Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, October 24, 1907, Image 6

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    Der Blutrichter.
Wne phantostische Geschichte oon Maurtc«
! In einer alten Stadt der skandi
navischen Staaten wohnte aus dem
großen Platze vor vielen, vielen Jah
nen ein Richter, der Heridal hieß und
nur einen einzigen Freund hatte, den
Arzt Wettern.
Sie kannten sich seit ihrer Kind
heit und hatten sich in der langen Zeit
'schätzen gelernt; beide zeigten sich in
der Ausübung ihrer Thätigkeit mit
leidslos, und Heridal freute sich an
den Abenden der schönen Tage, an
denen er irgend einen armen Teufel
?um Galgen geschickt hatte. Solche
Abende erschienen ihnen doppelt köst
lich, wenn Wettern, ein unfehlbarer
Diagnostiker, einem seiner Kranken
erklärt hatte, sein Zustand wäre ver
zweifelt.
Dann lachten sie zusammen an
ihrem Kamin, und das Bier schmeckte
ihnen frischer, und die Pfeifen rauch
ten sich noch einmal so gut. Das
war das Vergnügen dieser einsamen
Greise, die das Leben haßten, weil
sie es zu genau betrachtet hatten.
Weder Wettern noch Heridal hatten
eine Jugend gehabt. Der eine be
trachtete die Liebe als eine Krank
heit, der andere als eine Quelle von
Missethaten, und beide sahen sie als
ein Teufelsgeschenk an. Kahlköpfig,
yelb und mager, mit ironischen Ge-
Hchtern, sahen sie sich schließlich in
folge des langen Zusammenlebens
ähnlich. Wenn sie durch die Straßen
Hingen, entflohen die Kinder vo»
fhnen wie ein Schwärm Sperlinge
vor einem Steinwurf, und die armen
Leute, deren Elend Verbrechen ver
muthen ließ, kehrten mit gebeugtem
Rücken in das Dunkel ihrer Hütten
sprach Wettern unterwegs
einen dieser traurigen Leute an; er
betrachtete ihn von oben bis unten,
wog ihn förmlich mit den Blicken ab,
inachte ihn auf seine Blässe, seine Ge
brechlichkeit. sein schlechtes Aussehen
aufmerksam, und sagte zu ihm, dem
Hungerleider, diesem zerlumpten Kerl,
im ernsten Tone mit seiner scharsen
„Mein Junge. Du bist auf falschem
Wege; ich bin der Arzt des Voltes,
ich bin gut und mitleidig, und zum
Beweis dafür gebe ich Dir unentgelt
lich einen guten Rath, ohne aus Dank
barkeit Anspruch zu erheben, denn ich
weiß, Du möchtest augenblicklich weit
sort sein und schicktest mich gern zum
Teufel. Thut nichts, ich betrachte das
als mein- Mission. Also, mein Jung-,
ich schwör« Dir, Du wirst in sechs
Monaten todt sein, höchstens in zehn
Monaten, wenn Du nicht meinen Rath
befolgst. M«in Rath ist solgender:
Du mußt 12 Stunden am Tag« schla
fen und täglich fünf Mahlzeiten hal
ten alten Bordeaux, rohes Fleisch
ich erlaubte Dir sogar Trüffeln,
ober nur zweimal in der Wocht; Au
stern ab«r bewillige ich Dir bei jeder
Mehlzeit, wenn Du sie gern ißt, trei
bt keinen Mißbrauch mit d«m Alkohol,
indessen ein Glas alter Gen«v«r od«r
elter Kognak nach d«m Essen erleich
tert die Verdauung, Ich vergaß, Du
mußt Dir Zerstreuung verschaffen.
Musik, Theater, Reisen, ich würde Dich
ohne weiteres nach Italien schicken.
Also Du siehst, die Sache ist ganz
einfach, pfleg« Dich in dieser Weise,
und Du wirst schnell gesund wer
den, sonst liegst Du im Dezember in
der Erde, und wir haben jetzt März.
Aus Wiedersehen, mein Junge!"
Mit diesen Worten ließen sie den
verdutzten Hungerleider st«hen. und
Achsel zuckte, mit sich fort.
„Spaßvogel", sagt« der Richter zu
dem Arzt.
„Wieso?" versetzte Wettern, „habe
seine Sache: in dem Fall« hast Du
Lbrigens Aussicht, dzß er Dir eines
Tages in die Hände fällt. Ich besorg«
Dir Kundschaft und Du bist so
dankbar..."
Heuren Faust hielt er einen schweren
Knotenstock, vielleicht als Stütze, aber
ebenso sicher auch als Waffe.
Als d«r Mann 100 Schritte
«m und sagte zu ihm:
»Jetzt werden wir uns amüstren
dieser Mann kennt mich und weicht'
mir aus; da er mir ausweicht, ist eS
ein Verbrecher, jagen wir dgs Wild!"
Der Mann blieb stehen, zögerte,
kein Ausweg möglich.
Er drehte ihnen den Rücken und
machte eine Bewegung, als wenn er
sagen wollte: „Ich habe mich im Wege
geirrt"; dann wandt« er sich mit äffet,
tirter Langsamkeit um.
Die beiden Freund« richteten ihr«
Gangart nach der seinen ein und folg-
Von Straße zu Straße, von Plah
zu Platz, durch Gassen, Durchgänge,
über Brücken und Böschungen lief der
Mann wie ein gehetztes Wild und
suchte die Verfolger abzulenken und
Jetzt bemerkte er hinter sich zwei
hohe schwarze Gestalten, die ihm hart
näckig, unermüdlich folgt«».
Bald murm«lte er:
„Ja, es ist sicher, sie solgen mir; der
Richter hat mich erkannt, ich bin ver-
Dann faßte er feinen Knüppel fester
und knurrte mit wüthender Verzweif
lung und blutunterlaufenen Augen.
Einige Augenblicke später faßte er
wieder von neuem Vertraue» und sag
te sich:
„Aber nicht doch, daS ist ein Zu
fall. Er hätte mich längst verhaf-
Furcht, wenn man etwas auf dem
Gewissen hat."
Und dieses Ja und Nein, diese
dal fügte sich. Uebrigens hatte sich
der Mann IVO Schritte vor ihnen
auf einen Prellstein niedergelassen; er
Aergste vor.
Der Richter rief drei Polizisten,
deutete auf den Galgenvogel und
weil sie sich verspätet hotten. Das
that nichts, si« hatten sich köstlich amü-
D- M w de h" t
klagt«! freigesprochen würd«.
In seinem 70. Jahre wurde ihm
eine groß« Freude zu Theil. In dersel
tcn Woche wurden 4 Verbrechen be
sich zog. Zur noch größeren Freude des
Richters befanden sich unter den vier
Mördern zwei Frauen, und einer der
stimmt, nie hatte er größere Begeiste
rung für seine Rolle gezeigt, nie war
er der Strafe sicherer gewesen.
Trotzvem würd« dieses Glück durch
einen Schatten verdüstert. Sechs
Tagt vor der Sitzung theilte ihm Wet
tern mit, er wäre in eine ferne Stadt
berufen zu einer hohen Persönlichkit,
die schwer erkrankt war.
„Ein Sack mtt Thalern fällt mir da
in den Schooß", sagte der Arzt, „und
ich kann nicht Nein sagen—ich werde
-in bis zwei Wochen fern bleiben, je
nachd«in der Fall sich in die Länge
zieht, aber jedenfalls nur eine, denn
ich wert« mein Möglichstes thun, um
die Geschichte kurz zu mchen ich
fühl« mich ja nur bei mir oder Dir
wohl."
Der Richter war recht ärgerlich,
Worte.
Der Richter seuszte, „Du wirst nicht
wie sonst an Deinem gewöhnlichen
„Doch, doch", versetzte der Arzt, „ich
kann die Größe der Unnannehmlichlcii
nicht entziehen; um so
die Erben mich reichlich bezahlen wer
den. Aber, theurer Kamerad, mild««
so erweise mir dieses einzig? Malaie
Ehre und zeipe Dein Genie für mich
ganz allein, hier im häuslichen Kreise,
mir Deine Rolle vor! Leider w»de
ich ja nicht die entsetzte Mimik d«r
Schuldigen vor Augen haben, aber ich
kenn« sie so genau, daß ich sie mir vor
stellen kann, und Deine Worte werden
führen."
„Gern", versetzt« H«ridal geschmei
chelt.
flammte und der Dampf der reichen
Sierichte, der entkorkten Flaschen, einen
feinen Duft von Wohlbehagen und
Heiterkeit ausströmte. Der Anfang
des Rausches machte sich bei d«m Arzt
und d«m Richter bemerkbar, und die
Roth« der guten B«rdauung lag auf
ihren Wangen. Sie hatten von dem
französischen W«in getrunken, der
bösartiger aufgelegt als sonst.
Der Richter leerte sein Glas, erhob
sich und nahm die feierlich«, unerschüt
terlich«, tragisch dülsiere Physiognomie
d«r großen Gerichtstag« an. Zuerst
erklärte «r die «inz«ln«n Verbrechen:
Der Angeklagte hieß Oskar Köping.
20 Jahre alt, ohne bestimmten Beruf,
vielleicht wie man später sehen würd«,
Gaukler oder Seiltänzer. Sein Ver
straßen mit einem Hund«, einem
schmutzigen Thier, das er in Kunst
stücken unterrichtet hatte, bei deren
Vorführung die Passanten stehen blie
ben und Almosen spendeten. Auf ein
Wort, eine Bewegung feines Herrn
machte der Hund schön, stellte sich todt,
sprang über einen Stock, ging auf den
beiden Hinterfüßen und bellte takt
mäßig mit diabolischer Stimme. Er
konnte noch andere Kunststücke, konnte
Korten unterscheiden, sah aber alt,
schmutzig und häßlich aus. Eine selt
same Zuneigung verband Mnsch und
Thier; man mochte selbst behaupten,
dieser 2vjährige Gaukler hätte diesen
ISjährigen Pudel von Kindheit an er
zogen und sie hätten sich sozu
sagen stets g«kannt, ständen allein auf
der Welt und wären beständig zusam
men das alles mochte man Ins
Feld führen, die Beziehungen zwischen
diesem jungen Mann und diesem alten
Hunde blieben trotzdem unentschuld
bar und bildeten eine Demüthigung
für unser« unsterbliche Seele.
Köping und sein Hund zogen neu-
eines Sonntags, über die Land
straße, einem unbekannten Ziele zu.
Plötzlich schoß der Graf Dago v. Sö
derhaun mit seinem Jagdgesolge vor
über. Der Hund des Bagabunden
sprang wüthend Dagos Pferd zwischen
die Beine, das Thier machte erschrocken
einen Seitensprung und warf seinen
Reiter ab; kaum hatte sich der Graf
wieder in den Sattel geschwungen, so
zog er sein Pistol und tödtete den
Kund. Da hob Köping heulend vor
Wuth einen Stein auf und tödtete den
Grasen. Er wurde sofort verhaftet,
„Vorzüglich", rief Wettern fröhlich
Der ander« Mann, der zweite An
geklagte. hieß Jakob Geffle; er war
Taglöhner, 40 Jahre alt und vermie
th te sein: Arm«, fnnen Rücken für
kärglichen Lohn; er war eine Bestie,
ein Arbeitsthier von verblüffender
Kraft.
dieser Lump hatte eine Frau und
fünf Kinder. Das alles wimmelte in
ein.m Loch der Vorstadt und lebte,
man wußte nicht, wie, warum und
Es fehlte an Arbeit, sie hatten Hun
richligen, schrecklichen Hung«r. Anstatt
die Seinen, diese Banditenbrut
und seine Frau ruhig sterben zu sehen
und nachher ergebungsvoll selbst zu
sterben, empörte sich Jakob Gesfle ge
gen das Elend und die bestehend« Ge
sellschaft. Er stahl Brot bei einem
Bäcker, kletterte über die Mauer und
erbrach zwei Thür«n. Von der Meng«
verfolgt und gehetzt, war er in Wust,
gerathen und hatt« blindlings zuge
schlagen, dr«i Bürger verletzt, «inen
Soldaten verwundet, Resultat der
zückt. s ' Gl s t k 112
die Gerechtigkeit und fuhr fort: „End
lich zwei Frauen!"
Er fuhr sich mit d«r Zunze über
vor.
H«ridal fuhr fort:
Josepha Misoen, 25 Jahre alt,
stich in die Brust. Die Sache ist
klar."
„Macht drei", kreischte der Arzt ent
zückt.
„Letzter Fall", fuhr der Richter
fort: „Martha Falhun, 18 Jahre
alt, Arbeiterin, eine Liebesgeschich
te die ewige Liebesgeschichte, die
unschuldiges Mädchen, das verführt
und betrogen wird. D«r G«li«bt« ver»
läßt sie, und will sich anderweitig
verheirathen. Martha Falhun ist eine
lnergische Person, obwohl sie eine
Blondine mit blauen Augen ist; an
dtm Tage, da ihr Geliebter mit einer
anderen Hochzeit feierte, brannte sein
Haus von Grund aus ab, und die
Brandstifterin war Martha.
Das sind die vier Verbrechen
überall Blut, das um Rache schreit.
Du kennst jetzt Köping, Geffle, Jo
sepha Misoen, Martha Falhun,
Schurken, Spitzbiibinnen, Lumpenge
sindel und Wölfinnen. Und nun hör«
H«ridal drapirt« sich in seinen
Schlafrock, stützte sich mit b«id«n Hän
d«n auf den Tisch und begann mit
schneidender Stimme:
„Seit den prähistorischen Zeiten,
s«it den schwarzen Tag«n, da di«
Urthiere zusammen mit unseren Vor
fahren in schmutzen Höhlen hausten,
seit jenen Zeiten wurden zu allen
Epochen in diesem Lan« zwei Verbre
chen als solche erkannt: der Mord und
der Diebstahl. Aus diesem uralten
Instinkt ging nach und nach die Justiz
hervor, die Schätzerin der Gesell
schaft."
„Bravo!" rief Wettern.
Der Richter verneigt« sich und fuhr
fort:
„Was den Barbaren verbrecherisch
erschien, erscheint auch dem Menschen
von heute ungeheuerlich, noch heute
heißt es: Auge um Auge, Zahn um
Zahn; wer tödtet, soll wieder g«tödtet
werden! Ja, sie haben alle getödtet,
die Elenden, die da vor Euch stehen.
Köping, Gesfle. Josepha. Martha. Ja,
Wolf ist, wenn er in der Falle sitzt,
bigt. Doch laßt diesen Wolf los, und
Ihr w«rdet sehen! Nein, kein Mit
leid mit dem, der kein Mitleid ge
habt. Köping wißt Ihr, wer die
ser Köping ist, dieser Bettler, der ei
nen Mann tödtet, einen vornehmen
Welt, der Empörer d«s Lebens, die
ruag gegen die Höhen der Menschheit,
Ein and«r«s wild«s Thier ist dieser
Jakob Gesfle; aufs Geradewohl hat er
der zu ernähren, die er in die Welt
gesetzt. Es fehlt ihm an Brot; aber
das Eigenthum des Nachbars ist ja
sein Verbrechen. Oh, was würde
aus der Welt ohne die Gesetze, die
Richter und die Henk« werden! Die
Beamten, die Mitschuld der Gericht
den verbrccherischen Händen dieser
Martha Falhun, dieses grauenhasten
Geschöpfes."
Und Heridal häufte auf Martha
Falhun, auf Josepha Miso«n, auf
Geffle und auf Köping alle nur mög
er unterstrich die Schattenseiten ihres
Wes«ns, ließ kein« Entschuldigung
gelten und verlangte als düsteren
Endreim den Tod.
Als er die letzten Worte gesprochen
hatte, erhob sich Wettern tief bewegt.
„Wie schön, wie schön," murmelte
er, „Du Host Dich selbst llbertrofsen."
ter.
ließ.
Seit dem frühen Morgen drängte
sich eine dichte Masse vor dem Ge
richtspalaste, und als die Angeklag-
Also kein Mitleid, kein Erbarmen;
feige und skts der Ansicht des Stär
keren. Unter Pfeifen, Zischen,
auch Josepha und Martha wandelten
verächtlich, furchtlos, wie stolze Opfer,
nicht wie zerschmetterte Verbrecher,
ten beschimpften und belasteten, in dü
sterer Eintönigkeit folgten die einzel
nen g»richtlichen Formalitäten. Als
man die Angeklagten fragte, zuckte
Köping die Achsel, Gesfle stammelt«
unverständliche Worte, Martha be
schimpfte die Richter, Josepha erklär
te. sie woll« g«rn gehängt werden,
wenn das nöthig sei, aber bis dahin
möchte man sie in Ruhe lassen.
Heridal erhob sich.
Plötzlich huschte ein Sonnenstrahl
durch ein buntes Fenster in den gro
ßen dunklen Saal, und von den
Füßen bis zu dem Kopfe erschien der
Oberrichter in Gold und Purpur ge
taucht, eine Riesengestalt.
Nun bemächtigte sich ein« eigen
thümliche Empfindung der dicht zu
sammengedrängten Zuhörerschaft; eine
unerklärlich« Empfindung der Furcht,
der Achtung d«s Respekts und des
Geheimnisses, das jetzt entschleiert
In diesem Augenblick trat der
Arzt Wettern in den Saal; er kam
von seiner R«if« noch früh«r zurück,
als er geglaubt, denn er hatte seinen
Kranken geheilt gesunden und war
lief traurig darüber. Er machte dem
Oberrichter ein Z«ich«n und sitzte 5
an seinen gewöhnlichen Platz, auf den
sich nie jemand zu setzen gewagt. Heri
dal sprach, und schon bei d«n ersten
Worten wunderte sich die Menge über
seine sanfte Stimme. Wettern wurde
unruhig. Heridal sprach langsam,
während die Menge bestürzt seinen
Worten folgt«.
„Ihr Richter, der Unglücklich« (er
deutete aus Köping) hat den Grafen
v. Söderhaun getödtet; die That steht
fest, si« ist sogar eingestanden worden,
Ein«n M«nschen tödten ist entsetzlich,
der Tod ist etwas Furchtbares, aber
warum hat Köping getödtet? Ihr
oll«, die Ihr mich hört, kennt die
Freuden der Häuslichkeit. Ihr be
sitzt hochv«reht« Eltern, lachend« Kin
der und Zukunft und Vergangenheit
liegen in Eur«r G«genwart. Ihr all«
liebt »nd man liebt Euch, und Abends
drückt Ihr Eure Lippen auf weiße
od«r blond« Haare, Euer Leben wird
von anderen Existenzen begleit«!, und
Eu«r Herz schlägt gemeinsam mit an
deren H«rz«n. Ihr wißt nicht, was
die Einsamkeit im Leb«n h«ißt, wenn
man wed«r s«in«n Vater, noch seine
Mutter gekannt hat und ziellos auf
Erden wandelt. Das ist der Fall
Oskar Köping's, der schon im srllhe
s!kn Alter Waise wurde. Ihr Herren,
das menschliche H«rz ist «inmal so ge
schasstn, und das ist s«in größter
Ruhm, daß es auf Zuneigung nicht
verzichten kann, und wen der Mensch
zurückstößt, der wend«t sich an die
> Thier«, die keine Verachtung kennen.
Als Kind erzog Köping seinen Hund,
ernährte ihn nch seinem spärlichen
Brot«, und der Hund liebte Köping.
Köping stand nicht mehr allein aus
der Welt. Tagsüber wanderten sü
gemeinsam, bei jedem Wetter, bald
bald schwitzend, aber immer zusam
n,«nbleib«nd. Nachts schliefen Mensch
und Hund zusammen unt«r freiem
Himm«l. Sie tranken aus denselben
strüpp. 15 Jshre lang. Wehe dem
sen Lebensgefährten, dieses viersüßig»
Goldh«rz, diesen Hund nicht geliebt
hätte, der stets nur Augen für ihn
besaß. In der unendlichen Natur ist
nichts verächtlich, und wer zu lieben
Wissens offen standen, tödtete Kö
ping's Hund. Da verlor Köping die
Besinnvng; ein Stein liegt auf seinem
Weg«, ein rascher Griff, und das Ver
brechen ist begangen. Doch dieses
Verbrechen ist entschuldbar, und Ihr
werdet Köping freispr«ch«n, Uebri
gens ist es mein Wille so."
«Er ist schon wieder betrunken",
dachte Wettern.
Doch einzelne Leute aus d«m Zu
schauerraum inacht«n ihre Nachbarn
darauf aufmerksam, daß die Sonne
auf H:ridal's Kops noch immer ein«
Strahlenkronen bildete.
»Ich komme jetzt zu Gesfle", fuhr
der Oberlichter mit Stim-
Feuer und die Frau und die Kinde:
besaßen kein Brot. Wenn Ihr, nach
dem Ihr drei Tage gehungert,
mich an jeden und an all« sprecht,
wüs würdet Ihr thun?"
Saale, die stets bewegliche, stets
schwankende Menge rief:
„Geffle ist unschuldig!"
gründe des Saales saß:
„DaS rothe Gewand des Richters
ist weiß geworden,"
Heridal in seinem Sonnenglanze ftar
„Josepha, Martha", fuhr Heridal
fort, was hab<n diese armen Frauen
ist von allen getreten und beschimpf!
verlorenes Geschöpf ruft Ihr: also
Und Maria Magdalena?
Sie soll sich nicht mehr selbst gehören,
und der erste beste soll Recht an sie
haben, wie jene elenden jungen Vür
— Sie soll nicht mehr das Recht ha
straucheln will, schleppt Ihr sie in's
! rad, ich lauscht Deinen Worten, da?
! isi ja leine Anklage, das ist nicht die
j Anklage von neulich. Du weiht ja,
von neulich von dem letzten Abend,
wo wir soviel getrunken haben.
Ebenso wurde auch Martha Fal
hun von dem Oberlichter, von dem
Gerichtshof und dem Volle entsühnt
und gleichsam weiß gewaschen. Di-
Freisprechung der vier Schuldigen
wurde einstimmig von sämmtlichen
Richtern ausgesprochen. Wie stets,
waren die Beisitzer ihrem, Vorsitzenden
gefolgt und hatten ihre Entschließun
gen den seinigen untergeordnet.
Gesfle, Köping, Martha Falhun
und Josepha Misoen wurden auf der
Stelle in Freiheit gesetzt.
.Nehmt", sagte Heridal und reichte
jedem eine Börse mit Gold, „geht in
ein anderes Land, schifft Euch ein;
nichts Böses soll Euch auf Euren
Wegen begegnen, denn ich will es so;
zieht hin in Frieden!"
Heridal war nicht nur grausam, er
war auch geizig, und diese beiden
Eigenschaften machten sich in feinem
Herzen den Rang streitig. Die An
wesenden wunderten sich von neuem,
ihm ab, doch als er sah, wie er mit
ruhigen Schritten über den Platz
wandelte und in sein Haus zurück
kehrte. ohn« den Kopf zu wenden, da
konnte er sich nicht länger beherrschen,
zu sagen.
Die Thür' blieb offen, Wettern trat
ein und ging geradeswegs in das
Zimmer seines alten Freundes.
Auf einem Bett bemerlte er Heridal
starr und unbeweglich, und ein häß
licher Geruch schwebt« in d«r Luft.
Dem Wahnsinn nah«, schüttelte der
Ar?t den Richter, doch nur einen
"llart.
Wer aber hatt« das Urihell g-,
fällt»
l.
H.
111.
IV.
Sekt?!" — Der andere (seufzend): „Ja
sie selbst erlebt."
nicht selbst erlebt hätten, thät ich'S
viel eher glauben."
Erledigtes Pensum.
Dorfpolizist (der an einem Tag« zwei
„Balthasar, Balthasar, ich sind« je
älter Du wirst, je mehr trinkst Du!"
Er: „Das ist ein ganz natürlicher Vor-
Schorsch (nach einer Weile zu
rückkehrend): „Es ist schon Wein!"
Seufzer. Junger Arzt: „In
meiner Praxis ist mir nun schon alles
Mögliche vorgekommen nur kein
Patient!"
Wie er's meint. Millio
när: „Junger Mann, ich bin auch nicht
immer in einem Automobil gefahren.
Als ich in's Leben trat, bin ich gelau
fen!" Junger Mann: „Da waren
Sie glücklich! Als ich in's Leben trat,
konnte ich noch nicht laufen!"