Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, February 04, 1909, Image 6

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    Hrdbebe«- nnd Fehdestättc.
Hur (»«schichte de? Reelfoot Tees. W»
sich die SchreckenSthat der Tennessee'r
! „Nachtreiter" abhielte. Schöner
und unheimlicher Wasserkiirver. In
(krderschLtterunften aedoren und Ge
«enstaiid vieler Processe »nd Tragi
die».
Die Neuigkeiten - Spalten der Zei
tungen haben Vieles von den Ten
«ressee'er „Nachtreitern" jüngsten Da
tums berichtet und von den Processen,
welche aus der gewaltsamen nächtli
chen Entführung von Eapt. Rankin
tund Oberst Taylor und der Tödtung
ides Ersteren hervorgingen.
Diese Tragödie war aber nur eine
von vielen, ivelche sich an di« denk
würdige Geschichte des Reelfoot-Sees
und seiner nächsten Umgebung knü
pfen, wo nicht nur menschliche Jnte
«ssen sich viel befehdet haben, sondern
«uch die Natur selber manchmal in
wildem Aufruhr gewesen ist; mit ei
nem solchen Aufruhr wird auch die
des Sees in Verbindung
gebracht. Davon sei nachstehend eini
zes Nähere erzählt.
' Der Reelsoot-See, der größte im
Staate Teunessee, ist «in Thtil der
sogenannten „Sunk Lands" der Mis
sissippi - Nuderungen. Diese Lände
teien umfassen mehrere Tausend
Öuadratmeilen zwischen Eairo, Jll.,
und Memphis; und nach allgemeiner
Annahme haben sich bei den großen
iErderschütterungen von New Ma
drid, 1811 auf 1812, di«f« Striche
sehr bedeutend gesenkt, wobei das
Wasser in großen, aber flachen Becken
zusammenlief, welche >Äen bildeten.
Auch der St. Francis-See in den
Wumpfländereien von Arkansas und
Missouri, auf der westlichen Seite des
Mississippi, wird hierzu gerechnet.
Aber der Reelfovt-Se« ist der bedeu
tendste auf der östlichen Seite. Er ist,
«bgesehen von seinem Weichbild, etwa
Z 5 Meilen lang und von einigen
Hundert Fuß bis zu über vier Meilen
breit.
Schon vor fast hundert Jahren
wurde der Name Reelfoot- oder
„Taumelsuß" - Land gemünzt.
Jäger nannten die ganze Gegend so,
-eben wegen der häufigen Erdbeben,
welche 1811 und in den zwei oder drei
nächstfolgenden Jahren wirklich so
stark waren, daß man „weder stehen,
noch liegen konnte".
Und bis zum heutigen Tage dauern
diese gelegentlichen Erderschiitterun-
fort, obwohl sie nicht mehr sc
heftig werden. Ihr« Wirkungen be
schränken sich darauf, ein paar Acres
Land in den Mississippi hinein zu
rütteln an welchem auch in ruhi
oen Zeiten Lanorutsche leider nichts
so Seltenes sind einige Kamine zu
zerstören und den Wollköpfen von
Lake County Schrecken einzujagen.
Ungefähr ein Halbdutzend Mal jedes
Die weiße Bevölkerung der Gegend
hat sick nachgerade daran gewöhnt,
diese Aufrüttelungen die in den
meisten anoeren Theilen unseres
Landes auch in ihrer abgeschwächten
Form für recht heftig gelten würden
- förmlich zu den Attractionen die
ses Landes zu rechnen, und verweist
Fremde, welche zufällig Zeugen einer
solchen Landschastsrollerei werden,
mit echtem lokalpatriotischem Stolz
darauf. Und hin und wi«der, so be
sond«rs im Jahre 1898, sind diese
Erschütterungen Wieoer bedeutend
stärker geworden und haben u. A.
ouch das Cloaken-System von Mem
phis schwer beschädigt. Die Cisternen,
auf welche die Bewohner der „Ver
sunkenen Ländereien" für ihren Was
serbedarf angewiesen sind, können
wegen der sich jedes Jahr wiederho
lenden Erschütterungen nicht aus Ce
ment gebaut werden.
Aber dies Alles bleibt weit hinter
den Schreckensscenen zurück, welch«
sich in den D«c«mbertagen von 1811
und den Januar- sowie noch theil
weise in den Februartagen von 1812
<>bspi«lten, und worüber noch eine
Reihe beglaubigter Berichte vorliegt,
besonders von Mississippi - Bootsleu
ten oder Passagieren solcher, unter
denen wir auch dem Namen Roosevelt
„Wochenlang rollte die ganze Erde
wie ein Meer," heißt es in einem die
ser Berichte. Zugleich hört« man Ge
töse wie von fernem Donner, und
die Atmospbäre war ganz von schwe
felizen Dünsten gesättigt, welche voll
kommene Dunkelheit verursachten!
Der Mississippi wich abwechselnd von
seinen Ufern zurück, während oie
Wasser nach der Mitte berghoch stie
g«n, und schoß dann mit furchtbarer
Wucht weit über die Ufer. Alles mit
sich fortreißend. Viele Boote, deren
Insassen meistens vorher die Flucht
«rgrisfen hatten, wurden weit fort
geführt und zerstört. Eine Anzahl
Menschen kam etliche starben
durch bloßen Schrecken. Die Stätte,
wo New Madrid steht, senkte sich um
mindestens IS Fuß. Während sich
Seen bildeten, vertrocknet« wicoerum
eine Anzahl Teiche, indem ihr Bett
sich höher hob, als ihre G«stad«.
Tandmassen, welche aus Löchern in
der Erde förmlich emporkochten, ver
schütteten Hunderte von Acres.
D«r heutige Reelsoot-See hat eine
sehr unregelmäßige Strandlinie und
diele Buchten und Arme. Da und dort
ist er ein reizendes Stückchen Natur.
bei schönem Wetter wenigstens. Aber
er hat beständig gefährliche Partien,
von Menschen und Maulthieren und
sogar von Schweinen sehr gemieden
wird, nicht wegen Wassers, son
dern wegen tückischen Sumpfes und
Dickichts, in welches der See hier all
mählich übergeht.
Uebrigens ist der ganze See mehr
oder minder mit grauen Stumpfen
eines todten Waldes bedeckt; vielfach
ragen dieselben so dicht empor, daß
man noch keine Viertelmeile weit
sehen kann. ES gehört ein Compaß
dazu, sich in dieser Wildniß zurecht
zufinden. Sogar alte Fischer haben
sich mitunter darin verirrt und, wenn
sie mit ihren Nachen vom Sturm
überrascht wurden, ihr Leben verlo
ren! Es ist. als ob die CormorantS
oder Wasserputer, welche von Baum
ästen ringsum mit melancholischer
Stimm« schreien, uns diese Geschichten
Aber ein höchst anmuthiges Bild
bieten die amerikanischen Lotusblu
nien, welche hier in ihrer vollste»
Schönheit wachsen. Die breiten grii- !
nen Blätter wiegen sich auf dem
Wasser, während die duftigen Blü- !
then lieblich emporragend uns be
grüßen, man möchte fast sagen,
es sei hier soeben Gräberschmückung
auf einem -großen Friedhof gewesen.
In Ueberfchwemmungszeiten kann
übrigens die eigentliche Wassersläcke
d«s Sees weit größer werden, als
oben angegeben wurde; sie kann von
15,000 Acres (oo«r 25 Quadratmei
len) auf 50,000 kommen, ja nach den
Angaben Mancher auf 80,000.
Aus der südlichen Seite verliert sich
der See ebenfalls in eine dichtver
schlungene Wildniß, ~TH« Scatters"
genannt, mit vielen dunklen Winkeln
und reptilwimmelnden Morästen. Nur
Jäger und Fallensteller besuchen die
sen Strich hin und wieder. An seinen
beiden Enden hat der See Verbin
dung mit dem Mississippi; und schon
in den ersten Erwähnungen diese-
Sees wurde die Vermuthung ausge
sprochen, daß früher oder später der
Haupltheil des Stromes hier durch
fließen nzerde.
Auf der Eisenbahn-Seite des Sees
liegt Union City, und auf der Mis
stssippisluß-Seite Tiptonville. Diese
beiden, anläßlich der neuesten Schre
ckensthaten und Processe vielgenann
ten Städtchen verdanken ihre Existenz
der Baumwoll-Jndustrie; sie sind et
wa 20 Meilen von einander entfernt
und durch eine Kutschenlinie verbun
den, welche an der südlichen Seite
des Sees entlang durch daS nördliche
Ende der „Scatters" geht und bei
trockenem Wetter einen leidlich guten
Weg bildet. Allenthalben ringsum,
wo Land hoch genug liegt, uni
Das älteste Geschäft um den Reel
sootfee herum ist Fischerei, in Verbin
dung mit der Jagd auf Wasservögel.
Der See ist reich an Barschen, Hech
ten und anderen Fischen und war es
früher noch viel mehr; und die mei
sten Umwohner leben ausschließlich
von diesem Fischfang und dieser Jagd
und betrachten ihre Ausübung als ihr
Zeiten verdienten sie in der besten
Fischsaison bis zu PSO pro Woche
und Mann; aber wie gewöhnlich ver
ihrer Mittel, sich Alles dienstbar zu
schäftlichen Möglichkeiten dieser Waf
iiber 40,000 Acres Land, und er bot
Alles auf, den See und seine Umgr
geraume Zeit hauptsächlich, brannte
er steuerflüchtigen Whis
key, und diese „Mondscheinlerei"
brachte ihm wahrscheinlich den größ
ten Theil seines Reichthums, verwi
ckelte ihn aber auch In Händel mit
Auch der jüngere Harris ist nicht
an die „West Tennessee Land Co."
manches Andere haben. Ja, er wollte
überhaupt Alles, was er sah oder ali
Möglichkeit erschaute! So machte er
diesen ehemaligen Tummelstätten von
! Vogelwild.
Als er aber ohne alle Umstände
fische». H -z 'ch!
und Enden aus.
! Er entschloß sich auch, einen Fisch
> und Jagdhändler am See zu statio-
und Vögel einzusacken. Auch laufte er
theilweife seine Gegner auf. I. C>
Burdick, welcher den Widerstand ge
gen die Harris'schen Ansprüche ge
raum« Zeit geführt hatte, wurde eines
schönen Tages sein Jagd- und Fisch
käufer und wurde damit bei seinen
als Harris selbst!
! Mit aller Macht wurde darauf
Ben. Aber die kleinen Fischers- und
Jägersleute wehrten sich hartnäckig
und organisirten die „Obion Fish
Harris'sche Fisch- und Jagd-Kauf
system. Wer sich mit dem letzteren
, abgab, der war gezeichnet,
j Es gab nun erst recht hitzige Käm
pfe in den Gerichtshöfen um das
Recht, die Vogel- »nd Fischbeute des
SeeS zu conlrolliren, deren geldlicher
Werth noch immer auf etwa Z7o,o<X>
pro Jahr geschätzt wird. Einhaltsbe
fehle, Gegeneinhaltsbefehle, Bürg
schaftsstellungen usw. jagten sich,
, Aber die Harris'schen Interessen hat
ten das meiste Geld, und schon oer
! alte Harris der übrigens erst 1903
in der Ludwigsstadt das Zeitliche sez
, netc, glaubte an das „Todtprocessi
ren".
Um den Zweck, für welchen die
Trockenlegung des Sees geplant ge
wesen war, auf andere Weise grv
ßentheils zu erreichen, arbeitete Rich
ter Harris auf eine große Damm-
Anlage hin. Er erkannte, daß, wenn
der Mississippi verhindert werden
könnte, jedes Frühjahr in den See
zu fließen, an die IS,OOO Acres
Sumpf- und Röhricht-Land im See
becken geklärt und mit höchst günsti
gen Aussichten cultivirt werden könn
ten. Daher organisirte er eine
.Damm - Commission" und reichte
diesbezügliche Gesuche bei der Mis-
tzen, und schon sind
Damm-Commission in's Stocken. Es
war den Landbesitzern des ganzen
Cvuntys eine Steuer für den Damm
auferlegt worden, und sie hatten kein«
Lust, dieselbe zu zahlen, weil sie den
Damm nicht als eine „öffentlich« Ver-
Baumwollland-Besitz zu mehren!
D«r häßliche Streit wurde mit der
größten Bitterkeit weitergekämpft. Es
braucht kaum ginzug«fügt zu werden,
daß er auch in die Politik über
ging. Darin bildete er ein würdiges
Seitenstück zu vielen Kentuckyer und
anderen Fehden. Und mit sen obigen
nere G«waltthaten verbunden, schon
lang« ehe aus den Reihen der kleinen
Fischer und Jäger die
erwähnten Entführungs- und Mord
complott gegen zwei „Prominente"
ihren vorläufigen Höhepunkt erreichte.
Ob die neuerlichen Verfolgungen die
ser Organisation den Garaus machen
werden, erscheint mmd« tens zw«, e
« » »
Uebrigens ist auch abgesehen von
diesem Fehdekrieg schon viel im
County Lake gelyncht worden; aber
die Opfer waren keine prominenten
GesellschaftSstützen, Obersten und
Rechtspriester, sondern ganz gewöhn
liche „Nigger". Ein Cypressenbaum
wurde als „Niggerbaum" besonders
berühmt, weil sieben Wollköpfe daran
aufzeknüpft worden waren; der
Baum steht an einer Zaunecke, unmit
telbar nördlich von Tiptonville. Die
Veranlassung war in allen Fällen
das bekannte „Negerverbrechen"; in
mehreren Fällen stellte es sich aber
sehr bald heraus, daß die Opfer völ
lig unschuldig waren.
nig Kopfzerbrechen gemacht, wenn
nicht schließlich ein sehr nüchterner
geschäftlicher Grund zu größe-
Auch sonst ist diese seltsame Wild
nur an diejenige erinnert, welche
Mark Twain geschildert hat.
Es ist merkwürdig genug, daß
die „West Tennessee Land Co." los
fwdigleit und militärische Geschick
lichkeit des Obersten Talor gehabt
hätte!
Bor dem Spiegel.
Endlich war der Tag der großen
Dinge gekommen. Sie wählte eine
einfach« und doch verführerische Toi
lette, und als sie die Zofe verabschie
det hatte, betrachtete sie sich lange
wohlgefällig in ihrem großen Spie
gel. Bei solchen Gelegenheiten pflegte
sit mit halblau.er Stimme die in
teressantesten kleinen Selbstgespräche
zu halten. Sie sprach darin ihre ge
heimsten Gedanken aus. Und die ge
wahrhaftig, dabei konnte ein Lau
scher aus seine Kosten kommen.
Auch an diesem Tage plauderten
die Lippen, wovon das Herz überfloß.
„Diese Sache habe ich sehr geschickt
gemacht ', sagte sie mit einer gewissen
Selbstgefälligkeit zu ihrem Ebenbild«
im Spiegel/ „Ich habe d«n guten
Mann nicht im Jeringsten ermuntert
höchstens hie und da einen längern
Blick ein gewisses Lächeln einen
leichten Druck der Hand. Und doch
wußte ich ihn bei seinen galanten
Versicherungen zu fassen. Ich nahm
ihn beim Worte. Nun ist es so weit,
daß es unbedingt zu einer Erklärung
kommen muß. Heute, beim Thee, zu
dem ich ihn geladen habe, muß die
Explosion erfolgen... Es ist an der
Zeit. Ich hätt« es ja als Wittw« eines
vermögenden Fabrikanten nicht nö
wenschleier zu tragen. Man kommt in
ein schiefes Licht zu stehen. Und das
Leben so allein zu verbringen, ist doch
Man kommt vlötzlich ins Gerede, man
weiß nicht, wie!"
Die schöne Frau stieß «inen Seuf
zer aus, macht« «in Schmollmäulchin
und fuhr fort:
„Es ist ein sehr ernster, stattlicher
Mann. Und von gutem Adel. Ganz
neue Gesellschaftskreise werden sich
mir eröffnen. Ich habe mich nichi in
diese Kreise drängen wollen,
wie andere Frauen, die sich damit nur
lächerlich gemacht. Aber lvenn es der
Zufall so fügt... Ich nicht
man mir sagt, in ganz geordneten
VermögenSverhällnissen. War so klug,
sich aus dem kostspieligen Großstadtle
ben zurückzuziehen, als er sah, daß
es nicht mehr langte. Bewirthschaftet
nun fleißig fein Rittergut, das ich ia
kenne. Ein stattlicher Besitz in bester
Ordnung. Mein Vermögen ist zwar
nicht übermäßig, wird ihm aber nicht
schaden. Ja. meine Liebe, mit den
kleinen Löckchen da in der Stirn, Du
wirst eine richtige Freifrau."
Die schöne Frau lächelte befriedigt
in den Spiegel. Da hörte sie das Na
hen der Zofe.
„Was gibt es?"
„Ein Besuch. Dr. Williamson."
,Ach, wie lästig! Ich erwarte den
Freiherr» zum Thee —"
„Ich werde den Doktor abweisen—'
„Warten Sie, Luise. Wie spät ist
es?"
„Fünf Minuten nach vier Uhr."
„Der Freiherr kommt erst um fünf.
Bis dahin kann er mir die Zeit ver
treiben. Führen Sie den Doktor in
das Empfangszimmer und decken Sie
im kleinen Gartensalon zum The.'.
Für zwei Personen."
„Ja wohl, gnädige Frau."
Die Dame wandt« sich wieder zum
Spiegel.
„Die Zeit das versteht dieser
Herr nicht besonders. Der erzählt im
mer nur von Amerika. Das ist sehr
interessant ein-, zweimal. Aber
immer nur Amerika das fällt auf
die Nerven. Heute kann er übrigens
schwatzen, was er will. Ich bin wirk
lich ein wenig erregt, wie nur sehr
natürlich, und da wäre mir das
Warten so allein unerträglich. Mag
er denn reden bis der Freiherr komm?,
dann hebe ich die Sitzung auf. Ich
verstehe es vorzüglich, die Leute auf
die liebenswürdigste Art der Welt
hinauszubefördern. Das ist eine Kunst
für sich, die nicht jedem gegeben ist.
Ich aber übe sie meisterlich. Der
Herr Doktor soll heut' eine Probe da
von bekommen. Besonders, wenn er
gar zu langweilig ist. Na, sehen wir
uns wieder einmal die überseeisch:
Die schöne Frau ordnete noch eine
Lockenrolle ihres Haares, verließ den
Spiegel und rauschte in das Eüi-
Da begrüßte sie Dr. Williamson,
einen etwas behäbigen, aber noch ju
gendlichen Herrn von englischer Ele
ganz, perfekt, aber ein wenig steif,
d:r durch oas Fenster blickte.
„Entschuldigen Si«, Doktor, daß
ich Sie ein bißchen warten ließ", sag
wies und sich in die Sosaecke lehnte.
„O Sie waren ja sehr gnädig.
Hatte nur ein paar Minuten zu war
ten. Ich blickle auf die Straße hin
aus. Ich lieb: das Straßenleben und
beobachte es gern. Besonders, da es
so ganz anders ist als bei uns, in
Amerika." cht '>
Ebenbild hinüber, das s.ch jetzt in ei-
Der Doktor begann ihr nun das
amerikanische Straßenleben zu schil
dern. Er sprach vortrefflich, wie im
mer, wenn er von seiner zweiten Hei
math erzählen durfte. Er wußte auch
die Danie damit zu fesseln, wie übri
gens stets bei solchen Gelegenheiten,
was , sie auch hinterher darüber den
ken mochte. Di« Zeit verstrich rasch.
Es war schon nahezu fünf Uhr, uns
di« schön« Frau begann nervös zu
werden.
„Sehr interessant," sagte sie, „Aber
ich glaube, ich weiß ml» schon, dank
Ihrer Rede, alles in Amerila, was
man überhaupt erfahre» kann —"
„O noch sehr, noch sehr wenig!"
rief er lachend.„Zch könnte Ihnen noch
sehr viel erzählen und komme gar nie
ans Ende!"
„O bitte," sagte sie. „Jedenfalls
nicht zu viel Amerika auf einmal.
Für heute wäre es genug —"
Betonung und erhob sich.
Es war zehn Minuten nach fünf
Uhr, Wo blieb der Freiherr? Warum
verspätete er sich gerade heut«, wo es
zu der wichtigen Erklärung kommen
mußte?
„Es gibt Fällt." dachte sie mit ei
nem Blick auf ihr Gegenüber im
Spiegel, „wo UnPünktlichkeit Unver
schämtheit ist. Er denkt wohl, ich
hätte keinen anderen Verehrer außer
ihm. Aber der Freiherr soll ihn sehen.
Ter Amerikaner ist ja ein sehr hüb
scher Mensch und mindestens um zehn
Jahre jünger als er. Die Bekannt
schaft, und wäre sie noch so flüchtig,
Und mit einem gewinnenden Lä
cheln wandte sie sich an den Doktor.
„Sie wollen doch nicht schon ge
hen?"
störe —"
„Gewiß nicht —"
Man hörte den Ton der Klingel
Zofe in der Thür, mit einem Brief
chen auf der Tab.ette. Die schöne
Frau erblaßte.
„Der Feigling!" dachte die schöne
Frau. „Er hat es nicht gewagt, dieser
Stunde die Stirne zu bieten. Nack so
Gegenüber im Spiegel gerichtet.
Dann fiel ihr Blick wieder auf den
Amerikaner.
Doktor!"
zu machen haben, gnädige Frau —"
„Ach, das hat noch lange Zeit, Und
dann gehe ich vielleicht gar nicht in
das Theater!" Sie läutet«. „Louise,
servieren Sie uns hier den Thee!
Sie nehmen doch den Thee mit mir,
Herr Doktor?"
„Sie sind sehr gütig und ich bleibe
h lt 'h "ck 'l 'ch
be," sagte die schöne Frau im Geban
„Ws blieben wir? Ja... Erzählen
Sie mir etwas von Ihren eigenen
Angelegenheiten, von Ihrem Leben.
Was führte Sie eigentlich nach Euro
pa zurück?"
die Dame.
„Wenn ich Sie aber dazu direkt
auffordere?" sagte sie laut.
„Well", sagt: der Amerikaner, „Sit
sollen es wissen: ich reiste nach Euro
pa, um mir hier eine Frau zu su
„Ah! Mißfiel Ihnen vielleicht etwas
an den Amerikanerinnen?"
„Ja. Ich fand, daß die Frauen mei
nes Standes und meiner Sphäre alle
zu große Damen für mich wären. Und
die anderen gehaben sich viel zu selbst
ständig und zu selbstbewußt. Ich dach
ein sehr einfaches, ncnves, reizvolles
Mädchen mit viel „sentiments" fin
den —"
„O! An „sentiments" sind wir
lich nicht?"
„Well, es gibt unzählige. Aber es
passirte mir hier «in Il«in«s Mal»
„Und das wäre?"
„Ich verliebte mich hier gerav' in
eine Dame von der Art, wie ich sie zu
Hause nicht haben wollte."
„Wahrhaftig," sagte der Blick zum
sehr unterhaltend sein."
„Und darf man wissen, wer Ihr«
Auserwähltc ist? Kenne ich sie?"
selbst!"
„Habe also dock eine sehr hübscke
und sehr passende Eroberung gemacht,
muß also noch Reiz für Männer ha
ben," sagt« die slböne Frau lächelnd
als dttse oerwitterien und abgebrauch
ten Kavaliere der alten Welt. Der lie.
belt nicht, der liebt. Geht entschlossen
auf sein Ziel los. Und wirbt, ohne
viel Umstände zu machen. Vom ersten
Augenblicke an hab« ich mich zu ihm
hingezogen gesühl! Mii we'chem In
teresse habe ich seine Schilderunge»
von Amerila angeyört! Dar muß eine
herrliche Welt sein, dies« neue Welt.
Ganz und gar von Electricität betrie
ben, wie er sagt. Wie freue ich mich,
sie kennen zu lernen! Wir müssen die
Heirath beschleunigen, denn Bills Ur
laub läuft ab. Wenn einem die Lei
tung eines der größten Krankenhäuser
der Union übertragen ist, hat man
nicht das Recht, lange in Eurapa zu
flirten. Und daß ich der Gefahr
Kreisen verkehren zu müssen, das ist
doch gar zu schön! Ich glaub?, ich
werde Bill seh: lieb haben!"
--Eine sonderbare Be
hauptung. „Denken Sie sich,
Frau Nachbarin, unser Staar iri>'gt
die Motten!" „Herrgott, das arme
Genossenschaft.
Gast: „Kellner, sehen Sie mal
her, da ist ja ein Haar in der But
ter!"
rine."
Im Boudoir der Haus
frau. „Und hier hast Du Deiner
Frau wohl eine kleine Hausbiblioihek
Hausapotheke für meine Frau!"
„Das sind aber doch Bücher?"
„Ganz recht: Bäderlisten, Prospekte
aus Seidenhäusern, Cataloge von
Confektions-, Hut- und Pelzgeschäf
ten usw."
laufen Sie gefälligst etwas schneller
Verschnappt. Reiche Da-
Vermittler: „Doch, doch... es liegen
ja schon vier Klagen vor!"
Praktisch.
„Wissen Sie schon, der Baron hat
in einem amerikanischen ÄZuell die
schwarze Kugel gezogen."
„Und'welche Todesart wählt er?"
„Er schafft« sich ein Automobil an."
—Verschieden« Wirkung.
Sie: .Ter bloße Gedanke an das
Pelzwerk, das Du mir versprochen
hast, bewirkt schon, daß ich mich
warm fühle!" Er: „Und mich über
läuft's dabei eiskalt!"
Rache. „Wie mich die Men
schen schon geärgert haben, aber ich
werde mich rächen! Ich säe von nun
an nichts als Zwietracht.... ich werde
Ler«in um Verein gründen!
Gegenwehr. „Ihr habt ja
dem Niederhofbauern neulich einen
Zahn gezogen!" Dvrsbc.der: „Nein,
es is n«t gangen er war stärker
als ich!"
Frau (zu Besuch kom
mend): „Ach, liebe Frau Nachbarin,
ich habe mich schon so lange auf ein
Beisammensein mit Ihnen gefreut!
Könnten Sie mir nicht «in Stündchen
widmen? Ich hält« nur «ine Frage ar