Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, April 09, 1908, Image 7

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    Die Move.
Roma» von Bcrnt Lic.
(3. Fortsetzung.)
»Sie hat ihn gelockt und gehißt. Ach
ja, ach ja! Sie wußt woll, was sie
that. Sie hat so viel nach Jonathan
gefragt bei allen, die Ihn gekannt ha
man sich ja ärgern, daß man ihr über
haupt geantwortet hat! Sie hat woll
gemerkt, daß der alte Adam noch in
ihm saß. wenn man ihn bloß richtig zu
locken wüßt! Ich frag man bloß:
Kann nich jedwer einsehen, wie die
'rauSgemacht hat in diesem einen
Jahr? Wer sollt woll glauben, daß es
dasselbe Kind is, das hier voriges
sieht! Ja, für den, der ihn gekannt hat!
IS es nich, als ob das alte Licht wie
ihn kennt, als er hier noch 'rumging
als brennende Fackel für all« Mächens?
Es is «in Skandal, den alten Mann so
zu sehen und der größte Skandal,
zu ihrem Küster kam und erzählte, was
sie allei Schreckliches gehört hatte, ern
tete sie nur Undank und böse Worte:
Weib!" sagte Küster Berg.
Mann. Und von der Margri durfte
Niemand Schlechtes sagen. Die kann
ten alle!
« » »
Margary riß die Thür zum Kontor
aus: „Onkel Jonathan, hier ist Bers
scheid, daß er selbst heute zu Abend
„Liede Möwe! Anbei einige < chnce
hühner! Ich habe sie heute auf dem
Skatholm geschossen. Eine ganze
Menge sind nach den Tennöer Bergen
hinübergeflogen, und ich muß ihnen
nach. Ich schick« Bersvend mit dem
Boote und dcü Hühnern voraus und
komme selbst über die Berge nach
Hause, jedenfalls zu Abend. Bitte di«
Gnädige, recht viele davon zu bratei,
denn wir werden hungrig sein, King
und ich. Ich habe, während wir her
irberruderten, im Boote gesessen und
über die Sauce nachgedacht. Die
gewesen und verdient eine Menge Kro
chen. Es ist so lange her, seit ich. dich
nicht gesehen kleine Möwe. Lange,
auf zu holen —er wird es schon
wissen!
Dein alter Onkel D.
I'. 8. Du darff! die Gnädige na
türlich nicht verletzen! Aber weder in
Jonathan lächelte:
Ueberaus erfr«ul.ch.
„Daß er gerade heute Abend kommt.
Weißt du, wer eben hier gewesen ist?"
„Nein!"
„Küster Berg."
Wahl?"
„Ja. Ueber Nacht sind sie damit fer
tvählt ist?"
„Pah Taalfen und das ganze
Gelichter natürlich!"
„Ja. Taalfen natürlich. Als erster
Wablmann. Und das Gelichter auch.
„Nein."
„Daniel!"
„Da—niel!"
ben!"
„Mitten zwischen Taalsens Leuten!"
„Ja, mitten zwischen dem Feind."
lagt?"
„WaS Daniel dazu sagt? Ja, liebe«
Denn die» ist etwa» sehr Gute?. Et
wa? sehr Gutes für ihn. Ja, für uns
ille, du! Es ist jetzt sehr lange her,
seit der Landesherr auf Tennö Wahl
mann im Reiche war."
.Ja —a, das ist es wohl!"
„Ja, eS ist lange her."
Und dann wählen sie die StorthingS
„Ja, das weiß ich. Aber sie müssen
also alle in die <Äadt?"
„Freilich!"
wahr?"
„Ja, nun müssen wir an den Em
pfang denken. Der Herr Wahlmann
muß ja feierlich empfangen werden!"
Die jungen Schneehühner wurden in
der Küche abgeliefert, und Margary
hatte alle Hände voll Arbeit. In On
kel Daniels Zimmer wurde gelüftet,
feine Kleider wurden bereit gelegt und
Schließlich saß sie oben in ihrem
eigenen Zimmer am Tisch, die Hand
unter der Wange, und sah zum Man
sardenfenster hinaus, nach Süden, wo
die Zinnen der Jnlandberge sich blau
end übereinander aufthiirmten.
Vor ihr, auf dem Writing Desk, lag
der Zettel, den ihr Bersvend gebracht
hatte. Zum zwanzigsten Mole sah sie
darauf hinab, las zwei Linien darin:
„Es ist so lange her, seit ich Dich
nicht gesehen, Du kleine Möwe! Lange,
Und in Gedanken, in Gedanken glät
tete sie das zerknitterte Papier mit der
Hand und strich darüber hisi. Dann
suchte sie den winzig kleinen Schlüssel
hervor und öffnete das „Writing
Des>k". ' d ' S'
nahm einen nach dem anderen heraus
und betrachtete sie flüchtig. Zwei spa
ren aus Solslet, einer aus der Stadt.
Den untersten aber faltete sie ausein
ander und las:
„Lieber Bruder Jonathan!
Hab' Dank für deinen guten Brief.
Das war ein ebenso ungewöhnliches
wie erfreuliches Ereigniß mit dem He
„Grüße mir meine Freundin, die
kleine Möwe: ich freue mich darauf, sie
als erwachsenes, kluges und liebes
Mädchen wiederzusehen!"
Das war der Brief aus Florenz, in
dem er feine bevorstehende Heimkehr
meldete.
Das war nicht mehr als ei» Jahr
her. Gerade ein Jahr jetzt.
War das ein Leben seither gewesen!
Sie legte alles wieder an seinen
Platz und den letzten Brief obenauf.
Dann klappte sie das „Writing Desk"
zu, ja, verschloß es. Und dann fing sie
an, sich umzukleiden.
Vor dem Spiegel blieb sie wieder
sitzen das Haar über dem Frisir-
und wieder hintenüber mit forschen-
Ach! Nun hatte j!e >a wieder ge
weint! Dies dumme Weinen das
gar nicht einmal Weinen war! Aber
sogar Onkel Jonathan hatt: sie neulich
gefragt o!> sie geweint habe? Aber
nein! Standen Ihr nicht schon wieder
die Augen voller Tkränen wenn sie
du geweint, liebes!>ind?"
Ach, Onkel Jonathan! Onkel Jona
than! Wie wunderbar er war. Man
kriechen und ruhen und ganz weg sein,
Alle Mensch?-! sagten, sie fei so er
wachsen geworden! Sie konnte es nicht
blieb sie
Sie lagen alle in einer Reihe übe: dem
Bett, jedes in das vortheilhafteste „icht
geknöpft.
Jossa kam sie hatte es sehr eilig
im Hause. Als wenn Gesellschaft sein
sollte wenigstens! Und sie knöpfte
das Kleid zu.
„So jetzt ist die Margri aber
fein!"
„Du, Jossa—"
habe ich doch wohl gekriegt?"
Jossa lachte aus vollem Halse.
„Ja, Ich weiß auch, was sein ii
schämen, da will ich Gift auf neh
men!"
Daniel war gekommen.
Er hatte das Haus wie ausgestorben
vorgefunden. Nur Jaffa war er auf
der Treppe begegnet mit dem Bescheid
von Jonathan, er möge gleich hinauf-
Jm Uebrigen hielt sich Jossa an ihre
Aufschlüsse.
Die Thüren zur Wohnstube waren
verschlossen. So mußte er denn ohne
Weiteres in sein Zimmer hinausgehen.
Im Garten ging Jonathan jetzt in
doller Gala mit Margary in dem
Kornblumenblauen und sammelte dm
ganzen Arm voll Astern und anderen
Spätsommerblumen. Dann schlichen
sie hart an der Hauswaird zurück, um
nicht aus Daniels Fenstern gesehen zu
werden.
„Aber die Flagge, Onkel Jonathan!
Die müssen wir doch hissen!"
Jonathan lachte und schüttelte den
Kopf.
.Nein, Kind. Unsere Flagge steht
man bis weithin. Wir können auf
Tennö unmöglich flaggen, weil Taal
fen heute siegreich aus dem Wahlkampf
hervorgegangen ist!"
„Ach nein!"
„Und nur hier im Himmel bei uns
freuen wir uns mehr über den einen,
weißt du, als über alle die anderen."
Daniel kam die Treppe hinab, im
Frack, mit weißer Binde und Lack
schuhen. Beide Flügel nach dem
Wohnzimmer waren weit geöffnet.
Die niedrigen Strahlen der Sonne
schienen durch die Fenster und aus die
farbenprangeNden Blumensträuße.
An der gegenüberliegenden Wand wv
ren die Eßstubenthüren geöffnet.
Dort waren die Rouleaux herabgelas
sen und die schweren Kandelaber auf
der festlich gedeckten Tafel angezündet.
Mitten im Zimmer standen Jona
than und Margary Arm in Arm. Ali
Daniel emtrat mit dem spähenden Ge
sicht, dem unschlüssigen Gang, der fra
genden Bewegung des Armes tonn
ten sie sich kaum des Lachens enthalten.
Aber sie verständigten sich durch einen
Druck des Arm»S und verneigten sich
tief, gravitätisch.
„Herr Daniel Roß!" sagte Jona
„Herr Daniel Roß!" sagte Mar
gary.
Daniel machte «ine königliche, aber
kurze Bewegung mit der Hand, als ver
bitte er sich alle weiteren Ovationen
und Ceremonien.
„Herr Daniel Roß ist verdamckt
hungrig!" sagt- er.
Mit ein paar Lanzierschritten führte
Jonathan jetzt Margary vor und ließ
sie von Daniel zu Tisch führen.
Bei allen drei Gedecken lagen Tisch
karten. Jonathan schenkte Madeira
ein, während Jossa die Suppe aus
trug, und Daniel las auf feine?
Karte:
„Herr Wahlmann Daniel Roß!"
Jonathan erhob das Madeiraglas.
„Da ich fühle, daß die Freude und
der Stolz meine Brust zu sehr schwellt,
als daß ich bis zum Braten warten
dich in dieser jungen Dame und in
meinem eigenen Namen an unserem
Tische willkommen heiß«, dir die Mit
theilung machen, daß du heute bei der
Wahl von dem Volke zum Wahlmann
für den Storsjorder und Tennöer
Wahlkreis ernannt bist, um für unse
ren Kreis die Wahl der StorthingS-
Candidaten vorzunehmen!"
Anfänglich lachte Daniel. Dann
rang er seine Hände über das Unmög
liche, Lächerliche, Absurde. Dann
lachte er wieder, und die anderen lach
ten mit. Küster Bergs Bericht Wurde
von Jonathan mitgetheilt. Jossa
trug die Suppe ab und den Fisch auf.
Die Madeiragläser wurden ausgetrun
ken, und Jonathan schenkte den Bor
deaux ein. Und während die Brüder
über der Flunder die Sache eifrig be
redeten, glitt Margary unbemerkt hin
aus.
Als Jossa ü> der Thür erschien, die
Schüssel mit den jungen Schneehüh-
Male feierlich zu Tisch.
„Ja, so fein, wie es hier ist und
so elegant, wie Ihr seid! Meint
zwischen Euch sitzen will? Aber, Onkel
Jonathan ach, da sind zwei Haken
weißt du —"
Jonathan stellte die Burgunderfla
sche hin und machte sich mit Eifer an
te, sprang Daniel herzu:
„Laß mich laß mich! Ich kann
es —"
Er jagte Jonathan weg und machte
sich an die Arbeit mit den Haken.
Margary aber gab ihm einen Schlag
mit dem Fächer auf die Finger.
. »Nein, du kannst es erst recht nicht!
Halle der Jossa dl« Schüssel, dann
macht sie es mir!^
gut, und die Gläser funkelten in dem
zitternden Strahlenlicht von den Kan
delabern. Jonathan machte den Wirth
matifche Eonverfation. Margary warf
sich von Zeit zu Zeit hintenüber und
brach in ihr undiplomatisches, lachen
des Jubeln aus.
„Darf ich die Ehre haben, ein spe
zielles Glas auf das Wohl des gnädi
gen Fräuleins zu trinken?"
„Die Ehre ist ganz auf meiner
Seite!" entgegnet« Margary. Und da
dies ein Citat von Küster Berg bei fei
erlichen Gelegenheiten war, so erregte
Herrn Wahlmann anzustoßen!" sagte
Jonathan. „Und ihn darauf aufmerk
sam machen, daß ein Wahlmann nicht
all« Tag« so eine Dame zu Tisch
führt!"
„Jonathan! Jonathan! Habe ich es
nicht immer gesagt: Man hat uns in
der Wiege vertauscht! D u bist der Di
„Nein der Wahlmanti für den
Storsjor>der und Tennöer Kreis!"
Und Daniel erzählte von seiner heu
tigen Jagd und ihren vielen Ereignis
sen, und man beschloß, übermorgen ei
nen Jagdausflug noch dem Skatholm
zu machen. Die Gnädigste schickte den
köstlichsten Pudding herein, der
Champagnerpfropfen knallte gegen die
niedrige Decke, und die Freude ging in
hohen Wogen.
Dann entstand eine plötzliche Stille.
Sie saßen alle drei lächelnd, mit glü
henden Wangen über ihre Teller ge
beugt. Die Gabeln rasselten.
Da erhob Daniel den Kopf und sah
vor sich hin. Dann nickte er und sagte
leise:
„Ja denn es ist doch im Grunde
so schön! Etwas so Schönes für unS
Alle! Nicht wahr?"
Margary erhob das Champagner
glas und sah Jonathan mit glänzenden
Augen an:
„Dein Wohl, Onkel Jonathan!"
„Herzenskind!" sagte er und nickte
ihr über dem Glas zu.
„Auf unser aller Wohl!" sagte Da
niel.
Sie tranken schweigend aus. Nach
einer Weile erhob Jonathan das Glas:
„Daniel! Wir müssen mit unserer
kleinen Dame anstoßen!"
„Prinzessin Möwe!"
„Königin Aschenbrödel!"
„Die Kornblume!"
„Die Sonne von Tennö!"
Da brach Margary in Thränen aus.
Und dann hatte sie kein Taschentuch,
und dann flössen die Thränen in den
Champagner und dann lachte sie,
und schließlich lachten alle drei.
Die Lampen deS Hauses waren so
früh im Herbst noch nicht in Ordnung.
Und sie blieb«» am Tische unter den
Kandelabern sitzen bei Kiffee und
Cigarren.
Da kam die Nachricht, des Küsters
Trut sei draußen.
je, ach je! Ich habe ja Küster
„In der Gala?"
sitz-n. "
Schuß.
„Wie still wir hier sitzen wir
beide!"
„Ja," lächelte sie und fühlte zu
ström über ihren Hals und ihr Antlitz
ergoß.
„Dies war eine amüsante Gesell
schaft!"
"Jch'glaube di- amüsanteste die ich
jemals mitgemacht habe!"
Nach einer Weile sagte er:
„Wie glücklich er geworden ist!"
„Ja ach ja!"
„Wir haben unsere Sache gut ge
„Ach ich!"
„Du! Natürlich du! Du warst es
h -ch, tw S 112 e
Onkel Daniel!"
Er saß eine Weile da und sah sie
an.
„Du! Es ist ja eine lange Zeit her,
seit wir zusammen sprachen, du und
ich!"
wesen!"
„Ja —a. Und wenn ich zu Hause
bin. dann fliegt und flattert meine
keine Zeit zu einer traulichen Unterhal
tung, so wie früher! Ich habe heute so
viel an dies alles gedacht, daß ich fand,
ich müßte dir einmal schreiben!"
„Ja, vielen Dank für deinen
Brief!"
„Weißt du, daß ich sehr oft auf
Solslet, namentlich des Abends, Lust
gehabt habe, mich hinzusetzen und an
neii Möwe zu plaudern!"
„Ach Onkel Daniel!"
„So, daß ich ein Gefühl hatte, als
fei ich in der letzten Zeit ganz verlassen
und verworfen gewesen. Du bist ja
auch die einzige Mitwisserin, die ich bei.
meinen finsteren, geheimen Anschlägen
gehabt habe! Du machst dir jetzt ja
auch gar nichts mehr daraus aus
„Ja, ich bin weit damit gediehen,
mußt du wissen. Es währt jetzt nicht
mehr lange, bis ich losschieße. Bis ich
es über sein sündiges Haupt ergehen
lasse! Und er ahnt ja nicht, was sich
da über ihm zusammenzieht!"
unter der Decke. Endlich begann ee in
„Um Jonathans willen! Ja. Es
geschah ja alles um Jonathans wil
len."
„Es ist etwas ganz Wunderliches,
Margary. Etwas Neues, das unoer
merki über mich gekommen ist. Ich
habe es bisher nicht deutlich gesehen.
Erst hier heute Abend. An unserer
festlichen Tafel."
über:
„Wie ich so darüber nachdenke, daß
sie mich heute gewählt haben, fühle ich,
daß ich mich darüber freue. Ich bin
stolz darauf, und es ja, es erwärmt
mir das Herz. Und es wirft sein Licht
wieder über etwas Anderes, Größeres.
müsse auf das verzichten, was ich vor
hatte. Das Ganze erschien mir
wieder und wieder in einem falsche»
Licht. Und ich fürchtete, daß mein
Interesse ein aperes werden könne alt
egoistisch, oder vielmehr wirklich. Die
Wahrheit ist, daß ich bange gewesen
bin, mich von einem reellen Interesse
garre.
»Ja ja! Ein Ausreißer ein
feiger Flüchtling aus dem Leben!
Oder vielleicht ein verwundeter!
Aber jetzt, wo dies kommt wie eine
Botschaft von den Menschen, unter de
nen ich hier umhergewandert bin, aus
den Verhältnissen heraus, mit denen
ich mich beschäftigt habe, in die ich mich
auf mancherlei Weis« hineingelebt habe
eine Botschaft, die mir sagt, daß ich
etwas für sie bedeute, daß sie Zutrauen
zu mir gefaßt haben siehst du, da
liegt ein Segen in so etwas. Ich sitze
hier nun und empfinde keine Angst, bei
der Erkenntniß, daß ich wirklich von
einem tiefen, wahren Interesse für diese
Leute und ihre Verhältnisse, für unse
ren alten Besitz und Bruder Jonathan
nach in dies hineingewachsen, gleichsam
mit einer Wurzel auS mir selbst her
aus. Ich fühle mich in einem organi
schen Zusammenhang damit. Und es
ist ein großer Segen, dem man sich beu
gen und auf den man Acht geben muß:
Organisch mit dem Leben verwachsen
zu sein."
Eine Weile herrschte tiefes Schwei-
Ken. I tha ! 'll
um des Lebens reiche Ströme wieder
zu ihm hin zu leiten. Aber da? Leben
das hat seine eigenen, geheimen
Nach einem langen Schweigen sah er
zu ihr auf. Ihre glänzten. Er
reichte ihr seine Hand.
„Ich werde nie vergessen, der klugen
stand!"
„Nun, Ihr sitzt noch da? Das ist ja
herrlich! Es währte ein wenig lange
mit dem Küster! Und du bist zu
frieden, kleine Dame?"
unsagbar glücklich!"
Es war über Mitternacht.
Daniel zündete die Lampe auf jei-
Jahr. h I . 2 Z
auf Tennö! Heute war er aus der
Jagd gewesen, hatte sich zwischen
Steinen und Geröll hindurchgearbeitet,
berechnete Zinsen mit Reinert. Ein
ganzes Jahr lang hatte er jetzt ein
fremdes Leben geführt, ein geträumtes
Dasein.
Der alte, wohlbekannte Mißmuth
hatte ihn gepackt. Denn der war er
selbst und sein eigen. Er war sein
treuer Begleiter gewesen, solange er zu
rückzudenken vermochte. Ja, seit den
Tagen der Kindheit. Er kannte ihn,
er hatte fiir ihn die Gestalt ein«s
Freundes, eines stillen Bruders, der
an seiner Seite wanderte, wo in der
Welt er sich auch bewegen mochte. Es
konnten Zeiten kommen, in denen er
ihn vergaß. Nie aber lange. Eines
Tages ohne äußere Veranlassung
saß die Schwermuth wieder bei ihm,
und er begrüßte sie mit dem refignirten
Lächeln, jq fast mit Befriedigung; denn
sie wirkte gedämpft, beruhigend. Sie
brachte ihn so leise zu sich selbst zurück,
wenn er sich etwa auf irgend eine Weise
verloren hatte.
Wie er nun so dasaß, glitten halb
klare Bilder aus seinem Leben an ihm
vorüber, in langsam entschwindender
Reihe. Ueber ihnen allen, ja über sei
nem ganzen Leben lag gleichsam ein
grauer Schleier und ein Druck, der es
niederbeugte, seinen Nacken duckte, seine
Stimme dämpfte. Andere Menschen
hatten Freude gehabt und hatten
Kummer gehabt. Ihm war das nicht
was er in seinem ganzen Leben gelebt
hatte, das er Freude nennen wollte?
Was seinem Bedürfniß nach Freude
entsprach? Nein! Unk Kummer?
Da war ein Nachmittag mit Staub
regen, ein herbstlicher Park mit Nebel
in den zitternden Baumkronen; an ei
nem grünbemoosten Lindenbaum stand
er allein und sah einer Dame nach, die
von ihm fortging in den Nebel hin
ein nach dem Wagen, der sie, wie
er wußte, draußen erwartete. Da
mals und lange nachher hatte er ge
glaubt, daß das Kummer sei. Aber es
war lang« her, es ward ihm schwer,
daran zu denken. Und er hatte sie doch
geliebt. Es war damals so stark ge
kühnen Plan gebaut und glühend be
reit, ihn durchzuführen. Als sie dann
zum letzten Mal kam und ging, war
es ihm, als zerreiße das Band zwischen
ihm und dem Leben. Aber das geschah
nicht. Er hatte weiter gelebt, ruhig,
als die Zeit verging, und schließlich
war ihm diese Erinnerung nur noch
Wesen wäre, ausgenommen dieser treu«
Mißmuth, der ihn durch alle Jahre
hindurch begleitet hatte; das war sein
Besitz den er beinahe liebte.
Es war von frühester Zeit her zu
meist ein unendliches Gefühl von Ein-
Heimweh zusammen. Wohin in der
Welt er auch kam, womit in der Welt
er sich auch beschäftigte, was er auch
sehen, hören, erleben mochte, er war
mit seinem Innersten ein Fremder
darin, weil er mit seinem Innersten
hier in diesem fernen Lande wurzelte,
in dem großen, schweigenden Lande mit
dem Meer und den Bergen und den
weithin fliegenden Vögeln, in dem
Lande, das Niemand kannte und das'
Niemand würde verstehen können,
wenn er versucht hätte, darüber zu
reden.
Und dabei war es doch keine Sohn
sucht in die Heimath gewesen. Er hatte
ja nieina-H heim gewollt.
(Korisetzung fol»t.>
Für die Küche.
fleisch 2 Pfund nicht zu fettes
Schweinefleisch (am besten Kamm
stiick) wird, nachdem es sauber ge
waschen ist, mit einer Flasche leichtem
Bier ausgesetzt, zum Kochen gebracht
und abgeschäumt. Dann giebt man
etwas zerschnittenes Suppenkraut,
einige kleine geschälte Zwiebeln und
einen Löffel recht milden Weinessig
dazu und läßt es aus gelindem Feuec
weichschmoren. Nach Geschmack kann
man auch I—21 —2 abgewischte, aber nic^t
Fleisch >?eich genug und aus einer
Schüssel warm gestellt ist, rührt man
die Saue- durch ein Sieb, schmeckt sie
ab und macht sie nach Belieben mit
etwas in Butter braun geröstetem
Mehl oder einem Löffel in Wasser
verquirltem Kraftmehl (Kartoffel
mehl) seimig.
Krautrouladen. Gekochte?
Fleisch l-der Braten wird fein ge
wiegt, in würflig geschnittenem Speck
mit fein gehackten Zwiebeln und Pe
tersilie gedämpft, mit 2 in Milch ein
geweichten Brötchen und 2 ganzen
Eiern, Salz, Pfeffer und Muskat
nuß verrührt. Ein W«ißkohl wird
ausgekocht, mit kaltem Wasser über
gössen und auf ein Sieb zum Trock
nen gegebeti. In jedes Blatt wird
nun die Fleischfüllung eingewickelt.
klein geschnittenem Speck und Zwie
beln bestreuten Boden eines Brat
geschirrs neben einander eingelegt,
etwas Fleischbrühe darüber gegossen,
daL Geschirr gut verschlossen in den
Bratofen gegebin und bis 2
Stunden gedämpft.
Spinat mit Hering. Ein
Pfund Spinat wird sorgfältig verle
sen, oft gewaschen, nach und nach in
kochendem Wasser abgewellt, abge
tropft und fein gehackt. Man läßt
2 Löffel Mehl in Butter gar werden,
verkocht diese Mehlschwitze mit ein
wenig Wasser oder Brühe, giebt den
Spinat hinein (die Brühe darf na
türlich nicht lang sein), reibt nach Ge
schmack sehr wenig Zwiebel daran,
fügt eine Messerspitze weißen Pfeffer
und, sobald alles gut schmort, einen
kleinen, vorher eingewässerten, gehäu
d-r nun nicht mehr kochen darf, aus
heißer Stelle gut damit durchziehen.
Dann wird er abgeschmeckt und ange
richtet.
Reis mit Paprika. Ein
gutes halbes Pfund gut abge
schwemmter gebrühter Reis wird in
Wasser mit Salz langsam zu Brei
audgequellt, aber so, daß die Körner
ganz binden. Indessen läßt man et
wa« Butter mit einem knappen hal
be?, Theelöffel Paprika heiß werden,
giebt dies an den Reis und schwenkt
ihn vorsichtig damit durch.
Gebrannter Reis mit
Aepfeln. 10 geschälte Aepsel wer
den haloirt, das Kernhaus wird ent
fe'nt unv die Aepfel als Compott
fertig gelocht; der Saft wird dick ein-
Ganze kalt gestellt. V- Pfuttd ReiZ
wird, wenn gewaschen und blanchirt,
in 1 Quart Milch etwa 45 Minuten
weich ge'ocht, Pfund Zucker dazu
gemischt, die Masse wird erkaltet über
di: Aepsel gegossen und von allen
Gebackene Heringskar
toffeln. Man wässert 2 oder Z
Salzheringe über Nacht ein. wäscht
schneidet sie in feine Würfel. Ebenf»
Pfund Kartoffeln kocht man in der
Schale gar. gießt sie ab, >äßt sie ab
dampfen. zieht sie ab, schneidet sie in
sie Schicht bild«n. streut geriebenen
B tterflöckchen und läßt das Gericht
Brodkrumen, Tasse gehackte Zwie
bel, ein« gehackte Salzgurke, Tasse
weiche Butter, etwas Pfeffer. Dies
d«r Fisch gefüllt, zugenäht und in
Mehl umgedreht. Ueber die Back-