Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, June 20, 1907, Image 3

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    Herbststurm.
Roman von Ida Boy-Ed.
(14. Fortsetzung.)
Und dennoch sie flogen nicht
vorbei an ihm wie Kehricht im Wind«
sie waren wie Schatten, die haften,
wo das Erdreich nur allzubereit für
sie ist.
Sie setzte nun d«n Fuß wieder auf
den Wagentr'tt.
Sie wandte ihr Haupt, auf dessen
glattem Haarbau heute ein grandioser
schwarzer Hut saß, noch Hendrick Ha
gen zu, indem sie schon die Umrah
mung der Wagenthür erfaßte.
„Sie waren wieder mal enorm
schweigsam, lieber Hagen," sagte sie,
„aber bei so 'nem Mann nimmt
nian's für Vedeutendheit. Weiter."
befahl sie dem Kutscher.
„Nehmen Sie es lieber für Erstau
nen, meine gnädig« Frau," sprach
einmal vor.
„Erstaunen? Bitte, worüber?"
„Ueber Ihre beneidenswerthe prak
tische Lebensauffassung."
„Ja, die habe ich gottlob," sagt«
sie förmlich gesättigt von Zufrieden
heit über die Solvenz ihrer Zunge
vnd ihres Geldbeutels. Und dann
8.
mal unter den Bewerbern s«n. Es
gab ja kein Gebiet, über das Man
dach nicht raschen und genauen Ueber
werden, in der Mandach die
praktische Lösung gewußt hätte. Er
war d«r geborene Herrscher. Wenn
die Verhältnisse ihn in das Licht ge
bracht hätten, wohin er eigentlich ge
hörte er wäre vielleicht schon Mi
nister. Alles wußte er, konnte er,
faßte er praktisch an mit d«r be
kannten Ausnahme natürlich seiner
Und nun war eS ihm gelungen,
mit einer noch nie dagewesenen Rasch
heit die „Geembeha" zu konstituiren
und die Sache derart zu beschleuni
gen, daß schon vier Wochen, nachdem
«er erste Gedanke aufgetaucht war,
die Erdarbeiten begannen. Ein glück
licher Zufall hatte gewollt, daß ein
aeeigneter Plan zum Hotelbau fix und
fertig vorlag. An der pommerfchen
Küste trug sich ein« kl«in« Stadt mit
dem Gedanken an ein ähnliches Un
ternehmen. Dort brütete man aber
schon ftit darauf herum,
Stadt hatte erst mit großen Kosten
eine Concurrenz ausgeschrieben und
sich dann doch nicht entschlossen, den
prämiirten Plan des Architekten Trie
loff zu erwerben, weil einer der
Stadtväter d«m «igtnen baubeflissenen
Sohn den Auftrag zuzuw«nd«n
wünschte. Ansehen der Person kannte
Mandach natürlich nicht. Auch in
Wachow gab es „Baumeister", die sich
für die Berufenen hielten. Es waren
biedere Maurer- und Zimmermeister,
die sich etwa einen Zeichner hielten,
oder deren Söhn« kurze Zeit «in Po
lytechnikum besucht hatt«n. Mit don
nernder Kraft hielt der Bürgermeister
eine Rede über die schädlichen Folgen
jeglicher Protektionswirthschaft, so
daß die Stadtverordnetenversamm
lung nicht anders konnte, als sich von
dieser Rede begeistert zu fühlen. Und
alle braven Bürger gingen nachher
mit katonifchen Gefühlen als bessere
Männer, erhobenen Bewußtseins, heim
und wiederholten Abends an ihrem
Stammtisch als ihre eigene reinliche
Ueberzeugung, was ihnen der Bürger
meister des Morgens gesagt.
Der Trielosf'sch« Plan paßte für
den landwirthschaftlichenHintergrund,
für die Terrainverhiiltnisse. in der
und mit dem Kostenanschlag,
dacht.
Mandach. der sich vergleichend und
kritisirend auf dem Laufenden hielt
über die wichtigsten Vorkommnisse in
sch:r Städte, speziell solcher, di: ähn
liche geographische und wirthschaftlich«
Veihältniss« wie Wachow hatten,
wußte auch von dem Architekten Trie
zur Ausfubrung gekommenen Plaiu
Er hatte schon an den Mann ge-
Versammlung über di« Gründung
der „Geembeha" stattfand. In eb«n
dieser Versammlung lag dann auch
Mandach's Gesellschaft üb«r die
haben."
Architekten Das ist ja ein
entzückender Mensch;, er sieht aus wie
ein Italien«!." Sie hatte zwar noch
mal, das ist der Architekt, der das
So war es eigentlich schon in der
Vorstellung der Stadt ausgemacht,
ehe die Entscheidung fiel.
Und doch hing die ganze „Geem
beha" bis zur letzten Stunde wie über
einen Abgrund sie konnte noch zer
schmettert hinabsausen, wenn nicht
eine starke Hand sie hielt und auf den
sicheren Weg brachte.
Immer fehlten noch fünfzigtausend
Mark an den sechsmalhunderttausend,
Berechnung war so: Eine Vi'.rtel
million der Rohbau, hunderttausend
Mark für Dekoration und einige
gärtnerische Anlagen, siebzigtausend
für Möbel, Geschirr und Leinen, drei
ßigtausend für einen Weg an den
Strand und Badekarren, hundert
fünfzigtausend mußten als Reserve
bleiben. Mandach hatte wohl unzäh
lig«mal erklärt: Mit weniger könne
man es nicht anfangen, dann sei's
Klöterkram. Sehe man nach zwei
Jahren di« erwartete Prosperität,
soll« Kapital und Bau um das Dop
pelte vergrößert werdtn. „Sachte und
vorsichtig," sagte er, „aber nicht zu
beengt."
Da entschloß sich Frau Marya
Keßler, zu den dreißigtausend Mark
Anteilscheinen, di« sie schon gezeich
net hatte, weitere fünfzig Antheile zu
tausend Mark zu nehmen, und sicherte
damit das Zustandekommen der Ge
embeha".
Es hatte sich am Skatabend ge
macht. zu dem sie den Major von Lo
renz, den Bürgermeister Mandach und
den Oberleutnant Müller eingeladen
hatte.
Sie zeichnet- an diesem Abend den
Bürgermeister derart aus, daß
„Oberst Ollendorf" seinen grauen
Schnurrbart, der durch die „Anleihe"
martialischer wirken sollt«, voll äu
ßerster Unruhe alle Augenblicke strich.
Sein Avancement zum Oberleutnant
war in einem Vierteljahr ungefähr
fällig und damit auch sicher die Um
wandlung des z. D. in ein völliges
a. D. Er fühlte immer gewisser: er
mußte den entscheidenden Schritt
thun, so lange er noch den bunten
Rock trug. Man wird von den Wei
bern höher bewerthet, dachte er. Und
er trug «inen Brief im Aermelauf
fchlag, den er beim Abschied heimlich
in Marya Keßler's Hand gleiten zu
lassen dachte. Der Brief erklärte ihr
in höchst bewährten Sprachwendung«n
mit d«m F«uer eines jungen Leut
nants seine völlig selbstlose und ganz
glühende Liebe. Es war unmöglich,
diesen Bri«s ihr zuzustecken, wenn sie
den ganzen Abend nur Blicke und Lä
cheln für den Bürgermeister hatte.
Sich lächerlich zu machen, dazu war
er ja nicht der Mann, fühlte der
Major....
Und Marya Keßler zeichnete wirk
lich den Bürgermeister aus, obschon sie
hinsichtlich seiner noch zu gar nichts
entschloffen war. Es bereitete ihr
aber eine gewisse seelische Genugthu
ung. überhaupt einen Mann auszu
zeichnen, ihm fast den Hof zu machen,
nachdem der eine sich so „undankbar"
werth war ja durch die
er gemacht, sehr gestiegen. Nicht als
ob seine dreitausendfünfhundert Mark
Mehreinnahme hierbei unmittelbar in
Betracht kämen. Frau Marya war
reich genug, das nur als „etwas mehr
Taschengeld" ansehen zu können. Aber
er wqr nun nicht läng«r der Mann,
von dem böse Zungen sagen konnten,
er habe Heirathen müssen, um sich
losigleit zu fetzen.
Und da Frau Marya selbst eine
böse Zunge hatte, fürchtete sie immer
sehr dif der andern. Sie empfand
unbewußt, wie Gehässigkeit funkeln
und dem lieben Nächsten den Blick
Sie spielte mit dem Gedanken, wie
„er" sich dann doch wsnd«ro würde-
mahlS.
An diesem wichtigen Skatabend
nun war die Speisefolge vortrefflich
und jede Schüssel «in M«isterw«r!.
Di« Weine ließen sich vom Essen keine
nachher sag«n ,was eigentlich schöner
gewesen.
So war denn die Stimmung der
Tafelnden recht harmonisch, wenn eS
auch den Major angesichts der köst
lichen Sauce mousseline zu den ge
dünsteten Hamburger Seezungen mit
wachs«nd«r Wehmuth erfüllte, wie
zärtlich Frau Marha den Bürgermei
st«r ailacht«. Dieser selbst bemerkte
hiervon nichts, oder es berührte ihn
als etwas Selbstverständliches. Der
Major wurde nicht ganz klug daraus.
Jedenfalls saß Mandach in feiner
ganzen breiten, überlegenen Jovialität
da und ließ eS sich schmecken, als sei
er zu Hause bei sich und werde vom
Frau Marya erkundigt« sich, ob
man schon «twas von den Verhältnis
sen auf Jserndorf gehört habe. Und
mit mitleidigem Seufz«r gedachte sie
des Tags, wo ihr der Gerichtsvollzie
her Voß begegnet sei. Ueber den
Eindruck könne sie gar nicht weg. Es
habe ihr zu furchtbar leid gethan.
Das arme Fräulein von Benrath!
Die Herren hatten natürlich allerlei
Der Vater, Herr Erwin von
Frau Marya sagte mit einer Ent
schiedenheit, als habe sie alle Bücher
dort eingesehen, daß das unmöglich
sein werde: es sei zu verschuld«!.
„Hagen ist «ingesprungen. Er ist
nun der Gläubiger, d«r Jserndorf so
zusagen in der Tasche hat. —Na
das sagt ja wohl alles," stellte der
Bürgermeister so laut fest, als seien
alle Anwesenden harthörig.
„Daß Hagen die Benraths nicht
zum Bankerott treibt, ist gewiß,"
meinte d«r Major, „aber die können
doch unmöglich die Gnad« eines Man
nes annehmen, der sein Geld mit
Schriftstellere- verdient hat und noch
verdient! Ich hab« mal in 'n«m frei
sinnigen Blatt von ihm 'n Aufsatz
gelesen! Und Benraths sind bester
alter mecklenburgischer Adel. Fast so
alt wie wir Lorenz," schloß er mit
einem dummschmunzelnden Gesicht,
b«fri«digt davon, daß er einmal das
Alter feiner Familie hatte erwähnen
„Hendrick Hagen hat vorigen Win
ter, als er in Berlin war, b«im
R«ichskanzl«r gespeist," sprach der
literarisch angehauchte Oberleutnant
Müller etwas gereizt.
„Aber nicht beim Kriegsminister,"
sagte Lorenz und blickte ihn bedeutend
„Wer kann wissen," meinte derßiir
g«rm«ister. „ob Benrath nicht mit 'n
Beutel voll Dollars ankommt."
„Hoffen wir es." seufzte Frau
Marya Keßler, „denn ich muß unserm
lieben Major recht gebin."
Es wurde nun ein junger, getrüf
felter Puter aufgetragen, und alle
sahen die goldig - bräunlich schattirt«,
hochgewölbte Brust »or erwartendem
Vergnügen an. Ein äußerst wohlrie
chender Dampf stieg von der Schüssel
auf, so daß das Mädchen im gestärk
ten, knatternden rosa Kattunkleid, die
Schussel sorgsam vor sich her tragend,
einer Priesterin nicht unähnlich schien,
die rauchende Opfergaben herbei-
Der Bürgermeister erbot sich, wi«
immer in so appetitlichen Fällen, zu
tranchiren. Mit seinen weißen flei
schigen Händen handhabte er elegant
Messer und Gabel, und Frau Marya
sah mit viel Wohlgefallen in die
weite, etwas zurückgeschobene Man
schette feines blendenden Oberhemdes
hinein, wo ein auffallend w«ißer.
haarloser Männerarm ziemlich wen
hinauf sichtbar ward.
„Der Werth von Jserndorf könnt«
auch durch die „Geembeha" steigen"
meinte der Oberleutnant Müller.
„ES wird ja nicht bei dem Strand-
Hotel bleiben. Ich sehe eine Kolonie
„Käme nicht Jserndorf zugute;
Kloß Rothe Heide. Jserndorf liegt
zu weit ab. Meine gnädigste Gön
nerin der Puter scheint ideal.
Na, und Ihre angenehme Phantasie
in Ehren, lieber Müller schöner«
Gesichter könnten Sie ja gar nicht
macht Hagen sich aus dem Mehrwerth
von Roth« Heid«! Der will bloß
seine idyllische Ruhe. Oder doch ein
unverdorbenes Landschaftsbild. Er
hat zehn Antheilscheine gezeichnet
d«r Sohn daS Gut kauft?"
„I, die sollen ja wieder wie di«
Todfeind« sein," sagte Müller.
„So—o —o?" fragte der Bürger-
des Gutes?" fragte Frau
Marva und sah den Bürgermeister
durchbohrend an. Der zuckt« nur die
litärkabinett gehabt hätt«.
Er begnügte sich, das Wort „Kul
tur«lem«nt" mit nxgnxrfcndem AuS-
Anfchauung«n konnte man h«utzutag«
im Offizierkorps begegnen! Ab«r war
es ein Wunder bei dem Vordrin
renz nahm sich vor, morgen mit Mül
ler unter vier Augen „väterlich" zu
sprechen, als „älterer Kamerad"
als Vorgesetzter als Patriot
kurz: ihm in seine Anschauungen mal
von allen Seiten hineinzuleuchten.
„Wo die Moneten sind, ist die
Macht," stellte der Bürgermeister fest,
der in seinem Herzen auch der Partei
gänger seines Jugendfreundes Hagen
war, „und Hendrick Hagen wird wohl
obsiegen und auf Rothe Heid« bleiben.
Wenn nicht eb«n Neu - Wachow ihn
vertreibt. Aber so unendlich leid
mir'S wäre, w«nn unsere „Geembeha"
ihn verjagte das Wohl der Ge
meinde, ihre Blüthe geht vor. In
solchen Dingen giebt es keine Rück
sichten auf die Person. Da gilt bloß
Freund, wenn ich meine Betheiligung
erhöhte? Von dreißig- auf achtzig
tausend?"
„Daß Sie ein Engel sind! Eine
Wohlthäterin der G«gend! Daß da
mit Neu - Wachvw gesichert ist! Daß
wir Sie deswegen auf der Stell« mit
«Inem Glas Sekt feiern müssen, das
uns, wie ich aus d«n Gläsern sehe,
sowi«so zugedacht war."
ihr Wohl mit ihren Gästen an. „wer
die Moneten hat, hat die Macht."
Sie haßt« „ihn".
ixr
sichert.
tion.
Grundstein gelegt war, des Bürger
meisters Stolz und Glück bildete.
Sommerhaus, Dünenhotel, Bellevue,
Bellavipa Man schrieb auf
verwarf ließ Klanggruppen auf-
Bettschwere fühlte, wollten sie direkt
„Wieso?" fragte Mandach.
Müller und preßte Mandachs Arm
mit Ihnen!"
..Mit mir?" Er hatte wirklich
Marya sei 'ne Frau für ihn. Aber
in all den Geschäften der letzten Wo
chen hatte er es total vergessen.
Häusern die einsame Straße entlang.
„Müller, Freund, Mensch wenn
Sie wüßten, wie pudelwohl ich mich
Werth auf die materielle Seit« des
Daseins, und Frau Keßler lebt vor
züglich."
Burgermeister stand wieder
„Ich gebe zu: man ißt da glänzend.
Die Saucen waren ersten Ranges.
Aber das ist ja die Köchin. Und so
'ne Köchin heirathet mal oder erzürnt
sich mal und kündigt. Dann sitzt man
da mit der Frau."
„Wenn Frau Keßler mit der Kö
chin wechseln muß, hat sie erzählt,
läßt sie die neue Küchenfee vorh«r ein
Vierteljahr b«i Frau Brügge noch
letzte Feinheiten lernen."
Der Bürgermeister machte seine ge
wohnte abwehrende Handbewegung,
streckten, gespreizten Finger in der
Luft schüttelte,
„Auch Frau Brügge ist ein sterb
licher Mensch. Nee, nee, mein Lieber.
Wir machen eS der jungfräulichen
Königin nach. Liebe ja! Ehe
nein! Ucbrigens: Sind Sie dienstlich
beauftragt. MeineAbsichten zur Kennt
niß des Bezirkskommandos zu brin
gen? Sollen Sie ausbaldowern, wie
es um meine zarten Gefühle für Frau
Marya bestellt ist?"
Müller bog sich vor Lachen über
diesen Einfall. Der Alte und ihn
in's Vertrauen ziehen! Sich bloß so
was vorzustellen, ihn. den simplen
Oberleutnant Müller! Der Alte!
Der sich für einen besseren Strategen
als Moltke und für einen besseren Di
plomaten als Bismarck hielt.
„Na," sagte der Bürgermeister, ,da
ich nicht so bedeutend bin, will ich Ih
nen mein Vertrauen schenken: Die
Frau ist nicht ohne aber ich kann
keine Pomade riechen! Gute Nacht!"
In seiner Wohnung machte er dann
noch große Beleuchtung, setzte sich hin
und schrieb sofort an den Architekten
Trieloff, daß er sammt seinem Plan
und dem Kostenanschlag sich auf die
Bahn setzen und herkommen solle.
Ferner schrieb er an sämmtliche Per
sönlichkeiten, die sich durch vorläufige
Zeichnungen verpflichtet hatten, und
lud sie zu einer Versammlung am
Dienstag im Rathhaussaal ein. So
saß er, als zehn Uhr
der Nachtwächter Böbs, einmal
vorbeikam, sah die hellen Fenster mit
Ehrfurcht an.
gekommen, und d«n Tag, an dem die
Erdarbeiten begannen sie bestanden
bei den ungemein günstigen
Verhältnissen ganz einfach darin, daß
Tag, wenn man daran dachte, daß es
der letzte Oktober sei. Der Herbst
that, als habe er niemals mit dü
stern, regenschweren Stürmen diese
Erde mißhandelt, vielmehr immer auf
sie herabgelächelt, wie ein sehr erfah
rener Mann, der weiß, daß man mit
friedlicher Gelassenheit am weitesten
Sonnenschein erwärmte die wind
still« Luft und machte im Wald aus
d«m Bodenbelag von roßbraunen,
durchnäßten Blättern einen kupsersar>
benen Teppich in reich getönten Nu
ancen. D«n cremefarben«» Strand
sprenkelte er mit lauter flimmernden
Pünktchen, als seien anstatt Kies
atome Brillantsplitter in den Sand
gemengt, und das Meerwasser dtirch
leuchtet«. er, daß es aussah, als läge
da eine ungeheure, blaue Glasplatte,
üb«r die hin ein bißch«n schaumiges
Eiweiß gallertartig sich bewegte.
Die Hoffnungen und die Sonne
belebten die norddeutschen Menschen
mit der spärlichen, zögernden Beweg
lichkeit. Und di« Stimmung unter
d«n am Strand Umherstehenden war
beinah« fröhlich.
Viele macht«» d«n ganz kurzen Um
weg am Roth« Hiider Herrenhaus
vorbei. Manche nahmen sich die Frei
heit, durch dessen Vorgarten oder über
den Wirthschaftshof hinterm Haus z»
g«hen.
Da d«r Sinn d«r Leute plötzlich
für Architektur wachgeworden war,
und Jedermann von „Stil" sprach, eS
überdies bekannt war, daß das
Strandhotel in ähnlicher Bauart wi«
das H«rrenhaus Roth« Heide aufge
führt werden würde, standen die Men
fchen still, sahen an der Front empor,
besprachen den Eindruck, den sie
machte, und benahmen sich, als sei es
ihr einfachstes Recht, hier mit breitem
Bürgersinn laute und autoritative
Red«n zu führen.
Daß hinter jenen Fenstern ein
Mann faß, der der Ruhe bedurfte fiel
ihnen nicht von fern «in.
Nachdem der Bürgermeister mit
dem Architekten Trieloff den ersten
Spatenstichen zugesehen und für die
Grundsteinlegung ein« Art Feierlich
keit besprochen, schlug ihm sein Freun
desgewissen. Und er ging von dem
Terrain Neu - Wachow in östlicher
Richtung auf Roche Heide zu.
Da war erst das klein« Dorf zu
durchschreiten, das aus einem Dutzend
von Tagelöhnerhäusern und kleinen
Bauernstellen bestand, die sich um eine
Kapell« schaarten, darin Pastor Mau
rer aus Breitenhagen all« vierzehn
Tage Sonntag Nachmittags predigte.
Sie war eigentlich nur «in magazin
artiges Backsteingebäud«, das auf
seinem Spitzgiebel ein verrostetes Ei
senkreuz zeigte und an seinen Längs
wänden gothisch« Fenst«r mit trüben,
bleigefaßten, unendlich vielgetheilten
Scheiben hatte,
Dann kam der Park, der nicht sehr
groß war, und in den hinein sich rück
wärts und seitlich vom Herrenhaus
gleich einer Halbinsel die Wirth
schastsg«bäude und Höfe hineinscho
ben, deren Mittelpunkt das alte Herr
fthaftshauS bildete, das nun vom
hast «in Recht" sie aufzusetzen. Aber
ten defilirt. Neugier nutzt sich s/fa
belhaft rasch ab. Ich rath' Dir zu
einem Plakat: Verbotener Eingang,
wer es dennoch thut, zahlt 'n Thale».
Na, Du kennst ja den Schnack. Ich
mach' Dir hiermit einen Kondolenz
daß Rothe Heide sich im Werth ver
doppelt. Du bist ja ein belesener
Mann. Laß Dich an das Dichter
wort mahnen:
ES blüht von selbst, hat erst daS
Ganze Heil."
„Ich denke an ein anderes," sagte
Hendrick Hagen. „Es kann der
Frömmste nicht in Frieden leben,
wenn eS dem bösen Nachbar nicht ge
fällt." AuS Tell, wie Du weißt."
„Glaub' mir doch, die Wachower
werden es bald satt haben, den weiten
Weg herauszulaufen, um daSStrand-
Hotel wachsen zu sehen."
„So? Ich höre aber von Berthold,
daß ein Automobilomnibus d«n Ver
kehr zwischen dem Strandhotel und
der Stadt vermitteln soll," sprach
Hagen.
(Fortsetzung folat.)
Für die Küche.
Schellfisch oder Codfisch
in V u t t e r s a u c e. 4 Pfund Schell
weich gelocht, d. h. angekocht und zum
Weichzichen auf die heiße Platte ge
stellt. Inzwischen macht man von 2
—3 Löffeln Mehl in Butter eine hell«
Mehl, einem Löffel Butter, Salz und
mit diesen das Fischgericht umkränzen,
überfüllt.
füllung. Ein halbes Pfund But
ter, gut fünf Eßlöffel voll Mehl, ein
fünftel Pfund Sardellen, zwei kleine
schwitzt das recht lang«
pern, läßt alles zusammen aufkochen
und rührt zuletzt eine Tasse Madeira
und Eigelb daran.
Zwieba ck-E ierkuchen. Man
reibt oder stößt ungefähr 10 geröstete,
mit bis Quart Milch, läßt sie
dann 5 Eigelb, I—21 —2 Löffel Mehl, 2
Eßlöffel Zucker, etwas abgeriebene Ci
tronenschale und einige geriebene oder
fein gestoßene süße und I—21 —2 bittere
Mandeln dazu und zieht den steifge-
Schnee der Eiweiße dar»»«
Blan kette von Huhn. Zwei
Hühner werden, wenn ausgenommen,
gesengt und gewaschen, roh in Stücke
geschnitten, in heißer Butter leicht an
gedämpft, ohne daß sie Farbe bekom
men, mit einem Löffel Mehl bestäubt,
mit Fleischbrühe, Weißwein, Zitro
nensaft und etwas Suppengrünem
weich gekocht. Die Sauce wird abge
gossen, dicklich eingekocht, mit Zitro
nensaft abgeschmeckt und mit drei Ei
gelb abgezogen, über die Geflügelstü
cke durch ein Sieb gegossen. Die Hüh
nerstück« werden in d«r Mitt« einer
tief«n Schüssel angerichtet, mit den
Nudeln umlegt, die Sauce darüber
gegossen und mit gehackter Petersilie
bestreut.
Kornpudding. 1 Pint ge«
kännies Süßkorn wird in einer tiefen
Pfanne mit 1 Tasse Milch 10 Minu
ten gekocht. Nachdem das Korn er
kaltet ist, rührt man hinzu: 1 Eßlöf
fel Butter, 1 Theelöffel Zucker, Salz
und Pfeffer nach Geschmack und 4
gut geschlagene Eigelb. Zuletzt wird
der steife Schaum von 4 Eiweiß
durchgerührt und die Mass« in einer
mit Butter bestrichen«» Puddingfchüs-
Pi kante Om«l«ttchen. Man
bereitet einen Eierkuch«nt«ig aus 1
Pint gut» Milch. 2 Eßlöfftln M«hl,
dem zu Schaum geschlagenen Weiß
von 5 Eiern und 4 bis S Eßlöffeln
feingeriebener alt«r S«mmel, schlägt
und quirlt ihn schaumig. Man befreit
zwei große Bücklinge von Haut, Kopf,
Schwanz, Rückgrat, säubert sie, theilt
das ganze Fleisch jedes Fisches in vier
länglich« Th«ile, wässert 8 Sard«ll«n
kurze Zeit, säubert sie, schneidet von
6 Anchovis Kopf und Schwanz ab,
nimmt einige Sardinen aus der
Büchse. Man legt nun immer mehrer«
Fische und Bücklingstücke in den cre«
meartigen Teig, beschöpft sie und
überführt sie in großem, mit Teig ge
füllt«n Löffel in die heiße, mit ge
schmolzenem F«tt angefüllte Eiertu
chenpfann«, so daß jedes Fischchen In
einem kleinen Kreise ausgelaufenen
Teiges liegt. Ist dieser auf der Un
einer länglichen Schüss«! zu einem ho-
Petersilie verziert. Man gibt das Ge
richt recht heiß und reicht geriebenen
wobei man die Hälfte der Brühe als
hackte Fleisch, etwas Pfeffer und
Weißbrotkrumen, so daß die Fleisch-