Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, June 25, 1908, Image 7

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    Fehde.
Stoma» von A. d. Klinckowfkoem.
) (9. Fortsetzung.)
Weil»! weiter! drängte er sich
innerlich selbst, wenn ihm das Wort
auf den Lippen stocken wollte, denn er
Und so wollen wir denn auf das
Wohl unseres Geburtstagskindes an
stoßen. das binnen kurzem unter die
sem Dach seinen gesegneten Wirkungs
kreis entfalten wird! schloß er mit
volltönender Ph»afe.
Die Gläser klangen aneinander,
und Siewert trocknete sich die blasse
Stirn.
Fehlt dir etwas? fragte Henny.
Nein, gar nichts. Bitte, beobachte
mich lieber nicht so genau. Ich mag
das eigentlich nicht sehr, wenn ich im
schend auf chn und Anne meinte: Ja,
du siehst wahrhaftig recht blaß aus.
Siewert.
Er lachte laut auf: Erfroren
Dinge geschenkt, die in der Wirth
schaft hier fehlen, erzählte Henny. Ich
denke, ich lasse sie gleich herüber schaf
er geistesabwesend zu. Das will ja
alles bei solch einem Opferfest immer
mit dabei sein.
Meine arme Henny! sagte er plötz
lich gerührt. Es ist doch wahrhaftig
nichts Beneidenswerthes, einen Men-
Na na, Siewert! warf Anne trocken
«in. Wenn du rührselig wirst, hast
du allen Ernstes ein Glas zu viel ge
trunken. Ich für meine Person hätte
übrigens nichts dagegen, wenn ihr
etwas vor der bestimmten Ae.it Heira
then würdet. Dann könnte ich auch
gleich nach Weihnachten Hochzeit ma
chen. Für euch ist es sicher keine An-
Schwester als höchst überflüssige
Dritte im Haus« zu behalten. Mit
meiner Ausstattung bin ich nahezu
fertig.
Und nun ergingen sich die beiden
Mädchen in Erörterungen über die
Wäschevorräthe, die nothwendig seien.
Aus alledem ersah Siewert, daß seine
Braut schon bis auf's letzt« Tüpfelchen
alles angeschafft habe, was für einen
Landhaushalt unerläßlich schien.
Anne sprang dazwischen auf und holte
ganze Bündel von Gedecken und
Handtüchern herbei, alle sauber mit
blauen und rothen Bündchen zusam
mengebunden. und es kam Siewert
vor, als schlinge sich dieses farbige
Bandgetändel zu einem Knoten, der
seine Fessel zum Abschluß brachte.
Die harmlose Fröhlichkeit der Mäd
chen machte ihn innerlich rasend.
Endlich hob Henny, schon ganz in
der Rolle der Hausfrau, di« Tafel auf
und fetzte sich im Wohnzimmer an's
Klavier. Sie war eine gute Beelho
venspielerin und hatte schon so manche
düstere Stimmung ihres Verlobten
mit ihrer klaren Interpretation des
großen Meisters verscheucht. Ab«r
heute wollte auch das nicht verfangen.
Er zog sich in den Ofenwinkel zurück,
wo er sicher war, nicht beobachtet zu
werden, und hört« nichts von dem An
sonst mehr als alles andere liebte.
Ich kann nicht! Ich kann nicht,
dacht« «r. Besser in letzter Stunde
noch zurücktreten, als fein ganzes Le
ben hindurch elend sein. Herrgott
ja. ich bin ihr ja gut, trotz allem
noch, so wie ich der Anne gut bin.
Aber wenn ich mir das vorstelle,
immer immer neben ihr, und im
mer die Qual, an di« andere denken,
sich nach der sehnen zu müssen! Es
geht nicht. Wenn sie mich nur nicht
Ja. das thut sie. Es würde sie ver
nichten. Wie kann ich ihr denn so
weh thun! Annes Aussichten hän
gen ja auch davon ab. Nein, das
Qps«r muß schon gebracht werde«.
fing an zu raunen und zu flüstern.
Wie ein verrunzeltes böses Geistchen
hockte er da und träufelt« gefährliche
daß sich in diesem jetzt im letzten
Augenblick der Abscheu gegen die Ehe
aufbäume, gegen diese Ehe wenigstens.
Er für seine Person sei nie dafür ge
wesen, daß sein Neffe das tempera
mentlose unschöne Ding zu Heirathen
gedachte, das nicht einmal den Vor
zug großen Reichthums besaß. Mit
all ihrer Sanftmuth und Milde und
der ewigen Controlle werden sie Sie
wert schon mürbe machen und klein
kriegen. Da gab es doch noch andere
Auswege. Man konnte Rudischken
bis zur letzten Grenz« mit Hypotheken
bepflastern und dann d«n Theil von
Hennys Vermögen, der schon drin
steckte, wieder herauszahlen. Anne
mußte warten. Inzwischen fand sich
schon irgendwo eine wirklich glänzende
Partie für J«mand, der so gut aus
sah und einen so alten Nam«n trug.
Dann war alles in Ordnung, dann
handle sich für si« nur um einen Auf
schub. Wenn man immer nur stier
vor sich hin den einen einzigen Weg
seh« und gehe, komme man im Leben
zu nichts. Warum wollte denn Si«-
geliebte Frau binden? Die Liebe sei
doch für die Jugend ein Faktor, mit
dem sie rechnen müsse.
Bitte, schweig, Onkel! sagte Sie
wert «ndlich gepreßt. Ich habe im
mer Werth darauf gelegt, ein anstän
diger Kerl zu bleiben. Was du auch
gesehen und gemerkt zu haben glaubst,
—es ist nicht wahr. Hörst du? Du
irrtest dich.
Das Gesicht des alten Mannes ver
zog sich zu einem spöttischen Lächeln.
Der da war nicht umsonst unter sei
nen Augen aufgewachsen, den kannt«
er ganz genau.
Gleichzeitig sah sich Henny lachend
um und ließe die Hände von d«n Ta
sten gleiten.
Ich glaube, ihr hört keinen Ton
von dem, was ich spiele, so eifrig
unterhaltet ihr euch.
Verzeih! wir waren wirklich sehr
unhöflich! rief Siewert, aufspringend,
Spiele nur weiter, wir werden von
nun an ganz still sein.
Nein, mein Lieber. Der schöne
Abend hat für mich sein Ende erreicht.
Mein Wagen wird da sein und ich
will Vater, der ohnehin unter seiner
Gicht leidet, nicht länger warten las
sen.
Der Wagen war indessen noch nicht
da und Henny nahm d«n Arm ihres
gehen, auf dem der Wagen kommen
müsse. Offenbar hab« sich der Kut
scher verspätet.
wie «r mit ihr Arm in Arm durch die
sternklare Nacht auf der Landstraße
hinschritt. Sollte er es ihr jetzt
sagen? sollte er ein rasches Ende ma
chen? Onkel Worte: die
An der Wegscheide blieb sie stehen
sie innig. H
Nein, bald sind wir'S nicht
mehr.
Mit einem Male raffte sich Siewert
auf, sah ihr voll, soweit das bei der
Dunkelheit möglich war, in's Gesicht
und fragte: H«nny! wenn ich heute
stürbe, oder auf irgendeine andere
dest du daran zugrunde »gehen?
Ihm stand das Herz förmlich still.
Was würde sie antworten?
Ich bin Christin, gab sie sanft zu
rück. Wer den Halt Hai, geht nicht
zugrunde, was ihn auch treffen mag.
»erde. Aber wir wollen doch solche
Möglichkeiten nicht spielerisch in Be-
Hände fest in die seinen. Leb wohl,
mein gutes, tapferes Mädchen. Wir
müssen uns trennen.
vorüber nach seinem Zimmer, wandte
sich aber auf der Schwelle. Ich fahre
morgen in aller Frühe zur Stadt, ehe
Was du aber auch immer hast! Nie
bist du mehr dah«im. Ich wollte
wirklich, du wärest «ndlich verheira
thet, dann wirst du wohl seßhafter
werden.
Plötzlich lief er zu ihr hin und
schloß si« zärtlich in die Arme. Liebe
kleine Ann«! Wir haben hier so lang«
schlecht und r«ht miteinand:r gehaust
Ich auch nach dir! versichert« sie
Rücken. Aber Vögel, die flügge ge-
und setzte sich an den 'Zchrnbtisch,
In ihm war jetzt alles ruhig. D«r
Weg, den er gehen mußte, lag klar
illusorischen Werth, den man selbst
ihm beilegte. Mit verbissenem Eiser
hatte er gestrebt, seinen Besitzstand zu
sein« Braut:
„Liebe Henny!
Du wirst verstehen, daß ich nicht
ohne den schwersten inneren Kairos zu
dem Entschluß gekommen bin, den ich
fachste Gefühl d«r Anständigkeit
Beichte abzulegen, und ivenn Du sie
gelesen hast, begreifst Du wohl, daß
ich nicht anders konnt«, als Dir den
lobung aufzulösen.
Als ich um Dich anhielt, war mein
Herz frei, und Du iveißt, wi« ich Dir
zugethan war, wie ich Deine Güte,
lch weiß in der That Nie-
und gerade deshalb bin ich Dir
Offenheit schuldig. Es ist da im
letzten Jahr etwas wie ein Vernich-
Verfassung mit Dir vor den Altar
treten und das Opfer Deines Lebens
und D«in«s Vermögens von Dir
wollte. Du kannst nicht strenger mit
mir in'S Gericht gehen, als ich selbst
es thue. Ich werd« Deinen Weg nie
mögenslage über, sagte, daß «r den
Besitztitel von Rudischken mit allen
gen und nichts für sich zurückbehal
ten wolle. DaS Gut solle verkauft
und mit dem Antheil, der andernfalls
Als die Nacht dem Morgen zu
! zenbNck mitten im Zimmer stehen
und sah sich um.
stalten sollte.
Mit der Cigarre zwischen den Lip
pen. besinnungslos vor sich hin gaf
gab ei nicht in d«n Grenzdistrik
t«n. Er wollte zu Baron Nolten ge
hen, der würde ihm die erste Hand-
Blut gesteckt hätte. Nur daß er bis
ner Stellung Rechnung getragen
hatte. Auch das hörte auf. Er
brauchte drüben auf Niemand Rück
als ein Glücksritter, der in die Welt
Zimmer hin und herlief.
Du kommst wie gerufen! sagte er
bei Sienxrts Eintritt. Ich war eb«n
schon bei Mörlin, um mich mit dem
Sienxrt strich sich nach seiner Ge
wohnheit mit der Hand vom Hinter
kopf her bis zur Stirn über'S Haar,
wobei er die Augen etwas zusammen
kniff, als thue ihm etwas weh. ES
ab» es bricht ihm auch den Hals.
Der Zufall führte wich gestern Abend
zum Baruch Fischberger. Du weißt,
ich komme sonst in Jahr und Tag
nicht zu ihm, brauchte ihn jedoch,
weil ich Kurator der Meßling'fchen
Hinterlassenschaft bin und der Mann
Geld auf dem Gut der Erben stehen
hat. Na. das ist Nebensache. Wie
ich also eben wieder gehen nzill, fragt
er: Mit dem Endrulat'schen Wechsel
Brahm? Wieso? frage ich. und
Gesicht geschrieben. Was soll ich dir
sagen: er bringt einen Wechsel über
90,000 Mark zum Vorschein, den
Endrulat ausgestellt hat und auf dem
Also Urkundenfälschung.
Du sprichst das rechte Wort, mein
Sohn. Uebrigens war meine Schrift
präfentirte. Es war sein Pech, daß
ich zufällig gerade jetzt zu d«m Mann
hinkam.
WaS wirst du thun?
Man wird ihn verhaften.
Selbstverständlich. ist mir
tausend eventuell zahlen? Wenn er
nicht rklig in der Klemm« wäre, wür
hin «r gehört. Und wenn ich es nicht
thue, so thut es der Baruch. Der
kennt keine Nachsicht. Mir ist'S
Ja, mir thut es eigentlich furchtbar
leid um das prachtvolle Geschöpf,
fuhr Brahm fort, und seine schnei
ist mir di« Endrulene wie die Ver
körperung aller guten Eigenschaften
ihres Volksstamm«s erschienen. Stolz
und aufrecht und zurückhaltend ist sie
ihren Weg neben dem alten Mann
hergegangen. Und wenn man ihr
«in Messer in'S Herz bohrte, die
würd« verbluten, ohne einen Laut
auszustoßen.
Eine hastige Bewegung des andern
li«ß ihn verstummen. Der warf sich
plötzlich in den Sessel vor d«m
Schreibtisch und verbarg das Gesicht
tn den Händen.
Mit «inem Male begriff Brahm.
Er spitzte die Lippen wie zum laut
losen Pfeifen, ging dann zu Si«w«rt
hin und legt« die Hand auf sei.ie
Schulter. Du li«bst sie, Hellenstädt?
Kein« Antwort.
Rede doch, Mensch! War ir
gend «twaS zwisch«n euch? Ich
meine nur, du stehst ja kurz vor
d«r Hochzeit, verzeih, wenn ich
da indiskret frage.
Siewert sah auf. Die Hochzeit
findet nicht statt. Ich habe meine
Verlobung g«löst.
Um d«r Endrulene willen?
Ja. Ich konnte nicht anders.
Aber es ist nicht so wie du denkst.
Sie st«ht unantastbar da.
dabti vor sich hin.
Brahm war kein Gefühlsmensch.
Sentimentalitäten lagen ihm gänz
lich fern, und so lenkte er auch bald
in sachliches Fahrwasser ein und
fragte: Brauchst du Geld?
Hast du fest« ZukunftSplän^.?
Noch nicht. Ich s«h mich «rst mal
drüben um.
thun?
Erstatte keim Anzeige gegen Endru-
Brahm zog seine Hände unwirsch
zurück: Soll ich die Unterschrift an
erkennen und mich der Gefahr aus
setzen, unter ungünstigen Umständen
den ganzen Schwamm zu zahlen?
Od«r soll der Baruch s«in Geld ver
lieren?
Er wird den Wechsel pünktlich ein
lösen. ,
Vielleicht auch durchbrennen, und
wir haben das Nachsehen. Nein,
mein Lieber, alles was recht ist, das
scheint mir zu viel verlangt. Oben
drein habe ich auch gestern in Erfah
rung gebracht, daß Schinolinken in
aller Stille in die Hände des Inspek
tors Jakubeit übergegangen ist. Nach
meiner Ansicht wäre das die An
fangSmanipulation zum betrügeri
schen Bankerott. Es ist die höchste
Z«it, daß dem Treiben ein Ende
gemacht wird.
Gut, daß ich fortgeh« und nichts
damit zu schaffen habe.
Ja, ich weiß, daß ich in ein Wes
pennest steche, denn der Schmolinker
ist der Abgott der ganzen littauischen
Bevölkerung. Die wohlhabenden
Bauern und kleinen Besitzer kennen
ja ihren Vortheil und werden sich
still halten, wenn sie erfahren, wie
die Dinge st«h«n. Doch all das Ge
sindel, aut dessen Mitte Endrulat
hervorgegangen ist, die Grenzläufer,
Holzarbeiter, Lastträger —Du
kannst mir glauben, daß es da wie
in einem Ameisenhaufen lebendig
werden wird, wenn ich ihren Götzen
antaste.
Ach, du überschätzest wohl seinen'
Einfluß.
Nein. Ich kenne mich da genau
aus. B«i solchen Gelegenheiten
kommt die still gährende Abneigung
gegen die Deutschen zum Ausbruch,
und man muß acht geben, daß einem
nicht der rothe Hahn auf's Dach
Du willst meine Bitt« also nicht
«rfüllen? '
Sei doch bloß nicht sentimental,
Hellenstädt! Na also, das einzig«,
was ich dir versprechen kann, ist:
daß ich persönlich ihn nicht anzeigen
werde. d«r Frau wegen nicht.
Was der Baruch thut, geht mich
nichts an. Ich habe ihm reinen W«in
eingeschenkt, und er weiß, daß ich
für nichts aufkomm«. Aber d«r ist
wert, aufst«h«nd.
Gott befohlen, mein Alter. Laß
auch von dir hören, und wenn's dir
mer «twas übrig.
Sin an sich geringfügiger Umstand
hielt Siewert zu seiner unangeneh
daß er über allem, was au/ihn ew
pestürmt war, daran gedacht hatt«,
ihn erneuern zu lassen. Daraus er
gab sich ein unliebsamer Auftnthalt
auf deutschem Gebiet. Seine Pa
piere mußten der zuständigen Be-
Er sah sich gezwungen, in. einem
kl«in«n Gasthaus Quartier zu nehmen
und zu warten. Und da er nichts
anderes zu thun hatte, fand er e
schließlich ganz unterhaltend, d
Verkehr zu beobachten, der hin- u
herging, alle die Händler, die ihr
Waaren gegen Besteuerung und Des
infektion zu sichern strebten, die pol
nischen Kaftanjuden, den ganzen
Troß russischer Arbeiter, die mit
ihrem in Preußen erworbenen Som
merverdienft hinüber in's Winter
quartier zurückzogen, Auswanderer,
die von drüben kamen und trübselig
auf Bündeln und Kissen herumsaßen,
um sich dem Aufenthalt in den Qua
rantänebaracken zu unternxrfen. eh«
man ihnen gestattete, deutschen Bo
d«n zu betreten. Er ließ sich auch
von seinem Gastwirth während der
Mahlzeiten dies und jenes erzählen,
war froh über alles, was ihn von
d«n eigenen Gedanken ablenkte. Der
Mann kannte die ganze G«gend hü
ben und drüben genau, und es war
aus seinen Reden ersichtlich, daß er
den Zollbeamten nicht grün sei, ob
gleich «in Theil von ihnen bei ihir
verkehrte. Diese heimliche Gegner
schast theilte er übrigens mit d«,
meisten Anwohnern der Gr«nz«.
In der Honoratiorenstube begeg
net« Siewert allerlei Menschen, mit
denen er selbst schon zuweilen zu
thun gehabt hatte, Agenten und Un
terhändlern. Die setzten sich dann
g«rn zu ihm an den Tisch, in der
Hoffnung, ein Geschäft mit ihm ma
chen zu können.
Er ließ sie ruhig reden. WaS hatte
er nöthig, ihnen auseinanderzusetzen,
daß er nicht mehr der Mann dazu
sei, Geschäft« zu mach«n. Einer for
derte ihn zu einer Fahrt über Land
auf, ein anderer stellte ihm einen
Jagdausflug in Aussicht, und das
letztere nahm Siewert an, denn s«ine
Büchse wenigstens hatte er mit in
die neue Existenz hinllberger«ttet.
Anderthalb Meilen weiter in nördli
cher Richtung war ein Wolf gespürt
worden, und der Gedank«, diesen auf
d«m Anstand schießen zu können, be
saß auch noch jetzt besonderen Reiz
für ihn. D«r Mensch war ihm zwar
keineswegs sympathisch, aber irgend
wi« mußte er doch die Zeit bis zur
Fortsetzung seiner Reise todtschlagen.
Sie nahmen sich gemeinschaftlich
«inen Wagen und fuhren am Nach
mittag in die sinkende Dämmerung
hin«in. Unterwegs kam Siewert d«r
Verdacht, der andere könne ihn in
eine Falle hineinlocken. S«in kleines
Gepäck war allerdings im Gasthof
zurückgeblieben, ab«r er trug doch,
außer einer Handtasche, eine Geld
summe bei sich, die immerhin die
Habsucht eines noch minder Begüter
ten reizen konnte. Unwillkürlich ta
stete er mit der Hand nach der Brust
tasche und vergewisserte sich, daß
s«in Rtvolver darin stecke. Er wollte
schon acht geb«n, daß ihm nichts zu
stieß. Nun und wenn auch! Was
lag schließlich an ihm! Dann war's
eben vorbei und nicht schade darum!
Ein gewisser Galgenhumor bemäch
tigte sich seiner. Er pfiff vor sich hin
und betrachtete lächelnd von der S«iti
seinen Gefährten, indem er dachte!
Mit diesem Schwachmatikus allein
werde ich wohl noch fertig werden!
Di« G«gend war öde. Sie fuhren
hart an dem russischen Gebiet ent
lang. Drüben streckte sich unbebautes
Land hin, hier und da von Gestrüpp
und sumpfigem Ellernbruch unter
brochen. Diesseits hob sich das Ge
länd« «in nxnig und wies kleine or
dentliche Kiefernschonungen auf. Zu
weilen sahen sie auf jener Seite einen
Straßnik den Bezirk durchwandern
oder btg«gn«len einem deutschen
Grenzausseher, der den Wagen durch
suchte. Dann hielten sie vor einem
Wirthshause, das einen sehr ehrba
ren Eindruck macht«, ja b«inahe den
eines feudalen Herrensitzes, so daß
Siewert nicht umhin konnte, zu stau
nen. Es war ein Ueberrest aus alter
Zeit, hatte einst den Herzögen von
Litauen als Jagdschloß gedient und
später dem Deutschorden als Nieder
lassung, bis es im Lauf der Zeiten
zum Speicher erniedrigt und schließ
lich in eine Schankwirthschast ver
wandelt worden war. die aus den
umliegenden Dorfschaften guten Zu
spruch fand. Noch jetzt trug es den
stolzen Namen Deutschorden.
Auch im Innern traten die Spu
ren verfallener Pracht hervor, in der
breiten Treppe aus altersschwarzem
in d«n hohen Kreuzge
das da und dort mißachtet umhcr
stand, obgleich es sicher einst den
Prunksaal der Ritter geziert und
selbst gekrönten Häuptern bei festli
chen Gelagen gedient haben mochte.
Aber die Fresken hatte man über
tüncht; nur da, wo der Kalkbewurf
abg«fall«n war. sah gespenstisch ein
verblaßter Kopf mit einem Heiligen-
Waren zu kleinen Löchern zusammen
gebaut worden, die g«l«gcntlich als
Logirzimmer dienten, in d«nen sich
fingen. ' l
Mortsetzuna solgt.j
Für dir Küche.
Gestürzte Nudeln mit Ha-
Salz und Pfeffer in Butter schmoren
läßt, mit etwas Mehl bestäubt und
mit etwas guter Bouillon ziemlich
det sie der ganzen Größe nach in
Sch«ib«n etwa von der Dick« des Mit
telfingers. Sie werden ganz schwach
Sauce im Wasserbad« bis zum An
richten heißgehalt«n. Zur Sauce macht
man eine mittelbraun« Mehlschwitze
(Cvulis), bei der Schinken- und
Kalbsleischabfälle nicht fehlen dürfen,
löst si« Fleischbrühe auf und kocht
geschlossene Champignons darin
durch. Nachdem man die Sauce durch
Glas Madeira ab und richtet sie mit
Blätterteig garnirt an.
Saur« Eier. Diese Eier wer
den in Glaskannen eingemacht, und
da sie sich lange Zeit gut erhallen,
ist es praktisch, einige Gläser dami!
zu füllen, wenn die Ei«r billig sind.
Die Ei«r sind als Zugab« zu geröste
tem Steak, zur Verzierung von Sala
ten oder als saure Eier auf Ausflü
gen stets erwünscht. Die Eier werden
hart gekocht? auf je 6 Eier reibt man
Vs Theelöffel Salz. Vs Theelöffel
weißen Pfeffer, >4 Theelöffel Tafel
senf, «ine Prise Paprika und Nelken-
Pfeffer mit 2 Eßlöffel Essig glatt,
bringt 2 Tassen Essig zum Kochen,
gibt das Gewürz hinzu, kocht alles ei
ne Minute auf, gießt den kochenden
Essig über die abgeschälten Eier in
Glaskannen. Diese müssen luftdicht
»«rschlossen werden. In zwei Wochen
sind die Eier fertig. Rothe Beet« da
zu in di« Kkinne gethan, färben die
Eier ein zartes Roth.
Saures Rindsherz. Das
Herz eines jungen, etwa I—l>/zjäh
rigen Rindes wird der Länge nach in
zwei Theile geschnitten, von dem an
hängenden Fett und d«n Gefäßtheilen
befreit und in eine Beize von halb gu
tem Weinessig, halb Rothwein (man
kann dazu einen Rest verwenden, d«r
durch längeres Stehen abgesetzt hat),
mit Zwiebeln, Estragon, einigen Ge
würznelken, weißen Pfefferkörnern
und Lorbeerblättern etwa 3—4 Tage
eingelegt. Zur Zubereitung wird eS
Zwirn zusammen, damit sie eine run
de Form erhalten. Auf den Boden
einer Kasserolle legt man einige Speck
die Tauben darauf. Man falzt sie
und giebt Pint gute Fleischbrühe
darüber, in der man sie nxich dün
sten läßt. Dann legt man sie auf
Brühe durch, entfettet sie, verkocht si«
mit etwas gelb geschwitztem Mehl
und giebt den Guß über die Tauben.
Will man das Gericht reicher und
feiner machen, so kann man Kapern,
Perlzwiebeln und sogar Champig
nons, Morcheln oder Trüffeln zu
setzen und die Sauce mit einem hal
ben Theelöffel Fleischextrakt heben.
Dresdner Torte. 4 ganz«
Eier, 5 Eidotter und Pfund But-
Zucker, Vü Pfund Mehl, 3 Eßlöffel
voll süße Sahne, 1 Löffel 001 l Rum
dazu und zuletzt das Abgeriebene ei
ner Citrone. Ist alles tüchtig ver-
Hitze backen.'
Gebackenes Lammfleisch.
Das Schulterstück von einem Lamm
schnitten, gesalzen, ein« halbe Stunde
hingestellt, dann in Mehl gewendet,
in kaltes Wasser eingetaucht, in gerie
bener Semmel umgewendet und rasch
feinen G-mui-n. auch mit «a