Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, March 14, 1907, Image 3

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    Mm iii Seil Mg.
Erzählung von Enzemr Siosenier>er.!
(14. Fortsetzung und Schluß.)
Für Melitta konnte es nichts Heil
sameres geben, als dieses regelmä
ßige, ruhige Leben mit den täglichen
Gängen in der reinen, frischen Höhen
luft. Das Gefühl der Kraft und Ge
sundheit war ihr zurückgekehrt; ihr«
Züge rundeten sich, die Augen hatten
auf's Neue den ihnen eigenen Glanz,
und die Wangen begannen sich zu
röthen.
Der Winter war vergangen und der
Frühling bereits im Anzug, als eines
Morgens ein junger Bauer vom Dorfe
auf den Hof geritten kam und zum
Fenster hinein seine Bestellung machte:
„Viele Empfehle von der Frau Pa
stern, und der H«rr Past«r hatte heute
Nacht den Schlag gekriegt und würde
Aus das Aeußerste bestürzt, ließ d«r
General sogleich anspannen und fuhr
mit seiner Frau zu den alten Freunden
hinunter.
Sehr ergriffen kamen sie zurück.
Der Vater ging schweigend in seine
Stube, die Mutter berichtete den Töch
tern. Der Zustand des Kranken >var
nach dem Ausspruch« des Arztes hoff
nungslos, doch wgre er bei Besinnung,
denn als sie an das Bett getreten wä
ren, Hütte er nach oben geblickt, als ob
«r si« auf dasWiederfehen jenseits hätte
vertrösten wollen: die Kanzel aber
würde er nie wieder besteigen.
Traurig saß die Familie Abends um
den Tisch.
„Nun wird wohl bald ein neuer Pa
stor kommen," sagte Armgard mit
Thränen in den Augen.
„Für's Erste vertreten ihn die be
nachbarten Amtsbritder," meinte die
Mutter, „aber bald wird die Stelle
wohl ausgeschrieben werden müssen."
Melitta sah lebhaft auf, wurde roth
„Haben Sie vielleicht einen Kandi
daten in petto, Fräulein Melitta?"
Der General sprach es mit einem
schwachen Versuch, zu scherzen.
„Ich dachte nur unwillkürlich an
d«n Bräutigam meiner Eousine, Dr.
Ernst, der jetzt an einem Gymnasium
angestellt ist; er hat mir so sehr ge
" G l'
,So hieß ja der Pastor, den wir da
mals so gern wollten, als die Ge
meinde unseren guten Sauertopf vor
zog. Erinnerst Du Dich, Hans?"
„Der ist jetzt Superintendent in
Vetter," erklärte Melitta. „Als ich
lhr Mann bat: „Erzählen Sie
teiisch," schloß sie, „sie sind mir so lieb,
passen."
Der General überlegte ein Weil
chen. Dann sagte er: „Schreiben Sie
Melittas Gesicht strahlte.
„Gleicht Dir Deine Cousine?"
»Ist sie ein bißchen wie Du?" forschten
Emmy und Armgard.
5.
beieinander und besserten die Gardi
nen nach der Frühjahrswäfche aus, als
der General
„Mich lockt's schon Papa!"
gehe alleweile in den Wald!"
Melitta sah zögernd auf Emmy.
„Geht nur," erklärte diese. „Ich
Langsam gingen Armgard und Me
litta vorauf. Als sie den Fahrweg
überschreiten wollten, wurden sie durch
halten, der auf drei Räderpaaren von
einer Reih« Ochsen zu Thal gczogen
wurde.
„Sieh doch, welch ein riesige:
Baum!" sagte Melitta. Armgard horte
sie nichts Ihr Blick haftete an einer
„Bitte, Melitta, laß uns einen an
deren Weg nehmen. Und nicht wahr.
Du sagst hiervon nichts? Zu Nie
mand? Es könnte ihnen vielleicht
weh thun."
„Darüber sei ganz ruhig." Melitta
rührte di« Zartheit, mit der Armgard,
ahnungslos, daß si« die Zeichen 5« deu»
t»z wußte, vermied. Emmy zu nenner.
„Weihnachtsfichte". Dort trafen sie
Ralph. Es schien fast, als habe er sie
irwartet; er hielt ein winziges Sträug-
Leberblumen und Anemonen und et
was Efeu.
.Hier —" wandk er sich cm Melitta,
freundlichem Dank.
„Kommst Du nicht mit, Ralph?"
fragte Armgard. „Wir müssen jetzt
in's Wasser," sagte sie liebenswürdig.
Dann, als Melittag zögerte: „Wo hast
Du es denn?"
„Ich ich habe es verloren —'
Melitta war sichtlich verlegen.
Ralph verabschiedete sich nach einer
Weile? Niemand versrichte, ihn zurück
zuhalten.
Abends, als Melitta im Begriff war,
Blatt mit der Aufschrift: „Für Dich
allein" in Armgards Handschrift. Sie
schlug es auseinander und las:
Zusammen ihr« Namen ein.
O sel'ger Tag in Wakdesgründen!
Sie liebten sich, sie trennten sich
Und fanden beide nie sich wieder.
Und durch das Waldesrauschen schlich
Kein Echo ihrer Jugendlieoer.
Da öffnete sich leise die Thür; Me
litta hatte nur eben Zeit, das Blatt in
trat.
„Ach, Melitta," sagte sie, „war denn
das nöthig? Mußtest Du das Sträuß-
Melittas Gesicht nicht sehen, denn diese
bürstete mit gesenktem Kopf« ihr Haar.
„Ist es denn gar nicht möglich," be-
Schicksal bewahren kann?
Du, Melitta, ich wüßte nicht, was all'
diesem zugrunde liegt? Als ob ich
nicht gesehen hätte, wie Du unruhig
wirst, wenn die indische Post fällig ist,
wie Du aufglänzest, wenn Du einen
Brief von Fanny hast, wie Du dann
die Enttäuschung nicht verbergen
kannst und tagelang bedrückt bist, weil
er nicht enthält, was Du erwartest.
Und worauf wartest Du? Der Mann
kann selbst mit Feder u,id Tinste um
man zum Schicksal: Menn ich das
Und Ralph ist wohl des Opfers werth.
Sieh, ich will ganz aufrichtig mit Dir
mehr paß!; man erzählte sich, wie ec
sich den Adel verschafft habe; er liebt«
nicht, auf seine Berühmtheit angeredet
wohl etwas Seltenes heutzutage und
etwas sehr Köstliches! es ist doch we
nigstens der Ueberlegung werth. Und
„Nicht achtlos," schaltete Melitta
ein. Aber Emmy fuhr fort:
„Sieh, wie gut es der liebe Gott
und nun kam er und bat mich, ba!
mich wiederholt auf daS Herzlichste
ten es auch so sehr, und ich konnte mich
nicht entschließen. Einmal hatte ich
geliebt, einmal und nicht wieder, sagte
ich mir. Und nun heirathete er eine
Wittwe aus der Nachbarschaft, eine
vornehme Erscheinung. Sie meinte es
vielleicht nicht so schlimm, aber sie hat
wohl überhaupt nicht viel Herz und
etwas Sarkastisches und Kaltes in
ihrer Art, wie es Kinder nicht ertragen
können, denn Kinder brauchen Liebe
und Mite. Der Sohn verließ das Va
terhaus, um es nie wieder zu betreten,
jeden Preis. Sie verlobte sich gegen
den Willen des Vaters mit einem
Mann«, der trank und als brutal be
kurz vor der Hochzeit zurücktreten, aber
das gab Wedel nicht zu. Eine Tochter
von ihm bräche ihr Wort nicht. Sie ist
ihm zugesprochen. Sie vertritt jeht
chen Familie in Kassel. Alle Jahre,
wenn der Mann in Karlsbad ist, be
sucht sie ihren Walter. Der arm«
Junge ist seinem Vater ein Dorn im
Auge; er wurde während der Schei
mir mit der Rücksichtslosigkeit des Un
glücks: „Hättest Du damals Papa ge
heirathet, es wäre alles, alles anders."
Am nächsten Morgen begegnete ihr
Melitta, die fertig zum Ausgehen in
die Thür trat.
„Soll ich Dich begleiten?" srckgte sie.
Aber Melitta lehnte dankend ab:
„Ich möchte eben jetzt lieber allein
sein." Sie ging in ernsten Gedanken
ger Ausbruch hatte sie erschüttert! sie
fühlte tief, wie Menschen thun, die sich
nicht leicht äußern können. Hatte
Emmy nicht vielleicht recht? Faßte^sie
sich zeigte.
Dort also, in diesem abgeschiedenen
Fleckchen Erde, würde sich ihr Dasein
abspinnen. Den Freunden auf Schloß
Mann, um Trost bei seiner Mutter zu
suchen? Und was ist das für eine
Seelengemeinschaft, die man sich erst
erwerben muß? Diese Leute alle,
so gütig, so vortrefflich, so wohlunter
richtet sie waren, gehörten nicht zu
ihrer Welt,- es gab ein Interessenge
bieten das sie ihnen folgen, ei»
Welt der Arbeit, die selbstverständliche
Tapferkeit des Berufs, die Kette der
Kräfte, die den Erdball umspannen
ben. Unwillkürlich richtete sie sich auf,
als ob sie eine Last abwürfe. Nein,
nein! Und abermal» nein! Hierher ge-
es in der Tiefe, aber hinter den leicht
gefiederten Palmen hebt sich «in dun
kelblauer Streif gegen den Himmel ab.
Das ist die große Heerstraße der See:
da ziehen sie fernen Dam
nen? Weshalb läßt er sie Monat
sollte Volckardt sie vergessen! Er, der
chen sich in ihrem äußeren Typus, sie
hatte es wohl beimrkt. Und als er
fche, schreckliche Berlust der Frau solche
aber nicht Volckardt. Nein Vol
er nun kam, und sie hätte den Strich
gemacht gegen ihr Gewissen, gegen ihr
innerstes Gefühl? Nein, nein, und
abermals nein! Auch wenn er nie
mals käme. „Bleib nur Dir selber
treu,"hätte er gesagt, wenn sie ihn
hätte fragen können. Sie warf noch
einen Blick hinüber auf die Pochern
burg. Ruhig und einig mit sich,
wandte sie sich dann zum Gehen.
Ali sie durch den Wald schritt, sah
sie Ralph kommen. Sie gingen beide
gleichmäßig weiter; als sie sich erreich
ten, blieb Ralph stehen. Er behielt den
Hut in der Hand und sah sehr ernst
aus; offenbar wollte er ihr Gelegenheit
g«ben, ihn anzureden, im Falle sie die
Pfand die Bitterkeit, die in ihm auf
stieg. „Ich hatte kein leichtes Leben;
jederzeit habe ich mein Bestes gethan,
Als sie zurückkehrte, rief ihr Arm
„Dein Vetter Ernst ist da! Ich wollte
ihn zu Papa führen, aber er wollte zu
erst Dich sprechen. Mama sagte, das
wäre ganz richtig, und ich habe ihn in
den blauen Salon „gelassen", wie
Malchen sagt."
Beschleunigten Schrittes trat Me
litta in das bezeichnete Zimmer. Der
Gast stand am Fenster und kehrte sich
bei ihrem Eintritt zu ihr. Das war
nicht Ernst. Ernst war größer; er
hatte nicht so breite Schultern; er war
nicht so sonnenverbrannt, so hell von
Haar; es strebte ihm nicht über der
Stirn in die Höhe. Nein das war
nicht Ernst....
Langsam trat Volckardt auf sie zu
und breitete ihr die Arm« entgegen,
und aufathmend schritt sie vorwärts.
Was nun geschah, ob sie sprachen, was
sie sagten, das wußten später beide
nicht mehr. Aber nun saß sie neben
ihm, den Kopf an seiner Schulter, in
seinen Arm geschmiegt, Thränen der
tiefsten Erschütterung, der seligsten
Freude in den Augen.
Ja, da war es. das Glück, das echte,
rechte, das wahre, das einzig mögliche
Glück, von dem es auch heißen kann:
ein Tag in seinen Vorhöfen ist b«ss«r,
denn sonst tausend.
beilegen. Sie kam zu ihm, wie der
verwehte Vogel zum Neste zurückkehrt,
und als er sie an seine Brust nahm
bürg beschrieben, und Fanny hatte
schneller als sie selbst die Neigung des
jungen Burgherrn herausgefühlt und
Plaudernd hielt Volckardt Melittas
Handgelenk umfaßt.
„Ja," sagte sie, seinem Blicke fol
gend, „der Reif hat mir täglich ge
fehlt."
Volckardt zog ihn hervor und streifte
ihn über ihren Arm. „Ich hoffe, von
diesem brauchst Du Dich nicht wieder
men?" rief sie erfreut.
„Es ist derselbe nicht; ich habe Dir
einen anderen gehämmert. Aber noch
noch im letzten Augenblick an Bord ge
bracht. Er hat Dir mich! voreilig die
betreffenden Depeschen mittheilen wöl
kn und will nicht schreiben, bis er sei
ner oder vielmehr Deiner Sache ge
wisser ist. Mit nächster Post erwartete
er die Bestätigungen aus Colville.
Unterdessen ist hier wenigstens die
Taube mit dem Oelblatt. Hier, der
rothe Strich."
Es war ein Exemplar des Colville
Messenger, der unter der fettgedruckten
Spitzmarke: Gold!! seinen Lesern ei
nen jener Glücksfälle mitzutheilen die
Freude hatte, wie sie in diesen scheinbar
unerschöpflichen Minendistrikten sich
nicht allzu selten zu ereignen pflegen.
Der unvorhergesehene Sturz der Ta
lantas Kupscrwerte, die bis dahin so
ders durch die infolge davon eingestell
ten Zahlungen der Colville Bank, die
so viele in Wohlstand und Ueberftuß
Lebend« in bittere Noth und Bedräng
niß gebracht hätte. Wie schon manch
mal, hätte sich auch hier gezeigt, daß
gerade die Größe des Unglücks zur Ret
tung geworden wäre, denn von dem
diese Art den Besitzern größtentheils
erhalt«n geblieben. Um wenigstens et
was Nutzen aus dem Inventar zu zie
hen, hätte man die zum Betrieb nöt^i
hange der Südostmin« auf einen
mächtigen Quarzgang mit reichlich ein
gesprengtem Gold gestoßen. Diese
für den ganzen Bezirk so bedeutsame
Entdeckung sei besonders dadurch merk
würdig, daß der leider inzwischen ver
storbene Mr. M. Tschuschner seinerzeit
an dems«lb«n Ort« nach Gold gesucht,
also damals schon auf der richtigen
Fährte gewesen sei, ein Beweis mehr
für die Findigkeit dieses um die Stadt
so hochverdienten Mannes usw.
Melitta ließ die Hand mit dem
Blatte sinken. „Wie wunderbar!"
sagte sie. Und dann, nach einer Weile
näherer Besprechung, schloß sie: „Und
nun müssen wir hinüber. Ich muß
Dich vorstellen und ihnen alles erzäh
len."
„Alles?"
„Alles!" wiederholte Melitta, und
beide lächelten.
Die Ueberraschung der Familie war
groß, als sich anstatt des erwarteten
Kandidaten ein indischer Bräutigam
entpuppte. Er gefiel ihnen durchaus
in feiner schlichten, sicheren Art. Das
Gespräch bei Tisch war lebhaft und an
geregt, immer aber wandten sich die
Blick« auf Melitta zurück. So hatten
sie sie noch nie gesehen, das Antlitz
durchleuchtet von der Freude Licht.
Nun lag in ihren Augen jener ruhige
Schimmer vollkommenen Glücks, den
in ihnen zu erblicken die Lebenssehn
sucht ihres armen Baters gewesen
Nach Tische setzte Volckardt seine
Pläne für die Zeit auseinand«r, die er
in Europa zuzubringen gedachte.
„Gehst Du denn nun fort?!" sagte
Armgard bestürzt zu Melitta.
„Wir beabsichtigen, morgen zu Pa
stor Remmerts zu fahren," erklärte
Bolckardt. „Wir müssen dorthin, als
zu Melittas nächsten Verwandten, und
der Onkel kann uns trauen. Er wird
uns auch angeben können, wie man sich
einen Dispens oerschafft, um die
Trauung möglichst zu beschleunigen."
„Hierin wenigstens können wir Ih
nen behilflich sein," erklärte der Gene
ral. „D«r Better meiner Frau ist der
dortige Staatsminister. Ich kann
ihm noch heute schreiben, und Sie kön
nen den Dispens morgen, spätestens
übermorgen, telegraphisch haben.
Aber warum bleiben Sie nicht bei uns?
Ihren Besuch machen. Wir telegra
phiren an Ihren Vetter, den Kandida
ten Ernst, der kann herkommen und
Sie trauen und damit zugleich seine
Probepredigt ablegen. Was meinst
Du, Frau?"
„Ich hab« auch schon daran ge
dacht —"
„Ich möchte es wohl gerne," sagte
Melitta zögernd, der eine Traurede des
Onkels und ein Aufenthalt im Pfarr
hause mit Volckardt keine angenehme
Liebste," sägte Melittas die nun Plötz
lieh Emmhs betretenen Gesichtsaus
druck verstand, „aber der Onkel möchte
len, und wie sie Melitta z« der Zeit,
wo sie ganz verlassen gewesen wäre, zu
sich genommen, ihr «ine Heimath gege
ben hätten, wo sie gesunden und sich
»ach all ihrem Leid hätte wiederfinden
können. Es wäre ja unwahrschein
lich, aber bei den jetzigen Verkehrsver
hältnissen doch immerhin möglich, daß
einmal Jemand, an dem sie Antheil
nähmen, nach Singapor« käme; dann
möchten sie nicht vergessen, daß sie dort
Freunde hätten, auf die sie sich jederzeit
verlassen könnten.
Keiner vermochte ein Wort zu spre
chen; Armgard schluchzte. Die Gene
ralin schloß Melitta mütterlich in die
Arm- und küßte s» mit leisen, warmen
Worten. Dem General waren die
Augen feucht: «r legte Melittas Hand
in seinen Arm und führte sie so über
die Schwell« seines Hauses an den
Wagen. Im Hint«rgrund« stand das
Gesinde und sah dem Vorgang mit
Theilnahme zu, und noch lange erhielt
sich im Schlosse die Erinnerung an
txn goldenen Reqen, der sich an jenem
Morgen über sie ergossen hatte. Ein
letztes Winken und Grüßen, und der
Wagen rollte über die Brücke in den
Wald hinein.
An einer Biegung detz Fahrwegs,
wo man durch eine Lichtung noch ein
mal Schloß Ried liegen sah, bog sich
Melitta vor und sah zurück. Da stan
vier Gestalten und blickten dem schönen
Sterne nach, d«r so unerwartet in ihr
Leben getreten war und nun ebenso
Plötzlich daraus wieder verschwand.
(Ende.)
Jauch, »er ,oderstl«u«nant Atfat-.
Bei einem großen Feldlager, das
der prachtliebende Kurfürst August 11.
von Sachsen im Jahre 1730 veran
staltete, in erster Lini«, um urdi et
ordl kundzugeben, wie ausgezeichnet
seine nach dem Nordischen Kriege neu
geschaffene Armee montirt und exer
ciert sei, war auch ein groß«s pyro
technisches Kunststück vorgesehen, ein
„Vivat" von kolossalen Dimensionen.
Das Ftuerwerk stieg und ward be
wundernd angeschaut. Doch. waS war
das! Plötzlich flammten d«r Reihe
nach noch fünf Buchstaben auf, und
zu seinem lebhaften Schrecke mußte
der Kurfürst constatiren, daß der
fremdwortunkundige Feuerwerker an
Stelle des verlangten „Vivat" ein
„Fifat" construirt hatte. Was da zu
thun? Zu ändern war nichts mehr.
Aber Jauch, der commandirende
Oberstleutnant Augusts, dem die
ganz« Jnscenirung obgelegen hatte,
wußte Rath. Er kundschaftete in der
Person des Bibliothekars Sebisch ei
nen gelehrten Mann aus, der nach
träglich das ominöse „Fifat" zu Gun
sten des kurfürstlichen Festveranstal
ters Interpretirte. Es wäre das „Fi
fat", erklärte der Schlaukopf, nichts
weiter, als die Anfangsbuchstaben fol
gender fünf Worte: „k'simta
I'eesrunt
Jauch aber hieß seitdem bis an sein
seliges Ende der „Oberstleutnant
Fif-t".
«Ich»,» Wagner un» sein Hun».
Richard Wagner war als Musik
direktor am Magdeburger Stadtthea
nes dortigen engen Lebens und Wir
kens ein treuer Pudel der tröstlich er
heiternde Begleiter. Bis in das Or
chester solzje er seinem Herrn, und als
er von dort wegen einiger allzukriti
nehmen, allabendlich nach einem
Streifzuge durch die Stadt den ge
liebten Herrn am Theaterpsörtchen
treulich zu erwarten. Wahrscheinlich
Bastei nachfolgen wollte. Die Ge
fahr des Abstürzens für das Thier
befürchtend, wirft ihm sein Herr von
Felsenspitze klettert.
Traft in Thränen.
Meister Schulze aus Berlin ist von
seiner Reise, die er sich aus .Stan
desrücksichten" leisten mußte, zurück
gekehrt, macht es sich auf dem Sopha
Blonden, die ihm die Gattin'spenden
soll. Da kommt sein Jüngster, Maxe,
in die Stube und schreit: „Bater,
ick Dir wieder."
Lakonisch. . Doktor:
Mein« Dame, Ihnen ist thatsachlich
nicht zu helfen! Dame (ängstlich ver
wundert): Weshalb nicht? Doktor:
des: Wo gehen wir nächsten Sonn
tag hin? Studiosus Siebel: Da
schau'n wir uns einmal unsere Stadt
Für die Köche.
Kartoffelbrei mit Brühe.
4 Pfund geschält« und zerschnitten«
Kartoffeln werden in Wasser weich
gekocht, abgegossen, durch ein Sieb
gerührt oder im Kartoffelquetscher
zerdrückt, mit etwas Fleischbrühe an
gefeuchtet, mit reichlich zerlassener
Butter, Salz und weißem Pfeffer
unter fortgesetztem Umrühren auf ge
lindem Feuer wieder erhitzt.
Kraftsuppe mit Lungen
strudel. Man wiegt eine in Salz
wasser abgekochte Kalbszunge recht
fein, schwitzt in 2 Unzen Butter eine
gewiegte Zwiebel hell an, giebt die
gewiegte Lunge, Pfeffer, Salz, Ma
joran und etwas Mehl dazu, läßt al
les einige Minuten unter beständigem
Umrühren durchschmoren und füllt
die Masse mit etwas guter Bouillon
auf, doch so, daß die Fülle noch dick
bleibt und sich zum Streichen eignet.
Nun bereitet man aus V 2 Pfund
Mehl, zwei Eidottern und einem gan
zen Ei, einer Prise Salz und ein
paar Löffeln lauwarmem Wasser ei
nen Strudelteig, - den man mit der
m«hlbesiäubten Hand untermengt und
so lange mit Mehl bestreut und kne
tet, bis er sich vom Brette löst. Dann
läßt man ihn 3V Minuten ruhen, wo
bei er mit einer erwärmten Schüssel
verdeckt wird. Den mit etwas Mehl
aufs neue vermengten Teig zieht man
darauf auf dem mehlbestreuten Tisch
messerriickendünn aus, streicht das
Lungenmus darauf, rollt ihn zu
sammen und drückt mit einem runden
Stab, am besten mit dem Stiel des
Kochlöffels 2 Zoll breite Portionen
aus, die man dann mit d«m Messer
durchschn«id«t. Di« Schnittflächen
drückt man noch mit dem Finger fest
schwarzen Theil und läßt das Mu«
schelwasser mit etwas Pfeffer auf
kochen. Sind alle Muscheln aus den
sie mit Butter, gehackter Petersilie
und etwas Muskatnuß 10—12 Mi,
den sie mit Citronensaft beträufelt.
Roth kohl. Man entfernt von
den Kohlköpfen di« grob«n Außen
d«n Essig, «in Glas Rothwein, einige
g«fchält«, g«viertheilte Atpftl, Salz
und Pfeffer dazu, läßt den Kohl
Eßlöffel Mehl darüber, giebt nach
fort, bis die Schüssel fast gefüllt ist.
Heringe 12 Stunden in vier- bis fünf
mal gewechseltem reinen Wasser, läßt
sie dann ablaufen und legt sie 24
Essig und 1 Pint Wasser schneidet
man 2 geschälte, in Ringen geschnit
tene Zwiebeln, 1 Petersilienwurzel.
10 runde Scheiben Sellerieknollen, 1
Pastinak, 6 handlange gelbe Möhren,
20 Wacholderbeeren, 6 Gewürznelken,,
2 Lorbeerblätter, Pfefferkörner, Dill
diese Beize gut durch, seiht sie durch,
schichtet das hübsch geschnittene Wur
zerwerk zwischen die Fische, quirlt die
Milch in 1 Glas Essig klar, fügt
einen Theelöfstl Zucker zu der Beiz«
und di« Würze und gieß! alles warm
Grünkohl mit Rahm. Der
Grünkohl wird von den tielen ge-