Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, December 20, 1906, Image 3

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    DMS i» »es Mg.
<r»thlung von Enzenic Rosenberger
(2> Fortsetzung.)
„Ich dank Dir," sagte Volckardt
bewegt, „von Dir nehme ich es gern."
Da warf sie ihr« Arme um seinen
Hali, und er fühlte ihre Thränen auf
seinen Wangen und ihre weichen Lip
pen an seinem Munde.
„Melitta I Melitta! wo bist Du?"
hörten sie tn diesem Augenblicke die
Stimme der Erzieherin vom Haus!
her.
„Geh nur, geh!' flüsterte Melitta.
„Sei ruhig; ich verschwinde in«
Nicht«," erwiderte Volckardt und
drückte sie noch einmal an sich, ehe er
mit leichtem Sprung in dem Tannen
gange verschwand.
.Hier bin ich! Ich komm« schon!"
rief Melitta hastig, indem sie der Er
zieherin entgegeneilte, um das Ve
rtusch von Volckardts Schritten zu
„Du hast geweint, Kind? Was hast
Du?" fragte die Tante, als Melitta
in» Zimmer zurückkehrte.
„Fräulein Ritter ist gleich so böse!"
sagte Melitta und brach in heftig«
Thränen aui.
„Aber liebes Kind, nimm Dir das
doch nicht so zu Herzen. Ich mag ja
«twaS ungeduldig nach Dir gefragt
haben. Du weißt, ich bin manchmal
etwas nervös, seit Onlel krank ist."
Alt Volckardt am nächsten Morgen
nicht zum Frühstück erschien und die
Mutter sein Bett unberührt fand,
war der Verdruß groß.
„Nun wirft sich der Bengel noch
auf die liederliche Seite," schalt der
Bater. „Das fehlte gerad« noch.
Nichts als Schimpf und Schande er«
lebt man an dem Jungen."
Als Volckardt auch zu Mittag fehl
te und dir Mutter unvorsichtig be
merkte, er hätte wohl Angst sich zu
«igen, entlud sich d«r Zorn d«s Va
ters üb«r sie. ES kam aber noch
schlimmer. Als die arme Frau am
Nachmittag einige ausgebesserte Wä
schestücke in ihres Sohnes Kommod«
legen wollte und das Schubfach auf
wog, war es leer. Mit zitternden Hän
den öffnete sie den Kleiderschrank,-
auch der gut« Anzug und die besseren
Arbeitskleider d«s Sohnes fehlten.
Nun lief sie laut schr«i«nd in den
Garten.
„Um Gottei willen, Mann, Vol
cksrdi ist fort! Er ist fort! Mein
Zunge ist fort! Mein armer Junge!"
„Meinethalben mag er fein, wo er
„Ja," sagte die Mutter, schon halb
getröstet, „nach Stettin wird er ge
gangen sein; davon hat er schon oft
Als dieses Zwiegespräch stattfand,
lag Volckardt an Bord des Kohlen
dichte der runden Melittas
Reichthums? M^ar^
nen ZopfeS, noch mit dir blauen
Schleife daran, offenbar in höchster
Eile mit einem Messer schräg abge
schnitten. Voll Rührung betrachtete er
daS kindliche Liebespfand, das ihm
später in mancher Versuchung zum
rettenden Talisman werden sollte.
Zwei Jahr« vergingen, ehe Vol
ckardt wieder von sich hören Ueß.
Goldfelder eine Werkstatt zur Repa
ratur von Maschinen und einen klei
n«n Hand«l mit Werkzeug eingerichtet
hatte. Es ging« ihm gut, berichtete er.
Sobald er die nöthigen Mittel bei
sammen hätte, gedächte er nach Chi
cago zu gehen, wo ein in der Eisen
industrie etablirter Freund lebte, und
wo er auch seine wissenschaftlichen
Kenntnisse vervollkommnen könn«. Er
ließ den Vater und Melitta grüßen.
Die Mutter zögerte lange mit der
Antwort, denn Schreiben war ihre
Sache nicht. Der Vater nahm Über
haupt kein« Notiz von dem Brief,
aber Frau Rippold und Melitta
schickten freundliche Grüße, und Rip
pold sagt« zu seiner Frau: „Den
Jungen haben sie auf dem Gewissen.
Der würde seinen Weg gemacht ha
ben, hätten sie ihn verständig genom
men und gewähren lassen."
L.
pfe deS L«b«nS stand, durchlebte Me
litta noch das Freundschaftsstadium
der Backsischzeit. So läng« sie Vol
ckardt« kameradschaftlichen Umganz
gehabt hatte, war sie in kein nähert!
Verhältniß zu einem »»d«r«n kleine»
Mädchen getreten. J«tzt aber erblüht!
«in« warme Freundschaft zwischen ihi
und Fanny kämpf, aui der sie sick
sonst nicht viel gemacht hatte. Es wai
eigentlich eine Kontrastfreundschaft,
sie hatten nicht viel gemeinsame In
teressen, ergänzten sich aber in gewis
s,«r Weise vortrefflich. B«id« Ware-
einzig« Kinder und gestanden sich
einmal in vertraulicher Stunde, daß
ri daS größte Glück sein müßt«, ein«
Schwester zu haben. Da das nun
nicht zu erreichen war, stifteten sie,
wie Jonathan und David, eine»
Bund miteinander, tauschten ihre
Broschen aus und erklärt«,, sich für
Schwestern. Die beiderseitigen Mitt
ler, denen d«r näher« Umgang der
lkinder sehr erwünscht war, gingen
dereitwillig darauf «in, und die neuen
Schwestern g«noss«n das Glück, sich
zleich kleiden und die meist«» ihr«r
llnterrichtsstunden theilen zu dürfen.
Zanny war zwar «in Jahr alt«r, aber
loch besonders kindlich und eine wah
re Meisterin im Puppenspielen, wo
raus sich Melitta nie viel gemacht
jatte; j«tzt ab«r holt« auch sie, von
« s«lbst «ineS Tages noch eine
jerrliche Wachspuppe, als Braut ge
meldet, mit einem feinen Schleier und
Nelitta zieht nur noch Betty und
veiß und rosa, und wir haben so
urchtbare Mühe gehabt, genug roth«
Siinseblumen zu den Kränzen zu sin
en!"
„Einen wirklichen Braten? Was
>enn?" fragte die Mutter.
>rät in der kleinen Brätröhr«. Wir
Zossen. Ri«chst Du eS nicht?"
Die Mutter war zwar so gefällig,
>ie Lerche zu riechen, sagte indessen:
„DaS wollen wir ja auch gar
licht!" rief Fanny kläglich. „Es ist ja
mr Civilehe! Da in der Ecke ist das
„Nun, dann —" sagte Frau
Kämpf.
„Wir wissen nur nicht," fuhr Me
itta fort, die eben der Braut-
Such schreibt, oder den neuen."
„Den neuen," sagte Frau Kämpf
achend.
Und so kam ei, daß die Puppe
Zeokadie sich gleich als Baronin Ja
nes von Adlerhorst - BrandenselS
iuf der letzten S«ite einer alte»
ranzösischen Grammatik eintrag«»
>urst«.
Di«s« harmlos glücklich« Zeit ver
ging schnell, und aus den beiden Kin
>«rn entwickelten sich zwei anmuthige
unge Mädchen, die man überall zu
ammen sah und von denen «S hi«ß,
,aß sie sich g«gens«itig gut siünden,
>a Fanny eben so rosig und blond,
Für diese hatte sich währenddessen
>aS Leben im Hause durch die zu
nehmende Krankheit d«s Onkels trau
rig geändert. Jahrelang hatte sich
Zrau Nippold darauf gefreut, die
Pflegetochter in Gesellschaft zu füh
ren; nun beansprucht« die Pflege des
Nannes all ihre Zeit und ihr« Kräs
le. Auch ihre «ig«ne Kränklichkeit
Obhut die Vergnügungen mitmachen
zu lassen, zu denen sie selbst sie nicht
begleiten konnt«.
dem Nippoldschen Hause an, das an
statt wie sonst eine Reihe Heller Fen
ster zu zeigen, jetzt wie ausgestorben,
stav.
„Ist es möglich! Herr Tschuschnn!
Und bei diesem Wetter! Aber Herrn
hat Fräulein Melitta akle Tage da
während er d«n Gast dt« Trepp« hin
ausgelittet«.
„Geht es meinem Schwager s<
schlecht?"
Di« Aerzte sprechen von Rückenmark,
Iber der Herr weiß es nicht. Ihm
sagt man, es wären di« Nerven, und
„Die können Herr Tschuschner heu
te nicht mehr sehen; Frau Nippold
zeht immer ebenso früh zur Ruhe,'
vi« der Herr, weil er so schwer «in-
schläft und leicht aufwacht."
»Und meine Tochter?"
„Ach, das wissen wohl Herr l
Tschuschner nicht? Es ist ja heute
Fräulein Fannys Polterabend! Fräu
lein Fanny Kämpf heirathet ja Herrn
illbert Hahn, den ältesten Sohn von >
Hahn ck Froissard; sie kommt nach
wingapore. Das ist auch «in rechter l
Verlust fllr unser Fräulein. Ab«r es
ist erst acht, da sollten doch Herr
lschuschner noch hingehen. Herr und
Zrau Kämpf würden sich freuen und
Fräulein Fanny und alle. Um neun
angen erst die Aufführungen an; le
knoe Bilder und ein kleines Stück;
'in Freund vom Bräutigam, der jun
ze Herr Dietert, hat eS gemacht. Aber
oas Schönste kommt zuletzt. Da sind
ille jungen Damen Blumen, und un
ser Fräulein ist di« allerschönst«.
Wirklich, Herr Tschuschner müßten
sich das ansehen. Borgestern war Ko
stümprob«! da hatten stch's Fräulein
Melitta und Fräulein Fanny aus
zedacht und die ganze Dienerschaft
»on den drei Häusern dazu gebeten,
weil wir doch sonst nichts davon ge
sehen hätten. Fräulein Fanny war
natürlich nicht dabei, aber als eS aus
war, bekamen wir Torte und W«in,
lind di« jungen Herrschaften kamen
lind stießen mit uns an. Die alte
Trina, die schon da war, als Fräu
lein Fanny geboren wurde, weint« die
lanze Zeit, und es thut uns auch al
len leid, und lang« werd«» wir wohl
»nser Fräulein auch nicht mehr ha
„Wieso? Ist etwas im Werk?"
fragte Herr Tschuschner unb«d«nllich.
„Wir m«inen nur so ein so
schönes Fräulein!" erwiderte der alte
Diener ausweichend.
„Ach was, sagen Sie eS nur gerade
heraus," sagt« Herr Tschuschner.
„Man sagt nur so," wiederholt«
Gustav „es heißt, di« Hahns hätten
unser Fräulein gern für d«n zweiten
Sohn, Herrn Viktor, und es wär« ja
auch hübsch, wenn Fräulein Melitta
und Fanny Schwägerinnen würden."
„Ist das alles oder kommt noch
ein anderer in Frage?"
.Ja," sagte Gustav, „es scheint fast
so. Da ist eben noch der Herr Dietert,
von Wechsler >k Co."
„Der Sohn vom Senator?"
„Ach, Herr Tschuschner erinnern
ihn wohl noch? Er war einmal zu
Tisch hier mit dem jungen Wernin
gen."
„Ganz recht und wo ist der
junge Werningen?"
„Verschollen, Herr Tschuschner. Er
lief fort man fragt da nicht gern«.
Es ist hart für die Eltern, st« hatt««
nur den ein«n. Herr Dietert ist jetzt
auf Urlaub hier; er ist sonst in Ran
goon. Das ist ein Staatsmensch ge
worden; Herr Tschuschner wird auch
sein« Freud« an ihm haben."
„Und der, heißt es, bemüht sich um
meine Tochter?"
„Das kann ich nicht sagen, ab«r
sie sind viel zusammen gewesen in
dieser Zeit. Den ganzen Polter
abend haben die beiden fast ganz al
lein eingerichtet."
Anderthalb Stunden später betrat
Tschuschner da« helle, blumenge
schmückie Treppenhaus bei Kämpss.
Ein Diener eilte dem späten Gast
entgegen.
„Die Ausführungen sind schon im
Gange, und hinten steht alles dicht
gedrängt," sagte er, „aber ich werde
die Seitenthür öffnen; der Herr Se
nator wird zwar hinter Topfgewäch
fen sitzen, kann jedoch von da auS
alles übersehen."
Tschuschner ließ sich nieder und be
trachtete, wohl v«rbora«n, di« glän
zende Gesellschaft und das d«r Bühn«
gegenübersitzende Brautpaar.
Von dem kleinen Stücke verstand
er nicht viel. In dem Hauptspieler er
kannte -r nach der Beschreibung des
alten Bustav unschwer den jungen
Dietert, txr einen Krämer vorstellt«,
bei dem die Einkäufe zum Hochzeits
mahl gemacht wurden. WaS er saate,
schien witzige Anspielungen zu ent
halten, denn im Saal folgte ein Hei
terkeitsausbruch nach dem anderen.
Ali nach d«m Schluss« des Stückes
der Borhang sich wieder hob, hing
an der Seite der kleinen Bühne ein»
Tafel mit der Aufschrift: „Ort der
Handlung: Fannys Gärtchen." Di«
Musik spielte da» Kinderli«d: „Ku
ckuck! Kuckuck ruft aus dem Wald."
Währenddessen kam mit »eine»
Schritten und gesenktem Köpfchen «in
Veilchen aus der Kulisse, sah sich
scheu um und duckte sich unter seine
Blätter; gleich darauf noch eins;
dann folgten, mit feinen silbernen
Glocken läutend, ein Paar Schnee
glZckchen, hierauf Fli«d«r vs> Gold
r«g«n Hand in Hand und andere
mehr. Kinder kamen als Maßliebchen
gesprungen und drehten sich im Rin
gelreihen. Dann schwieg di« Musik,
und die Blumen begannen zu klagen,
daß sie nun umsonst hier blühen
müßten, denn die schönste und liebste
der Schwestern zöge fort in ein frem
des Land, und jede Strophe schloß
halb gesprochenen Kehrreim/
„Fehlest beim Tanz«,
F«hlst beim Gekose,
Fe^ie^d^'Ros^"^
und dem rosa Kopftuch, auf einer in
dischen Pfeif« spielend. Halb in ge
brochenem Deutsch, halb in dem in
Indien üblichen Pigeon-Englisch er
klärte er, ein Zauberer zu sein, ließ
zähn« ausgebrochen seien, macht«
Münzen unt«r Thonnäpschen ver
schwinden und betheuerte, noch ganz
andere Dinge zu lönnen. Di« Blumen
all«, die hier stünden, so reizend sie
auch schien«n, wären bleich und matt
gegen ihr« Schwestern im fernen
Osten, und wenn die Herrin erlaubte,
so würde er die schönst« d«r dortigtn
Blum«n h«rzaub«rn, dt« heilige Tem
pelblum«, die „Pagodaflower". Fanny
nickte. Der Gaukler blies nun aus
seiner Schalmei und beschrieb be
schwörende Kreise in d«r Luft.
„Jetzt!" sagte er, „jetzt! Still, sie
Hintergrund kam langsamen Schrit
tes, in halbdurchsichtigen gelblichen
Gewändern, mit nachschleppendem
Schleier, das dunkle Haar gelöst, die
fünf zurllckg«bogenen Zacken einer
großen gelbröthlichen Blüthe auf dem
Haupte, mit geschlossenen Augen wie
Gaukler, zog auS seinem Sack ein
glänzendes Banjo und schlug ein
paar Töne an. Die Pagodablum«
öffnet« di« Augen, die infolge vo»
braunen Strich«n unter den Lidern
und sah sich verständnißlos um. Nun
pfiff d«r Gaukler eine spanische Me
lodie und begleitet« sich dazu auf dem
Banjo. Die Pagodablum« bewegt« sich
j«tzt in der Art, wie Jndierinnen tan
zen, nur mit dem Oberkörper und den
Armen, die Hände auswärts haltend.
D«r Zaub«rer berührte sie schließlich
mit dem Stab«. „Sprich," sagt« er,
„begrüß« die Memsab!" Da trat sie
mit gekreuzten Armen vor und flü
sterte einige Worte auf Hindostanisch,
„Deutsch!" gebot der Gaukler, und
mit ruhiger, klangvoller Stimme
brachte sie die Grüße der fernen
Heimath unter den Palmen und den
Blumenj die der Herrin harrten 1
glänzend wären sie und glühend und
leuchtend, aber reizender als all«
würde zwischen ihnen die deutsch«
Rose sein, an Zartheit, Frische und
an süßem Duft.
„Herrlich!" rief der Gaukler, „du
hast wahr gesprochen!"
Dabei stimmte «r «ine lustig« Me
lodi« an, die Musik fiel ein, die Blu
men tanzten in allerlei Verschlingun
gen in der Mitte al>
si« einen feinen indischen Schlei«: von
d«r Schulter und warf ihn Fanny zu.
Der Gaukler schloß mit einem vollen
Tschuschner war in einem seltsa,
m«n inneren Widerstreit dem Spiele
gefolgt. Er hatte Melitta als Kind
verlassen und natürlich erwartet, si«
würde nun ganz ihrer Mutter glei
chen, deren Reiz fiir ihn in einer ei
genthümlichen Herbheit, einer Ari
schüchternen Zartheit bestanden hatte;
und nun hatte si« vor ihm gestanden,
aber so fremdartig und mit einer sol
chen Ruh« und Sicherheit, daß ihNl
war, als befände er sich nicht seinem
regt, als Dietert zufällig zur Seit«
blickte, Herrn Tschuschner voll inj
„Fräulein Melitta! Da ist ja Ihr
Vater!"
te, während ein glückliches Lächeln
um ihre Lippen spielt« und ihre Ali
cen feucht waren und sie nach den er
„Ja, Du bist es! Du bist es noch!"
dert, Papa? In d«m Alter, weißt
Du! Aber Du wirst mich schon
wiederfinden, vielleicht mehr als Dir
lieb sein wird."
Herrn Neffe Robert und
seine Frau Konstanz«, die Hahns,
all« die nächsten Freund«, das Braut,
paar; man umgab den Heimgekehrten
in froher Begrüßung. Fanny hob
sich auf die Fußspitzen, bot ihm d«n
Mund und nannte ihn Onkel und
Du, als wäre er gestern fortgegangen.
„Das setzt dem ganzen Fest noch
die Krone auf! Das ist zu herrlich!"
jubelte sie. „Nicht wahr, Albert?"
„Mein Sohn Viktor," beeilte sich
schüttelt« ihm kardial die Hand. „Der
beruhigt.
Noch saß man beim Abendbrot,
Melitta zu: „Darf ich bitten!"
„Wäre es Dir nicht lieber, jetzt
nach Hause zu fahren, Papa?" fragte
Melitta.
„Im Gegentheil, «S gefällt mir hier
sehr gut. Weshalb wolltest Du mich
um das Vergnügen bringen. Euch
tanzen zu sehen?"
„Wir werden uns die größte Mühe
geben, Sie zufrieden zu stellen, Herr
Tschuschner," versicherte Dietert.
Der Vater suchte sich nun einen er
zusrieden In der Sicherheit erhoffte»
Glückes, tanzten sie dahin.
„Unsere lieben Kinder sehen doch
kann man Sie beneiden."
„Na, si« ist ja so ziemlich gera
then."
„Und die Pagode, die sie auf d«w
Kopf« hat, steht ihr bezaubernd. Ich
habe ja leider nur die zwei großen
Jungen. Der Aeltcsie ist schon seit
zwei Jahren bei Reese <Z: Mann in
falls, Herr
„Mein Ludwig ist der zweite. Ei
zu erblicken.
„Ja! Da ist ja auch der alte Ha
genest!" rief er, „Donnerwetter, wie
Senator" und fort war er.
Das Wiedersehen zwischen Tschusch
n«r und seinem Schwager Nippold
Moritz!" sagte N?ppold und streckte
S d S 'cht F ! Ich h be
men sehen, als Du jetzt bist!"
Das alte brüderliche Verhältniß
Dietert, der bei diesen Gelegenheiten
die Seel« der Gesellschaft war. Spru
delnd von Lebendigkeit und Lebens-
rm, akxr so sicher sie sonst in ihre«
Entschlüssen war, so unsicher fühlt»
sie sich in diesem Fall.
„Er gefallt mir, ich mag ihn lieber,
als die anderen," sagte sie zu sich
selbst, „aber «S ist zu früh, es ist zu
rasch, wenn er nur jetzt noch nicht
und lavendelfarbenen Handschuhen.
Er sah Melitta und eilte auf sie zu.
„Sie haben sich ja heute wunder
„Jch ich wollte zu Jhrew
Herrn Vater, stotterte der sonst so
selbstbewußte Dietert verlegen.
„Papa ist oben," sagte Melitta und
wurde roth.
Nun fand Dieter! seine Sicherheit
wieder; er hielt die Hand, die sie ihm
glückt auZ.
„Es kommt mir zu schnell," stam
melte sie, „ich muß es mir überlegen.
Sprechen Sie mit Papa das wird
das beste sein." Sie suchte Zeit zu
gewinnen, er aber, froh des errunge
jnngen Mann, seinen Hut und sein«
Handschuhe mit sarkastischen Blicken.
„Das sind ja große Borbereitungen,
„Ich bringe nichts, Herr Tschusch
ner," sagte Dietert, dem plötzlich der
Athem etwas schwer ging.
„Dann wollen Sie wohl etwas?'
fragte Tschuschner unbarmherzig.
„Ihr Fräulein Tochter ich traf
sich erst ein wenig;
streifen S!« die Dinger da ab, lieber
Dietert, und dann wollen wir die
Sache bei einer Cigarre freundschaft
lich besprechen."
Tschuschner öffnete seinen Schrank,
wählte bedächtig eine Cigarre und
setzte sie gelassen In Brand. „So."
sagte er, „nun wollen wir uns mit
einander verständigen."
Dietert hatte sich inzwischen ge
faßt; er sah recht gut, daß ihm sein«
Verlegenheit eher genützt als geschadet
hatte, und bracht« nun s«in Anliegen
männlich und besch«iden vor.
„Ich hab« das erwartet," sagte
Tschuschner. „Sie haben meine Toch
ter zuerst gesprochen. Wie steht sie zu
der Sache?"
„Fräulein Melitta sagte, sie wollte
es sich überlegen, und ich sollt« vor
«rsi mit Ihnen sprechen."
- „Außerordentlich korrekt. Das er
leichtert mir die Sach« ungemein. Al»
so kurz und gut, ich habe an und für
sich nichts dagegen. Sie gefallen mir,
Si« gtfalltn worauf «s noch mehr
ankommt auch meiner Tochter.
Sie sind aus gutem Hause; das ist
erfreulich, w«nn auch nicht unbedingt
nothw«ndig. Sie haben für Ihr«
j Jahre ein« gut« Stillung in einer
guten Firma. Das ist für den Au»
! genblick genügend. Ich hab«, wie g«-
l sagt, prinzipiell nicht! dageg«n, Ab«r
meine Tochter ist erst siebzehn Jahr«
alt; das ist mir zu jung zum Hei
> rathen, und lang« Verlobungen sind
mir ein Greu«l. Also für d«n Augen
blick kann noch von nichts die Rede
> f«in. Dazu kommt, daß ich «in« Be
> dingung an m«in«n Schwiegersohn
st«lle, dl« Si« wohl billig finden w«r
-! d«n. Meiner Ansicht nach muß der
Mann so viel haben, daß er die Frau
erhalten kann; nachher kann die Frau
dazu bringen, soviel sie mag, j« mehr,
j« btsser. DaS verlange ich also auch
von Jhn«n. S«h«n Si« zu, daß Si«
«in« auskömmlich« St«llung bekom
men, dann kommen Sie witder. Ist
auch Melitta dann desselben Sinnes,
dann sollen Si« sie haben."
Dietert konnte seinen Schrecken
nicht verbergen. „Si« haben gewiß al
les Recht, Ihre Bedingung«!, zu stel
len, Herr Tschuschner aber in mei
nem Fall« bedenken Si«, ich muß
fort."
„DaS ist mir gerad« s«hr ange
nehm. Solch ein Hin- und Herziehen
ist nichts für die Dauer. Ich hätt«
sonst mit meiner Tocht«r fortgehen
müssen, und das wär« mir w«gen der
Verhältnisse hier Im Haus« sehr
schw«r geworden."
„Schreiben Si« an mich, soviel Sie
wollen, lieber Dietert," sagte
Tschuschner artig, „auch an die Tante
unten, w«nn Si« das erleiStern
SI« nicht. Meine Tocht«r soll frei
sein, ganz fr«i"
„Das ist hart, H«rr Tschuschner.
zu bringen; ich muh wart«n, bis ich
b«förd«rt nxrde; währenddessen kön
nen ander« kommen und mich aus
d«m Felde schlagen."
(Fortsetzung folgt.)
Für die Küche.
Hasen - Steaks. Von einem
möglichst frischen Hasenrücken löst man
jene, lauwarme Butter legt und im
lauwarmen Ofen stehen läßt. Inzwi
schen stößt man das Gerippe im Mör
ser, dämpft es nebst einer zerschnitte
nen Zwiebel und einer zerschnittenen
Mohrrübe in etwas zerlassenem Speck
durch, gießt ein wenig Essig dazu,
ftreicht di« Masse durch ein Sieb und
läßt sie mit einigen Morchilscheiben ein
Weilchen durchlochen. Nun brät man
die Steaks aus raschem Feuer gar und
- Charlotte. —»
Man brüht und schält schöne reise
Pflaumen (etwa R 1 Pfund),
entlernt sie, schwenlt sie mit
Zucker und etwas Zimmt etwa 10
Minuten in Butter über dem Feuer.
Dann legt man ein« Porzellanform,
die man sehr fett ausgebuttert hat,
ringsum mit Semmelscheiben auS,
füllt die Pflaumen darüber und deckt
sie wieder mit Semmelscheiben zu, die
mit Butterslöckchen bestreut werden,
und läßt das Ganze eine halbeStund«
Im heißen Rohr backen. Die Char
lotte wird gestürzt aufgetragen. Man
lassen« Butter tauchen, dann braucht
die Form nicht ausgebuttert zu wer
den.
FranzösischerPfesferku
chen. Man verrührt über dem F«u«r
Pfund Syrup und Pfund fri
sche Butter. Nach und nach thut man
Schrote Vanille, einen Löffel Cog
nac, Vs Unze gestoßen«« Zimmt, >/z
Unze Ingwer, 1 Unze lleingeschmtte
nes Citronat und landirte Pomeran
zenschale nebst etwas Salz dazu.
Nachdem er abgekühlt ist, wird der
T«ig mit feinem Mehl zu einer festen
Mass« vermischt, zu runden Kuch«n
ausgestochen und b«i mäßiger Hitze
gebacken.
Gemüse - Salat. Man kocht
gleiche Mengen von kleinen Karotten,
Schnittbohnen, Spargeltöpfen und
Kartoffeln ab, auch halb so viel mit
einem »einen Gemüs«bohr«r ausgesto
chene Ober-, Kohl- und Wass«rrüb«n
und läßt dies«lb«n aus einem Sieb
gut abtropfen. Dies alles kann man
ebenso aus Büchsen nehmen. Nun
ordnet man die Gemüse in einzelnen
Gruppen in einer Salatschüssel und
setzt einen Kopf recht weich gekochten
Blumenkohl in die Mitte. Nun rührt
man eine Sauce aus IL Eßlöffel voll
feinem Oel, 2 Eßlöffel voll Essig, 1
Theelöffel voll englisch«! Anschovis
sauc« oder Vs Theelöffel voll Anscho
fügt Salz, Pfeffer und ganz wenig
Sayenn«pfeffer hinzu und schüttet die
sen Beiquß nach gutem Rühren über
die Gemüse. Man rührt die Sauce
in einer Schüssel, die mit einer Zeh«
Knoblauch ausgerieben worden war.
Panirt« Schweinszun
ge n. Man kocht in einem nicht zu
großen Topf mehrer« friicheSchweinS
zungen in Wasser mit Wurzeln, Lor
beerblättern, Kräutern und Salz voll
ständig weich und fügt auch etwa»
Citron«nfaft oder etwas gewöhnlichen
Weißwein hinzu. Hierauf zieht man
die Haut ab, ivendet die Zungen in
zerrührten Eiern und fein gerieben«r
S«mmel und bratet sie schön hellgelb
in Butter. Man giebt sie als Beilage
zu jungen G«müsen.
Pfälzische Kartoss«lku
ch«n. V 2 Pfund Mehl, 1 Pfund
Milch, 2 Eier und etwas Salz wer
den zu einem Teig verrührt. Dann
schält man 2 bis 3 Pfund Kartoffeln,
wäscht sie gut und reibt sie direkt in
den Teig und verrührt alles gut. In
einer Bratpfanne, deren Boden voll
ständig mit Schweineschmalz bedeckt
ist, läßt man den Teig von beiden
Seiten bei guter Hitze schön hellbraun
bocken.
Schmorbraten. Man nimmt
4 Pfund Rindfleisch von Croß Ribs
(Obtrarmstück), reibt es mit Salz
und Pfeffer ein, stellt eine Kasserolle
mit V 2 Pfund feingeschnittenem Rin
derfett über das Feuer, läßt es hell
braun werden, gibt das Fleisch hin
ein und läßt es von allen Seiten
Farbe n«hmen, gibt 1 Pint kochendes
Wasser, 2 Zwiebeln, 1 Wurzel und
ein kleines Stück Knoblauch hinzu,
deckt di« Kasstroll« fest zu, stellt sie in
einen mitt«lheiß«n Of«n und läßt das
Fl«isch Stunden backen. Kurz vor
dem Anrichten legt man das Fleisch
auf «ine Schüssel, befreit di« Sauc«
von alltm F«tt, mischt 1 Eßlöffel
Cornstiirk« mit «in nxnig kaltem
Wasser, gibt es zu der Sauce, läßt
unter Rühren einige Minuten lochen,
gibt 1 Tasse lochendes Wasser hinzu
und läßt das Ganze zu einer sämigen
Sauce verkochen, wenn zu dick, passirt
Milch-Gelee. 1 Pint Milch
kocht man mit Pfund Zucker und
einer Prise Sali auf. Man läßt die
Milch völlig kalt werden. Inzwischen
löst man U Unzen Iveiße Gelatine in
Saft, gibt «in halbes Glas Rothwein
wird zusammengerührt, die Masse
wird in Gläser gefüllt und erstarren
gelassen. Kleines Backwerk wird da
zu gegeben.