Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, October 04, 1906, Image 2

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    Der Tanger.
Stimme, einer Stimme dachte
Eberhard, Student der schönen Wis
senschaften —, die ihn oft zur Ver
los,
auf, suchte sich seine heute Nacht Gott
Hering zum Kaffee holen.
Und immer noch übte dieser ver
rückte Mensch da drüben seine wahn
„Wie ein Verrückter," dachte unser
Student liebevoll. Was an dem die
Leute bildschön fanden? Die Frauen
Da, nun stellte sich dieser unver
schämte Mensch sogar dicht an's Fen
ster und sang. Etwas leiser zwar,
aber er sang doch. Und dabei bürstete
sich der eitle Kerl selbstgefällig Haar
und Schnurrbart, schaute jedem unge-
Er sch^:
„Daß so streng,
Sehnsucht und Letd^..'
O, singe der Maid,
Die am Fenster träumt,
Das Lied von dem Veilchen
Und „Warte ein Weilchen",
Das Lied von der Minne,
Frau Königinne.
„Schönes Wettrr heute zum Spa-
Lieschen?"
zurück, das der Wind verweht hatte.
Er blickte sie entzückt an.
tags zu viel?" fragte sie mitleidig.
„Na ob! Mächtig! Daß einem
der Schädel raucht!"
„Aber Herr Bartels!"
Scheibler?"
„Natürlich! Gräßlich! DaS
„Was sagt denn Ihr Herr Bater
Versonnenheit emporzuschrecken.
„Papa? Papa meinte, der der
Herr müßt das Fenster schließen,
anständig singen würde! Aber so'n
Zeugs, blos Tonleiter und Triller
und Gott weiß was für verrückte
Sachen! Das ist doch keine Kunst!"
Sie lachte.
„Grade, Herr Bartels! Das ist
das Schwerste. Geh'n Sie nicht oft
in die Oper?"
Er nickte heftig.
„Kommt drauf an. Ihre z, B.
Fräulein Lieschen, sind die reinen
ich Sie singen hör«, ist's mir immer,
als müßte ich Ihren Mund, der so
stehen.
Er zog Hut vor ihrer
zum Abschied ausgestreckten Hand.
„Wann gehen Sie denn wieder die
sen Weg, Fräulein Lieschen? Sonn
abend?"
„Vielleicht. Mittwochs und Sonn
abends gibt's frische Butter in der
Meierei."
„Und und Sie werden auch ein
bischen an mich denken alle Tage?"
Sie lachte keck.
„Warum nicht? Sie wohnen ja
üb« uns. Wenn ich Ihren Schritt
höre, denke ich jedesmal: sieh mal an,
Herr Bartels ist schon zu Hause —"
Er küßte stürmisch ihre Hand und
ging gehorsam den Weg allein wieder
zurück.
„Süße Krabbe", dachte er begei
stert. „Heute war sie schon etwas
wärmer. Sonnabend vielleicht
Sonnabend wird man wohl schon
etwas mehr wagen können. Das
merkt ja ein Blinder, daß sie mich
gern hat."
Am nächsten Morgen fuhr Eb,r
hard ordentlich verstört in seinen
Kissen empor.
Donnerwetter, was war denn daS?
Durch sein nur halb geschlossenes
Fenster lamen Töne, einfach wunder
bar! sich d' A h s sich
und lachte dann über daS g nz
Ach so, der SZnger! Vom Veil
chen sang er und „Blick mir in's
Auge," und herrjeh. legte der
Kerl das schön hin!
Unser Student wurde ganz rühr
selig vor lauter Liebe und kleidete sich
heute ungewohnt frühzeitig an.
Als er dann an's Fenster trat,
sang Wittwe Scheiblers Miether nicht
mehr. Er sah anscheinend suchend
aus dem Fenster, links herauf, rechts
herauf und gradeaus am allermeisten.
Endr /ine Ahnung von dem anony
men Briefschreiber haben?
nickte verlegen und
Uebungen, keine Oper, nein, wirilich
die gewünschten Lieder vom Aennchen,
von der Lore und dem armen gebro
chenen Herzen.
Eberhard triumphirte. Er würde
heute die Sache den Freunden am
Biertisch erzählen, er würde Direktors
Lieschen damit amUsiren, und die
silndeste Kur!
das süße Mädel wahrhaftig in Be
gleitung eines Herrn vor ihm.
Eberhard fühlte, wie ihm daS Blut
siedendheiß zu Kopf drängte, und der
auch heute wieder stehen.
Der Fremde drehte sich um, sprach
noch ein paar Worte, neigte sich, ein
dieser heimtückische Sänger, der da
eben Lieschens Mund geküßt hatte.
Er verneigte sich jetzt grade lächer
wege.
In der nächsten Mikvte war Eber
hard an Lieschens Seite, die ver
träumt und langsam weitergeschritten
Er athmete schwer und konnte zu-
Sie lachte, als sie ihn sah. Wie
das Mädel lachen konnte! Nicht ein
„Jch habe alles gesehen," stieß
„Wenn Sie sich so aufregen, wer
den Sie häßlich, He.» Bartels," neckte
sie, „und mager! Und das wäre doch
schade!"
selber gesprochen haben, wie "
„Wie was?" fiel sie ihm, ernster
werdend, in's Wort. „Daß rr so
liebe noch dazu im zweiten Seme
ster! Glaubten Sie wirklich, daß so
etwas ernst ist? Ich will Ihnen
zes Halbes Jahr älter bin. Und sehen
Sie mal! Ich habe voriges Mal, als
Sie mit mir gingen, ja selbst noch
blos, unser erster Tenor! Ja, warum
Lippe? Und so schrecklich blaß sind
Sie Ihnen fehlt doch hoffentlich
nichts, Eberhard?"
Er schüttelte düster den Kops und
sagte:
«Im Gegentheil —"
Und innerlich dachte er: „Also
nicht mir hat der Kerl zugenickt, son
ein ich Riesenrhinozeros ich!"
Lieschen blieb plötzlich wieder ste
nicht ansehen, als ob Sie mich fressen
wollten, Herr Bartels ich bin
wirklich nicht so schlecht, wie Sie sich
denken. Nur glücklich! Das ist
heute ja erst das dritte Mal, daß ich
mich mit mit Hans Brasinsty ge-
Hafte Briefgeschichte nicht dazwischen
leicht noch lange nicht, daß
daß wir uns gut sintz. Und wenn
wir uns zu Weihnachten verloben
sollen Sie auch der Erste sein, der —"
sie stockte nun aber doch vor seinen
wild rollenden Augen und gab ihm
rasch die Hand.
„Lassen Sie man gut sein, das ist
aller Bestimmung, wie's kommen
soll —"
Er ließ ihre Hand aber so schnell
wieder los, als hätte er sich ver
brannt. und sah ihr auch nicht mehr
nach, als sie eilia von ihm fortschritt.
„Ja, ja, Bestimmung," murmelte
er zwischen den Zähnen hindurch,
„hast Du 'ne Ahnung! Ein Horn
ochse war's diesmal! —"
Und er ging den Weg zurück, den
er gekommen, als wäre er bereits
schon heute durch's Examen gefallen.
Erwartung.
Golden und hell scheint die Sonne
vom Himmel, ihre Strahlen umspie
len das bunte Laub und die sarben
prächtigen Herbstblumen. Feld und
mels ist, ein letztes, sonniges Lebe
wohl!
Daran mochte auch das junge
Mädchen denken, das beide Arme um
den dunkelhaarigen Kops geschlungen,
in der bereits blattlosen Laube sitzt
und träumt. Ihr Auge folgt unver
wandt den weißen Wolken, die fern
Flügeln, und welche Botschaft trugen
sie zu ihr? Die schönste und beste,
seit lange ersehnt, denn Er ist heim
bleiche Antlitz des jungen Mädchens.
Jung ist sie eigentlich nicht mehr zu
nennen, die Blüthezeit des Lebens
liegt hinter ihr, dafür steht ihre ei
reifes, vollendetes Geschöpf tritt
Margarethe Hansen uns entgegen.
den feinen Mund spielt glückliches
Lächeln. So sieht das Mädchen aus.
Unmuthig mit dem Kops schüt
telnd, verscheucht sie die Zweifel, die
.in ihr aufsteigen. Kann sie nicht fei
vergißt des Tages, der glücklich enden
soll. Ihr Blick wendet sich unwill
kürlich dem Hause zu, aus dem sie
im Winde, blühende Blumen duften
hinter den Scheiben, und zwischen
ihnen wird ein Frauenantlitz sichtbar;
betrübt wendet das Mädchen die Au
gen ab.
Sie kann dem Vater nicht zürnen,
daß er die junge, verwöhnte Frau als
seine zweite in sein Haus fuhrt«, sie
hat ihm längst vergeben, daß er ihr,
wenig ältere Stiefmutter gebracht.
Aber, daß sich die junge Großstädte
rin so schlecht In die Verhältniße der
Kleinstadt fand, daS war ein bitterer
Schmerz für Margarete. Die junge
reteS.
konnte, hatte sie nebenan ihre zweite
Heimath, Ernst, des Doktors Sohn,
war ihr Spielgenosse gewesen, ja ihr
m>n Zeit zu Zeit immer wvede« Mit
garete des Geliebten Werdegang. Als
schied nimmt.
Der Vater wünschte, der Sohn soll
sich die Welt ansehen und auf aus
noch erweitern, bevor er seßhaft wird.
Den Liebenden schlägt die Ab
schiedsstunde diesmal aus Jahre.
Freunden Feinde geworden, Marga
rete betritt nicht mehr das Nachbar
haus.
sie. Bis dahin war kein Brief des
Stadt schickte sich das nicht. So
zu bleiben, sie floh gleich Wied« in's
Haus.
Wie dankbar lächelte Margarete
es thue. DaS Mädchen sieht sich
Zeit vorbei. Eine Wolke schiebt sich
plötzlich. Margarete fröstelt. Ver
wundert sieht sie empor. ES ist ein
Jetzt ist er da, jetzt
schlagt an das lauschende
fest an die Bretterwand der Laube;
es ist so süß, sich suchen zu lassen,
dentis sie und steht und lauscht. Noch
vor und hält den Athem an.
„Da Du doch alles wissen willst.
Du kleine neugierige Maus," hört sie
ihn sagen, „so stelle ich Dir hiermit
feierlich die weltberühmte Lücke vor;
Sehnfuchtsflügeln in den Nachbar
garten geschlüpft. Du siehst, ich bin
ganz aufrichtig."
Das silberhelle Lachen von vorhin
antwortet ihm.
„Weil du genau weißt, daß ich nicht
eifersüchtig bin auf Deine frühere
Flamme, Margarete nanntest Du sie
wohl?" spricht nun ein helleSStimm
chen. „Wie eifersüchtig
Du hast wohl nur mit ihr gespielt!
Gesteh nur, Ernst, die ganze Jugend
liebe war eitel Kinderei."
„Kinderei, Jugendduselei, und doch
so süß," entgegnet der Doktor träu
merisch, mehr zu sich selbst. „Doch
Du hast recht, Maus," fährt er lauter
sort, „dabei ist nichts, was Dich be
unruhigen kann. Ich habe Marga
rete seit 3 Jahren nicht wieder ge
sehen, sie wird die Jüngste nicht mehr
sein, auf keinen Fall so süß wie Du,
mein Elfenkind. Sag, bist Du wirk
lich 18 Jahre, mir ist noch oft, es
kann nicht fein?
der Lücke gingen sie vorüber, zum
Glück für Margarete, ohne hindurch
zu spähen. Sie steht noch wie vor
hin, den Kops vorgebeugt, die ganze
Seele lauschend. Jetzt schrickt sie
auf. Von weitem tönt das Silber
lachen zu ihr und mit ihm die letzten
Worte des übermüthigen Mädchens.
Sie lauteten mitleidsvoll: „So alt
ist sie schon, 28 Jahre?"
In der bunt gefärbten Glycinien»
laube sitzt ein gramvolles Menschen
kind und krampst die Hände inein
ander vor namenlosem Weh. Vorbei
der lang geträumte Traum, zu Ende
der Liebe Lust, verlacht, verspottet
und vergessen. Ernst hatte sich
eine andere mit heinigebracht, eine
zählte 28 Jahre.
Mit fast vergehendem Blick starrt
sie in die welken Blätter.
„Es ist vorbei!"
Frostig erschauert sie, zieht das
Tuch, welches den Schultern entglit
ten, fester um sich, und steht auf,
matt und gebrochen, als sei des Le
bens Last zu schwer für >sie.
Die Sonne versteckt sich hinter
weißen Wolken, es wird kühl.
„Lebt wohl, Sonnenschein, Son
nenluft," murmeln die blassen Lip
pen, „mein Mai hat ausgeblüht."
Und sie schreitet langsam, langsam
dem Hause zu, daS grau und farb
los vor ihr liegt, seitdem die Sonne
a>ng.
Weiß sie noch nicht, daß, wenn dl«
Blüthen welken, der Sommer dafür
Früchte bringt, und daß aus wellen
Blättern und todten. Blumen neues
Leben keimt im Mai?
»i« schlimmste Marter.
Eine lustige Geschichte von einem
am Flüela erlegten Bären gab neu
lich ein Graubündner Führer zum
btsten. Er erzählte: „Es war vor
drei bis vier Jahren, am Flüela. Der
Bär trieb dort sein Unwesen, richtete
ungemeinen Schaden unter den Her
den an und brachte die ganze Gegend
in Aufruhr. Endlich glückte es durch
mancherlei Schliche, seiner lebendig
habhaft zu werden. Jetzt entstand die
Frage, was mit diesem hundertfachen
Mörder zu beginnen. Das Schlimmste
war noch zu gut für ihn. In der Be
völkerung hatte sich eine ungeheure
Wuth gegen ihn angesammelt, die Ge
nugthuung für die vielen Unthaten
v«rlangte. Nun, es sollte Kriegsrath
über den Sünder abgehalten werden.
Die Bauern kamen mit Dresch
flegeln, Stangen und allen möglichen
Waffen herbei, und der Ortsvorsteher
fragte st« der Reihe nach, was sie mit
dem Missethäter zu thun gedächten.
Der eine sagt« recht bitter: „Er
inuosch ersaufen!" Ein anderer
wollte ihn am höchsten „Zweigli" ge
bohren; wieder einer machte dem ge
fesselten Bären drohende Bewegungen
und meinte, was dem „luampigen
Chroatekirl" zuerst gehör«, sei eine
tüchtige Tracht Prügel. Kurzum,
jeder hatte dem armen Thier neue
sigst', was es giabt, ischt hürathen!"
«»«»Isport über All«».
Die Schriftstellerin Marion Craw
ford erzählt «in«n n«tt«n Scherz von
Rom traf. DaS Gespräch war aus
Kunstschätzen. „O nein," unter
es nicht, was Papa so gefiel. Aber
wissen Sie, er konnte in feinem Hotel
geln." -
Verschnappt. Richter:
Mama, Du hast doch so p»ch
a«mi» falsche Zähn«!"
.Dieses Huhn, Herr Wirth, hätten
„Weil es leine Leber, keinen Magen
nur einen Fuß, einen Flügel und
zwei Köpfe hat!"
Das ist doch schön, nicht? Wirth:
siehlich!.. Machen Sie, daß Sie
fortkommen, sonst rufe ich meinen
Mann!"
„Rufen Se ihn nur er is doch
net zu Haus!"
„Woher wissen Sie das?"
„E' Mann, der s o e' Frau hat wie
Sie, is nie zu Haus höchstens zum
Essen!"
Recht unterhaltend.
Gläubiger: „Heute weiche ich aber
nicht eher, als bis ich vom Herrn
Baron mein Geld bei Heller und
Pfennig bekommen habe!" Diener:
„Na, ... langweilig wird's Ihnen
mcht es sind schon zwei da!"
„Meiner
Motivirt. „Euer Gnaden,
keinen Hafer." „Oho, ist er krank?"
Stallmeister hat's Futtergeld »et«
putzt."
studirt!"
Flügel hätten!"
Der kleine Kurt: „Herr
Doktor, den hat gestern der Gerichts»
Erkannt. Arzt (zum Studi
osus): „Hier ist das Rezept! Nehmen
gens vor dem Schlafen
gehen!"
Durchschaut. „Siehst du,
Frau, hier im Blatte wird in einem
begeisterten Artikel über den Rettig
gesagt, daß „nach alter Anschauung
sein Genuß auch heiter mache"! „So?