Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, December 31, 1908, Image 7

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    Seeknksmpk.
Sin Roman von Ha»« Lind.
tv. Fortsttzung.?
W« rin fieberhafter, grausam lebend!»
ger Traum war das alle» über sie
hingerast nichts wußte sie
«lS daß si« nun Plötzlich, an allen
Gliedern bebend, schluchzend vor
Angst, in ihrem dunkeln Zimmer hin
ter verschlossener Thür da! Gesicht
in die Kissen ihres Sofa! vergrabcn,
in namenloser Rathsosigkeit sich wie
derfand. Nichts nichts war
ihr klar als das eine, das eine aber
in grauenvoller Deutlichkeit: Nie
nie wieder durfte sie Mathilden unter
die Augen treten. An ihr war
schmählicher Verrath gescheht». Sie
war beschimpft und beleidigt worden
in jenen Momenten des Schreckens.
Das Dunkel dieser Nacht, dieses mit
leidige Dunkel das nie nie ein
Ende nehmen sollte, mußte ihr Ver
schwinden decken. Ja verschwinden
verschwinden wollte sie. Getilgt
werden aus dem Leben dieser zwei
Menschen, die sriedevoll gelebt hatten,
bis ihre Güte sie sie in das Hau?
«führt, über das sie in wenigen
Wochen Unheil gebracht hatte. Knapp
drei Monate war sie jetzt unter die
sem Dache. Aber diese kurze Span
ne Zeit hatte ginllgt, drei Menschen
«rm ihr Glück und ihren Frieden zu
bringen. Denn auch Spengler hatte
wahrhaftig sich schuldlos fühlte,
eines ParkgewässerS hohem Ufer in
«isige Herbsifluthen hinab.
9. Kaptiel.
Albert Amman» traf feinen Freund,
»Einen Moment!" Er macht«
einen Schritt zur Thür, blieb dann
aber mit einem Ruck stehen. »Sag
test du nicht, daß das Mädchen in der
zur Stadt gesehen
'Si«' kam vo G newald her'
nicht?"
.Jawohl."
»Gut —" Böger ging hinaus auk
den Gang anS Telephon. Er ließ
sich mit d«m Polizeirevirr im Thier
garten an d«r Schleus« verbind«»,
das infolge seiner Lag« so oft in
Selbstmordsach«» zuständig ist und
fragte an. ob vielleicht an di«s«m Mo
rgen im Bereiche d«s Reviers ein« jun
ge Dame ohn« Hut, üb«r d«ren Ver
bleib man in Sorg« s«i, beobachtet
worden wäre. Er erhielt den Be
schkid, daß allerdings ein« junge Da
me vor drei Stunden an der Schleus«
in den Kanal gesprungen, gerettet und
von einem Schutzmann in die Chan
t6 gebracht worden s«i. Zu dem
bang« harrenden Albert zurückgekehrt,
sagt« er:
„Gottlob, sie lebt. Sie haben sie
aus d«m Wass«r g«zog«n und in di«
Charit«? gebracht."
Ohn« mit d«r Wimper zu zucken,
hört« Alb«rt das mit an. Er sprang
sofort vom Stuhl auf, als Böger sag
te:
»Komm, wir fahren hin."
In der Charit« rekognofzirte Bö
»r die Kranke als das Fräulein Ada
Mersheim. Albert würd« nicht zu
ihr g«lafscn. Sie lag in hohem
Fieber ohne Besinnung. Sie war
an der Schläfe leicht von eimmßoots
haken bei ihrer Rettung oerletzt wor
den. Es war möglich, daß «ine
Lungenentzündung die Folge dieser
Vorgäng« war, aber auch diese würd«
in Anbetracht der kräftigen Konstitu
tion des jung«n Mädchens voraus
sichtlich nicht zu G«fahren führen.
Albert hatt« Bögers Begleitung ab
gelehnt und fuhr nun nach Haus«,
um Mathildtn Bericht zu erstatten.
Er saß regungslos, mit gebeugtem
Kopf im Automobil, d«n Dingen, die
über ihn gekommen waren, wehrlos
gen zu überlegen vermocht. Bor'läu
fig bedurft? er all seiner Kraft, um
sich überhaupt nur so weit ausrecht
zuerhalten, daß er Mathilden gegen
über treten und ihr das rein That-
Willenskraft fest in der Gewalt bis
zu d«m Moment, da er Mathilden
kurzen Bericht gegeben hatte. Als
das geschehen war, brach er in einen
war, 'etzte sich Mathilde zu Albert,
die kalt« Kompresse aus seiner Stirn,
strich ihm das Haar glatt «tt> sagte:
mit denen m«in klug«r Mann den
Eintritt dies«? Kindes hier in'S HauS
begleitet hatte, ziemlich reichlich sich
verwirklicht haben. Du hast ja un
heimlich recht bekommen. Ich bin
nun kein solcher Philister, daß ich
jetzt eingestehen möchte, unrecht ge
handelt zu haben. Ich mußte so
handeln, konnte in Anbetracht meiner
Wesensart gar nicht anders und will
mit alledem nur sagen, daß «S unse
rerseits nichts zu bereuen gibt. Die
Hauptfrag« ist jetzt, was min ge
schehen soll."
Alb«rt blickt« bei diesen Worten so
gequält zu Mathilden auf, daß sie
sofort hinzusetzt«:
»Wr haben reichlich Zeit, daß zu
überlegen. Erhole du dich nur erst
und laß das Kind erst wieder gesund
sein. Dann findet sich alle» ander«
leicht. Schlaf jetzt ein wenig. Ver
suche ZA schlafen."
Di« total« Ermattung nach der
Füll« d«r erlittenen Erregungen ließ
den Gequälten wirklich in einen tiefen
und langen Schlaf fallen. Als er
nach Stunden—«s war gegen S Uhr
Nachmittags erwachte, saß Böger
im Neb«nzimm«r und kam herein, als
Albert nach seiner Frau rief.
»Mathilde ist in die Stadt grfah
ren. Sie ließ sich nicht mehr zurück
halten. Si« mußt« zur Charit«."
Alb«rt fuhr auf.
»Si« darf Ada nicht sprechen!"
schrie er, »da! wär« «ntsttzlich!"
Bög«r drückte den Erregten auf
dai Sopha zurück.
»Ruhe", sagte er, „nur Ruhel Es
ist ja ausgeschlossen, daß Ma
thilde zu Ada hereingelassen wird.
Solang« si« im Fieb«r li«gt, ist daran
nicht zu denken."
„Auch später nicht!" schri« Albert.
„Nie nie wieder dürfen die beiden
zusammenkommen!"
Böger sah den Freund kopfschüt
telnd an.
„Ich führe das alles auf d«ine
maßlose Erregung zurück, Albert."
Dieser biß die Zahn« zusammen, ei
nen tiefen Seufzer ausstoßend, sagt«
er dann:
„Ich will wohl glauben, daß dir
bei der Sache manch«? unverständlich
Freund, ein Bruder könnte mir nicht
näher sein. Höre mich an. Ich
will dir alles erklären, sow«it es mir
verständlich ist. Denn wenn ich den
Hergang in seinen einzelnen Thei
len auch wohl zu verfolgen imstande
bin, wenn ich daS Ganze jetzt über
blicke, so steh« ich ebenso rathlos da
vor wie eben du, dem von allem, was
geschehen ist, nur das Nebensächlich«
bekannt würd«. Ab«r mir wird angst
davor, dir Aufschlüsse zu geben. Ich
weiß nicht, wo und wie ich da an
sang«» soll, dir in Klarh«it zu er
zählen. In zwanzig Jahren viel
leicht könnte ich das. Aber ich muß
es sogleich versuchen. Es ist durch
aus nöthig und anabweiSbar, daß du
eingeweiht bist. Denn ich furcht«, b«i
alledem, was nun zu gesch«hen hat,
w«rd« ich keinen einzigen Schritt ohn«
deine Hilfe thun können."
„Warum fürchtest du das, Albert?
Weißt du heut noch nicht, daß du in
jeder Lag« auf mich r«chnen kannst?
In jeder?"
„DaS w«iß ich wohl. Aber ich
werde dich in sehr bedenkliche Lagen
bringen müssen scheint mir. Ich
ahne, ich werde lügen müssen, 11l-
Einrn anderen Au»w«g s«h« ich nicht.
Groß« schrecklich« Opfer wirst du
bringen müssen."
„Vielleicht zeige ich dir einen gera
deren Weg."
„Es gibt keinen du wirst sehen."
Albert lehnte sich in die Kissen zu
rück, schloß für einen Moment di«
Aug«n, alt woll« er «in«r Schwächt
te er leise:
„Du warst «S, dem ich zuerst all
meine Abneigung und Bedenken ge
gen Adas Aufnahm« in uns«r HauS
mitgttheilt hab«. Es war mir unb«-
haglich wi« alles Neu«, Ungewohnte,
das in m«ine Näh« dringt. Du
kennst nxine Philisternatur in d«m
Punkte ja genau. Die ersten Mo
nat« waren denn auch für das arme
Kind, dem meine Unausstehlichkeit
recht fühlbar würd«, hier im Haus«
schauderhaft. Dabei w«nd«tt Ma
thilde ihr« ganz« engelhaft« Güte an,
mich für Ada srtundlicher zu stimmen.
W«r ist das nun, d«r solch« Wand
lung«» in uns vollzieht, wi« di«, die
jetzt üb«r mich hereinbrach? Das Ge
fühl d«r Abneigung gegen Ada wan
d«lte sich sanft in Wohlgefallen. Ich
sah sie gern, und ihre Nähe berührte
mich angenehm, ein Empfinden, das
sich st«igert«, steigert« bis zur Gluth.
! Ich dürstete nach ihr. Verzehrte mich
in Sehnsucht. Martin ich habe
gegen diesen Wahnsinn gekämpft
daS glaub« mir, denn nicht einen Au
genblick vergaß ich, was ich auf's
Spiel setzte und was ich zu verlieren
hatk. Du w«ißt, wi« ich Mathilden
mir ist. In fünfzehnjähriger
Eh« ni« nicht ein« Sekund«
lang kam mir dir leiseste Regung zur
Untreue. Ich rechn« diese mein« Treue
gegen Mathilden mir nicht im gering
sten als Verdienst an, d«nn ich litt
ihretw«gen nicht, entbehrt« nichts.
wenn ich sie hi«jt. Nichts zog mich
von ihr ab, nicht einmal der Gedanke
Lielxsfieber für ein Kind, für ein
Mädchen, dessen Vater ich, dem Alter
Waise, der Mathildens Güte in mei
nem Hause ein Asyl geschaffen. Nicht
wahr, du siehst, wie ich gekämpft hab«
und ich kämpfte noch jetzt wenn
nicht wiederum ein« fr«md« Gewalt
in di« Dinge eing«griff«n hätte. Mar
tin, irren wir nicht in grauenvoller
Nacht, wir alle mitsammen? Tasten
wir nicht blind in Finsternissen hilflos
umher? W«r führt wer leitet
uns? Ist «S wirklich so. daß wir
m«nt«S mit allen Vornahmen und
Entschlüssen willenlos unt«rli«en?
Ein Augenblick berauschten Aufflam-
Sehnfucht auflichtet hatt«. Ich
dereS, als daß ich daS höchste Glück
Ob all« Verbr«chen so geschehen?"
„Viel«", murmelte Bög«r, d«ssen
Augen zu Boden geheftet waren. Ei
nen Augenblick wär ei still im Zim
mer, dann sagte Albert: .Dank. Ich
dank dir."
„Wofür?"
fen!"
„Womit "?
»Mit einem Wort. Jawohl. ES
es ist ein Verbrechen und ich
will seine Sühn« auf mich nehmen."
„Denkst du an den Tod, Albert?"
„Ja, soeben that ich dai. Ab«r auch
nähm«?" k ch
»Das meine ich, Albert."
„Das meinst du also auch? Viel
leicht ist das wahr. Ich werd« einiger
Zeit b«dürf«n, um darüber zur Klar
heit zu kommen. Mein« Lag« ist
schr«cklich v«rwick«lt. AuS mein«» Ar
men windet sich da» Kind loi und
Leben zurückkehrt? Was schuld« ich
ihr? Was hat mkinerseitz jetzt zu
geschehen? Wie gestalt« ich ihr ferne
res Leben? Wie soll si« zu Mathil
dtn, Mathilde zu ihr, wie soll ich
zu Mathildtn stehen? Ein« Tren
nung von Mathilden ich nicht.
vielleicht nur, um so einen unllber
st«iglich«n Wall zwischen mir und ihr
aufzurichten heute würde ich
ohn« sie ltb«n. Ich kann nicht mit ihr
leben. Wi« Martin sag«, wi«
soll ich denn leben? Ich seh« alle
Weg« versperrt, ringsum thürmen sich
Berg« unüberwindlicher Hindernisse.
Wirrsal? Weißt du das? Si«hst du
Möglichkeit? Sag« sichst du so
etwas?"...
Er hatte flehend beide Arm« g«g«n
Bög«r aufgehobn,. Dieser faßte sei
ne Hand und wollte eb«n zu begüti
als Mathild« h«rein stürmt«. »Et
geht Ada gut," rief sie. „Das Fie
ber ist gesunken. Die Gefahr einer
10. Kapitel.
Di« durch Mathilden» Erscheinen
jetzt eb«nso rath- und hilslo» gegen
«r da» Gefühl hatt«, Mathild«» gegen,
noch dies«, daß Mathild« Albrrtt ver-
und Verdacht «ntmhmtn könnt«.
Denn diesti bli«b seine größte Furcht,
daß di« Erkenntniß s«in«r Liebe zu
Ada schwere» Leid über Mathilden
a«. Er wußte nicht, wie da» gesche
he» sollte, Mathilden im unklaren
über seine Beziehungen zu Ada und
i«.
welche ihn am schicklichste» drückte!
Wie würd« Ada sich geg«n ihn ver
halt«»? Nicht dai leistst« Anzeichen
einer Zuneigung hatte sie ihm je
gegeben. Daß sie daS alte Bild m
ihrer Tasch« mit sich herumtragen.
d«rh«rz«n Wurz«l geschlagen hatte.
Ja hier hier lag d«S Schick
sals dunkelster Punkt. Geradeswegs
aus seinen Armen war si« inS Wasser
gegangen, und wenn aus dieser That
verstörten jungen Se«l« sprach, waS
anderes redet« dann aus ihr, als daS
blanke Grauen vor dem Mann«, d«r
si« mit seiner Lieb« überrumpelt hatte?
Hätte Ada an jenem Morgen den
Tod im Wasser gefunden, so wäre
et auch ihm unmöglich g«wes«n, wei
terzuleben. Nun war sie gerettet wor
den, und auf ihn fiel die Pflicht, ihr
daS Leben, daS er ihr aus den Fugen
getrieben, wieder aufzurichten, zu hü
ten und zu leiten. In dem unsägli
chen Wirrsal seiner Seele würd« diese
Erkenntniß für Albert im Augenblick
zum Anker und Halt. Et erkannte
und fühlte ein« Aufgab«, und um
dies«» Punkt sammelten sich die Reste
seiner Willenskraft, einten sich und er
starkten. AdaS Heilung, AdaS Zu
kunft, dai war «S, was im Auge be
halten, woraufhin gearbeitet w«rdtn
mußt«. In diesen Gedanken hatte
Alb«rt in der Villa vor seinem
Schreibtisch hingedämmert. Es war
gegen elf Uhr Vormittag», als der
Diener ihm meldete, daß von der Fa
brik h«r telephonisch geb«t«n word«n
sei, d«r Chef möge so rasch als mög
lich dorthin komm«n. Mit einer freu
dige» Regung im Herzen hört« Alb«rt
dies« Meldung an. Das Leben da
draußen ging weiter, seine eigene Ar
beit stand nicht still. Man bedurfte
seiner. Es gab zu denken, zu han
deln, zu «ntschließen. Mit «rstarktem
LebenSnnlth sprang er vom Stubl
und gab Ordre, dos Automobil zur
Fahrt in die Stadt so rasch als mög
lich in Bereitschaft zu setzen. In der
Fabrik mußte Albert eine neue Hiobs
post empfangen. Der Prokurist, Herr
Wohnung hatte man erfahre», daß er
abgereist sei. Ein Brief mit d«m Auf
gabest«mpel Hamburg, an Albert ge
richtet, s«i vor zwei Stund«» einge
troffen. Albert war todtenblaß g«-
wortxn, als H»rr Korn, «in in zwei
ter Stellung Bedienft«ter, der seit
zwei Jahren im Geschäft sich bethätigt
hatte, ihm di«se Mittheilungen im
Privatkontor in dienstlicher Kürze ge
macht hatte. Er war in seinen
Schreibsessel gesunken, hatt« d«n Kopf
aus beid« Arm« gestützt und winkt«
lassen. Als die Thür sich hinter die
sem geschlossen hatte, sprang Alber!
von seinem Sessel auf und begann
than haben? Dieses abschied- und
kopflos« plötzlich« V«rschwind«n ließ
das befürchten. D«r jung« Mensch
daß Si« in H«rrn Korn ein«n Men
schen haben, der die Fähigkeit besitzt,
mich bald vollkommen zu ersetzen. Ich
habe in Anbetracht der Möglichkeit
meiner baldig«n Rückkehr nach Ame
rika d«n H«rrn s«it Woch«» gewiss«»-
haft all mein« Obliegenheiten ein-
Wohlwollen und wünsche Ihnen und
den Ihrigen von ganzem Herzen alUi
Glück.
In Verehrung
Alfred Spengler."
Mit einem Seufzer der Erleichte
rung ließ Albert sich in feinen S«ssel
zurücksinken. Gottlob di« Sorge,
wisse Beruhigung, die ihm die That
sach« d«r Auswanderung Spenglers
nach Amerika einflößte. ES war gut,
daß er gegangen war. So fand ein
peinlicher Roman, d«r sonst zwischen
Spengler und Ada sich wohl noch
lange Zeit hingezogen hätte und bei
Spenglers Leidenschaftlichkeit sehr
leicht zu Erschütterung«,, und all«m
möglichen Unglück hätt« führen kön
nen, ein«n rasch«n und endgültig««
Abschluß.
Mathild« hatt« zu früh g«jubelt.
Genentzündung heimgesucht, die aller
ding« in milden Grenzen verlies. Sie
erfordert« ein auf mehrere Wochen
weiter ausgedehntes B«rbleiben der
Patientin in der Charit«. Dies« Wo
chen ltichtrn Leid«nS mit ihren still«»
Tag«n gelinder Fiekxrträum«, ihren
halben Bewußtlosigkeiten, langem,
traumlosem Nachtfrieden waren fü!
Ada wi« ein von de! nie s«hlg«hendkn
allheilenden Natui vorgesehenes
Opiat, ein einlull«nd«S Betäubungs
mittel, daS über die gehetzte und von
Arngsten gepeitscht« Seele des Mäd
chens Schleier des VergessenS breitete,
si« von ihren Konflikt«!, ablenkt«, zwi
sch«n sie und ihre Aengst« daS Robust
animalisch« diängte, daS organische
unwiderstehlichem Zwange d«r Psych«
gkichsam den Mund verschloß, ihr
Schweigen auferlegt«, so lange bis die
zen Zuflucht find«t, hatt« AdaS Seel«
diesen Schutz gegen die Wirrniß des
Augenblicks, di« Rathlosigkeit des
herrlicher, glühendrother Ros«n auf
ihrer Decke... Diese Blumen ließ sie
nicht aus d«n Händ«n. Die Wärte
htrzugeben. Adas Augen sog«n sich
an diesen frischen Kelchen fest, es
war, als tränken sie die Farbe deS
um ein Haar gesunken wäre während
drob«n das bleich« Licht der W«lt in
ihren brechend«» Aug«n erlosch ...
11. Kapitel.
der nächsten Zukunft die Albert quäl
welchem Leiden hotte Albert diese Se
kunden der Seligkeit bezahlt! Mit
Todesangst um da» Leben d«r Ge
liebt«», als diese an jen«m «irtsetzlich«n
Morgen au» seinem Hause verschwun
den war. Mit peinigender Furcht um
sie in den Wochen ihrer Krankh«it,
die nun folgten. Mit voller Rath
losigkeit gegtnübrr d«r Frag«, wa»
nun mit Ada w«rden sollt«. Und alle
dies« Qualen mußte «r zu tiefst in
sich «rbergen. War g«zwungen, vor
Mathild«» in möglichster Sorglosta
keit zu erscheinen und den Fall >n
überl«g«ner Kühl« mit ihr tagtäglich
s«in«r Frau keinen Verpacht zu we
cken. Alb«rt selbst mußt« vielmehr
di« schwere mütterlich« Sorg«
Mathilden? um Ada fortgesetzt be
higende V«rsicherungen zuiückdiängen,
wählend die gleich« Soig«, von hefti
gem Schuldbewußtsein verschärft, ihm
das Herz bedrückt«. Er sah eS ge
nau, daß dieser Lügenkampf auf die
Dauer über sein« Kräfte g«ht» würde.
Er wußt«, daß dieses Lügtnsysitm
vor d«m feinen Spürsinn« d«S Weibe»
b«i d«m geringsten B«rdachte in
Trümmer geh«n würd«, daß er. Al
bert, über kurz oder lang bloß und
blank vor Mathilden dastehen würd«
in der ganzen Nacktheit seiner Verir
runy —und was dann geschehen
würde, dai wagt« er nicht auszuden
ken. Und zu all diesen Bitterkeiten
die namenlose Sehnsucht. In den
Wochen von Adas Krankenlager
schlich Albert scheu um das graue Ge
mäutr der Charit«, in den Dunkel
heiten d«r longtn, feuchten Dezember
abend« und sah zu d«m Fenster hin
auf, daS Bög«r ihm gezeigt hatte, zu
dem Fenster, hinter dem daS abge
dämpfte, trübe Licht der Krankenstube
brannte. An jedem Morgen war sein
erster Weg zu dem Freunde, der ihm
genauesten Bericht erstatten und von
jeder Silbe, welch« die Kranke ge
sprochen, Mittheilung machen mußte.
Böger hatte Albert gegenüber noch
nie auch nur mit eimm Worte Stel
lung zu d«r Sach« genommen. Er
hatte Ulberts Beicht« von der Lieb« zu
Ada still mit angehört und dann die
Mission deS Helfers empfangen und
mit tieuer Hingabe und Aufopferung
geübt.
An diefem Morgen, wie sonst seit
Wochen, fuhr Albert in seinem Auto
mobil zur Stadt und besuchte, ehe er
sich zur Fabrik begab, d«n Sanität»-
rath,
»ES geht gut", sagt« di«s«r nach
d«r kurzen Begrüßung, »und wir kön
nen die von dir so sehnlichst ge
wünschte Uebersiedlung der Patientin
auS der Charit« in das Westsanato
! rium übermorgen vornehmen. Ich
habe, deinem Wunsch« gemäß, lieber
Albert, in dem Sanatorium zwei
schöne Zimmer bestellt und die
! Pflegerinnenfrage..."
„Erlaube", sagt« Albrrt rasch. »In
! dieser Sach« möchte ich mit dir reden.
Ada soll, wie wir schon übereinkamen,
eine eig«n« Pflegerin b«komm«n, aber
ich wünschte für diesen Dienst keine
von den gewöhnlichen Krankenschwe
st«rn, sondern..."
„Gewiß soll es eine Dame sein, lie
ber Martin, die den Krankendienst
kennt, aber doch etwas Besseres al»
eine der herkömmlichen Pslegeschwe
stern. Ich denke an eine ältere Dan»
von Bildung, die nicht nur für die
Woch«n im Sanatorium in Betracht
käm«, sond«rn auch für di« spät«r«
Z«!t b«! Ada zur Gesellschaft und
seelischen Anlehnung bleiben Könnte."
»Wird Ada in dein Hau! zurück
kehren?"
Alb«rt sah unsicher zu Bod«n.i
.Kaum", sagte er, „zu uns zu
Mathild«n und mir kann Ada nicht
zurück. Sie kann'S nicht und wird'»
auch nicht wollen. Es widerstrebt mir
ab«r nach dem Vorgefallen«», da»
Mädch«n in ein« Pension od«r sonst
wohin zu geben. Ich dachte, sie würde
vorerst zur Stärkung ihrer Gesund
heit ein« Reise noch d«m Süd«n an
treten. und wünschte, die Pfl«g«dame
so auizuivählen, daß sie später al»
Reisebegleiterin und noch später zur
stäMgcn b«i Ada bl«ib«n
„Hm", meinte Böger nachdenklich,
„ob sich so etwas in d«r Eile wird
finden lassen, ist die Frag«. Ich wer
d« s«b«n...'
„Vi«lleicht durch ein« Annonce?"
„Ueberlaß daS mir, Albert."
Dieser ergriff die Hand des Freun
des und drückte sie stumm. Dann
nahm er rasch seinen Hut. Es war
s«it Kurzem, als fliehe er die Aus
«inandtrfetzungen mit dem Freunde.
Nach knapper Erledigung des Nöthi
gen eilte er stets von dannen, all
fürcht« «r Fragen, Erörterung««.
Auch in di« altbewährt« Vertrautheit
d«r beidtv Freund« war jetzt auf
> solch« Wtise eine Entfremdung gekom.
men, die Alb«rt um so schmtrzlicher
drückt«, als er d«m Sanitätsrath für
d«ssen Hilfsbereitschaft und taktvoll«»
B«n«hm«n zu größtem Danke ver
pflichtet war.
Gegen Abend telephonirt« d«r Sa
nitätSrath an Alber< und bat ihn, zu
.Ist etwas passirt?"
»Nein. Et handelt sich um die
Pflegedame."
„Ich komme sofort."
(Fortsetzung folgt.)
Ein K«nn«r. .Welcher
Berg, Onk«l Fritz, hat Wohl d«n üb«r
wältigendst«» Eindruck auf Dich ge
macht?" .Den überwältigendsten?
Immer Rüdetheimer
Au« der Schule. Im
grammatisch«» Unterricht «rklärt« der
Lehr« den Schülern die persönlichen
Fürwörter: ich, du, «r u. s. w.
.Nun," frägt «r «in«» Jungen, „wenn
Dein Vater sagt: .Ich gehe in'S Wirth
hou«' wi« sagt dann D«in« Ma
ma zum Papa?" „Du bltibst da
heim!" antwortet« der Klei«.
Fir die Kichr.
Gebackenes Lammfleisch.
Das Rückenstück eines Lammes wird
in hübsche Stücks getheilt, etwa in
bestreut und eine halbe Stunde hin
gestellt. Dann in Mehl umgewendet,
rasch in kaltes Wasser eingetaucht,
Rinderbraten. Ein mürbe»,
saftiges und.mageres Stück Fleisch
wird geklopft, reichlich gespickt, gesal
zen, mit etwas Papricka und ge
stoßenen Nelken eingerieben, oben
dick mit Mehl bestreut und in «in«r
Dann nimmt man das Fleisch aus
der Pfanne, thut «s in ein Casserol,
schüttet kochendes Wasser und etwa»
Essig an, fügt zwei Zwiebeln und
etwas Citronenschal« b«i und dünstet
eS recht weich. Man giebt den Bra
ten mit der kurz eingekochten Sauce
und Kraut zu Tisch.
Holländische Creme. Eine
halbe Flasche Weißwein, neun Eidot-
ter, 3 Unzen Zucker, welchen man an
einer Citrone abgerieb«» hat und et
was gestoßenem Zimmt verrührt man
über gelindem Feuer zur Creme, ver
mischt sie dann mit einer halben Unze
ausgelöster Hausenblase oder Gela
tine, rührt bis zum Erkalten, untrr
mengt sie dann mit 1 Pint steifem,
zu Schaum geschlagenem Rahm, gießt
sie im Formen und stellt sie kalt.
Dickmilchpudding. 1 Quart
dicke, saure Milch wird mit 2 Eß
löffel voll gestoßenem Zuckei, 1 Wein
glas voll Hftnbeersaft und ein halbes
i Weinglas voll Airak oder Rum gut
I verrührt. Dann löst man 6 Blatt
roth« Gelatine in ein wenig heißem
Wasser auf, schüttet sie dazu, füllt
dos Ganze in «in« mit Wasser aus-
Form und stellt sie «cht
Pudding gestürzt und mit kleine»
Biscuits belegt. Es ist dies ein sehr
«isiischendei Nachtisch.
Hering sauflau f. Drei
schöne Heringe werden 24 Stunden
gewässert od«r in Milch gelegt, abge
waschen, getrocknet, gehäutet, entgrä
tet und gehackt. Ein bis zwei Zwie
beln werden geschält, f«tn gehackt oder
gerieben und in Butter gar und gelb
gedünstet. Ein Viertel Pfd. Butter
rührt man zu Sahne, fügt vier Eigelbe
(nach und nach) und ein Pfund tags
vorhe! gekochte, feingeiiebene Kartof
feln , unter fortgesetztem kräftigen
Rühren hinzu, dann die Herings-
und Zwiebelmasse, etwas Muskat
nuß und zuletzt den recht steifen
Schnee der vier Eiweiße, vermischt
alles sehr gut, füllt die Masse in die
mit Butter ausgestrichene Auflauf
form und läßt den Auflauf etwa ei
ne Stunde im Ofen backen. Wird
in der Form aufgetragen.
Gebackener RingvonSup
penfleisch mit Gemüse. Ein
Pfund Suppenfleisch wird fein ge
hackt. Dann bereitet man aus vier
Eiern, einem Eßlösf«! Milch. zw«i
Eßlöffeln Mehl und einem Eßlöffel
Jus einen Teig, mengt das gehackte
»Fleisch darunter und würzt mit Salz
und Muskatnuß. Diese Masse wird
in eine mit Butter sehr gut ausge
strichene und mit geriebener Senunel
ausgestrichene Ringfvrm gefüllt und
in mäßig warme« Ofen gebackn.
Dann stüizt man den Ring auf eine
Gemüstschüssel und füllt die Mitte
mit dem Gemüse aus. Besonders
gut eignen sich hier»» Schoten, Blu
menkohl, Kaiotten, Spargel oder
Leipziger Allerlei.
Kolatschen mit Topfen (Quart)
gefüllt. 7 Unzen Butter rührt man
zu Schaum, thut nach und nach 4
Eier, 1 Unze aufgelöste Preßhefe.
1 Pint lauwarm« Milch, etwas Salz,
2 Unzen Zucker und ein Pfund er
wärmtes. Mehl hinzu, schlägt den
Teig, bis er Blasen macht, läßt ihn
ausgehen, rollt ihn fingerdick aus und
schneidet viereckige Fleckchen davon,
streicht «ine Topsenhüu«, die man mit
etwas Zucker, Korinthen und Eidqt
ter vermischt, darauf, legt die vier
Ecken darllb», so daß di« Kolatschen
rund w«rd«n, läßt sie noch «ine halbe
Stunde ausgehen und bäckt sie auf ei
nem gebutt«rten Blrch bei mäßiger
Hitze.
Frirass,« von Zucker and
KalbSmilch. Nachdem man «ine
frisch« RindSzung« mit Salz und
Wurzelwert weich gekocht hat, cb«n
so ein« große KalbSmilch. läßt man
2 fein gewiegte Sardellen und 1
Schalotte in 4 Unzen Butter etwas
rösten, jedoch nicht braun werden,
giebt 3 Löffel Mehl dazu und läßt
es hellgelb schwitzen. Dann wird so
viel gut« Kalbfleischbrühe und etwa»
Zungenbriihe bngegossen, ali zur
Sauce nöthig ist, und diese mit dem
Saft einer halben Citrone, «wer Pri
se weißen Pfeffer, in Bouillon ge
kochten Morcheln und in Butter ge
schwitzten Champignons eine Viertel
stunde langsam gekocht. Dann mit 2
Eidottern legirt und üb«r die abge
häutete und in Scheiben geschnitten«
Zunge und Kalbsmilch gegossen. Auch
KrebSbutter färb«n und das Gericht
mit KrebSnasen und Markklößchen
garniren.