Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, January 17, 1907, Image 2

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    Sei» Lebenswerl.
Ein rauher Wind fegte durch die
Straß«. Dem Datum nach war es ein
Frühlingswind im übrigen aber
hatte er nichts Frühlingsmäßiges an
sich. Er war so rauh, so scharf, daß
di« Liut« die Rockkragen in die Höhe
schlugen und di« Hände verdrossen in
den Taschen vergruben. Mißmuthig
blickten sie den weißen Blumenblät
tern nach, die der los« Geselle mit
vollen Backen von d«n Obstbäumen
blies, daß es aussah, als ob es
schneite. Wie frisch gefallener Schnee
lagen sie auch auf dem holprigen
Pflaster der schmalen, alten Straße
mit den rothen Ziegelhäuschen. Und
die Rauchwölkchen, die sich aus. den
Schornsteinen in die Luft ringelten,
legten Zeugniß ab, daß man die
Wohlthat einer warmen Stube noch
wohl zu schützen wußte.
Hoch oben blaute der Himmel. Ein
kaltes, frostiges Blau. Die Sonn«
schien blaßgelb. und di- Spatzen un
terhielten sich kreischend und zankend
mit aufgeplusterten F«derileidern un
t«r d«n Dachvorsprüngen d-r kleinen
Häuser. Sie waren unzufrieden mit
dem Wetter und infolgedessen auch
unzufrieden mit sich. Nicht einmal
«ine anständige Wohnung hatten si«
mehr, seit die Schwalben ihr- Nester
wieder für sich reklamirt und sich
auch sofort unverschämt breit darin
gemacht hatten. D-r Winter war ent
schieden besser, und die Spatzen theil
ten die Ansicht der alten Leutchen, di«
die kleinen Häuser bewohnten, und da
meinten: Lieber halb satt gegessen,
aber hinter dem warmen Ofen ges«s
s«n.
Die alten Leute in der alten Stra
ße aber blickt«» durch die beschlagenen
Fensterscheiben nach den blühenden
Obstbäumen, die rechts und links der
Straße standen und ihnen den Früh
ling vortäuschten. Und dann schauten
sie in die Höhe nach dem Kirchthurm,
dessen runde, schiefergedeckte Kuppel
bläulich unter den matten Sonnen
strahlen glitzerte. Und dann blickten
sie noch ein Stück höher, nach Sankt
Petri-Hahn, der protzig, goldglän
zend, in der klaren Luft stand, d«n
d«r Wind zu pack«n kriegte, ihn hin
und wieder herumtanzen ließ, und
d«r doch seit Tagen, wie in konstanter
Bosheit, immer wieder nach Norden
Fauchend, mit aller Gewalt, fuhr
der Wind gegen di« schweren, brau
nen Thüren der kleinen Häuser. Da
kam er aber an die Rechten. Sie
rührten und regten sich nicht. Trotzig
hielten sie ihm stand. Nur die mes
singenen, spiegelblanken Thürllopser
klapperten rhythmisch unter seinem
Athem, und der w«iße Sand, der auf
den Stuf«n lag, die zu den kleinen
Häuschen emporsiihrten, dr«hte sich in
kreisrunden Wirbeln wie kleine Wind
hosen.
Sonst regt« sich nichts in d«r
Straße. Kein menschliches W«sen
weit und breit. Lustig sproßten
Grasbllschel zwischen dem holprigen
Pslast-r empor. Die sauberen Fen
sterscheiben blinkten in der Sonne.
Nur in einem der Häuschen waren sie
blind, schmutzig grau, die braun«
Hausthür war mit Staub überzog«!,,
aus dem messingenen Klopfer macht«
sich Grünspan breit. Das Häuschen
nahm sich zwischen seinen Genossen,
die sauber in Reih' und Gli«d stan
den, wie eine Kompagnie Soldaten
in ihrer besten Montirung, just wie
«in Landstreicher aus. Sogar das
Dach hing, wie in Trotz, ein ganz
klein wenig nach der Seite, und die
In dem Häuschen wohnte Jan
Jvens, ein Mann mit einem Gesicht
so hart und unbeweglich, wie aus
noch einmal brauchen konnte. Jan
Jvens machte nämlich Geldgeschäfte,
das heißt, er verlieh Geld auf Wu
zu feilschen, denen saß meist schon
das Messer an der Kehl«. Wenn es
anfing, zu dämmern, kamen sie
Einlaß Begehrenden scheu sahen
Scklüsstlklappen die Thür that sich
gesehen hätte!?
Mürrisch erwiderte der Alte die
meist übertriebenen höflichen Grüße,
oder ihm verächtlich d«n Rücken ge
wandt. Alter Halsabschneider!
Aber si« mußten alle freundlich
thun, si« mußten katzbuckeln. Und
Jan Jvens «mpfand eine Art grim
miges Behagen darüber.
Lautlos, auf mächtigen Filzsohlen,
in der Hand ein« trübe brennende
O«lfunz«l. so ging «r seinen Besu
chern in d«m finstern Hausflur vor
an. Das Wasser, das von d«n Wän
den tropfte, hob di« Stimmung auch
nicht. Und wenn Jan Jvens die Thür
öffnete, fuhr jeder Neuling vor der
krächzenden Stimme, di« „Guten
Tag" rief, unwillkürlich zusammen.
„Und meine Sicherheit?!" klang es
dann gleich hinterher auf d«m
H«rd, mit d«m trichterförmigenßauch
fang darüber, spreizte, den Kopf vor
geneigt, ein mächtiger Rabe di« Flü
gel. Er lachte grell, kreischte, bis er,
als sein Herr zu reden anfing, ver
stummte nur Zwischenruf« gestat
tete er sich noch. Nach längerer Zeit
ging man wieder, entweder schwer,
als habe man eine Last zu tragen
das waren diejenigen, die nicht genug
geboten hatten —, oder man entfernte
sich eilig, gl«ichsam fliehend —, man
hatt« sich eine Krawatte geknüpft,
aber noch war die Schlinge nicht zu
gezogen, noch hatte man Galgensrist.
An dem Nachmittag, an dem der
Wind durch die Straßen fegte, die
Sonne so bleich schien, und der Hahn
auf Sankt Petri in ihrem kalten
Glänze blinkte, an demselben Nach
mittag strebte erwartungsvoll «in
junges Mädchen, noch halb Kind, Jan
Jv«ns Hause zu.
Di« alten Leute in der alten Stra
ße steckten die Köpfe zusammen.
Wo wohl die kleine Jann« Lühr hin
wollte? Doch nicht etwa gar ...? Da
käme ja zu d-m «inen Unglück noch
ein zweites. Gespannt blickten sie
durch die großen Hornbrillen!
Und Janne Lühr wollte doch vorl.
hin, wohin die alten Leute gar nicht
auszudenken wagten, noch dazu am
hellen, lichten Tage. Die Kleine ließ
ziemlich energisch den Klopfer gegen
die braune Thür fallen, dann war
tete sie mit Herzklopfen. Es war ihr
bänglicher zu Muthe, als sie sich de?
Anschein gab. Von Jan Jvens Hart
herzigkeit hatte sie schon viel im
Städtchen munkeln gehört aber
das war es nicht, was ihr Herzklopfen
verursachte. Ihr kleines, sechzehnjäh
riges, für Romantik empfängliches,
nach Abenteuern lechzendes
de: Jan Jvens war txr Jugendge
liebie ihrer Mutter genxfen, einst,
vor langen Jahr«n ein halbes
gen sein, Stürme waren darüber hin
gefegt, Frühlings-, Herbst- und Win
terstürme; sie hatten gerüttelt, ge
schüttelt, gezaust, geknickt, verweht
bis von der heißen Liebe zu Jan
Jvens in Käte Liihrs H«rzen nur eine
blasse, leise Erinnerung zurückgeblie
ben war leiser, heimlicher, als die
Klänge der Aeolsharfe, als das Rau
nen der Wkpfel im sommerlichen Wal
d>!, als das Flüstern der Wellen in
schwüler Mittagsgluth. Und gestern,
in einer Stunde der Noth, Angst,
Sorge, hatte Käthe Lühr in alten
Erinnerungen gewühlt sie hatte
gewesen, daß ihr die das alles
erzählt hatte. Sie fühlte sich nun
plötzlich als ein erwachsener Mensch,
der auch Anrecht auf Liebe hatte. Ihr
kleines H«rz dehnte sich. Zitternde,
schlürfend« Schritt« laut. Schlüssel
als Jan Jvens die Thür öffnete
den Gefieder Lugte nach Janne und
schlug mit den Flügeln. Der Alte
aber löschte die Funzel und blickte sich
Hand faßte? Daß er sie an seine
Brust zog, als Kind seiner Käthe —?
Aber Jan Jvens Gedankengang
si« dir vorzog, weil er ihr eine gesi
cherte Existenz bieten konnte.
Jan Jvens hatte mittl«rw«ile «in
Kontobuch aus «inem Regal genom
men, das an der Wanh stand. Jetzt
schlug er mit der flachen Hand dar
auf. „Sie kommen deswegen, Mam
felling? Kann's mir wohl denken!"
„Ja," sagte Jann«, und kämpfte
tapfer Furcht und Err«gung nieder.
„Mutter bittet Sie, im Andenken an
„Sieh da!" Wieder lachte der Alte
mals nicht träumen lassen, daß ein
mal ein« Zeit käme, wo mich Käthe
Liihr zu find«n wüßt«. Aber ich habe
hingearb«it«t auf diese Zeit jah
r«lang und jetzt soll meinem Le
benszwecke die Krone aufgesetzt wer
den. Schad«, daß es Ihr Vater nicht
mehr miterl«ben konnt«! Er hat sich
einen günstigen Zeitpunkt gewählt
zum Sterben. Ha, ha, ha! Kurz vor
dem Konkurs! Und nun soll ich Ih
nen h«ls«n, daß auf d«s Todt«n Ruf
kein Makel fällt so drückt man sich
schön aus. Aber sagen Sie Ihrer
Mutter," der Alt« erhob seine Stim
me, „Auge um Auge, Zahn um Zahn,
das ist mein Evangelium! Weiter
hätte ich Ihnen nichts zu sagen."
„Aber ich hab« Ihnen noch etwas
zu sagen!" In Janne Liihrs Stimme
zitterten Thränen, Zorn und eine
grenzenlos« Enttäuschung. Sie hat al
les Kindliche abgestreift: „Schämen
Sie sich!" schleudert sie dem Alten
entgegen: „Wie können Sie mit kalter
Berechnung die Existenz d-rjenigen
vernichten wollen, die sie liebte? Wie
können Sie über Verhältnisse urthei
len, die Sie nicht kannten und ken
nen? Mein« Mutter ist nicht glück
lich gewesen in ihrer Ehe w«il sie
denjenigen, den man ihr, ohne si« zu
fragen, als Gatten bestimmt«, nicht
liebte! Sie erfüllte eine Kindespflicht,
indem sie meinem Vater," Jannes
Stimm« würd« leiser, „ihre Hand
reicht«. Meine Großeltern waren da
mals in der gleichen Lage wie wir
jetzt, und mein Vater hals. Ich aber
heiße Jann« und jetzt, nachdem ich
Sie kennen gelernt habe, thut es mir
leid, daß ich so heiße!"
Zwei blau« Mädchenaugen blitzten
in di« Jans. Dann wandt« sich di«
Klein« verächtlich, und ehe der Alte
noch etwas erwidern konnte, hatte
Janne die Stube verlassen. Er hörte
ihren leichten Schritt im Flur. Die
Hausthür fiel krachend hinter ihr ins
Schloß, und nur der messingene Klo
nach. Die alten Leute in der alter
Straße aber, die Janne wie gejagt
davoneilen sahen, schüttelten mitleidig
die Köpfe. „Die Sache ist böse abge
laufen," sagten sie, „die arme Frau,
das arme, kleine Mädchen!"
Jan Jvens aber stand und schaute
vor sich hin. „Alter Schafskopf!"
kreischte d«r Rabe. Da schüttelte «r di«
Faust L«gen das Thier, daß der Rabe
erschreckt aufflog und sich auf den
Gardininkasten r«ttete.
Der Alt« aber schaute in die Fun
ken, in di« tanzenden Funken, die in
den Rauchfang hüpften wie lose Gei
stlichen, und sah sie doch nicht. Er
Windes, und wußte nicht, woher der
Klang kam. Der Klang des Goldes,
den er seit Jahren nur im Ohr gehabt
hatte, des Goldes Gleißen und Gliin
sllr das, was um ihn vorging, sie
hatten das Beste in ihm getödtet!
Oder lebt« es noch? Schlief es nur
einen todesähnlichen Schlaf? Sollten
zw«i blau« Augen wieder wecken, was
nickt wie eine, di« sich im Unr«cht
fühlt«. So fest, gerade, hatte sie ihm
in di« Augen geschaut wie einst Kä
the.
verdienen kann, bringt schnell und
leicht das Wuchern. Nur ein Gewissen
darf man nicht haben, das Herz muß
gegen menschliches Elend dann
steht dem Reichwerden nichts im We
ge
Es klang, als wenn di« Luft Klänge
Der Rabe saß still und blickte mit
Dämmerung kroch heran. Da tappte
sich Jan Jvens nach der Wand, wo in
einem kleinen Behälter Streichhölzer
durchblättert« sie, sichtete. Er schlug
das Lebenswerk kr«uzweise zwei dicke
Striche zwei Augen schwebten ihm
dabei vor, zwei blaue, muthig« Augen,
die auch verächtlich blicken tonnten.
ein Päckchen, die Papiere vor. Und so
bedächtig, wie er di« Striche gezogen
dem Gardinenbrett begann mit den
Flügeln zu schlagen. zu
Ter Fachmann.
„Meine Herren," sagte Heinrich
Heinrich, der reiche und noch sehr ju
gendliche Referendar, „in dieser Hin
sicht bin ich Fachmann, da können
Sie sich auf mein Urtheil verlassen."
„Natürlich," brummt« Fritz Scheh
ler, der Stammtischgenosse und un
versöhnliche Gegner Heinrichs, „das
weiß man ja, daß Sie Fachmann
sind! Es giebt ja wohl kein Fach,
worin Sie nicht mit ihrer unerreich
baren Weisheit ausschlaggebend sein
Heinrich betrachtete mit einem mit
leidigen Lächeln den kl«in«n, choleri
schen Apotheker; «r Psl«gte ihn nicht
sehr ernst zu nehmen, denn er glaubte,
daß nur kleinlicher Neid diesen seinen
Rivalen verzehrt« Neid aus die
„Gunst der Damen" und so weiter.
Denn Heinrich hielt sich für eimn
Liebling der Götter und Göttinnm
und war infolge dessen ein f«hr glück
lich«. Mensch.
„Wir sprachen hier von Pferden,"
sagte er mit unausstehlicher Nachsicht
in Ton und Miene. „Sie wissen ja
all«, daß ich ein passabler Reiter und
Fahrer bin, und daß ich mir die be
sten Ps«rd« der Stadt halte."
„Ich halte mir zwar keine Araber,"
versetzte Schehler, „aber dafür bin ich
auf dem Lande aufgewachsen mein
Vater ist Besitzer, Herr Heinrich
von. Und ich halte den Pferdehändler
Lehmann aus Pyritz für einen sehr
ehrlichen Menschen." ,
„Na, na, Schehler," rief man in
der Tafelrund«, „seien Sie kein Idea
list. Ein Pferdehändler muß gerissen
sein, sonst kann er kein« Geschäfte
„Man kann gerissen und doch ehr
. lich sein," verkündete der Apotheker,
der während des Sprechens aus dem
Fenster sah. Uebrigens kommt er
dort. Er führt den Gaul selber,
Herr Weigling, den Sie kaufen wol
len. Ein famoses Thier scheint es zu
sein."
Herr W«igling saß zwischen dem
Apotheker und dem Referendar wie
zwischen Scylla und Charibdis. Er
ihn verschlingen werde, und da er ein
etwas unselbständiger Herr war, so
schwankte er beständig zwischen seiner
eigenen und den verschiedenen Mei
tzer.'
Jetzt erhob er sich.
„Es ist «in Kreuz!" murmelte er.
„Ich soll und muß reiten, weil ich
sonst zu dick w«rde, und dabei mache
ich mir doch gar nichts daraus."
Bei diesen Worten ging er zwischen
Heinrich und Schehler auf den Hof
hinaus. Die ganze Stammtafel
folgte.
Da stand H«rr Lehmann aus Py
ritz und hielt den Braunen am Zügel.
Als er den Referendar erblickte, ward
seine Miene düster; er wußte, daß
dieser Herr imm«r etwas an seinen
Rossen auszusetzen hatte vielleicht
nur deshalb, weil er selbst bei einer
sehr bekannten und theuren Firma
kaufte.
Herr Weigling ging um das Thier
„Das Pferd ist tadellos g«ritten,"
begann Lehmann, ~«S ist fünf Jahre
Braunen schwang und ihn nun m
„Prachtvoll!" rief Schehler aus.
„Mensch, Weigling, Sie haben ein
Riesenglück, daß Sie einen solchen
Dame reiten so eine Walkürenge
stalt wie Frau von Better."
Herr Weigling wurde roth wie ein
kleines Mädchen. Alle Welt wußte,
sich um die hübsche Wittwe be
„Der Gaul ist sehr nett," sprach er '
viel davon. Herr Heinrich, Sie sagen
ja gar nichts gefällt Ihnen das
Pferd nicht?"
„Das Vieh ist viel zu kurzhalsig. !
außerdem hat es zu weiche Fesseln
und es „bügelt". Ich find« vor all«m,
daß so 'ne lange Deichsel für Sie
nicht paßt, lieber Weigling. Sie
legen den Pferdehändler an.
„Sie hören, was Herr Heinrich
sogt," meinte er leise, „der Herr ist
lich auf d«n Braunen und probirte
ihn; aber schon beim Aufsteigen
raunte ihm Heinrich zu:
„G«b«n Sie ortvntlich Schenkel
druck ich halte das Vieh für eine
Zicke" cht W ' l' >
welch ein zaghafter Reiter auf ihm
Pferd für mich. Es ist wirklich sehr
Hals ...."
„Na ja," sagte der Pferdehändler
80hne...." . .^
Gaul berichten vielleicht kauft er
ihn. Was soll er denn kosten?"
„Fünfzehnhundert Mark ist billig
Schehler, .edel sei der Mensch —"
genthUmlichkeit meines Braunen zei
gen. die besser ist als jeder Steck
brief."
Bei diesen Worten öffnete er dem
Pferd das Maul, schob ihm den Kopf
erstaunten Zuschauern, daß der Gau
men des Pferdes ein richtiges Muster
auswies; er war nämlich schwarz und
weiß grstreift, ganz regelmäßig und
t i" j i
„So etwas werden Sie auch nie
wieder sehen. Es ist ein Naturspiel,
das man sich nicht erklären kann,
vielleicht hat di« Mutterstute eine
heimliche Liebe zu einem Zebra mit
sich herumgetragen, und das verräth
sich nun in diesem seltsamen Gau
sche. 6 ' 2
„Gewünschtes Reitpferd unterwegs.
K«nen Ihr» Geschmack, hoffen Rich-
tig«S getroffen zu haben. Preis 3IXX)
fest."
wenn er mit dem Pferde einträfe, !n
den Gasthof geschickt werden sollte,
wo er Mittags und Abends speiste.
Auf diese Weis« hoffte er seinen neuen
färbe, wie man sie bei geschorenen
Pferden im Frühjahr zuweilen sieht.
Die Mähne war, einer Tagesmode
folgend, kurz wie bei einem Pony ge
schnitten, und überall sah man das
volle Geiider des feurigen Thieres
durch die fast lahle Haut schimmern.
Der begleitende Reitknecht, mit dem
Heinrich zunächst allein sprach, zog
unterthiinigst die Mütze und mur
melte:
„Herr Heinrich, der Herzog von
Ortenstein reslektirt« gang bestimmt
auf dieses Pferd. Es war das beste
aus unserm Stall. Aber Herr Luck
sagte, diesen Gaul dürfte kein anderer
bekommen als Sie, und er nahm ihn
dem Herzog vor der Nase weg für
Sie! Daß Si« ihn behalten würden,
daran brauchten wir nicht zu zwei
feln; wir wissen doch, daß Sie Fach-
Geschmeichelt lächelte Heinrich,
schwang sich auf den Rücken des
Pferdes und probirte seine Gänge.
„Tadellos!" verkündete er der Ta
felrunde, zu der er nun zurückkehrte,
„ich schließe den Kauf telegraphisch
ab."
Die Depesche ging ab, und nun be
gab man sich auf den Hof, um das
Prachtthier anzustaunen.
Allgemeiner Beifall erklang. Nur
Herr Weigling schwieg eine lange
Weile. Endlich sagte «r:
„Wissen Sie. Herr Heinrich, wenn
nicht die Farbe so anders wäre, würde
ich sagen, der Gaul sieht dem Brau
nen ähnlich, den mir Lehmann im
Herbst verkaufen wollte."
Heinrich lachte höhnisch.
„Du mein« Güte, sagen Sie das
bloß nicht so laut, li«ber Weigling!"
rief er. „Sie blamiren sich ja. Die
ses englische Halbblut und der arm
selige Braune von damals!"
Er amüsirte sich so sehr, daß er so
fort die Herren zu ein paar Flaschen
Sekt einlud, um diesen ungewöhnlich
günstigen Einkauf zu feiern.
Während er hineinging, um dem
Kellner seine Anweisung zu geben,
winkte Herr Schehler den Stamm
tischgenossen!
„Auf ein Wort, meine Herren.
Bleiben Sie doch mal einen Augen
blick hier."
Bosheit leuchtenden G«sicht öffnete der
Apotheker dem Gaul das Maul, blickte
hinein und stieß ein schallendes Ge
lächter aus.
„Dachte ich's doch schon! Hurrah,
meine Herren! Lehmann aus Pyritz
hat seine Rache genommen bitte,
hlicken Sie her."
Und siehe da, der Gaumen des
edlen Rosses war regelmäßig schwarz
und weiß gestreift!
Die Tafelrunde brach in ein home
risches Gelächter aus, das bis in den
Speisesaal hineindröhnte, wo der ah
nungslose „Fachmann" soeben seinen
Freudentrunk bestellte.
Herr Heinrich Heinrich hatte auf
dem Umwege über die Firma Luck >K
Co. für MW Mark den verschmähten
Braunen des Herrn Lehmann aus
, Pyritz gelaust.
»in «al»mo
Ein blinder Straßenmusikant, so
wird in einem chinesischen Blatte er
zählt, stand an dem Ufer eines Flus
ses und wußte keinen Rath, den Strom
zu überschreiten. Er bat einen daher
kommenden Oelhändler um Hilfe. Die
ser hatte Mitleid mit dem hilflosen
Blinden, nahm ihn auf die Schulter,
gab ihm seinen Gcldsack zum Halten
und trug den Alten so durch den Fluß.
Als er am anderen Ufer den Blinden
absetzte, weigert« sich dieser, den Geld
sack zurückzugeben, erhob ein großes
Geschrei und erklärte, das Geld sei sein
Eigenthum. Die Sache kam vor den
Richter, und beide Parteien beschworen
hoch uwd heilig, daß das Geld ihnen
gehört. Der Richter stand vor einer
schwierigen Entscheidung. Er ließ aber
den Sack mit dem Gelde in einen Was
serbehälter ausleeren und erklärte
plötzlich mit Bestimmtheit, daß der
Oelhändler der Eigenthümer sei. Als
man ihn nach den Gründ«» des Ur
theils befragte, erklärte er, daß das
von dessen Gewerbe haben müsse; und
in der That, in dem Wasser schwam
men winzige Oelvartikelchen.
Das Letzte. „Ja, liebe An
gele, wenn ich mit dir in die Oper
gehe, bist du eifersüchtig auf die Sän
gerinnen; wenn ich mit dir in den
Äleidnng und Charakter.
Kleine Ursachen, große Wirkim
gen!" Dies alte Sprichwort, so
schreibt ein« deutsche ZAltter, bewahr
heit«t sich wieder, wenn man sich den
Einfluß der Kleidung aus die Cha
rakterbildung klarmacht. Daß die
heit in verhängnißvoller Weise schä
digt. ist bereits so häufig gesagt wor
den, daß ich heute nur insofern da
rauf eingehen will, als die Gesund
heit ihrerseits naturgemäß ein«n gro
ßen Einfluß auf das Gemüthsleben
ausübt, und so kann man indirekt ge
wiß auch der Kleidung manchen Cha»
raiterfehler, wie Launenhaftigkeit.
Gereiztheit, Unfrohheit anreSnen.
Wenn ich nun in der Art, wie
heute die kleinen Mädchen gekleidet
werden, direkt einen Erziehungsfehler
erblicke, so liegt es mir durchaus fern,
die Rücksicht auf das Hübsche, Anmu
thige ganz bei der Kleidersrag« aus
schließen zu wollen. Auf die Frage
,Mie kleiden wir unsere Töchter?" ist
die einzig richtige Antwort „Zweck
mäßigkeit". Bei der Kleidung muß
also immer der Zweck, die gesunde
Entfaltung des menschlichen Körpers,
in erster Linie berücksichtigt
wie dies ja bei der Knabenkleidung
auch durchaus d«r Fall ist. Dabei
ist doch jede Mutter bestrebt, auch
ihren kleinen Jungen niedlich anzu
ziehen, auch er freut sich über einen
hübschen, n«uen Anzug, und auch er
seine Sachen zu „schonen". Aber im
merhin wirb ein Fleck, ein Riß im
Knabenairzug niemals als ein solches
„Verbrechen" angesehen, wie beim
Mädchen, ganz abgesehen davon, daß
d«r so sehr viel zweckmäßigere Kna
benanzug nicht so leicht gefährdet ist.
Der Knabe sieht im Anzug nichts an»
der«s, als das Mittel, ihn vor Erkäl
tung zu schützen, während dem klei
nen Mädchen d«r Anzug als „Selbst
zweck" dargestellt wird. Sich „klei
den" ist für das kleine Mädchen
gleichbedeutend mit „sich putzen",
„schön sein", „gefallen"; dadurch aber
die dem kleinen Mädchen die Kinder-
Unbefangenheit zerstört, oder zu ei
nem Mittel, es zum gefallsüchtigen
Modepüppchen zu drillen.
Di« vereinfachte, zweckmäßige Mäd
chenkleidung soll ich beton« es noch
einmal durchaus nicht zur Ver
nung, Sorgsamkeit und Reinlichkeit
sind wichtige Erziehungsmittel. Man
> tadelt ja auch einen Knaben, einen
Jüngling, der sich im Anzug vernach
lässigt. Während aber der männliche
> „Dube" zur Spottfigur wird, ist das
> weibliche Modepüppchen in gewiss«»
Klassen unserer Gesellschaft noch im
mer etwa durchaus normales, ja es
ren Gefährtinnen vorgezog«n. Auf
di«s« Weise erzieht man die Jugend
, zu Salondamen, und daher kommt es,
worden, sie putzen sich auch innerlich,
geistig und seelisch, statt sich in edler
Natürlichkeit zu geben. „Rückkehr zur
wollen.
Wink« für Havssr«»«».
1. Helles Gebäck. Man nimmt al
tes Gebäck, übergießt es mit Petro-
Anrichten an. Sollte im Dunkeln ser
2. Wie erhält man sich Dienstboten?
4. Wie lassen sich Tintenflecke aus
Herrenbesuch? Füttere die Besti«.
Haus? Schließe ihre Kleider «in.
9. Wie fesselt man den Gatten an's
Haus? Verstecke sein« Perrücke.
der Küche? Man fülle die Petro
leumkanne mit Wasser.
11. Wie spart man Kohlen? Man
koche mit Gai.
Frisch«? Man lasse sie auf etwas