuchsmiene seid. Und so habe ich
mich ein bißchen zurechtgestutzt und
„Nun, Violet Flint, ich hab« dir
Gelegenheit gegeben, dein Glück zu
machen. Mabel aber ist daS Mäd
chen nach meinem Herzen. Wir wollen
dnien niemand in das Geheimniß ein
geweiht. Ich möchte gern', daß itz»
eur« Ferienwoche recht genießt, kom«?
Zimmer zeige."
Tante Janet hat sich iiberaschend
sen. Mabel Eliot und ihre Mutter
den einen glücklichen, harmonischen
barsten Schätzen bewahrt Mrs. Mac
> Curdy «in abgegriffenes Halbkronen
stück.
Dt« Rase »I« S««lenspieg«l.
Di« „Nasologie", das ist, so schreibt
, verräth. Eine scharfgeschnittene, spitze
i Nase dagegen läßt aus Selbstsucht
> und Bosheit schließen. So trägt «in
Jeder das Merkmal seines innersten
Wesens im Gesicht geschrieben: die
orientalisch«!, Frauen waren darum
vielleicht sehr klug, als sie zuerst ihr
Gesicht dicht verschleierten! ....
»om Ursprung Theepfta«»«.
den Ursprung der
lischen Reiches ein Eremit, der seine
ganze Zeit andächtigen Gebeten und
heiligen Nachtwachen widmete. 'So
sehr er indessen auch bemüht war,
alles Irdische von sich abzustreifen
und sich nur der Verehrung des Al
lerhöchsten hinzugeben, gelang es ihm
doch nicht immer, dem unwiderstehli
manchmal inmitten seiner andächtigen
Bußübungen die Augen zufielen. Dies
betrübte und ärgerte ihn in solchem
Maße, daß er eines Tages in einem
Anfall von Wuth g«gen sein eigenes,
schwaches Fleisch zum Messer griff
und seine Augenlider bis zum Rand«
der Augenhöhlen abschnitt. Aber diese
Handlung war von einem Gott
beobachtet worden, der augenblicklich
an der Stell«, wohin das blutende
Augenlid gefallen, einen Theestrauch
emporschießen ließ, dessen Blätter zur
Erinnerung an die That des Er«mi
sehenen Augenlides haben und zu
gleicher Zeit die Fähigkeit besitzen, Er
müdung und Schlaf abzuwehren.
Sin »er<i»mt.^««ach.°»t«mu..
Ein sehr verbreitetes Bild „Kaiser
Karl V. im Kloster San Duste" zeigt
den ehewaligen Monarchen, in dessen
beschäftigt, Pendeluhren zu reguUren.
Richtig ist, daß Karl sich im Kloster
mit Uhrmacher« beschäftigte. Mit
Anstand, ihn unter die Illustrationen
zu seiner „Geschichte der Deutschen"
aufzunehmen.
Gewöhnt. Wirthin: „Von
„Die geben wir dem Herrn Apotheker,
Protest. Heirathsvermittler:
„O, die nehmen Sie; Sie passen
Schlechtes Gewissen.
ten vorsetzt): „Ah, das ist ja ein deli
kater —" Kellner (einfallend):
„Entschuldigen Sie, gnädiger Herr.
eS ist wirklich ein Hase!"
Der SohndeSFachman
n e S. Söhnchen: „Vater, heute habe
ich in der Chemie ein Lob vom Leh
rer gekriegt!" Vater (Weinhändler):
„So, was hast Du denn gewußt?"
Söhnchen: „Ich hah' erzählt, wie der
Wein verfälscht wird!'
Sei Freu.d'. „Ha, Sipperl,
aeh, sag', was magst amal wer'n?
Ä Metzga, a Schuasta, a Schneida,
a Bäcka?" „Kaminfega, Vater,
deeS wur' i' halt gern!" „Warum
denn?" „Da ko' i' die Kinder er
schreck«.*
Der Knicker. Arzt: „Wa»
haben Sie denn gestern Abend ge
gessen?" Patient (der einen schlech
ten Rock angezogen hat und in die
Hause, ich war eingeladen!"
Individuell« Anschau
ung. Richter: „Zuerst behaupten
Sie, es sei ein herrlicher Tag gewe
eS in Strömen geregnet hat; wie
reimt sich das zusammen?" Zeugin:
„Ein herrlicher Tag war es insofern,
Wirth (als er sieht, daß ein
Gast Selterswasser in den Wein
gießt): „Hm es fehlt also immer
yoch!"
— M a ch t d e r G e w o h n h e i t.
Rücken, während Du sprichst." Kom
merzienrath: „Habe ich auch schon
versucht; da schauen sie mir wieder
alle nach."
„Mir wird unwohl! Halt! Ich will
aussteigen."
Feindliche Korrektur.
Lehrer: „In Deinem Aufsatz über
das Wasser schreibst Du nur über
den Schaden, den es anrichten kann.
Du aber nichts!" Schüler: „Ich
Backfisch (einen Leutnant in
Civil sehend): „Ach Gott, wie ein
Mensch nur so herunterkommen
Grund. „Der reiche Müller
hat also keine Aussicht, wieder ge
sund zu werden?" „Nein, er hat
sich ja einen Hausarzt beigelegt!"
Anspruch»»«!!.
Wirthin, wenn schon
Haare in der Supp« sein müssen, so
geben Sie sie wenigstens in ein Me
daillon!''