Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, May 07, 1908, Image 8

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    Fehde.
Kvman von R. v. Klinckowstroe«.
l2. Fortsetzung.)
So mag er meinen Wagen b«nützen
und gleich zum Doktor gehen. Aber
vorher fährt er beim Schmied vor und
digen Handwerlszeug her.
Sein kleines Gejährt rollt« dann
mit dem Verletzten davon, dem na
lassen konnte. Er band di« Thier« an
d«n Bau,, und setzte sich in verdrosse
nem Schweigen aus den Grabenrand.
nieder.
Das Schweigen zwischen ihnen
fing an beklemmend und lächerlich zu
liebenswürdig aus mit der scharfen
Falte über der Nasenwurzel, heftet«
die Augen beharrlich auf den Boden,
da.
wohl ein Wort miteinander reden, be-.
gann sie. Oder ist'S Ihnen zuwi
der?
Jahren Herrin auf Schmolinlcn
Offenbar besaß si« Temperament,
denn das Blut sti«g ihr jäh ins Ge
sicht und ihre haselnußsarbenen Au
gen begannen zürnend zu sunleln.
Schön sah sie dabei aus, das mußte
selbst er ihr lassen.
Di« Bewohner von Rudischien mei
den uns, als seien wir Aussätzige,
fuhr si« fort. Ich bin froh, daß ich
nun endlich einmal G«lig«nheit fin
de, Sie direkt zu fragen, was Sie ge
gen uns haben.
Siewert sah sie erstaunt an. Wußte
si« das wirklich nicht?
Si« thäten besser, Ihren Gatten
danach zu fragen, wich er aus. Es ist
möglich, daß er Sie in Unkenntniß
gelassen hat. Ab«r wahrscheinlich wird
er Ihnen die Dinge in ganz falschem
Licht darstellen.
Mein Mann lügt nicht. Er mag
manche Eigenschaften besitzen, die Jh-
Ihn indeß noch nie auf einer Unwahr
heit betroffen.
Er lachte wegwerfend.
Sie wollen es mir also nicht sa
gen?
Nein. Es würde zu weit führen,
hätt« auch gar keinen Zweck.
Wiederum senkt« sich lähmendes
Schweigen über beide h«rab. Sie
wert zog di« Uhr. Man merlt« «S
tm an, daß er mit Ungeduld dem
inenseins entgegensah. Endlich lehrte
daS Rudischker Fuhrwerk mit dem
Schmied zurück, und den vereinten
Kräften der Männer gelang es dann,
den beschädigten Wagen wieder flott
zu machen. Der Schmied ließ sich
hierauf von Frau Endrulats zum
steigen. Es muß Sie große U«b«r
windung getostit haben, mir eine Ge
fälligkeit zu erweisen.
Er überhörte absichtlich die spötti
sche Note in ihrem Ton und verbeugt«
sich mit st«inern«m Gesicht: Ich that
Stelle auch gethan hätte.
» » «
Die Endrulene, wie Frau Urta in
der Gegend kurzweg genannt wurde,
war ungemein gutherzig ihren Unter
gebenen gegenüber. Sie steckt« zu Hau
se dem Kutscher ein reichliches Schme
rzensgeld zu. sorgt« auch dafür, daß
er durch ein Gläschen Branntwein ge
tröstet wurde, «he sie in das Zimmer
Ihres Mann?! trat.
Er saß schon bei der Jam« ? ««
Schreibtisch, sprang nin lebk.j t auf
men wi« ein Kind, d«nn «r war «in
Ries« von Gestalt. Man sah, «r ver
stand sich darauf, mit Frauen umzu
lich erschreckend: Wie leicht hättest
das gar nicht vorstellen. Ein gräß
licher Gedanke. Aber die Luder
werd« ich jetzt selbst in die Hand neh
ben.
Ach, Micha«!, di« armen Thier«!
N«in, ich war schuld; ich gab nicht
acht.
mehr als «inmal «rl«bt, wie er wi
derspenstige Pferde mit d«r Peitsche
und mit seinen mächtigen Fäusten ge
bändigt hatt«, bis si« str!«menbedeckt,
zitternd gehorchten. Er wußte sich
einer Nachgiebigkeit, die an Schwäche
grenzte. Ihr Anblick berauschte jeden
Tag aufs neue seine Sinne; si« gab
eben nur bis an die Schultern. Sein
Haar b«saß di« nämlich« helle Farbe
wie das ihre, so daß das reichliche
Weiß, das sich hineinmischte, kaum
zur Geltung kam. Alles in allem
macht« er den Eindruck eines wohler
halt«nen Bi«rzigers. S«in regelmä
ßiges Gesicht hatte noch nichts Altes
im Ausdruck, wi« es seinen achtund
fünfzig Jahren «ig«ntlich entsprochen
hätt-, verrieth vielmehr im rasch
wechselnden Mienenspiel inner« Fri
sche und vi«l T«mp«rament. Wenn
man ihn sah, begriff man es, daß er
Das war Herr Michael Endrulat,
d«r in dieser Gegend «in« Rolle spiel
te, welche «r mühsam «rob«rt und ei
sern behauptet hatte, der beneidet, ge
fürchtet und ang«feind«t würd« wie
kein zweiter.
Einige schätzten ihn auf zehn Mil
lionen, andere nur auf «ine. Ver
steuern that er dr«i, ab«r ni«mand
wußte, ob es damit seine Richtigkeit
hab«, denn seine Auslandsg«schäft«
entzogen sich d«r Kontrolle, und es
konnte auch leicht möglich sein, daß
«r durch hohe Selbst«inschätzung sei
nen Kredit zu heb«n gedachte. Wo es
die öffentliche Wohlfahrt galt,
schenkt« «r mit vollen Hände, gab
seine Stimm« stets der Regierungs
partei, stand mit den Herren am
grünen Tisch auf dem b«st«n Fuß,
und trotzdem waren da Häuser, deren
alteingesessene, angesehene Besitzer
ihm ihre Thür nach wie vor ver
schlossen.
So, also der Hellenstädt hat dir
Beistand g«leistet? lachte er jetzt dröh
nend auf. Das wird ihn Ueberwin
dung gekostet haben.
Den Eindruck hatt« ich auch.
Ich w«iß gar nicht, was der Mensch
eigentlich oon mir will. Ein anma-
Adel dicke thut!
ter.
Wäre es dir nicht möglich gewesen,
seiner Mutt«r, di« doch di« Tochter dei
ner ersten Frau war, hier und da «in
Art Pietät.
Ich will dir mal was sag«n: So
etwas wi« Pietät gibt's bei mir
nicht. Ich hab« mich allein in die
und am allerwenigsten der Frau, di«
ich vor beinahe «wem halben Men
schenalter recht wie ein dummer Jun-
Vielleicht aus Eitelkeit. Ich saß
schmeichelte es mir, daß eine wirkliche
Dam«, die Wittwe eines angesehenen
Deutschen, sich in mich verliebte. So
kam es.
Aber du warst glücklich mit ihr.
N«in. Der große Altersunterschied
zwischen uns machte sich doch fühlbar.
Du lachst?
Ja, d«nn d«r Unttrschied der Jahr«
zwischen dir und mir ist wohl noch
kind?
Du nicht?
Sehr. Si«h, das lieb« ich an
dir, daß du deine Stellung neben
Ich frage dich, Urta, hättest du dich
in «inen Deutschen verlieben können?
Die Frage ist an mich gar nicht
ebenso wi« instinktiv gegen daS
Fr«md« aufgelehnt. Wir sind der äl
teste Stamm im Land; uns gehört«
es. Di« Deutschen haben uns v«r-
Äber du v«rk«hrst doch j«tzt fast
sein G«sicht.
Gesellschaftlich o ja, warum
nicht? Wir haben nun uns«r« St«l
lung, d«nn wir hab«n das Geld. Mir
macht es Spaß, wenn sie zu uns
möchte mich äußerlich so wenig wie
möglich von ihnen unterscheiden. Aber
wenn ich einem von ihnen das Fell
über die Ohren ziehen könnte, so that
ich's.
Sein« Anschauungen hatten für sie
nichts Befremdliches, denn si« gehörte
gleich ihm dem 801 l an,, das dies
seits der Grenze in Deutschland, jen
seits der Grenze in Rußland all
mählich in der herrschenden Bevölke
bestrebt war? einen Theil s«ner Ei
genart festzuhalten. Mit schlecht ver
hehlter Abneigung setzt« «S dem Frem
den Widerstand entgegen und nahm
trotzdem jede Gelegenheit wahr, von
einer Kultur Nutzen zu ziehen, die
aus ihm selbst heraus niemals Wurzel
geschlagen hatte.
Sag mir noch eins, fragte Frau
Urta ihren Mann: lag für dich ein
besonderer Grund vor, die Heirath
deiner Stieftochter mit dem Herrn von
H«llenstädt nicht gern zu sehen?
Das Thema scheint dich zu interes
siren, sagt« Endrulat.
Du hast mir das «ig«ntlich ni« er
zählt.
Ich war zu jung zum Stiefvater
und selbst zu wenig erzogen. Das
Verhältniß zwischen mir und dem
sechzehnjährigen Mädchen, das da in
mein Haus geschneit kam, blieb immer
unerquicklich und schief. Die kleine
Bestie machte sich über mich lustig
und ich vergalt ihr das durch Nör
geleien und indem ich die Mutter ge
gen sie aufhetzte.
Um so lieber hätte es dir sein sol
len, sie aus dem Haus zu geben.
Wenn sie nur nicht gerade ihr Herz
an den Hellenstädt gehangt hätte, der
kurz zuvor Rudischken gekauft hatte.
Wie ich das verwehren wollt«, brannt«
si« einfach durch und fand bei d«r Fa
mili« ihrer Mutter starken Rückhalt.
Was hattest du gegen ihn?
Der Mann spottete üb«r mich und
mUstand."'
Ja. das hast du mir gesagt.
Verhielt es sich wirklich wirklich so
damit?
Mein Wort darauf! Du glaubst
mir nicht?
Bauernjack« trug und den Pseisen
stummel s«lten aus den Zähnen ließ.
Doch es freute ihn, das junge Weib,
das er vor zwei Jahren heimgeführt
hatte, mit dem LuruS umgeben zu
können, der seinem Beutel entsprach
Die Leute sollten es nur wissen, daß
er es dazu hatte.
Bei d«r Einrichtung des Hauses
liefen indessen allerlei Sonderbarkei
ten mit unter, die barbarischen Ge
schmack bekundeten. Urta verstand es
wohl, sich anzuziehen und zu beneh
men, wie eine Dame, besaß auch eine
gute Schulbildung, aber der Sinn für
Kunst und Aesthetik war ihr nicht er
schlossen worden. Es fanden sich da
an den Wänden Oeldrucke von schau
derhafter Farbenwirkung, und Mö
belstücke, deren üb«rlad«n«r Talmi
pracht man die Schablone des Waa
renhauseS auf dreißig Schritte ansah.
Mit einem kostbaren Wandschirm
wußte si« so wenig anzufangen, daß
sie ihn flach an die Stofftapete gena
gelt hatte.
Eßtisch lag jetzt der Einlauf der
Abendpost, und der Inspektor Jaku
beit stand btreitS lange, geduldig
wartend, hinter seinem Stuhl. Er ge
hört« zu Endrulats Verwandtschaft
und war von diesem aus dem Dunk«!
der niedrigstenßevölk«rungsschicht mit
«mporg«zogen worden. Aber er wußte,
daß eS sich für ihn nicht schick«, diese
verwandtschaftlichen Beziehungen gel
tend zu machen, und blieb der d«mü
ein viel echterer Typ ihres geineinfa
! men Stammes als Endrulat. der sich
lebhaft und gesprächig gab und sich
auch gelegentlich in HeftigkeitSausbrll
chen gehen ließ. Das hagere, streng
profilirte Gesicht des Inspektors trug
sein«r Rasse, und in seinem ganzen
Gebühren lag etwas Achtsames, Ab
wartendes.
Fluth soher litauischer Schimpfwort«
ergoß sich iib«r sie, bis Urta beschwich
tigend ihre Hand auf die seine legte
nug! l b schä t
Nach der Mahlzeit entfaltete End
ri«f er ärgerlich und schlug mit der
Hand auf das Blatt. Di« Einfuhr
von russisch«m Vieh ist verboten.
Weshalb? fragte der Inspektor.
Michael, du hast doch genug,
warf Urta ein. Warum lässest du dich
noch auf dies« Art Geschäft« «in? Das
tonntest du nun wirklich den berufs
nen.
Idee! rief er.
Frau.
Es hat mich schon längst geärgert,
Und d«r Inspektor nickte: Ich hatte
Urta ein.
Die Klappermühle kommt nicht in
Betracht. Ich würde natürlich mit
großem Betrieb arbeiten.
sucht nach meiner wilden Jugend.
Nachts über die Grenze! seine Haut
zu Markt tragen! den Zollbeamten
eine Nase drehen! ums Leben laufen!
Das war gottvoll!
Nun, mir ist es lieber, daß all das
hinter dir liegt und verjährt ist, mein
te si« heiter, und er lächelte gleich
falls und paffte ein paar kurze Züge
ein.
Ein Blitz des Triumphs zuckte
über sein Gesicht hin. Di« Brahms ge
das dem Umstand zuzuschreiben sein,
daß si« sein« Frau letzthin am dritten
Ort getroffen und von ihrer bestri-
Ganz egal! Dann bllck«n wir uns
tinmal. Die Gelegenheit, ihnen auf
den Fuß zu treten, wird sich schon
noch finden. Gib doch mal den Wisch
her!
Er durchflog rasch den Bri«s und
Was für ein« rund« altmodisch«
Hand! bemerkte Jakubeit in beschei
denem Ton, einen Blick auf das Blatt
werfend, und hob es auf: Jeder Buch
stab« der Namensunterschrift ist or
dentlich und voll ausgeschrieben.
Er-drulat riß das Papier zu sich
hin, betrachtet« nun auch die Unter
schrist und lachte: So ordentlich und
m«thodifch wie d«r ganze Mann ist.
Ich werd« selbst antworten, Urta.
Er stickt« den Bri«f «in. Und ich
will dir einen Borschlag mach«»: er
sch«!n»! in der Tracht. Das w«rden sie
originell finden, und du wirst noch
mehr Aufsehen als sonst erregen.
Sie wollte nicht. Es schien ihr ent
ehrend. Sie gehörten doch nicht dem
dung mit dem schweren grünen Rock
und dem schwarzen Mieder. Aus dem
buntgestickten Hemd hob sich ihr hell
blonder Kopf wundervoll heraus. Sie
trug daS Haar in Flechten wie einen
Wir bitten die Herrschaften um
Entschuldigung, wenn wir vielleicht
In unpassendem Aufzug erscheinen, be-
Die stolze Haltung seiner imponi
renden Gestalt strafte die unterwürfi
gen Worte Lügen, und der Gastgeber
ebenso wie «in Theil der Gäste beeil
ten sich, den Sch«rz famos zu find«n
und gebührend zu belachen. Herr
Brahm, «in Kenner und Bewunderer
von Frauenfchönheit, gab Urta d«n
Arm, führte si« ins N«b«nziinmer,
wo die Jugend bereits beim Tanz
war, und macht« selbst gleich mit ihr
einigt Walzerrunden. Auch hi«r gab
«s verblüffte Gesichter.
mit Henny Wellhof. Er hielt mit «i-
WaS ist? fragte sie bestürzt.
Die Endrulats! stieß er hervor. Ich
hatte keine Ahnung, daß sie jetzt auch
schon in diesem Hause verkehren. Es
thut mir leid, unliebsames Aussehen
zu erregen, aber meine Schwester und
ich werden natürlich auf der Stelle
fortfahren.
Bitte, bleib, mir zuliebe! baten ihr«
sanften Aug«n. Doch das sah «r gar
nicht, ging zu Ann« hin, die mit ei
nem jungen Offizier in einer Ecke
saß und sich ausgezeichnet zu unter
halten schien.
Laß uns aufbrechen! sagte er kurz.
Du siehst, wer da gekommen ist.
Ich d«nke nicht daran! gab sie tro
tzig zurück. Wenn es di« nicht ge
nirt—. Ich bin mit Leutnant Ten
n«rt zum Souper engagirt und bleibe.
Auch der junge Offizier erhob Ein
spruch, und Siewert mußte
schließlich nachgeben. Sein« Schw«st«r
hatte so s«lt«n «in Vergnügen. Sie
strahlt« heute, und er wußte, daß
zwischen ihr und Leutnant Tennert
ein stilles Liebeseinverständniß be
stand, daß sie nur auf eine günstige
Wendung der Verhältnisse warteten,
um sich zu verloben. Nach einer halb
scherzhaften Unterredung mit ihr war
es ihm klar geworden, daß si« dies«
Wendung heimlich von seiner Verhei
ratung mit Fräulein Wellhof erhoff
te, und sein« Gedanken hatten sich
seitd«m mehrfach mit der Frage be
schäftigt. Er fand die Idee nicht mehr
ganz so unmöglich wie im ersten
Augenblick und hatte sich heute dem
so daß s«in Austreten schon fast einer
Werbung glich. Er konnte sich'Z recht
gut vorst«ll«n, daß man ein befriedig
tes Leben an d«r S«it« dieses lie
benswürdigen Geschöpfs führen kön-
und tüchtig in der Häuslichkeit.
Nachdem sjin Versuch mißglückt
war, Anne zum Aufbruch zu b«w«g«n,
kehrte er zu Henny zurück, tanzte aber
nicht mehr, fond«rn setzt« sich mit ihr
in einen versteckten Plauderwinkel, um
Wie schön sie ist! sagte das Mäd
sei sie berechnend, hat eigentlich ein
Maskerade, die sie heute ausführt.
Ich meine doch, eS wäre richtiger.
Kurz vor Tisch jedoch wurde ein
Damen-Walzer getanzt, und da kam
die junge Frau mit einem Male quer
Ich bitte. Herr von Hellenstädt,
wenn es Ihnen vielleicht auch nicht
ganz angenehm ist. sagte sie lächelnd
mit leisem Spott.
Aufforderung indessen nicht ablehnen,
und sie tanzte gut, ja sie tanzte ei
gentlich entzückend, leicht und bieg
sam. Er war doch jung und warm-
Nein. Das Gefühl der Müdigkeit
dreht.
Mein Mann wolliges so.
ten davon, um gleich danach einen an
dern Herrn zum Tanz aufzufordern,
denn in ihren jungen Füßen zuckte es
bei den elektrisirenden Klängen des
Strauß'fchen Walzers. Sie konnte
nicht stillstehen.
Siewert führt« fpät«r Henny zu
Tisch, und sein Herz «rwärmt« sich
mehr und mehr für ihre feine, liebens
würdige Art. Sie befaß auch gedie
gen« Bildung und wußt« Themata
anzuschlagen, die ihn interessirten, so
daß er unangenehm überrascht war,
gleich man nach der Sitte des Lan
des über Gebühr lange daran ver
tveilt und eine ungeheure Trinkerei in
Scene gesetzt hatte.
Inzwischen war der Garten festlich
erleuchtet worden, und die Jugend
schwärmte in den warmen Sommer
abend hinaus. Der Vollmond stand
am Himmel, und am Ende der langen
über die Gartenmauer hinweg wie
durch gothische Spitzbögen auf die
hellbeglänzte Ebene und ganz in der
Ferne auf ein silberschimmerndes
Streifchen Haff.
Siewert ging dem Feuerwerk auS
dem Wege, das vor dem Hause abge
wollte gern allein mit sich und seinen
Gedanken bleiben. Die Sache mit
Henny ging ihm im Kopf herum. Ein
Alleinsein war ihm indessen nicht be
schieden, denn aus der kleinen Bank
suchte. Der Schatten der Bäume fiel
auf die still dasitzende Gestalt; erst im
Sommernächte liebe ich, Eb«ie,
das Haff und die Birken.
Ja, die Birken liebe ich auch.
Sind sie nicht immer wie Pfingst
hingepflanzt sind? so f«stlich!
Er betrachtete sie überrascht. Von
der Endrulene hätte er am allerwe
nigstens ein so anmuthiget Empfin
den erwartet.
Ich kenne ja die Berge gar nicht,
fuhr sie fort, kenn« überhaupt nur
unser Fleckchen Erde hier, aber ich
kann mir nicht vorfallen, daß «S an
d«rwärts schöner Ist. Trotzdem habe
ich immer eine gewisse Sehnsucht,
wenn ich so über die «ndlose Fläche
hinwegsehe, besonder» an Abenden
wie dem heutigen.
Wonach sehnen Sie sich?
Ich w«!ß es wirklich nicht, denn
eigentlich habe ich ja alles, was man
sich nur wünschen kann. Aber dai
war schon so, als ich noch Kind war.
Einmal reiste ich zu Besuch in die
Memeler Gegend. Da sah ich immer
zanz von weitem das Licht d«s
Leuchtthurms. Und jedes Mal kam
daS unbändig« Verlangen über mich,
Das dachte ich mir wundervoll. Wie
Nun, diese Sehnsucht ist doch ve:«
(Fortsetzung folgt.)
Für die Küche.
Esterhazy -Beefsteak. In
«inen gehäuften Eßlöffel voll Palmin
zergehen, schneidet etwa ein Pfund
Filet in 2 —3 Scheiden, salzt und
Pfeffert diese, legt sie in den Topf
und bestreut sie mi! 6—B kleinge
schnittenen Zwiebeln. Den noch lee
ren Raum füllt man mit kleinen, run
den, gekochten Kartoffeln aus. schließt
den Deckel und achtel darauf, wenn
die Speis« anfängt zu braten. Nach
"°cht Zum An«
Kro ketten von Fisch. Zwei
Eßlöff'l Mehl quirlt man mit einer
Obertasse kalten Wassers möglichst
glatt, fügt cchi Eidotter, drei Unzen
frische Butter, zwei Eßlöffel Essig,
«ine Prise weißen Pfeffer und einige
Löffel Fleischbrühe hinzu und ver
rührt dies bei gelindem Feuer zu ei
ein Haarsieb streicht, mit drei Pfund
von Haut und Grät-n gelöstem, klein
geschnittenen Fischfleisch irgend w.l»
(her Art vermischt und auf einer fla
chen Düffel auf Eis stellt. Nach
Semmel zu Würstchen gerollt, in EI
getaucht, Pinirt und in Butter oder
Backfett ausgebacken werden.
Schwammkköße. Zwei Ei
weiß giebt man in eine Obertasse,
füllt den übrigen Naum mit Milch,
giebt solches nebst einer gleichen
Obertasse Mehl unk zwei Walnuß dick
Butter in «inen kleinen Topf und
rührt die Masse über Feuer, bis sie
sich vom Topfe ablöst. Nachdem sie
nicht mehr sehr beiß ist. giebt man
zwei Eidotter mit Muskatblüthe hin
zu, sticht mit dem Löffel kleine Klöße
davon in die kochende Suppe und läßt
sie kochen, bis sie an die Oberfläche
kommen.
D tsche Beefsteaks. Fleisch
chen, Sehnen und Abfall mit wenig
Wasser ausgekocht und das Fleisch mit
Pfeffer, Salz, etwas frischer Butter
Schalotten, ein Eßlöffel Petersili«,
f:in aehackt. Dann läßt man reichlich
Butter heiß werden, fügt die Kräuter
hin^bratet die Beefsteaks schnell auf
beiden Seiten und stellt sie warm. Di«
durch ein Sieb gegebene Abfallbrühe
giebt man zu d«r Bratbutler, läßt
durchkochen und richtet die Sauce über
den Beefsteaks an.
Blumenkohl mit Speck.
Man putzt und reinigt einen Kopf
Blumenkohl, läßt ihn, mit den Blu
men nach unten, für I—Stunde1 —Stunde
in klarem, kalten, mit etwas Salz
oder Essig vermischten Wasser liegen,
dann abtropfen und kocht ihn in
Salzwasser ein kleines Weilchen. In
einem gut passenden Schmortopf läßt
man ungefähr Vierfünftel Pfund in
Würfel geschnittenen fetten oder
durchwachsenen Speck zergehen, legt
den aus dem Wasser gehobenen, gut
auf einem Siebe abgetropften Blu
menkohl hinein, fügt etwas Salz und
2 Eßlöffel Mehl, wenn der Speck
nicht genug Flüssigkeit gab, auch ein
Stückchen Butter dazu, läßt den Kohl
langsam darin weich dämpfen und
giebt ihn mit d«r Speckbrühe auf.
Fischsauce mit Kapern.
Man macht von 2 Löffeln Mehl in
ungefähr 2 Unzen zerlassen«! Butter
ein« gelblich« Einbrenne, verkocht dies«
unkr st«t«m Rühren mit IV» bis
Quart von der durch ein Sieb gegos
senen Fischbrühe, in der man den
Fisch kocht, giebt ein Stückchen Mus
katblüthe, den Saft von V- Citrone
dazu und läßt alles schön verkochen.
Zuletzt giebt man 2—3 Eßlöffel
Kapern an die Sauce und quirlt sie
mit I—2 Eigelb ab.
Kartoffel -Kiöße mit
Kalbslunge. Man schneidet 1
Pfund frische Kalbslunge in kleine
Stücke, kocht sie in etwas Wasser mit
einer Zwiebel und einem Lorbeerblatt
weich und hackt sie fein. Aus 1 Pfund
Tags vorher gekochten, abgekühlten,
gerieb«n«n Kartoffeln bereitet man
nebst zwei Eiern, «iner Tasse Milch,
«in bis zwei Löffeln Mehl einem
Löffel süßer Sahne, etwas geschmol
zener Butter, Salz und dem Lungen
fleisch «inen guten, haltbaren, derben
Kloßteia, von d«m man mäßig große
Klöße formt, die in Mehl umgewen
det und langsam in Salzwasser gar
gekocht werden. Auch bei diesem Re
zept ist dringend zum Kochen eines
.Probelloßes" zu rathen, um zu se
hen, ob der Teig hält und wie lange
si« zum Garwerden Zeit brauchen.
Majorankartoffeln. 2
3 Pfund Kartoffeln werden geschält,
so daß sie möglichst gleich große Form
bekommen, mit kaltem Wasser aufge
fetzt, zum Kochen gebracht, zehn Mi
nuten lang gekocht, abgegossen und
abgetropft. Dann giebt man sie in
kochende leichte Fleisch- oder Knochen
brüh« oder in kochendes Wasser, dem
man einen großen Löffel Butter hin
zufügte. giebt Salz und zwei Löffel
feingehackten frischen oder feingepul
verter., getrockneten Majoran dazu,
b«i leichtem öfteren Umrühren, gar
kochen, macht sie mit etwas Butter
in gelb gedünstetem Mehl seimig und