Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, December 05, 1907, Image 6

Below is the OCR text representation for this newspapers page. It is also available as plain text as well as XML.

    Zm Dilirium.
Die Compagni« des Hauptmanns
Marlow befand sich auf der Fahrt,
um mit dem Strafbataillon vereinigt
zu werden. D'-e müden, gereizten,
von dem langwierigen Transport in
den unbequemen Waggons erschöpften
Soldaten waren schweigsam und dü
ster. Auf einer Station mit sonder
bar fremd klingendem Namen bela
men sie von einigen L«ut«n in russi
scher Nationaltracht Schnaps und
Bier zu trinken. Die Soldaten
schrieen „Hurrah!", sangen Li«d«r und
tanzt«». Im Gesicht mit d«m Aus-
Dann b«gann die Arbeit, Die Com
pagnie durfte sich mit Gefangenen
nicht überladen, und so wurd«n all«
irgendwie Verdächtigen oder Paßlo
sen, die aus der Straße ausyegriffen
wurden, auf der Stelle erschossen.
Hauptmann Marlows psychologisch«
Voraussicht erwies sich als richtig:
die allmählich anwachsend« Erbitte
rung der Mannschaft fand in dem
blutigen Strafvollzug an der Bevöl
kerung eine gewisse Befriedigung.
Am Abend des 31. December hielt
die Compagnie ihr Nachtquartier in
der halbzerstörten Farm eines Ba
rons. Es waren noch etwa fünfund
zwanzig Werst bis zur Stadt und der
Capitän wollte morgen g«gen Mittag
dort eintreffen. Er war überzeugt,
daß di« Compagnie morgen an «>ner
ernsten und anstrengenden Aktion
werde theilnehmen müssen, und wollte
nun, daß sich die Leute doch einiger
maßen ausruhten und kräftigten. Für
sich selbst wählte er zum Schwsziin
mer einen großen, leer«n gothischen
Saal mit «in«m Kamin und einem
Bett«, das man dem Ortspastor weg-
Ein« schwarze, sternenlose Nacht
senkte sich nach Regen und Wind, un
merklich und jäh, über die Farm her
ab. Markow saß allein in d«m un
g«heuren leeren Zimmer vor dem Ka
min, in dem die Latten «in«s zerstör
ten Zaunes brannten, Di« Füße auf
das Kamingitter gestützt, aus den ha
geren spitzigen Knieen die General
stabskarte ausgebreitet, studirte er
aufmerksam das Terrain zwischen der
Farm und der Stadt, In txm roth«n
Feuerschein erschien sein Gesicht mit
der hohen Stirn, dem aufgezwirbelten
Schnurrbart und dem starrsinnigen
dummen Kinn noch düster« als sonst.
Der Feldwebel trat ein. Von sei
nem wachsleinenen Wettermantel floß
das Regenwasser auf den Vod«n.
Nachdem er einig« Sekunden dage
standen war und sich überzeugt hatte,
daß der Capitän ihm kein« Ausm«rk
samleit schenkte, hüstelte er leicht.
„Bist Du's?" D«r Hauptmann
drehte den Kopf nach rückwärts.
.Was giebt's?"
„Alles in Ordnung, Euer Wohlge
boren. Der dritt« Zug in Bereit
schaft, und zwar die «rste Abtheilung
an der Kirch«nmauer, die zweite..."
. „Schon recht. Sind di« Verbin
dungsposten aufgestellt?"
„Jawohl, Euer Wohlg«bor«n "
Er schwieg ein« Weile, als erwarte er
«twas, aber der Hauptmann schwieg
gleichfalls, und so sagte txr Soldat
mit gedämpfter Stimme: „Was besch
ien Euer Wohlgebore» betreffs jener
„Bei Morgengrauen erschießen,"
unterbrach ihn Marlow barsch, ohne
dem Feldwebel zu gestgtten, zu Ende
zu reden,
„Und dann..." Er blickte den
Feldwebel mit zusammengekniffenen
Augen an, „Daß ich derlei Fragen
nicht wieder höre! Berstanden!"
„Zu Befehl, Euer Wohlg«bor«n!"
rief der Feldwebel laut. Und wieder
verstummten die beide.!. Der Haupt
mann legte sich in de» Kleidern auf's
Beit. der Feldwebel stand an der
Thür im Schallen, Der Soldat zö
gerte aber aus irgend einem Grunde,
wegzugehen,
„Alles?" fragte Marlow ungedul
dig, ohne den Kopf zu wenden,
„Jawohl, Euer Wohlgeboreu!"
Der Soldat stand eine Weil« verlegen
da und sagte dann entschlossen und
Euer Wohlgebore. - die S-lda
treffs jenes jenes Alten —?"
sichtsausdruck auf dem Bette auf. Es
schien, als sei er bereit, ihn zu schla
gen.
Der Feldwebel die vor
genbttck stehen und rief im Kasernen
„Jch habe di« Ehre, Euer Wohlge
boren, Si« zu dem herannahenden
neuen Jahre zu beglückwünschen. Wir
wünschen ..."
sorgfältig untersuchen,"
Allein geblieben, warf sich Marlow,
ohne den Säbel abzuschnallen, von
Neuem auf's Bett, das G«sichl zum
Kamin gewendet. Sein Antlitz än
derte sich augenblicklich, als wäre es
gealtert, der lurzgeschorene Kopf sank
tief in die Schultern hinein, die Au
gen erloschen und schlössen sich halb
Markow litt schon eine ganze Woche
au einem qualvollen Sumpffieber, und
h«it. Niemand im Bataillon war «S
bekannt, daß «r sich Nachts unter
grauenhaften Anfällen im Bette hin
phantastischen 'Albdruck Vergessenheit
hst t s^lts
eben gesprochen hatt«. Markow er
rieth irgendwie, daß d«r F«ldw«b«l
recht haben mußte: der Greis hatt«
in der That etwas Ungewöhnliches
muth und tiefer Trauer, Solche, die
sem Greise ähnliche Menschen, hatte
der Hauptmann dort, bei Liaojang
geführt hatte, und er ihnen durch eine
cynifche, ausdrucksvolle Geste zu ver
stehen gab, daß sie wie Spione behan
s?cht«r znxier von ihnen und verzerr
ten sich in lödllichem Entsetzen! aber
der Alte lächelte nur mit einem selt
samen Ausdruck von Müdigkeit,
Gleichgiltigkeit, ja sogar sogar, wi«
«s ihm schi«n, mit dem Ausdruck eines
leisen, nachsichtigen Mitleids für den
Chef der Strafexpedition selbst.
„Wenn er wirklich ein Rebell ist,"
überlegte Markow, die entzündeten
Augen schließend, und er empfand,
wie eine bodenlos« Finsterniß an ihm
vorbeischwamm, „so nimmt er dort
zweifellos einen wichtigen Posten ein,
und ich handle sehr vernünftig, indem
ich ihn erschießen lasse. Nun, wenn
der Alte aber ganz unschuldig ist?
Desto schlimmer für ihn Ich kann
doch nicht zu seiner Bewachung zwei
Mann herstellen, besonders in Anbe
tracht der morgigen Aktion. Und am
End«, warum sollte er dem Schicksal
jener Fünfzehn entgehen, die wir zu
rückgelassen haben? Nein, das wäre
«in« Ungerechtigkeit."
Der Hauptmann öffnet« langsam
die Augen und sprang dann plötzlich,
zu Tode erschrocken, auf.
Vor dem Hauptmann saß auf ei
ner niederen Bank, den Kopf gesenkt,
die Handflächen auf die Kniee gestützt,
rn ruhiger und traurig - sinnender
Haltung der zum Tode verurtheilte
Greis.
ein Feigling, obwohl «r an übernatür
lich« Erscheinungen glaubte und
an der Brust ein Amulelt mit irgend
einem Knöchelchen trug. Zurücktreten
ans Angst selbst vor dieser geheim
nißvollen, überirdischen Erscheinung,
hätte der Hauptmann für ebenso
schimpflich gehalten wie die Flucht vor
dem Feinde oder erniedrigendes Fle
hen um Schonung.
Er zog mit der gewohnten raschen
Bewegung den Revolver auS d«m l«-
dernen Futteral, spannte den Hahn,
richtete die Mündung gegen den Kops
des Unbekannten und schrie wie toll:
„Wenn Du Dich rührst, fährst Du
zum Teufel!"
Der Alte wendete langsam den
Kopf. Ueber seine Lippen glitt das
selbe Lächeln, das sich s«it dem Mor
gen so gut in'S Gedächtniß deSHaupt
inannes eingeprägt hatt«,
„Beunruhigen Sie sich nicht, Haup
tmann; ich bin ohne böse Ab
sicht zu Ihnen gekomm«n," sagte der
Alte. „Versuchen Si« doch wenig
stens, sich bis zum Morgengrauen des
Mord«s zu enthalten."
Die Stimme dieses sonderbaren
Gastes war «b«nso räthselhaft wie
sein Lächeln, gleichmäßig, eintönig
und völlig klanglys. Markow hatte
s«in«r frühist«n Kindheit, wenn er
allein in seinem Zimmer zurückgeblie
ben war, ähnliche Stimmen ohne
seinen Namen riefen. Dem unbe
greiflichen Einfluß dieses Lächelns
und dieser Stimme gehorchend, that
der, den Kopf auf den Ellbogen ge
stützt, ohne den Blick von d«r dunkl«n
Gestalt des Unbekannten zu wenden.
schwer«, erdriicknd« Stille in d«m
Zimm«r. Nur Markow s FeldzugS
chronometer schlug hastig die Sekun
den, und die durchgebrannte Kohle im
m«n. st Z s
„Sagt mir, Markow," b«gann end
lich der Greis, waS wirst Du, nicht
etwa den Richtern, ÄHken Vorgesetz
ten, nicht einmal dem Kais«r, was
wirst Du D«inem Gewiss«» antwor
ten, wenn es Dich fragen wird: wa
gerechte Schlacht«» gegangen?"
Markow zuckte spöttisch mit d«n
Achseln. M sch. d -
Das ist doch amüsanter, als
schwfloS im Fieber hin und her zu
wälzen. Also, was kch m«ln«m v«<
wissen erwidern werde? werd«
Soldat bin, und somit obliegt mir's,
ohne Ueberlegung zu gehorchen. Znxi
tens bin ich ein geborener Russe, und
J«der, d«r es sich beifallen läß!, sich
gegen di« Macht dieser großen Herr
schaft zu «mpör«n, gleich einem
Wurm unter ihrer Fexfe zertreten
und selbst sein Grab der Erde gleich
gemacht wird...."
„O Älarkow, Markow! Wie viel
wilder und, blutdürstiger Stolz liegt
der Greis. „Und wie viel Unwahr
heit! Du betrachtest den Gegenstand,
ind«m Du ihn ganz in di« Nähe d«r
Augen bringst, und somit siehst Du
nur seine unwesentlich«« Details?
geh' Du nur etwas weiter von ihm,
Gestalt erblick«». Glaubst Du denn
wirklich, daß Dein großes Vaterland
unsterblich ist? Aber haben d«nn Per
ser und Macedonier nicht dasselbe ge
sagt und gedacht, und das stolze Rom,
das die ganze Welt mit seinen eiser-
Europa iiberslutheten, daS mächtige
Spanien. daS über drei Welttheil«
herrschte? Frage die Geschichte, wo
hin ihre unermeßlicheMachl geschwun
den? Ich will Dir aber sagen, daß
«s vor ihnen, vor Jahrtausenden,
schon große Kaiserreiche gab, mächti
ger, stolzer, civilisirter als Dein Va
terland. Doch das Leben, das mäch
tiger ist als di« Völker und älter als
die Denkmäler, schloß si« aus aus sei-
Hauptmann mit schwacher-Stimm«,
sich auf dem Rücken ausstreckend. „Die
Geschichte geht ihren Weg. und nicht
men, di« Bahn ihr weiftn sollen."
Der Alte lachte lautlos auf.
.Du sollst nicht dem afrikanischen
der Dein«r Kind«r nxrden sich ihres
Ahnen, d«S Henkers und Mörders
Alexander Wafsiljewiisch Markow
schämen."
„Etwas stark gesprochen, Alter!
eisern« Charakt«re zu schmieden.
Uebrig«ns Markow rieb sich s«st
die Schläfen, bemühte sich, sich an
ist alles gleichgiltig, Was wollte
ich doch fragen? Ach ja! Es kommt
mir vor, ich weiß nicht warum, daß
Du keine Unwahrheit sagen wirst. Du
bist k«in Einheimischer?"
„Nein," und der Alte schüttelte den
Kopf,
„Aber Du bist doch hier gebor«n?"
„N«in?"
„Du bist doch aber «in Euro
päer? Franzose? Jude? Russe?
Deutscher?"
„Nein, nein...
Markow schlug mit der Faust auf
den Bettrand.
„Mr bist Du also? Und warum,
uns je gesehen?"
Der Alte ließ den Kopf noch tiefer
hängen und saß lanAe, ohne ein Wort
hen. Du wirst Dich wohl'nicht »in
nern od«r hast es vergessen, wie Dein
Onkel während der Pest an einem
Morgen neunundfünfzig Personen
hängen ließ? An diesem Tage war
ich zwei Schritte von ihm entfernt,
aber er hat mich nicht gesehen ~."
flüsterte Marlow und
unerträgliche Gluth sich seiner bemäch
tigt«! „ab«r «s waren Rebellen,"
„Ich war Augenzeuge der grausa
men Heldenthaten Deines Baters bei
Sebastopol und Deines Großvaters
bei Otschalow," fuhr d«r Alte mit fei
ner lautlosen Stimme fort. „Vor
meinen Augen ist so viel Blut geflos
sen, daß es genügen würde, den gan
zen Erdball zu iiberflulhen. Ich war
mit Napoleon auf d«n Schlachtfeldern
von Austerlitz, Friedland, Jena und
Borodino. Ich sah den Pöbel, wi«
er Sanson applaudirte, als er vom
Gerüste der Guillotine das blutige
Haupt Ludwigs hochhielt.
Ich ging einher hinter den Scha
ren des Dschengis-Khan, Soliman
des Herrlichen und Atilla, die ihre
Wege über Berge von menschlichen
die in Thierhäute eingenähte Ehri!
sten hetzte und ich sah zu, wie man
in den marmornen BassinS den Mu
hab« die wahnwitzigen blutigen
gien Nero's g«s«hen und das Weh
klagen der Juden an den zerstörten
Mau«rn Jerusalems gehört. . . ."
„Du ... Du bist «in Abdruck . .
geh' fort .... Du bist «in Gebilde
mir . . ." flüsterte Markow mit ver-
Der Alte erhob sich von der Bank.
Es war, als fei seine gebeugte G«-
eintönig und drohend zu sprechend
„Ich habe gesehen, wie zum ersten
Male menschliches Blut vergossen
wurde. Zwei Brüder gab es aus Er
den. Der «ine freundlich, fri«df«rlig,
arbeitsam und mitleidsvoll, der ande
re, der Aellere, stolz, grausam und
neiderfüllt. Einst brachten sie nach
der Väter Art Opfer ihrem Gotte:
der Jüngere die Früchte der Erde
und der Aellere das Fleisch gefange
ner Thiere. Da fühlte der Aellere in
seinem H«rz«n Zorn gegen seinen
Bruder und der Rauch von seinem
Opfertisch legte sich über die Erd«,
während der Rauch von dem Altar
des Jüngeren in einer geraden Säule
gen Himmel stieg. Da überfluthete
der alte Zorn und Neid die Seele
des Aelteren und der erst« Mord auf
Erden würd« vollbracht."
„Ach, g«h' fort, lasse mich um des
Himmels willen!" flüsterte Markow,
sich auf dem zerwühlten L«intuch hin
und her irxrfend. Doch der Alte fuhr
in seiner Red« fort:
„Ja, tch sah, wi« s«in« Augen
vom Entsetzen d«s Todes sich «rwei
terten und sein« gekrümmten Finger
krampfhaft den vom Blute nassen
Sand aufwühlten. Und als er zum
unbeweglich und bleich sich auf der
Erde ausstreckte, da bemächtigte sich
des Mörders unerträgliche Angst. Er
lief, sein Gesicht verbergend in das
Wald«sdickicht und lag dort, am gan
zen Körper zitternd bis zum Abend,
bis zu dem Augenblicke, da er die
Stimme des erzürnten Gottes hörte:
„Kam, wo ist dein Bruder Abel?"
Geh' fort, quäle mich nicht!" Mar-
Ohren nichts Anderes hören, als das
Todsröcheln, in dem Du stet? das
letzt« Röch«ln D«ines Bruders erken
nen wirst!"
D«r Alt« »«rstummte für einen Au
genblick, und wo er wieder zu spre
chen begann, fiel jedes seiner Worte
kow.
„O Herr, Gott, gerecht und uner
bittlich ist Dein Gericht, Schon viele
Jahrhundert« und Jahrtausende wan
aus Schlachtfeldern blutig» verunstal
tete Menschen sterben, wo Mütter
erwachen Sie!" wiederholte über dem
Obre Markows die seste Stimm« des
Feldwebels. „Ein Telegramm!"
Schein des anbrechenden Tage«.
„Und wie ist'S mit jenen ....?"
fragte Markow mit bebender Stimme.
„Zu Befehl, Euer Wohlgeboren.
„Und der' Alle? Der Alte?"
gleichfalls."
auf's Bett nieder. Der Feldwebel
dieses verflucht« Fieber ganz entkräf
tet hat. . . Und vielleicht" —er ver
suchte zu lächeln, doch daS Lächeln
ganz zurückzieben müssen,"
D«r F«ldw«bel, den nichts in Er
staunen brinaen konnte, salutirte und
„Zu Befehl, Euer Wohlgeboren!"
Verblümt. „Nun, was sa
gen Sie zu meinen Würstenn, Her:
Landgerichtsrath?" „Hm Sie
scheinen auch fiir'S abgekürzt« Verfah
— Aha! Studentin: „Mein
.Gut! Wollen wir die Kugeln wech
sln?" Stadentin: „Nein aier d«n
Die Monduhr.
.Die Erde ist ein Dorf, meine
Herrschaften. Nichts weiter als ein
großes Dorf. Man kann hingehen,
wohin man will: irgendwie kommt's
alsbald immer heraus, wo uns da
heim der Schuh gedrückt hat! Und
wenn man zu den Kaffern flicht!
Ich will Ihnen daS an der Geschichte
te sich sodann an seiner fünfzehnten
Zigarette die sechzehnte an. Er war
auf vierzehn Tage wieder einmal in
Berlin, auf einen Monat vielleicht
in Deutschland, dann trieb ihn das
Reisefieber doch wieder hinaus nach
Bombay oder Rio, vielleicht auch
nach Hammerfest oder Frisko. Er
war ein Weltbummler erster Ordnung,
der Schiffsplanlen oder rollend« Räder
unter sich spüren mußte, wenn ihm
wohl sein sollte. Hätt« er nicht das
nöthige Kleingeld für di«se Passion
gehabt, wäre er sicher der unglücklich
ste Mensch von der Welt oder
tens war das s«,ne e.gcnc .l,i
-„Also, passen Sie auf! Als ich noch
in Aschenburg bei den grün«n Husa
ren stand, hatten wir. einen Rittmei
ster Erichsen. Pompöser Kerl.
Stramm im Dienst. Pünktlich aus
die Minut«. Ach. was sag' ich: aus
die Sekunde! Und dabei kein Schuster!
stündlich über seine mächtige Tonsur
her, die sich in dergleichen Viertel
stunden allen Blicken herausfordernd
lauer vom „Glatzer Bergland" und
der „Kreisstadt Blankenburg" nebst
unzähligen anderen in immer tristeren
nämlich di« Kourage, bei der schö
nen, aber «twas schnippischen und
hochmüthigen Tochter der alten Ex-
Monduhr" schwelgte, od«r nicht
Schicksal überlassen wutt>e. Wir
hatten vor, in ein Cafe zu bummeln,
ster, was haben Sie sich denn da
für eine Uhr zugelegt?"
„Eine Uhr?" fragt Erichs«n «r-
„Ja. ja, «ine Uhr! Und sie zeigt
stark auf dreiviertel! . . . Das ist
ein
»Da ist das Zifferblatt!" sagte
Exzellenz und tippte ihm mit dem
Finger auf seinen Mondschein. Uno
endlich begriff er. Es hatte ihm je
zwölf Stunden darauf gemalt und
ein Paar Zeiger dazu, die auf drei
viertel zwölf zeigten. Mit zwei
Handspiegeln hat er es nachher festge
stellt, nachdem er, brennend vor
Seitdem hieß er die „Monduhr".
Vergeblich suchte er den Urheber dieses
albernen Streiches zu ermitteln.
Selbst die deutlichsten Insulten für
„den betreffenden Esel" wirkten nicht
Da brach er eines Abends ohne Fe
derlesen einen Streit vo» Zaun und
schoß drei Tage später dem Rittmei
ster v, Goldnagel die rechte Hand
kaput. Zifferblätter konnte er da
mit nicht mehr malen. Und auch
der Armee sowohl wie bei der Ex
zellenztochter.
Aber auch Erichsen quittirte bald
darauf und verschwand,
Trotzd«m: die Erde ist eben doch
nur ein Dorf! Wie ich in diesem
Herbst von Veracruz nach Puebla
fahre, um eine flüchtige Bekanntschaft
mit «inem dort ansässigen Weizen
nabob zu erneuern, sehe ich vor dem
französischen Cafe einen Hünen sitzen,
braun gebrannt, den Schädel voll
glatt gebürsteter blonder Haar«, läs
sig in der Kleidung, aber straff in
der Haltung, wie «in waschechter
preußischer Rittmeister.
Er steht mich prüfend an und ver
tieft sich dann plötzlich in seine Zei
tung.
„Erichsen," sag« ich, „so entgehen
Sie mir nicht!"
„Sind Si« es wirklich Heldrin
gen?" fragt er da und lächelt süßsau
er. „Verzeihung, ich ... ich kannte
Sie nicht gleich wieder! Oder, um
ganz eyrlich zu sein: ich wollt«
nicht!"
„Auch gut!" entgegnet ich kühl nnd
will weiter. Aber er hielt mich fest.
Ich mußte mich zu ihm setzen und
seine Erklärungen anhören.
„Die alte W«lt liegt nämlich hinter
mir!" begann er. „Ich habe ver
sucht, alles zu vergessen, und es ist
mir so ziemlich gelungen. Kein
Mensch hier kennt wich von drüben her.
Mein« Leute halten mich für einen
Norweger, und meine kleine Frau
hat noch heut« keine Ahnung, wes
halb ich Deutschland damals den
Rücken gekehrt habe. Ich kann
nicht darüber reden! Die Galle steigt
mir noch immer ins Blut, w«nn ich
an den gräßlich«» Sonntag denke.
Lediglich wegen des verdammtes
Spitznamens Sie wissen ja. wel
chen ich meine! trage ich in dieser
lediglich deswegen wollte ich mich vor
hin an Ihnen vorbeidrücken! Nun
müssen Sie aber mein Gast sein, aus
ein Paar Tage wenigstens, Heldrin
gen!"
Und er quälte so lange, bis ich mit
ging . . .
Herrschaften, er hat es gut da drü
ben! Di« Frau ist entzückend. Das
Besitzthum ein kleines Paradies und
mit einer riesigen Menge Draht.
habe mich höllisch wohlgesühlt
war er stark beschäftigt. Ich ba!
ihn, mich allein fahren zu lassen und
setzte es schließlich durch. Schon
hatte ich Kutscher und Diener abge
funden und war auf den P«rron
hinausgegangen. Da fiel mir ein,
daß ich ein paar Bücher auf der Ve
randa vergessen hatte, und ich wandte
mich noch einmal zurück, um den
Leuten Bescheid zu sagen,
Sie standen vor dem Tisch einer
ten sich lebhaft mit den Packträgern.
Just wie ich herantrat, hört« ich ei
nen der braunen Burschen fragen:
freund?"
Das ging mir denn doch über daZ
Bohnenlied. Ich holte mir den Die
ner auf die Seite. Es war ein
fixer Junge aus New Orleans. Er
sollte mir sagen, wie si« zu dem Aa
men kämen.
„Welchen Nam«n?" schwindelte er.
Aber seine Aug«n lachten dabet.
Schließlich bekannte er Farbe, In
der Nachbarschaft ihres Landhauses
lag eine Kneipe. Dort waltete seit
einem Jahre schon ein deutscher Auf-
Wärter. Ausgerechnet bei de,,
Afchenburger „Grünen" hatte er ge
standen, ehe er über den großen Teich
gegondelt war. Der kannte natür
lich die Geschichte von der „Mond
densalls gibt es einmal einen schir
men Tag. Aber seine kleine Frau
wird lachen, daß die weißen Zähne
nur so blitzen. Am meisten über
die Erzellenztochter! Dessen bin ich
sicher!"
Er war inzwischen mit der neun
zehnten Zigarrette fertig geworden
und setzte die zwanzigste in Brand
„Ist nun die Erde «in großes
Dorf« od«r nicht? . .
wesparte «rdeit.
Mutter: „Zieh' Dein« schmutzige
Hose aus, Fritzchen, damit ich sie aus-
Buben so wie so noch durchhauen!"
Schweres Dasein. Par
venü (zum Bittsteller): Si« müssen
eben arbeiten, lieber Mann. Mir
ist es auch nicht an der Wieg« gefun-
Herr (bei einer Bergbesteigung
zum Führer): „Das ist wirklich ein«
herrliche Aussicht!"
Führer: „Nicht wahr, die ist a
Trinkgeld werth?"
Das Schlimmste. Seine
Frau: „Nun? Du bist ja so niederge
schlagen?" Der Börsianer: „Ein
schrecklicher Unglückstag heute! Ich
habe lov.vlXl Mark verfpekulirt! Und
das Entsetzlich« ist, hundert Mark da
von waren mein eigenes Geld!"
Ter Brief.
Gemüthlich. Frau (zu
ihrem spät Nachts heimkehrenden
dich nicht sehen! Mann: Na, Alte,
an!
Ersatz im Streik. Dach
decker: Um unsen Meester dut et mir
Bautens! Kollege: I! Wat heeßi!
Laß ihm doch mal nu die Gläubiger
uff det Dach steigen, statt unfereeni!
Verblümt.
mich zu küssen?"
„Das weiß ich wirklich nicht . . .
Was würden Sie denn thun?"
Definition. Lehr«r: Wal
heißt das: Ein Verein tagt? Nun.
du mußt es doch wissen, Franz, dein
Vater ist doch im Schlltzen-Berein?
Jung«: Ein Verein tagt, das beißt
sie saufen alle so lange, bis «s
Tag wird!
Unerfahren. Bauer (der
vom Baron ein« Eigarette geschenkt
bekommt): Erlauben S«, Herr Ba
ron, auf welcher Seite zündet mo»
denn so a Ding an?