Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, August 15, 1907, Image 6

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    Da? Puppentheater.
Otto, der Kleine, räumte nach been
det« Vorstellung sein Puppentheater
der König stand auf dem Kopf«, der
Prinz hatte die Papiernase abgeschla
gen, einem schwarzen Ritter fehlte der
linke Fuß, der schön- Palast mit den
gothischen Bogengängen und den ge
malten Ampeln war eingestürzt und
hatte im Fallen die seelenlosen Schau
spieler begraben, ganz wie im Prophet.
Da gab'S nun für die n«hste Borstel
lung wieder zu leimen und zu kleben,
was natürlich di« Mutter thun mußt«,
denn Otto gab sich mit dergleichen
Kleinigkeiten nicht ab, er hatte nur die
höhere Leitung, war Direktor, Regis
seur, Schauspieler (einer für all«), In
spizient. Das gab ihm gegenüber den
eingeladenen Buben und Mädeln eine
ungeheure Würde. Wie die immer
horchten und staunten, wenn er seinen
dröhnenden Königsbaß hinter den
Coulissen losließ und im nächsten Au
genblick die Pappfigur selbst auf die
Bühne schleuderte, daß sie sich dreimal
überschlug, dann wieder im säuselnden
Falsett die schöne Prinzessin einführte
mit dem rothen Krönlein auf dem
Haupte, oder wenn Otto gar im Na
men des schwarzen Dämons Rache zu
gurgeln begann, so daß d«S Schauerns
lein Ende war. Bis dann der König
d«n Dolch erhob das heißt, er erhob
ihn schon das ganze Stück hindurch,
weil er für diesen entsetzlichen, aller
schönsten Moment schon so gemalt
war und auf den bösen, leichenhas
ten Geist zustürzte und ihn durchbohrte.
Plumps, der El«nde fiel um und zeigte
den jubelnden Zuschauern seine vier
eckige hölzerne Basis. Dann mautschte
der Vorhang herab, ging immer wieder
in die Höhe, bis endlich Otto den Hin
tergrund resolut wegschleuderte und
sein grinsendes und vor Erregung hoch
rothes Gesicht in die kleine Szene schob,
das nun den ganzen Prospekt aus
füllt«. Auf diefen Moment freut« sich
namentlich des Nachbars kleine Steffi
tmmer am meisten. König, Prinzessin
und schwarzer Geist konnten ihr gestoh
len werden; aber das dicke Bollmond
gesicht Ottos, eingerahmt von gothi
schen Säulengäiigen und rothen Pa
piersoffitten, das war ein Genuß.
Einmal drängte sie sich sogar durch
das überfüllte HauS es waren vier
Zuseh«r da, di« in d«r kleinen Küche
Kopf an Kopf saßen und streckte
d«m Direktor Otto b«i diesem Schluß
tableau ihr Eintrittsgeld in Form ei
nes Schokoladenbonbons in den Mund;
denn di«se Anerkennung schien sich in
dieser Form mit seiner Würde nicht zu
vertragen. Darüber gerieth nun Steffi
in Wuth, packte, als sich das blasirt«
Gesicht Ottos noch einmal zwischen den
Coulissen zeigte, den Direktor bei der
aus vier ganzen Dramen: Schneewitt
chen. Dornröschen, Ritter Blaubart
«und Der letzte Mohikaner. Für Otto
war natürlich der Schatz nicht mit
Gold zu bezahlen, und an ein freiwilli
ges Hergeben war nicht zu denken.
Die Mutter zerbrach sich den Kopf, der
durch die vielen durchgeweinten Nächte
schon recht hergenommen war, wie sie
wohl ihrem armen Jungen die letzte
Freude möglichst schmerzlos entziehen
Endlich beschloß sie, in der
«nd in einem Winkel zu verstecken, um
«» am anderen Morgen selbst auf das
Amt zu tragen.
fernten, lief er schnell zur Mutter und
kündete ihr strahlenden Blicks an,
daß Steffi ihm heut« einen Kuß gege
ben. weil er die Hex« im Dornröschen
heut« gar so schön wimmern und
ten.
Und der Karl. Und der Willner
im Bette. Auf seinem dicken Gesicht
dem Bette ihres Lieblings, verbarg
dann alles sorgfältig in eine Kifk und
ging endlich gegen Mitternacht zur
Otw in «ine leere Ecke. Zuerst hielt er
die Sach« für ein listiges Bersteckens
spiel der Mutter. Als er aber ihre
fuhr sich mit den Händen verlegen über
die Augen, drückte sich wie ein krankes
Thierchen aus einem Winkel in den an
deren. setzte sich zum Fenster und rieb
die Wange in bitterem, scheuem Weh
Aber lange vermochte er sich nicht gegen
den Ansturm seines Gefühls zu weh
ren. D«r Schmerz brach mit doppelter
Gewalt hervor und auf den schmutzigen
Aermel fiel das heiße, überquellende
Naß.
„Weißt, Kindl, wenn du jetzt noch
das Puppentheater hättest, würden wir
nichts zu essen haben." tröstete die
Mutter. „Bis wir wieder Geld hoben,
bekommst du ein neues, ein viel schöne
res."
Aber das Kind verstand nicht. Otto
war schon in dem Alter, wo man nur
zur Schule, sah nicht rechts, nicht
links, vergrub Hh in s«inen Schm«rz
und hörte kaum das höhnend« Gestichel
hören sollte, an ein schönes, buntes
Reich, das seine Phantast« bevölkert
hatte mit tausend Rittern und Ed«l
liebte Wort hörte. Also es gab doch
sehen. B s-h ch
betrat Otto di« Wohnstube seines
Freundes Bruno. Der hatte noch fünf
klingelte eS schwere Por
tiere that sich entzwei und Ottos
Augen starrten in maßloser Bestürzung
Tintenfleck verteufelt ähnlich sah, und
die Amoretten ringsumher lächelten ihn
g«n, die einst so treulich über ihnen ge
wacht hatten. OttoZ Gemüth empörte
sich von Szene zu Szene. Und der
neu« Direktor und Konkurrent hinter
d«r Bühne sollte sein Freund sein?!
was damit! Einen teuflischen
Theaterchen heimlich g«nomm«n hab«n,
in der Nacht, ohne daß die Mutter was
wußt«
Otto durch di- lauschende Meng« von
fünf Köpfen, stürmte auf die Bühne
los, packte die Königin beim Kragen,
Wachsendes Entsetzen b«i der Zuhö
rerschaft Schreie hinter den Coulis
sen und im nächsten Augenblick la
gen sich die Direktoren in den Haaren.
Bruno pfauchte: „Du Bettelbub,
das ist der Dank für meine Freund
schaft!'
Otto keuchte: „Dieb! Dieb! Di«b!
Du hast mir mein Theater gestohlen!"
Bruno: „Lügner! Papa!"
Otto: „Ich bin Direktor! Du Dieb,
du!"
gekommen, hielten sich schadlos, indem
sie die Partei des neuen Direktors
ergriffen und sich auf Otto stürzten,
der bald den Mittelpunkt des chaoti
schen Knäuels bildet«. Die Lösung
desselben führte erst der Vater Brunos
herbei, den der Lärm aus seiner Zei
tungslcitüre aufg«sch«ucht hatte und
der nun aus dem herbei
das Theater noch vor einigen Tagen
ihm gehört hatte und er nicht einsehe,
wieso nun ein anderer damit schalten
als Bruno. Nun setzte Herr Wegschei
sofort ahnte, dem Jungtn austinan
der, daß das Theater durch Kauf aus
einem Trödlerladen in die Hände Bru
nos übergegangen sei und dieser daher
der rechtmäßige Besitzer sei. Otto
müsse daher sofort wegen der verleum
derisch«!, Beschimpfung Abbitte leisten.
Schweren Herzens trat nun Otto auf
schmeichelte Miene auf und lud nun
die Zuhörer ein, wieder Platz zu neh
men, in wenigen Minuten werde die
betreffenden Schauspieler alle todt
feien. Wilhelm Tell gegeben werden.
Auch fordert« er sämmtlich« Zuschauer
Snewitchen lassen sich leimen? Ich
gut« Papp«, weißt. Ich möchte sonn
tag bei dir leimen. Die Ritter kannst
du leimen. Den Saal ich leimen. Ich
hab schon oft zerbrochen und gleimt.
Laß mich spielen mit deine Figuren.
Ich sprech das was die Ritter sprechen
im Korus. du sprichst das was die Ke-
Und am Shnntag quiekt« er richtig
die Zwerge und den Chor der Reisigen.
Sie vertrugen sich als Gesellschaft mit
b. H. bis Weihnachten.
Dann erhielt Otto sein Theater zu
rück geschenkt. Denn Brunos Herz
Phantasie groß, um sie einst wieder zu
begraben in der Flitterwelt des
Scheins, da das Elend an seine Thür
köings auf einer kleinen Provinzbühne
stehen sollte, den Heiljubel auf den Lip
pen, Sorge und Verbitterung im Her
zen.
Ter erste Gast.
Der Doktor chem. Friedrich Ponn
dorf freute sich und rieb sich ver
gnügt die Hände, wie er in die Ecke
feines Kupees hineingelehnt sich von
dem dahinsausenden Schn«llzug in
Höhenzüge hervor, zwischen denen
eingebettet das weltabgeschiedene Ge
birgsörtchen lag, das er vor etlichen
mals gelobt hatte: hier bin ich nicht
zum letzten Mal gewesen. Die som
inersrischelndtn Bade- und Luftkur
merfrifche war's ja gewesen, wo
pah! Di« alte Geschichte, daß ein
Mann von einem Weibe genasführt
sen, auf grüner Wiefeirmatt« zum
Vorschein kam. Doch plötzlich stutzte
er. Na nu, was war denn das? Wo
denes „Willkommen" weithin strahlte.
In w«lche Kirm«s od«r w«lch«s Vo
gelschießen gerieth «r denn da hinein?
Musik klang auf. Was für Musik!
paarweis alles, was Oberpolding an
Männlein und Weiblein besaß. In
das Randalieren der Musik ließen sie
d e' A k de
ren denn die Ob«rpolding«r des Teu
fels geworden? Da trat aus d«m Zu
ge hervor eine weibliche Gestalt. Eine
deklamirte voll Schwung und Pathos:
Der Kranz saß auf d«s Doktors
unbedecktem Haupte und er dachte
lebte. Was des Schildes Inschrift
anlachten
Die Musik voran, der Zug des
Bolkes hinterdrein, leiteten sie ihn
zum Gasthof hin. Zum Gasthof?
Butzenscheiben. Nur die Basis d«s
in seiner „mit allem Komfort der
Neuzeit" ausgestatteten Stube, der
man das Neue nur so anroch, aus
hin.
vom Kopse, sagte gleichfalls: „Guten
„Naeweifer Grasass." Und er sah sich
den GraSass an.
Auch das Reserl sah sich den Dok
kannten. „Solls in die Berz« hm
„Wieder fort soll's", gab «r mii
bösem Gesicht zurück.
„Wieder sort?" Es klang ganz er
schrocken. „Ja nein, der Ochsenwirth
che da sind?"
Was ihm di? Menschen gethan?
Sollt« er'S d«m Grasass vielleicht auf
dk Nase binden?Er schwieg mit über
legener Miene. Das Reserl aber eiser
te weiter:
hier."
„Das ist nicht wahr!" rief das
Reserl und schaute mit den strahlen-
Welt noch was Schöneres geben?"
Dem Doktor wollte es bedünken,
als habe sie so unrecht nicht. Aber
im Nacken bat:
„Gelt, Sie thun'S dem Ochsen
wirth nicht an? Sie bleiben noch ein
Also hatte es angezettelt, hatte
Freud« zu:
„Das ist lieb von Ihnen, daß Sie
dableiben, und Sie werden's auch
ganz gewiß nicht bereuen."
Er fand's nicht nöthig, ihr zu ant
worten. Als er aber dann wieder vom
Felsen hinunterstieg, ging es ihm auf
einmal durch den Sinn: das Begrü
ßungsgedicht hatte sie natürlich auch
selber g«macht. Und Zeilen des Ge
dichtes sielen ihm wieder ein:
Wirst Du doch bleiben immerdar."
Na, und so gingen denn acht Tage
dahin und die R«ue hatt,, dem Dok
tor bisher noch nicht zugesetzt, auch
dann nicht, wenn er tagtäglich dem
Reserl begegnet«. Lieber Gott, das
Bedürfniß d«s Sprechens ist dem
Menschen doch nun mal gegeben und
so redeten er und das Reserl denn
mit «inander, so oft sie sich trafen,
und wurden allmählich ganz vertraut.
Und eines Morgens rief sie ihm ent
t' k t
mit den Kindern."
Auf die Bank, neben der sie stan
den, sank der Doktor nieder. Sein
letztes Stündl«in hier hatte also ge
schlagen. Die Wittw«, di« sich auf die
Annonze hin. welcht d«r Luft- und
Höh«nkurort Oberpolding losgelass«n,
gemeldet hatte, kam heute mit ihren
vier Kindern
Kleine Kinder, di« ihm «in Greuel
„Ich hab' Kind«r furchtbar lieb,"
sagte das Reserl.
Jetzt wurde er wild. „So. Dann
werden Sie sich «un wohl den gan
zen Tag mit ixn Rangen abgeben
und für nichts anderes mehr Zeit und
Sinn haben?"
„Abgeben werd' ich mich schon mit
ihnen," nickte das Reserl, und dann
entstand eine Pause, in der dem
lüste kam. sämmtlichen Kindern
der Welt den Garauk .zu machen.
Mit glühenden Augen sah er sie an.
ste —"
Aber das Reserl blieb stumm und
wurde nur roth wi« der Mohnkranz
Nun schüttelte sie den Kopf. »Ver
gessen schon nicht, aber "
„Aber ist's heut', wo wir uns
besser kennen, vielleicht nicht mehr
wahr?"
Jetzt flachten die braunen Schel-
Lizinz wahr
„Au!" sagte das Reserl, aber erst
nach einer Weile, wie der Doktor sei
ne Lippen gar zu nachdrücklich auf
die ihren gepreßt hielt.
Da ließ er sie los und triumphir
t«: „So das war auch eine poeti
sche Lizenz. Und nun mag meinethal
ben das Weib mit ihren vier Sa
tansbraten kommen und noch ein
ganzes Schock anderer Gäste hinter
drein. Daß ich Dir der Erste, Lieb
ste, bleibe scheint mir nun ausge-
Moderne Aufschrift in
einer Alpenwirthschaft.
„Speisen und Getränke tosten ohne
die Wohnung bestellt!"
ner?"
ihn doch aus Fliegenpapier gemacht."
—ln einer sächsischen
Schule. Lehrer: Wer kann mir
sagen, wo Biirne liegt? Schüler:
Unterm Bärnboom!
Beim Wort genommen.
Schwiegermutter (im Restaurant zum
Schwiegersohn): O, wie fein diese
Paprikaschnitzel mit Nockerln sind; ich
könnte mich zu Tode essen! Sckpvie«
gersohn (zum Kellner): Kellner,
schleunigst noch «ine Schüssel davon!
AuStunst.
Provinzler:' „Js der Hen
Rath nöt da?"
Gerichtsschreiber: „Auf d'
Straß' schaugt er net zum Fenster
Dös könnten S' schon endli amal
wiss'n!"
Hochsaison. Tourist (bos-
Sie früher Barbier? Wirth: Nein!
Wieso? Tourist: Nun, Sie verstehen
Ach so! Erster Leutnant: Als»
diese herrliche Alpenpartie machst du
nicht mit? Warum ist es dir denn
nicht möglich? Hast du dir «twa de»
Fuß verstaucht? Zwciter Leutnant:
Ne«! Gestern gejeut, Portemonnaie
total verstaucht!
Bilon».
'i Heirathtn schön nöthig hab'!"
Schwierige Sache. B«-
zirlSamtmann: „So eine Bürgermet
sterwahl ist doch höchst einfach? wählt
halt den Gescheitesten." Bauer: ,Ao