Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, April 19, 1906, Image 2

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    Blätttcin^lüstcr?/ ?ose?^'
Es ist Zeit der Rosen.
Der Regiments-Fiihrer.
Was der tollkühnste Leutnant 'N
seinen verwegensten Träumen nicht zu
hoffen gewagt hat, ist zur Thatsache
geworden: der gestrenge Herr Oberst
hat auf s«in Ansuchen hin einen
dreimonatlichen Urlaub erhalten und
ist sofort mit der Gattin, ach, der
theuern, nach Kairo abgereist. Kairo
ist weit vom Schuß, und alle im Re
giment sangen das schön« Lied: „Ach,
rvenn er doch immer dort bliebe.^
sten Ersten nicht wegen ihrer Kasino
reste „angehaucht" zu werden; die
Hauptleute freuten sich, bei der sonn
abendlichen Stabsoffizierparole end-
Wh einmal etwas anderes als nur
lich haben wir nun einmal vor den
großen Uebungen Ruhe."
Die Führung des Regiments lag
min in den Händen des Oberstleut
nants und etatmäßigen Stabs
offiziers, ach nein, so heißt es nun ja
nicht mehr, sondern: des Oberleut
nants beim Stab«. Der führte im
ganzen Regiment d«n Beinamen: „der
wirkliche geheime Konfusionsrath und
vortragende Rath im konfusen Mini- >
sterium". Vor d«m hatte keiner Angst, l
d«r «bete doch nur „Unsinn" und
hatte weder von der Erschaffung der
Welt noch vom Inhalt des Exerzier
reglements die leiseste „Ahnung", der
würde sich schon nicht „mucksen", son
dern froh und dankbar sein, wenn er
nur das Dasein hätte.
So sprachen die Offiziere im Re
giment und waren über die Reise des
Kommandeurs so froh wie die Schul
knaben, deren Klassenlehrer plötzlich
«rirankt und voraussichtlich in der
nächsten Zeit nicht wieder kommt. >
Am glückseligsten über den Um
schwung der Dinge war d«r Herr
Oberstleutnant; und als Friedrich der
Große seinem alten Rheinsberger Ge
nossen, dem Markgrafen von Schwedt,
die Worte zurief: „Mein Herr, jetzt
bin ich König!", da kann das nicht so
stolz und imponirend geklungen ha
ben wie jetzt, da der Oberstleutnant
seiner Frau und seiner Tochter zu
tief: „Jetzt bin ich Regimentsfiihrer!" >
Eo stolz und gewaltig stand «r ihnen '
gegenüber, daß seine Damen ihn
kaum zu beglückwünschen, geschweige
denn zu küssen wagten.
Wäre «r nicht nur Regimentsfüh
nr, sondern Regimentskommandeur
gewesen, so wär« das natürlich noch
schöner gewesen.
Auch äußerlich wollte der Oberst
leutnant seine neue Machtstellung zei
gen: auf einem Kompagniewagen, ge
zogen von sechs , braven Musketiren
und bewacht von einem im Dienst
noch nicht ergrauten blutjungen Un
teroffizier mit tiefschwarzen Haaren,
schwankte ein Schilderhaus einher.
Erhebend war der Anblick nicht, aber
es war wenigstens einer. Mit Aech
«en und Stöhnen, mit Schelten und
fluchen das können auch junge
Unteroffiziere ward das Schilder
haus abgeladen, und kaum stand es,
da ertönten auch schon die Klang« d«r
kegimentsmusik. Die Fahnenkompag
nie nahte, und Im „Marsch, Marsch"
verschwand der Kompagniekarren um
die Ecke. Die Fahn«n, d«ren von
Kugeln zerfetzte Tücher eine stumme,
»der doch beredte Sprache redeten,
wurden dem Herrn Oberstleutnant in
die Wohnung gebracht, mit dem Ho-
Henfritdberger-Marsch rückte die Eh
renkmnpagnie wieder ab, nur ein Po
sten blieb zurück.
Es ist doch ein schönes Gefühl, ei
nen Posten vor txr Hausthür« zu ha
ben daS fand nicht nur der Herr
Oberstleutnant, sondern auch die
ganze Nachbarschaft, nun konnte man
ruhig einmal vergessen, die Hausthüre
abzuschließen, nun hatte das nichts
»u sagen, der Posten würde schon
«wspassen.
Wenig später saß d«r Herr Oberst
leutnant mit seinenDamen amAbend
vrottisch: sonst trug er zu Hause stets
«ine Jagdjoppe, die weder neu noch
schön war, heute trug er Uniform.
Er „fühlte sich!" Und seine Da
men fühlten sich mit ihm und er
schienen sogar ohne di« Schürzen, die
sie sonst den ganzen Tag nicht ableg
ten.
Es herrschte eine vornehme, weihe
volle, würdige Stimmung im Haus,
krlein, „schade, daß es nicht immer
so bleibt, wie es jetzt ist."
Der Bater hatte gerad« «in
Zum Zeichen ab«r, daß «r sogleich
linken Hand in der allerlei gar
seltsame Figuren.
„Laßt nur gut sein, Kinder", sagte
er, sobald die Gänsebrust es ihm er
laubte, „laßt nur gut sein", und ge
heimnißvoll, das linke Auge zuknei
fend und mit dem rechten schlau blin
zelnd, fuhr er fort: „Wird schon so
„Mann "
„Bater —"
Tochter füllte ihrem Vater den gan
zen Teller voll. Wenn er aß, ließ er
sich nicht gerne stören, und so dauerte
Ich glaube nicht, daß der Oberst wie
„Wirklich nicht?" jubelten die Da-
Beim Militär ist des einen Tod
des andern Leben.
Die Mutler nickte mit der Miene
ich Oberst".
mir jetzt alles so einrichten wie ich es
haben will. Der Oberst hat sein Re
giment gut im Zug, daß kann ich
sich selbst das Kalbsfell der Trommel,
sielen.
„Na, wirds bald?" fragt« der Ge
um die Offiziere zu benachrichtigen,
zu Fuß und hoch zu Roß kamen sie
einher. „Ist denn Kri«g erklärt?"
fragte andern, niemand
„Meine Herren", sprach der Herr
Oberstleutnant zu d«n um ihn herum
versammelten Offizieren, „um fünf
ließ ich alarmiren, jetzt ist es sechs
das dauert mir viel zu langt, das
müssen wir fleißig üb«n, das muß
viel schneller gehen. Ich danke Ih
ren sehr, meine Herren, guten Mor
gen."
gen läßt, darauf kann er sich hoch und
heilig verlassen! Was machen wir
denn nun? Um acht Uhr hab ich
nicht wieder."
„Laßt uns einen Skat spielen",
schlug einer vor, und freudig stimm
ten die andern zu.
Und ein wahres Glück war es nur,
daß der Oberstleutnant nicht hörte,
welch« Witze beim Skat über^ihn^ge
allermeisten.
„Ueber alles muß ich orientirt
sein, über alles, meine Herren",
ren."
Er aber konnt« es trotzdem nicht,
alle lachten ihn aus, nur «inen brach-
Beifall des Vorgesetzten, der alles viel
Person Befehle Losließ, die kein Tod
nicht sehr rosig gewesen sein, denn
eines Tages schrieb der Herr Oberst
an den Brigad«adjutant«n, dieser
Pläne.
Wenige Tage später wurde d«r
Herr Oberstleutnant durch Alarmsig
nale aus d«m sönsten Morgenschlum
mer geweckt. Mit der Nachtmütze auf
d«m kahlen Kopf fuhr er in die Höhe:
„Nanu? Was gibts denn?"
„Leg dich wieder hin, „Männi",
bat die Gattin, „es ist ja «rst sechs
Da ertönte zum zweitenmal daS
Er steckt« den Kopf ohne Nacht
„Was gibts?" fragt« «r den Po
sten, „was ist los?"
Antwort.
sein, ich muß schnell zur Kaserne."
Da klopfte auch schon der Bursche
an die Thür und fragte, ob er die
Pferde satt«ln solle.
Kaserne.
Aus dem Kasernenhof hielt der
Brigadekommandeur mit seinem Ad
jutanten. „Nanu? Wo kommt denn
der auf «inmal her?" dachte der
, d ß H
Mit klingendem Spiel rückte die
Truppe ab.
„Der Posten bleibt wenigstens noch
stehen", tröstete Aennch«n.
„Meier, Sie DUmelklaas, wollen
sich d s l s
Die 'beiden Damen hielten sich um
schlungen und weinten bittere
Thränen, das Interregnum war zu
Ende, d«r Oberst war zurück, das be
deutete sür d«n Gatten und Vater
nichts Gutes.
Gerte aus allen selbst das Mädchen
fuhr schreckhaft zusammen, als sie
eine Kristallschale entzwei warf. Die
beiden Damen banden sich die Schür
zen wieder um. der Oberstleutnant er
schien wi«der in seiner Jagdjoppe zum
Abendbrot, aber er aß nicht von den
Bratkartoffeln, obgleich sie ganz
Tie Menagerie der Bühne.
Bon Regisseur Otto Ewald (Kassel).
Die Thierwelt spielt auf d«m Thea
ter eine größere Rolle, als es bei ober
letzterem Falle derartige, als „unsichere
nicht lieber forttäßt? Ja, das geht doch
Thiere und in die von Menschen imi
tirten. Altmeister Goethe, welcher be
kanntlich mit d«m berüchtigten „Hunde
macht hatte, bringt trotzdem im ersten
Theile seines „Faust" einen Pudel auf
die Bühne, dessen komplizirte Aktion
der anderen S«ite der Bühne ein gro
ßes Futterbiintxl schwenlte. Hierauf
freigegeben, lief sie über die Berge weg,
dem Ziele ihrer Sehnsucht zu. So
konnte man sie lenken, wohin man
ganzen Leistung welches Mittel bei
änderen widerspenstigen Künstlerinnen
nicht gut anwendbar scheint. Bei einer
reisenden Gesellschaft sah ich einmal
das rührende Schauspiel „Genoveva",
ehrenvoller Part zufiel. In Erman
gelung einer solchen hatte der Herr Di
rektor leine kroße Bernhardinerlüindin
Wirkliche Pferde sind schon seit Lan
gem auf den Theatern als Mitwirkend«
in Thätigkeit. Schiller läßt zum Bei
spiel seinen Geßler im letzten Akt des
Musiker schleunigst über die Brüstung
dieses Bild gestaltete sich ohne Frage
Nicht selten ist das aber der Fall. Man
dem Kopse nicht, hernach tro/ allen
Ziehens Brünhilde nicht folgen will
und, als diese schließlich allein den
munds und Sieglindes losstapft, so
daß Brünhilde rasch umkehren, ihren
renitenten Grane holen und hinter sich
herzerren muß? Nein, lieber doch
gar nicht sichtbar werden lassen!
rung". Da muß Grane schon im er
sten Aufzuge heran, denn Brünhilde
schenkt Siegfried, der ihn mit sich
nimmt. Später bringt Siegfried das
Walkürenroß in seinem Schifflein, es
hierauf der Obhut Hagens überlas
send. Jeder der Sänger ist froh, den
selten ruhig stehenden, ewigen Kopf
den. Die schwerste Aufgabe
stellt Wagner in der letzten Szene
Brünhilden. Sie soll sich stürmisch
nem Satze in den Scheiterhaufen
springen lassen. Nicht überall hat man,
wie schon früher gesagt, eine Frau
Vogl, die diese Vorschrift mit gliin-
zender Bravour zur Ausführung
brachte. Die meisten Brünhilden b«-
schränken sich darauf, ihren Grane am
hinter dem Scheiterhaufen in der Ku
lisse zu verschwinden.
Und es geht auch so!
leibhaftig mitwirken, sondern smon
zur Vermeidung von Lebensgefahr,
denn es befinden sich gar bösartige Be
dargestellt nxrden. Unter die kaschirten
zählen Hund und Katze in „Alpenkönig
und Menschenfeind", deren Naturlaute
den Kopf bewegt, wenn der Ritter ihm
die Abschiedsworte singt: „Nun sei be
vergangener Zeit ganze Stücke schrieb,
als der Affendarsteller Klischnigg die
Welt durchreiste. In die Hand-
Erde", die Löwen in der „Zauber
flöte", der Wurm in „Rheingold", d«r
Bär in „Siegfried", die Eisbären im
„Artesischen Brunnen". Alle diese Ge
katzen im „Faust" redend einführt. S»
macht es auch der Possendichter Raeder
mit seinem Hummer in „Flick und
der ganze zoologische Heerbann für die
dramatische Mitthäterschaft mobil ge
macht wird. Als Sängerin figurirt
Goldmarls „Heimchen am Herd", als
„Siegfried". Eine reizende Fliege (der
verkleidete Jupiter) singt in Offen
bachs „Orpheus" ein großes Duett mit
Eurydicen, wogegen im „Sommer
nachistraum" dem Weber Zettel ein
sich ganz manirlich ausdrückender
Klasse gehört auch die am Schluß des
ersten Aktes im „Tannhäuser" beliebte
Hund«meute. deren Gekläffe manchmal
auch an irgend einem Theater in dem
Studentenstücke „Alt - Heidelberg" der
Fall, wo beim Kommers die Renom
geworfen wurde. Auch die beiden in
Stegmeiers Posse „Rochus Pumper
nickel" und in der Oper „Der Bajazzo"
mitwirkenden Esel dienen nur als
Bockbeinigkeit das ganze Personal in
Athem. Bei der zweiten Klasse ist
diese Eigenschaft natürlich ausge
schlossen. Da haben wir z. B. die
„Freischütz" - Eule mit den glühenden
ganz präzise mit den Flügeln schlagt:
die Menqe Gethier drs "wilden JiigerS
gespenstisch durch die Lüfte: da renn!
Schwärmer statt an der Schnauze am
entgegengesetzten Ende befestigen.
Man sieht, die von der Menagerie
nen, sie nur in homöopathischen Dosen
und niemals ohne zwingende Noth
wendigkeit heranzuziehen. Daß letz-
Segen ist, haben die Darlegungen die
ser Abhandlung wohl genügend b«-
wiesen.
Höchst? Routine. „D«r
Kaufmann hat Sie also durch seinen
Hausirer: „Ja aber ich hab' drau
ßen mit dem Hausknecht e n Geschüft
chen abgeschlossen."
Das Kochen.
Als eine Frauenarbeit, von der
Niemand spricht, das heißt, die in der
Regel nicht gebührend anerkannt
wird, bezeichnet eine deutsche Haus
frau in einer anmuthigen Plauderei
chen. Es läßt sich, so philosophirt sie
weiter, ein typischer Unterschied zwi
schen Männerarbeit und Haussrauen-
Umstande, daß die Arbeit des Man
digt werden kann kraft eigener Kennt
niß. Die Arbeit der Hausfrau hin
gegen steht außerhalb der Beurthei
den zu können. Und an das zu frisch
geschlachtete Rindfleisch muß sie den
ken. das nichts weich werven wollte.
„idealen Gütern des Lebens." Nichts
gige Menü, ganz dicht neben ihnen
in Mutters Kopse nämlich.
Es brodelt schon es brodelt
noch, einen Stillstand gibt es kaum.
Mutter des Hauses für die hungrigen
Schnäbel der Ihrigen nie. Irgend
etwas Eßbares wird sich immer in
Gast (in der spiritistischen Sitzung
hätte der Geist des seligen Meier durch
Ihre Hand schreiben lassen!?... Zu