Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, April 04, 1907, Image 3

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    Rerbststurm.
Roman von Ida Boy-Ed.
(3. Fortsetzung.)
Im Arbeitszimmer herrschte nun
iarke Dämmerung, die die Farben
iird Formen zu einer Gesammtheit
«on traulicher Wärme verband. Der
große Schreibtisch stand quer vor dem
breiten Fenster. Er war trotz der
Papierstöße und Schreibgeräthe, die
seine geräumig« Platte bedeckten, doch
leidlich ausgekramt. Die Glasthür,
die auf die Terrasse führte, stand weit
«öffnet. Kraftvolle Abendfrische kam
herein.
einem zu weichen, zu klagenden Aus
druck. Das Lächeln wirkte erzwungen.
Die edle Gestalt war im Glanz weißer
Seide, echter Spitzen und schöner Ju
welen dargestellt. Ein seltsames Bild: ,
damit die langsam hinsterbende
Melancholie der Herbstdämmerung in
ein winterliches Behagen.
Und dann trat Hagen ein; überra
schend fröhlich erschien er, geradezu
munter.
Sie waren auf ernstes Wesen, auf
Verstimmung, auf den Ausbruch lei
denschaftlicher Sorgen gefaßt gewesen.
Anstatt dessen berieth Hendrick Ha
gen mit dem Bürgermeister, was jetzt
nachher beim Abendessen trinken könne?
er, der Bürgermeister, müsse es wissen
und sagen, weil doch das Haldenwang-
Tisch, auf dem neben der Karaffe die
Originalflasche stand. In ihrem dun
kelgrünen Glas sah man, wie köstlich
der Wein abgesetzt hatte, und die
Firma auf der Etikette verbürgte die
Qualität. Mandach hatte langsam
den W«in in die Karaffe gegossen mit
dem völligen Bewußtsein von der
ten Wein die letzte Poesie des Ge
liebkosen, und fragte mitten hinein in
ein Gespräch Bertholds und Hägens
über den Pächter von Rothe Heide:
Zugleich blitzte sein Heller Blick
kurz ausspähte. Hagen errathet- wie
„Das war Brita Benrath," sagte er.
„Was heißt: Brita Benrath?" wie
sagst du, wie man sagt: Kaiser Wil
ist der Name Brita Benrath nicht so
war ein unruhiger Kopf. So Hand
sagen. Kein seßhaftes Wesen. Für so
was hat die moderne Zeit gebildeten
(her, Werth: Literatur des Kleber
der Bater jetzt lebt? Denn leben muß
er wohl noch, sonst hätte man's ja er
mer. vom Leben seltener."
„Ich mochte nicht fragen," sagte Ha
gen, „es ist manchmal so heikel, nach
Menschen zu fragen, die mehr fern von
ihrer Familie leben als bei ihr."
zu sein," bemerkte der Bürgermeister.
„Sie ist sehr schön," sagte Hagen
tu«.
«L«r Ton verbot jede weitere Bemer-
war.
unerklärlich« Pause, bis Bertholt»
/ragte: „Also Andre Marschner kommt
In acht Tagen. Ich weiß «s nicht. Ich
lhr seid außer aller Verbin-
Heide selbst zu bewirthschaften denkt,"
zwei lahren imstande, ihn auszuzah
len. Als ich Nckdine heirakhete, war
ich noch fast arm. Meine Erfolge sind
Frage.
„Wollen Sie eventuell Ihrem Stief
sohn diesen Vorschlag machen?"
„Auch Andre liebt Rothe Heide über
Freund? Zeder Ausblick eine Offenba
rung? Jeder Raum ein Tempel?
Und von der Liebe einer theuren Tod
ten? Wenn seelische Ansprüche in Do
kumente umgesetzt werden könnten, mit
Winnen vermag ach, liebster Bert
hold selbst Ihre forensischen Künste
terstuhl der Welt Abstreiten."
„Und wie soll dies werden?" fragt«
«in Glat voll darin sei.
Nun geschah etwas, das Doktor
Berthold nicht verstand, niemals siik
Ein geheimnißvolleS Lächeln ver
klärte die Züge des Mannes und gab
er fort: „Vielleicht erfüllt sich alles,
was Nadine erhofft hat. Auf jene
grausam - räthselhafte Weise vielleicht,
„Das heißt," dachte Berthold athem
ws, „dos heißt —"
Er war ihm fast ungeheuer
Jede Hochsluth ebbt ab. Eine Liebe
sie sich wie das Bild der Todten selbst
als versuche er, sich zu zügeln, erkenne,
daß er im Begriff war, sich zu weit
fortreißen zu lassen. Ja, er besann.sich
ihn darin lag, sich als Mensch mitzu
theilen: er war als Schriftsteller zu
sehr gewöhnt, für jedes Gefühl die
Pause: „Auch Andre hat sich vielleicht
zu ähnlichen Erkenntnissen durchgerun
sich sah.'""
Mit dem Spürsinn für seelische
Wandlung«» und Uebergänge, den
1en....
Während Berthold so grübelte, sagte
Bertho'lds lebhaft unterschied" sagte er:
,Vergangenheit ii> nicht. Jede Stunde
Hagen lachte hell auf. Ganz jäh
Und das Bild, das der Bürgermei
ster brauchte, erweckte sein Vergnügen.
gh z „Da ß ch^hoff
mer, als mit geschäftsmäßigem Eifer
in Ihrer Sprechstunde."
„Ich soll auf Andre einwirken?"
sprach Berthold.
Sie waren sein Vormund. Sie sind
Radinens Testamentsvollstrecker, Sie
legen Andre immer Rechnung ab. Er
schen Ansprüche und Bedürfnisse des
älteren Mannes, des schaffenden Man
nes verständlicher zu machen."
len.
Taufscheine: der eine seine überreife
Stattlichkeit und die kahle Scheibe zwi
schen seinem Blondhaar und der andere
das Dunkelsilber seines Bartes und sei
nes Hauptes. In sich hatten sie allen
Glanz der Jugend. Und der zwischen
ihnen, der schließlich doch zehn Jahre
ter Raum in der Front nach dem Vor
garten zu lag.
Fenster der Glasthüren, ii- auf die
f st - '
Lächeln ein Kugelgesicht: o!e Mond
scheibe. Es sah aus, als lächle sie
amüsirt herab auf all' daS Silber, das
Eine leise Musik erfüllte die Nacht.
ten Wohlgefühlex. Es schläferte die
Gedanken ein. Es machte das Heiz
still so still, wie es sein muß. wüin
es auf neue Lebenstöne lauschen
5011....
Die sriedsame Schönheit des vom
Silberband des Mondscheins in zwei
riesige, steinkohlenblanke Flächen ge
theilten nächtlichen Meeres wirtt« auch
stark aus den Bürgermeister.
Rothe Heide ist doch Wachowsch?"
bewegen.
„Welche Stadt verkauft ihren Zu
gang zum Meer," sagte er großartig,
Meinetwegen eine mit beschränkter
Haftung. Wir bauen da auf das
Stück Wachower Küste ein Kurhaus
nich so'n Familienpensionat, nich so'n
Feudales. Genre Heiligendamm.
810 ß mit Einsamkeit bei. Einsamkeit
ist Mode. Ein Prachthaus, Pracht
die Küche! Und hohe Preise. Nobelste
Klientel. Automobilvertindung von
Bahnhof Wachow nach Wacknv I«?«
d-ull» gratis. Denn darin sind ja
selbst die reichsten Leute manchmal ko
misch: der Wagen von der Station
ärgert sie. Und Spielplätze für jeden
Sport. Und ein« Mole, damit Dach
tingmenschen herkommen. Na?"
„Ach," sagte Berthold. „Das klingt
wohl. Aber wir haben ja kein Geld zu
solcher Gründung in Wachow. Wer
„Daß mein« alt« Gönnerin, die
Konsistorialräthin, fünfzigtausend
zeichnet, will ich schon jetzt garantiren.
Frau Marya, die wohlhabende Wittib
hör' mal, Hagen, bei der mußt du
send Mark Aktien. Dann hast du
ez chs h h 'ch
zog aus seiner inneren Rocktasche ein
Blatt Papier, das er, nicht ohne Vor
sicht, zwischen allerlei Briefumschlägen
und Zetteln heraussuchte Vorsicht
nebst einem Bleistift auf das Tischtuch
bürgern. Beim Käs« lag dann der
Zettel, wo das Gedeck liegen sollte, und
der Teller stand nebenbei.
mit der unheimlichen Kenntniß des be
schästigsten Rechtsanwalts von Wa
chow, gab knappe Kritiken dazu. Bei
Mark zeichnen."
„Zeichnet keine drei," sagt« Berthold
sehr ruhig.
„Kann se nich?"
Der Rechtsanwalt zuckte di« Achseln.
„Weiß nicht. Aber das weiß ich:
reden kann man mit ihr nicht. Sie ist
Aber Berthold fühlte es. Ihm war,
als spüre er, daß sich auf das Wese»
des Mannes eine plötzliche Stille gelegt
habe. Er vermied jeden Blick, wäh
holt hatte.
ab. Nicht, du? Den Brief läßt du
ich dir, wie er abgefaßt ist."
„Nee wirklich?" fragte der Bür
germeister in jenem tiefen Erstaunen,
aufstießen, die er „verrückt" nannte,
weil sie seiner eignen Art zuwider
liefen.
vertraut ist!" meinte der Rechtsan
walt.
„Also machen wir einstellen meh
dern.
Das Gespräch beherrschte den gan
zen Abend. Und wie ein Triumphator
Berthold auf Rothe Heider Fuhrwerk
nach Wachow zurück. Er war zufrie
den mit dem Verlauf seines Geburts
tages. Zwölf Stunden Festfeier mit
allen Schikanen von Keller und Küche.
Für die Küche.
Artischocken it la crdme.
Die nöthigen Artischocken werden ge
putzt di« im Innern befindlichen
weißen Fasern sauber heraus, läßt
sie in Salzwasser ziemlich weich ko
chen und gießt sie ab. In einer Kas
serolle läßt man Pfd. Butter
schmelzen, fügt V 2 Pt. süße Sahne,
zwei kleine geschalte Zwiebeln und
«in Bündchen Petersilie dazu, läßt die
Artischocken mehrere Male darin auf
gelb ab und würzt mit einer Kleinig
keit Cayennepfeffer.
Zungen - Koteletten. Eine
frische kleine Ochsenzunge wird in
und, nachdem sie erkaltet ist, in fin
gerstarke Scheiben geschnitten. Diese
taucht man in zerquirltes Ei, wendet
verschiedenen gewaschenen Kräutern,
Petersilie, Kerbel, Spinat, Saueram
pfer, Schnittlauch und Majoran, hackt
pent«ller voll erhält, und läßt sie in
«in Pfd. Butter gut durchdiinsten.
Dann nimmt man den Kräuterbrei
Mehl und bäckt auf flacher Pfanne
Gespickter Hecht. Ein schö
ner, großer Hecht wird geschuppt, aus
eingerieben. Dann spickt man ihn auf
beiden Seiten des Rückens mit Speck
streifen und legt ihn in eine Pfanne
mit reichlich zerlassener Butter, fügt
etwas Fleischbrühe, Lobeerblatt,
Zwiebel, sowie einige weiße Pfeffer-
Ofen unter fleißigem Begießen weich.
Zu der Sauce brät man Mehl mit
Butter hellgelb und verkocht dies mit
der durchqegossenen Hechtbriihe zu ei
tronenfaft hinzufügen.
Rostbraten mit Paprika.
Man schneidet acht bis zehn Scheiben
aus einem gut abgehängten Rostbra
ten. klopft und salzt sie und legt sie
streut man gleichfalls einige Speck-
Messerspitze Paprika. Nun läßt man
die Rostbraten auf gelindem Feuer
erwärmte Schüssel gelegt, mit etwai
Sauce befiillt und warmgestellt. Von
2 Löffeln Mehl macht man in 2 Eßlöf
zufaminen auf.
Meridon von Fleisch und
Kartoffeln. Zwei bis drei Pfd.
der Schale gekocht und, wenn minde
stens IL —14 Stunden erkaltet, fem
gerieben. Man schneidet U Pfund
enthäutetes Schweinefilet und
Pfund zartes Kalbfleisch, nachdem
man letzteres gehörig geklopft hat, in
ren und Schütteln weich und gelblich.
Eine feuerfeste Thonschiissel (im
Nothfall eine Napjkuchenform) wird
und gibt Sardellensauce dazu.
Selleriesuppe. Man schalt
zwei nichts zu große Sellerieknollen,
Schinken 2 Löffel Mehl, gibt die Sel
leriescheibtn dazu, füllt Ot. leich
te Brühe (Knochenbrühe), im Noth
fall auch nur Wasser, dazu und kocht