Delfina. i. Wie der Il«ine Doktor Haase so stillvergnügt seine Cigarette verpasste meines Mißfallen, das Empörung zu werden droht«. Stillschweigend hatte man es geduldet, daß Haase heimlich, von den Freunden etwas abzugeben, das stellte die lameradfchaftlicheNach sicht auf «ine allzu harte Probe. Ritterdienste zu leisten. Die Götter Schmidt, d«r Jurist. Steinmann für nöthig befunden. Und König, ein Architekt von Be ruf. lief schnell gefaßt: „Schreiben Hesicht und „lch Hab's! Wir schieß los!" Alles athmete auf und Kunze nahm den Bleistift, auf Diktat wartend. Steinmann streckte den pudertes Gesicht gemalte Lip pen —" «Nichts gemalt!" wehrte Schmidt Kunze dagegen. „Hier ist alles kiuto an den Weibern! Fahre fort, Rex, du hast Kenntnisse!" „Sie trägt ein blaues Kostüm »Und wie heißt sie?" „Das hat doch Zeit bis zum Schlüsse!" meinte Kunze und klopfte Stimmung erhalten!" Mit Hilfe eines neuen Fiasco mit 2>/< Litern kam man dann auch über die „Plätterin", die Steinmann ver trat, wurde abgelehnt. Man einigte sich auf eine „Tochter aus feiner Fa milie", die trotz ihrer guten Erzie son Hingerissen, die Grenzen der ita lienischen Sitte überschritt. Hiermit im Reinen, kam dann mit dem Brief chen schnell zustande, und zuletzt las Kunze die gelungene Dichtung vor. Alle lauschten andächtig; neidisch sagte Steinmann, während er seinen langen, stolzen Schnurrbart kräuselte: „Der Kerl ist das eigentlich gar nicht werth!" Mit einem Gemisch von Schaden freude und Mißgunst trugen sie end lich das Schreiben zur Post. 11. Welche Aufregung herrschte nun während der nächsten Tage, ob Haas« Zeichen innerer Gleichgewichtsstörung verrieth und ob ein Brief unter D. 4 postlagernd eintraf? Und dann wel cher Jubel, als Haase wirklich ver klärt und zerstreut erschien und man einen Brief von seiner Hand unter D. 4 auf der Post vorfand. Haase schrieb auch französisch. Ja, er habe sie gesehen, im blauen Kleid und grauen Pelz, grünen Hut und grauen Schuhen! Er habe nicht ge wagt, sich ihr zu nahen, obwohl sein Herz so stürmisch danach verlangt ha be. Nun heg« er den einen Wunsch, ihr die Hand küssen zu dürfen. Wo „Auf ein Rendezvous läßt sie sich noch nicht «in, doch schickt sie ihm ihre Photographie!" dichtete Schmidt phan tasievoll. „Wir müssen eine Photogra phie aufgabeln und sei es gegen K 242 des Strafgesetzes." „Ich stimme fürs Rendezvous!" gewiß den Schnurrbart. „Hermes" wird als „Delsina" verkleidet!" Ein so stürmischer Beifall brach los, daß di« Wirthin, bei der man eingekehrt war, schreckenü-bleich herbei kam in der Meinung, die Deutschen hätten Wände, Tische und Bänke ein gerissen. König proteftirt« zwar ge gen die ihm zuertheilte Rolle, die an deren aber hörten in ihrem fanati schen Entzücken gar nicht auf seinen Jammer, sondern gingen schon zur Tagesordnung über: Woher das Ko stüm bekommen? Diese Sorge aber trat bald in den Hintergrund vor der Nothwendigkeit, Hasses Brief zu be antworten! und als „Delsina" das Stelldichein zugesagt hatte, nächsten Freitag, Abends 9 Uhr, am Kolos seum vis-ü-vis dem Triumphbogen des Konstantin, da begann für Haas« eine stündlich wachsend« Qual. Was für Pläne die Freunde gerade für den Freitag Abend hatten! Kunze be hauptete, am Freitag sei der Geburts tag seines Großvaters und er geden ke. die Kameraden am Abend freizu halten! Wie wand sich Haafe, um den Abend für Delfina freizuhal ten! Und wie zuckte er zum Ergötzen der anderen gefoltert zusammen, als Schmidt meinte: „Eigentlich sollten wir zur Feier von Großpapa Kunzes Geburtstag nach dem Kolosseum zie hen Abends so gegen neune! Es ist Mondschein, das soll herrlich aus sehen!" lassen Unkosten ging es Wirthin das Kostüm aus ihrer Ver wandtschaft besorgt, ein smaragdgrü- will sie spät Abends das Anfrteatro Flavia erreichen. Ohne Bedacht war König anfangs in seiner gewohnten Gangart vor wärts gestiefelt, bis Zurufe aus Män nermund in veranlaßten, kleinere und gemäßigtere Schritt« zu nehmen. Damit trug «r sich Bewunderung ein, und bald ging ein Ritter an seiner Seite, der theilnehmend fragte, wes halb eine so reizende Signorina.ohne jegliche Begleitung sei. Als die schöne Dame schwieg, ver schwand auch der Ritter, um einer Bettlerin mit einem Kind in Lum pen Platz zu machen. Diese sprach lebhaft die elegante Nachtwandlerin an, streckte bedeutungsvoll die ma gere Hand aus und lachte ungläubig, als Delfina betheuerte, nichts bei sich zu haben, denn das Damentäfchchen nommen war, weiteren Belästigungen in einer Droschke zu entgehen. Erhitzt und athemlos kam er aber dann doch glücklich an sein Ziel. Zwi schen Gräben und Brachland lag dunkel und einsam das Riesenrund der Cäsarischen Arena. Unheimlich wirkte die gewaltige Ruine, wie eine zertrümmerte Krone eines Giganten. Der Mond erstieg, klar und sil bern, mit lächelndem Gleichmuth sei ne Bahn. Er schaute ebenso friedlich auf die Ruine herab, wie er vor Jahr tausenden herabgelächelt aus die Baldachine und Teppiche unerhörten Größenwahnsinns kleiner, vergängli cher Menschen. Glanz durch gespielt hatte. Aber etwas Gespen stiges hatten doch die Lichlstreifen, di« auf den Gesimsen der zahllosen Bo ten und leuchtend hinabglitten in die von Schutt bedeckte Tiefe, wo der einst Blut ist Strömen geflossen war Thier- und Menschenblut. sollten? sen geweihten Stätte...? König, sich selbst ganz vergessend über das, was sein Künstl«rauge sah doch wußte er's nicht zu deuten. Schaurig klang's stieg die Ver gangenheit brüllend aus ihrem bluti gen Grat«? Kam sie mit blutigem Fackelschein? Denn plötzlich sah man rothes Licht. Es wanderte glühend durch die Mauergänge und jetzt ke". wandte sich unbedachtsam zu empörter Fluch. Da verstrickte sich sein Fuß in DelfinaS Schleppe, und ehe er sich's versah, lag er. ber! Hol' euch der Teufel!" . An der Straße traf König bereits die Freunde, die ihren Augen nicht tretenes Gesicht, als er sich sofort ihre Gesellschaft gesunden hatte, ist passirt? Kam Lampe nicht? Ist's „Mißglückt? Im Gegentheil!" und in Kisten u»d Kasten bestallet! dann dk vier beglückten Frei komme ihm nicht. Er sah liebeskrank und verbittert aus. Und die vier Bösewichter hatten nicht den Muth, ihre Schandthat ein zustehen. Sie gönnten dem Freunds Menschinherz aber kennt, der weiß: die untreue „Delfina" blieb vonHaas« unvergessen. Und später, als seine Wunden vernarbt waren, pflegte er Delfina als Zeugniß für die Untreue welscher Weiber anzuführen. Line i« Pension. Um allen falschen Voraussetzungen erklären, daß Line, von der hier be richtet werden soll, kein menschliches Individuum ist, sondern «in Vi«rsüß> ler, «in« teckelartige Hündin, die aber von meinem Onkel und meiner Tante so werth gehalten wird, wie nur ein Kind eingeschätzt werdrn könnte, desstn Besitzes sich freilich die Genannten nicht erfreuen. Als nun m«in gut«r Onkel und mein« liebe Tante, die viele Jahre hin durch niemals aus der Stadt heraus gekommen waren, plötzlich einmal auf die kühne Idee kamen, dem Zuge der Zeit zu folgen und ein« Sommerreis zu unternehmen, wurde ich von meinen, ficht, selbstverständlich! Worum han delt sich's denn?" Line kann keinem Menschen etwas zu Leide thun. Du wirst es sehr leicht mit dem guten Viehchen haben. Es Teller Milch, Mittags um 12 Uhr ein halbes Pfund gehacktes Fleisch, das Wasser bereit stellen! Ich seh' schon, Indessen—" Fahrt!" „Ich wußte es ja, daß Arthur das Onktl: „Siehst du, Arthur, Line macht sich bereits mit dir vertraut. Höre gleich zuerst in eine Droschke hinein zuzugehen. 5 H Endlich setzte sich der Zug in Be wegung. Mein Onkel und die Tank Abschiedsgrüße, die weniger als der guten Line galten. Eine halbe Minute lang stand der Hund starr vor Schreck da, dann aber riß er sich so plötzlich und mit solcher Kraft los, daß meine Hand die Leine fahren li«ß; er lief bellend dem Zuge nach, der ab«r Ich lief d«m Hund nach, und mit vieler Mühe und der Hilfe einiger Ge päckträger, die sich an der Jagd be theiligten, gelang es nur, Line miede: Line, —es war wirklich ein treues, gutes Thier! ließ sich nur mit Ge walt fortzerren, und da mir das beschmutzt und ruinirt wurden, ich aber während Linens Mittagsschläfchens auf die Lektüre derselben verzichten Auch meine Abendausgänge mußte ich beschränken; ich durste nicht den Abend über in der Kneipe sitzen, noch auch, wie ich sonst oft und gern that, in's Theater oder in ein Gartenconcert Abends aus di« Straße geführt zu w«rden. Indessen war Line gewohnt, diese Spaziergänge zwischen neun und zehn Uhr zu unternehmen. Als ich nun einmal in's Theater ging, führte Line paßte es eben um dies« Zeil noch nicht. So ging ich denn frohgemuth in's Theater und backte mir. was vor- geschehen. Das aber mochte dem guten Thi«rch«n nun ebenfalls nicht Possen, und so nahm denn andern Morgens m«in« Wirthin Anlaß, mir beim Auf räumen meiner Zimmer die Mitthei lung zu machen, daß ich sie für die von Line ruinirten dunkelblauen Portieren entschädigen müßte. Seitdem mußte ich daher jeden AbendauSgang, der sich über die Zeit von neun bis zehn Übr erstreckte, unterlassen, denn ich wußt« ja nicht, ob Line nicht auch noch an an deren Gegenständen der Wohnung mein« unaufmerksam« Behandlung Line, sobald es an der Borsaalthür klingelte, furchtbares Bellen hören ließ, Vennicki hätte ja dann beinahe immer «iner zuweilen den Geldbriefträger em pfing. Ich hatte mich auch in Resig nation ergeben, daß Line ste^ts Als ich eines Tages in der Mit- Thierquälerei" aufregten, dann aber flog ich bereits die Treppen hinauf, wo ich meine Wirthin in fürchterlichster Aufregung fand. Sie hatte bereits zum Schlosser geschickt, der eben dab«i war, die Thür zu öffnen, welcher Müh« ich ihn nun überheben konnte. Ich schnitt, daß ich Müh« hatte das Blut zu stillen. Was aber war geschehen? Line hatte von ihrem Licblingsplatz auf dem Wert eines Augenblicks gewesen. Meine Wirthin aber, die bis zu dem Augenblick, da ich gekommen war, Fol- Nachbarinnen hatten sie bestürmt, das gute Thier aus seiner entsetzlichen Lage sofort zu befreien, trat mir mit wandten v«rbli«b. Ich aber hatte von diesem letzten großen Streich Lines außer den Kosten für die zerbrochene Spiegelscheibe auch noch ein polizeiliches Strafmandat zu bezahlen, das mir weg«n eines durch grob« Tierquälerei veranlaßten Stra ?og ich mir die dauernde Feindschaft meines Onkels Adols und der Tante Clara zu, welche, wi« sich jetzt heraus in so fürchterlich«! Weis« quälen wür de, daß sich deshalb die Polizei hinein mischen mußte". „Thierquäler", so soll sich die gut- Tante mit Bezug auf mich weiter ge äußert haben, „sind die schlechtesten Naiv. Junges Mädchen: „Ich beamter: „Wo haben Sie denn den Bräutigam?" Mädchen: „Bekomme ich den denn nicht hier?" Gemüthlich. Mayor steht zum ersten Male auf Wache. Der Hauptmann kommt inspiziren und fragt ihn: „Nichts neues?" Mayer: „Weiß nicht, hab heut' noch ka Zei tung gelesen, Herr Hauptmann." Russische Frauenbildung. Wir stellen uns die russische Frau gemeinhin entweder als eine sehr ele gante Weltdame vor, die beständig Cigaretten raucht und französische Romane liest, cder als ein mageres, vergrämtes Mädchen mit kurzgeschnit tenem Haar, da? heißt als Nihilistin, vor. Aber zwischen diesen beiden Frauentypen steht ein dritter, dem thatsächlich die meisten und besten Diese Frauen besitzen zunächst eine sehr gute Bildung, einen hellen Geist und einen energischen Charakter. Sie sind in der Gesellschaft tonangebend und fast durchweg bedeutender als die Männer. Nirgends ist die Herrschaft der Frau eine so unbestrittene wie in der russischen Gesellschaft. Aber es wäre eine Thorheit, zu glauben, daß sich diese Herrschaft nur auf die Salons, die Theater und die Ministerlabinette erstreckt. Die rus sischeFrau hat sich »in weites Arbeits feld auf drei Gebieten geschaffen: auf dem der allgemeinen Wohlthätigkeits richts und in der allerdings dornen vollen Bestrebung, das Loos der Lan dbevölkerung zu verbessern. Ein gro ßes Verdienst erwerben sich besonders die Russinnen, wenn sie als Aerztin nen sich in oft entlegenen, unwirthli der wunderthätigen Frauen auf dem Lande nach Möglichkeit zu steuern. Um den Mädchen fü>, du» spätere St udium als Aerztinnen und Apotheke rinnen die nöthige Vorbildung zu ge währen, hat Rußland selbst in den kleinsten und entlegensten Städten des B'S- Rußland besitzt gegenwärtig 371 Höhere Schulen für Mädchen, davon sind 149 Staatsgymnasien, 196 Pro gymnasien und 26 Institute der Kai serin Marie. Jährlich verlassen etwa 2WO Mädchen nach glücklick^bcstande die Universität, sondern die 28 nur Anstalten des Reiches. Von den ehe ßere Anzähl von ihnen übt Privat praxis aus oder steht im Dienste der städtischen - Verwal finden wir neuerdings bereits aus allen Gebieten der Kunst und Kunst industri«, der Volksbildung und Nachahmungen, sondern originelle Leistungen. Vielleicht erlebt also das jetzt niedergebeugte Rußland noch eine künstlerische und kulturelleßenaissance durch die Frauen. Dazu müßte aller dings erst ein« bessere Verwaltung als Wunder vom Himmel hernieder steigen. Mttrsalz in »er Lust. Die Spektralanalyse zeigt in allen Luftschichten einen gewissen Salzge halt, der entschieden dem Meere ent stammt. Bei dem Orkan, der am 22. December 1895 im Norden Eng lands so viele Opfer forderte, fand man. wie die Zeitschrift für praktische Geoqraphie mittheilt, Meersalz bis weit in das Innere des Landes. Der Wind hatte an jenem Tage in Fleet wood, wo der Orkan am heftigsten wüthete, die enorme Geschwindigkeit von 172 Kilometer in der Stunde, und einzelne Windstöße verbreiteten sich mit der Schnelligkeit von 57 Me neunzig Kilometer vom Strande. Im December 1895 wurde dasselbe Phä nomen beobachtet, wo man in einer Meter von der Westküste Englands Salz fand. Der durch di« Luftströ mungen getragene Seedunst kann bis zes enthält, und an einem anderen Orte, 72 Kilometer von der Küste, konnte man Salz von den Fenster scheiben ablösen, dessen Quantität auf ein Zehntel Gramm per Quadrat-
Significant historical Pennsylvania newspapers