Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, June 08, 1905, Image 3

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    Das alte Med.
Voman von Mari« Tier».
(3. Fortsetzung.)
Wenn Wolf den Wunsch hatte, mit
freundlich sein solle.
So kam Wolf ohne Schwierigkeit
bis an den Weihnachtsbaum, und Ul
rich, nothgedrungen neben dem ältesten
Gymnasiasten, ging hinterher. Heute
war «in Kutscher mit, und er hatte
keinen Vorwand, für die Pferde zu
sorgen. Außerdem fühlte er sich wie
verantwortlich für Wolfs leichtsinni
ges Thun.
Aber um den Weihnachtsbaum war
jetzt die ganze Familie. Elf Menschen
drehten sich in der einen Stube, die
pe in der Ecke sehr beengt war. Da
konnte Wolf allerdings nicht viel Un
heil anrichten.
Ach, Unheil richtet sich schnelleren,
schen und Menschenstimmen und ein
weißer Tisch mit beschenken sich zwi
schen den Jäger und sein edles Wild
Wolf wußte, daß Else, obwohl sie
drüben stand und mit ihrem unver
meidlichen Bruder Walter plauderte,
dennoch seiner Stimme mit klopfen
dem Herzen lauschte und sie hören
würde durch die grünen Zweige
und ihn sah, obwohl sie gar nicht in
der Richtung blickte.
Er sprach zu dem geduldigen Pa
stor über sein Leben und Treiben und
richtete auch ein paar schöne Worte an
die Frau Pastor, die aber kalt und
verbissen dastand und Elsens Haltung
iiberwachte.
Das stachelte seinen Uebermuth.
Plötzlich ließ er den Pastor stehen,
ging um den Tisch herum und aus
Else zu, „Fräulein Bärenwender, wir
haben uns noch nicht einmal richtig
begrüßt. Was hat Ihnen denn der
Weihnachtsmann gebracht? Gewiß
mehr als mir, denn mir wird jetzt die
Der Bruder Theologe trat verdutzt
einen kleinen Schritt zurück und mu
sterte Wolf nicht eben freundlich. Der
wmf ein amiisirtes Auge auf ihn.
Wahrscheinlich beehrte ihn dieser Die
ner des Herrn mit seiner hochehrwür
digen Verachtung als einen Beitrete,
profaner Welllichleit, einen Arzt der
untergeordneten Leiblichkeit.
Elfe war durch den Ueberfall so
verwirrt, wie Wolf es gewollt hatte.
Alle ihre Steifheit und affektirte
Kühle gingen unter. Aber es blieb
«in süßes, ein süßes Sichbehaupten,
ein Mädchentrotz, wie er ohne jeden
aus ihrem Herzen kam.
„Dies sind meine Geschenke, Herr
Doktor. Sehen Sie sie an, wenn Sie
Der Theologe trat heran und
machte eine ganz vernünftige Verbeu
gung. Er war ein schöner Mensch
paar formelle Worte und erwies sich
darin zugänglicher, als Wolf ihn
taxirt hatte.
Mit Elfe war dagegen nicht viel
anzufangen. Fast zweifelte ihr Freund
„Komm, Wolf", sagte Ulrich. „Der
Wagen steht draußen." Dieser ewige
Ulrich! Wolf sah ihn wüthend an.
Frau Pastor schien auch gleich sehr be
gen. ob er jetzt ging oder nicht. Na,
wartet ihr aLe! dachte er. Ich hole
mir schon mein Recht, euch allen zum
Trotz!
v.
Am Abend dieses Frau
ning".
ten schlachten. Wie du dich jetzt Plötz,
lich mit dem Geld anstellst. Mann."
Er sali schuldbeladen aus. Ja, er
Wolf wußte, daß die Unterhaltung
auch ihn mittelbar anging. Daß Zei
ten für ihn kommen würden, in denen
er an der Knickrigkeit seines Alten
schwer zu schleppen haben würde. In
denen er all den süßen Gewohnheiten
eines gutgeölten Daseins entsagen,
manche lustige Stunde würde sich ent
gehen lassen müssen. Aber heute
war noch sein Empfinden dafür
stumpf, von einem ganz andern Wind
bewegt.
Der Zukunft schenkte er überhaupt
jetzt keinen Gedanken. Was ging ihn
tischen Tag zu machen.
Endlich war es so weit. Es hatte
von früh an heftig geweht, ein Thau
gang. Von allen Bäumen tropfte ei,
und als die alte, schwerfällige Pastor
kutsche aus Klähnen in den Hos ras
öffneten Schlag entstiegen der Pastor,
die Frau Pastorin, Walter, der Theo^
Wolf stand wie im Traum. Keiner
sonst —? Nein, der Schlag fiel zu,
„Wo ist denn Ihr Töchterchen?"
fragte seine Mutter die Pastorin in
liebenswürdigem Gesellschaftston.
„O, Elfe hat zu thun. Wir können
doch nicht das ganze Haus allein las
sen. Sie wollte auch gern bei den
Kindern bleiben." Dies sagte si« in
der Richtung gegen Wolf hin.
Ulrich stand dabei und grinste wie
ein schadenfroher Affe. Ordentlich
eine Wonne hatte der sonst so gutge
artete Kerl an Wolfs Gesicht oder viel
mehr an dem, was sich hinter diesem
Gesicht verbarg. Denn das Gesicht
selbst blickte nur kühl und halb spöt
tisch, an dem war leider gar nichts zu
sehen. .
Wolf unterhielt sich denn auch wie
ein wohlerzogener Sterblicher. Aber
gegen Abend wurde sein Gesicht im
mer gelangweilter, er gähnte sogar ein
paarmal recht ungezogen, und schließ
lich stand er auf und sagte, er habe
Kopfweh und wolle sich ein wenig
oben auf fein Sofa legen, um zur
morgigen Abreise wieder wohlauf zu
sein.
Mehr als ein vielsagendes, heim
lich triumphirendes Lächeln folgte
ihm, als er hinausging. Die übrigen,
harmloser, wurden besorgt. Was fiel
ihn eigentlich ein?
Wolf ging auch nach oben, schlafen
konnte er jedoch lange nicht, da es ihn
ärgerte, daS Elfe zu Hause geblieben.
Schon früh erhob er sich wieder.
Der Sattel auf Vaters hellbrau
ner Reitstute war schnell aufgelegt?
der Knecht, ein dummer Junge von
siebzehn Jahren, sperrte Maul und
Augen auf. half ihm aber beim An
schnallen, öffnete ihm das Stallthor,
und hinein in Wind und Dunkelheit,
Nässe unten, Nässe um sich her. ging
der tolle Ritt.
Warte nur. mein Trotzkopf! Du
wirst dich noch wundern unter deinem
grünen Weihnachtsbaum!
Aber Else war heute gar kein
Trotzkopf. Es war nicht ihr Wunsch
und Wille, daß sie hier geblieben war.
Sie wußte ja, daß er morgen abreiste
und ihr dann wieder verloren ging auf
lange Jahre, vielleicht auf immer.
Sie hatte so sicher gehofft, er würde
doch noch einmal im Fest lommen,
aber statt seiner war die Einladdng
erschienen.
Wie sie sich gefreut hatte, halb un
gewollt, halb unbewußt! Selig sah
plötzlich das ganze Leben sie wieder an.
Was würde sie anziehen? Ihr dun
kelblaues mit den Spitzen? Oder gar
nicht so heraus zu einer Wintersahrt
über Land. Doch freilich, Wolf
Eggers würde das weiße am schön
sten finden so kannte sie ihn auch
schcn.
Ach Unsinn, Unsinn. Mutter würde
ihr ja lommen! Schade. Aber das
dunkelblaue war auch sehr hübsch, und
man fühlte sich sicherer darin, auf lei
nen Fall auffallend.
Aber Mutter kam ihr noch ganz
ten Augen, die sie wieder wie auf Ar
meslänge abhielten, und sagte, ohne
nur eine Sekunde mit Stricken inne
dcnte ich, wir nehmen Hans mit, und
da ist die Kutsche voll. Die Kinder
sind dann auch ganz allein zu Hause."
Else wurde ganz kreideweiß. Als
stürze ihr die Decke über dem Kopf
zusammen, 'o war es ihr. Aber
sie fand weder zum Weinen, noch zum
Bitten den Muth diesen Augen gegen
über.
lenangst. Um Gottes willen, so tief
saß es dem Mädchen schon? Das
war ja eine nette Entdeckung! Und
darüber auszuschütten!
„Natürlich bleibst du zu Hause!"
rie sie aufgeregt. „Und das merke
dir: dieser dumme einfältige Bursche,
dieser Wolf Eggers, dieser eingebilde
te Lasse kommt mir nicht wieder in's
Haus! Und wenn du dich jetzt etwa
ich Vater und Walter bei Tisch deine
Else hob die Masche ohne Schwie
mehr. Die Verzweiflung machte sie
starr. Sie hielt sich den ganzen Vor
mittag über ohne verheulte Augen und
muffiges Gethue. Nur ein bißchen
blaß sah sie aus.
Aber als nun Mutter im Schwarz
seidenen aus der Schlafstube kam und
Vater und die Jungens in ihren gu
ten Röcken erschienen und sie Walter
noch den Schlips binden und seine be
dauernden Worte Über ihr Zurück
bleiben mit unterschlucken mußte, als
di« rumplige Kutsche vorfuhr, in der
sc gut, so gut noch Platz gewesen
wäre (Hans hätte sowieso schon lieber
auf dem Bock gesessen), da wollte ihr
doch ihr junges Herz beinah zerbre
chen. Und als sie am Wagen stand
und der Mutler eine Decke über^die
sie die Mutter.
Nun konnte si« weinen! Aber
nein, da waren ja die Kinder. Glocke
und Hammer sollte si: mit ihnen spie
len. „Das ist sein, Elsi, daß du hier
geblieben bist," sagte der siebenjährige
Fritzel.
Es wurde Abend. Der Kopf war
ihr wüst von dem Lärmen und Spie
len, die Augen heiß von den ungewein
ten Thränen. Ging denn der Tag
Sie saß auf dem Bettrand bei Fritz,
der ihr immer noch am meisten zu
erzählen hatte. Sein» Gedanken lie
fen immer seinen Worten voraus,
dann mühte sich der kleine Mund, und
er sah aus wie ein schnappendes Fisch
chen.
Kutschen auf der g nze . g Z
rascher Schritt vom Flur her
Else horchte auf. Etwas wie ein
Blitz, wie eine unmögliche Ahnung
durchzuckte ihren Körper. Wer war
das? So ging doch kein Bauer
Sie riß Fritzchens Hände von ihrem
Hals ab, stürzt nach vorn. Im Flur
brannte eine kleine, qualmende Kü
chenlampe. Im Havelock ncin, sie
„Guten Abend," sagte Wolf Eggers
ganz ruhig. „Sie erlauben, daß ich
den nassen Mantel abnehme? Es war
drüben in Holzhagen nämlich etwas
langweilig. Da dachte ich aber Sie
sind ja sehr freundlich —"
Er hatte den Mantel schon abge
streift, und Else, halb bewußtlos,
kaum wissend, was sie that, und was
geschah, nahm ihn aus seinen Händen
und hing ihn an den Ständer. Sie
zitterte.
„Was wollen Sie hier nur?"
fragte sie, noch immer wie im halben
„Sie sehen, Fräulein Else", sagte
Wolf geradezu. „Ihnen nebenbei adieu
sagen."
„Ach so mir adieu sagen." Plötz
lich schien ihr alles ganz richtig und
in der Ordnung und über alles Be-
„lch Ihnen Thee machen,
es ist so schlechtes Wetter draußen.
Sie sind doch nicht zu Fuß gekom
men?"
„Nein, ich bin geritten. Das
Pferd habe ich gleich in Ihren leeren
Pferdestall gestellt, wir haben ja heute
ein bißchen Bäumchen verwechseln ge
fpiett."
Mund! Welche "Frische, welche spie
lende Kraft sein Wesen ausströmte!
Sie sah ihn an und wußte nicht, wie
Da rührte es ihn wie ein Schreck.
Es war hier ja so süß, so gefähr-
'h? " d
mer. Twrt^standen die Ueberreste vom
Abendessen der Kinder. „Es sieht
hier noch so wild aus", sagte sie ent
schuldigend. „Ich hatte leine Zeit zum
Aufräumen, Fritzchen —"
Da tönte schon von fern und dumpf,
Elfe —"glse»—
„Ach, er weckt ja die andern auf!"
rief sie ganz erschreckt. „Ich muß
hin —"
Umgedreht und fort war sie. Das
Gebrüll verstummte.
Wolf stand am Tisch mit den Re
sten, das stille, gelbe Licht einer Pe
treumhängelampe erfüllte den Raum.
Vor den Fenstern stand die schwarze
Nacht.
Wie sich Plötzlich vorlam! Wie
ein Einbrecher! Hatte er^dknn^wäh-
Else um ihren Ruf bringen könnte?
Und jetzt? Was weiter? Traute
er sich zu, in diesem wundersamen
Tete-a-tete den Kopf kühl zu behal
ten?
Er wußte es jetzt: er hatte so ein
verschwommenes Bild davon gehabt,
daß er Else inmitten der Kinder
schaar antreffen würde, ein paar ent
alles anders, als er gewollt hatte.
Und Elfe so fassungslos, viel zu
fassungslos für solche gefährliche
Wäre es jetzt nicht das Hin
sie sich freuen durfte!
Und als sie jetzt wieder vor ihm
stand und von neuem ihr armes, jun
schen und Schicksalen spielt.
Herr Doktor. Ich danke Ihnen recht
schön, es thut mir leid, daß Sie solch
Wind und Wetter dazu hatten. Leben
Sie also wohl, viel Glück!"
Er sah sie verdutzt an, all sein hel-
Ihm ward plötzlich still und selig
ums Herz. Er fühlte etwas von dem
jetzt.'
ganzen Leben bis zu dieser Stunde,
sank all ihr kühler Stolz hilflos zu
sammen. Thränen füllten ihre Au
nasse Mantel um seine Schultern.
Er holte sein Pferd aus dem stock
dunklen Stall und ritt langsam aus
noch ungethaute Schnee.
Er hatte sich diesen Einbruch an
ders Lustiger, prickelnder, mit
fahrt.
Nun war sie Siegerin geblieben, die
kleine, stolze, feine Seele.. Nun stand
er vor der großen Frage: alles oder
nichts!
S.
Else blieb zurück, mit übervollem
Herzen. Aber es war nicht Glück al
lein. das darinnen strömte. Eine dunk
le. tastende Unruhe war über ihr. Ist
alles so, wie ich's fühle oder ist es
anders? War der Himmel hier im
mich narrte?
Bis zur Seelenangst stieg dies Fra
gen. Ein trauriges, banges Tasten
nach der Seele, nach dem Wesen des
Mannes, den sie liebte und nicht
kannte
In der dunklen Weihnachtsstubt
stand sie am Fenster, den ganzen, gan
zen Abend. Sie wußte nicht einmal,
wie die Zeit verstrich, und wie die
Thränen ihr unablässig über das Ge
sicht rannen.
Glück und Angst, miteinander ver
brauchte sie nicht zu lügen, es war
doch noch einmal in seinen Stall ge
gangen und hatte sofort das Fehlen
seines Reitpferdes bemerkt. Zu glei-
Eggtts
sen leine Antwort gab. Nun paßte
unglücklicherweise der Schlüssel ei
ner andern Thür zu der seinen, und
Licht.
Ulrich war oben mit der Mutter.
Als er den leeren Raum sah, entfuhr
es ihm ungewollt auf eine blitzähnliche
Eingebung: „Er ist in Klähnen, da
rauf will ich schwören!"
„Was sagst du?" rief Frau Eg
gers,
Da hielt Ulrich nicht mehr an sich.
In dem Schein des flackernden Lichts,
„Er stellt der Else von Pastors
ter, mit allem, was du über ihn ver
magst, halte ihn hier vom Leichtsinn
zurück!"
Sohn, «S scheint mir beinah als ob
deine sittliche Entrüstung nicht so ganz
sachlich wäre —"
Mutter. Sein Gesicht färbte sich blut
roth, feine Adern schwollen an. War
er denn dazu verdammt, ewig und
«wig diese alberne, sinnlose, beleidi
gende Antwort ins Gesicht geschleu
dert zu bekommen? Diesen stets be
thatenlos, der ihn zu einer Null mach
te? Der ihm das Recht jedes unbefan
genen Beobachtens nahm, sogar vor
schreckt. „Sieh nur nicht gleich so böse
aus, Ulrich, du verstehst, weiß Gott,
und redete davon, daß Wolf sich wohl
sein Kopfweh verreite. Aber an dem
Gesicht der Pastorin merkte sie, daß
weit in der Gewalt, ihr« Gedanken
„Ich glaube, Adolf, wir fahren
jetzt gleich", sagte sie. „Ich habe
schlecht
„Aber Frau Pastor! Unsere En
ten! Der Tisch ist schon gedeckt ---"
aber mir ist zum Unifallen schlecht."
Da öffnete sich die Thür, und Wolf
stand da. Er merkte sofort an dem
Busen.
Aber als die Wochen ins Land gin
gen, wollte ihr doch wieder ein biß-
Noth mit den jungen Mädels war!
Sie hatte zu ihrer Zeit sich nicht so
angestellt. Ganz vergnügt hatte sie
sich von Adolf Bärenwendir die Eour
machen und von ihren Freundinneen
necken lassen, ihn tüchtig ausgelacht
und ein bißchen gequält und, als es
gesagt. 'An schlaflose Nächte
konnte sie sich aus der Zeit nicht mehr
recht zurückerinnern.
den Weihnachtsferien etwas aufgefal
len. Er hielt sehr viel von seiner
und seinen Einfluß auf^die
länger je weniger leiden, und vor
feiner Abreise, so wenig er sich sonst
aussprach, hatte er zu seiner Mutter
gesagt: „Mutter, beschütze mir unser
Sie konnte überhaupt nicht iegre!«
fen, wie man sich um nutzlose Gefühle
so haben konnte. Gab sich der Bengel
etwa Mühe um sie? Schrieb er ihr
ein einziges Mal? So etwas wäre
unfehlbar hier auf dem Land heraus-
Sie war schließlich eine praktische
Frau und sah alle Lebensverhältnisse
Wesen. Sie hätte dann eben gesagt:
Elsing, ein Windhund ist er und
bleibt er. Du wirst ihm die Zügel
hübsch anziehen müssen und ein Auge
darauf haben, daß er solide bleibt.
Aber immerhin, er ist ein gescheiter
Kerl und wird's zu etwas bringen. Er
kann dir eine gute Existenz bieten, und
unsicheren Zeiten.
Aber so standen die Dinge ja gar
nicht. Und wenn sie es nicht gewußt
hätte als lebenskluge Frau, hätte
sie es ihrer Else schon an der Nasen
spitze angesehen, daß sie nicht so stan»
In dieser Zeit mußte Wolf EggerZ
als armer Kerl und junger Doktor
sich um sein Stückchen Brot schinden.
Er wurde aber besser mit dem Ver
nicht mehr brauchte, weil seine Seele
und sein Leben voll waren. Ueberdies
empfand «r schon den stärkenden und
beglückenden Einfluß der Selbständig
keit.
Trotzdem, wenn er in die Zukunft
schaute, wollte er sich Else noch nicht
als sein Weib vorstellen. Es war, als
müsse er sie um ihretwillen davor be
hüten. Ihn wandelte das Mitleid für
die Frauen nur leiden machen, und
jede Glücksstunde, die er ihnen gab,
mußten sie ihm bitter bezahlen. Er
wußte das und konnte es nicht än
dern.
Noch stand er, wie ein Knabe vor
einem wilden Pferd steht, vor der
scheinbaren Regellosigkeit und Härte
menschlicher Beziehungen, ohne den
reifen Blick für die große Ergänzung
und Gerechtigkeit in ihnen, die ihn
allein zur Beherrschung des Lebens
führen konnte.
Noch wußte er nicht, daß, wenn
Gott die eine Tasche voll Glück und
Gnaden steckt, sie auszuschütten im
Dahinfchreiten, dann die andere mit
Leid und Unheil füllt, des edlen
Gleichgewichts halber. Und daß,
Nun er leerer läßt, auch unbeschwer
ter und unbeschwerender durchs Leben
zieht.
Wolf war ein ungeduldiger Kopf,
gewißlich. Vielleicht hätte er ein
Ende gemacht, so oder so, wenn das
tägliche Leben ihm wi« bisher auf
Rollen gelaufen wäre. Aber die
Sorgen und die Arbeit brachten ihm
schon ganz von selbst das Warten
bei.
Sein Beruf interessirte ihn, und
wenn er auch noch immer nicht viel
gewissenhafter war als zuvor, so war
er doch scharf- und fchnelldenkend. Er
arbeitete viel und ausdauernd, er
hatte jetzt ftine erste ernstere Lebens
ihm, ohne theilnehmen zu können an
dem Gang seiner Entwicklung und se^-
in seinem leichten Herzen.
Maiglöckchen blühten im Pastors
wie eitel Sonne- und Wonnerausch in
Elsens Dasein.
Und nun an einem Alltag, einem
Gartenarbeitstag sogar, da der drei
viertel Mensch ron der Brust bis zu
den Füßen in :in-r schauerlichen Sack
schürze steckte und die Hände voll
schwarzer Erve klebten, da kein Herz
schlag ihr vorausgesagt hatte, was sich
nahte da stand er er an den
sie dachte bei Tag und bei Nacht, ob
sie wollte oder nicht, er, der Liebe,
schen' —er «änd vor ihr. Im
Garten, zwischen den jungen Erbsen
beeten und er kam noch näher, ge
rade auf ihre srischgelegten Rabatten
zu.
„Herrgott!" Sie hatte aufschreien
müssen, sie kniete auf der feuchten
Erde, und die Haare waren ihr zer
zaust.
„Aber treten Sie doch nicht auf mei
ne Blumen!"
„Wo werd ich denn!"
Er that's aber doch. Sie sah's
schon gar nicht mehr. Sie war aufge
standen.
Blauer Himmel droben, siehst du,
was unter dir geschieht?
„Wo lommen Sie nur her?"
„Staatsstreich!" Seine Augen
sprangen vor Lust. Wie schön er war!
Ach schön gar lein Wort! Wie
ein Gott war er, ihr Gott!
(Fortsetzung folgt.)
Entgegenkommend.
Mutter (nach dem Hausball) „Also
Für die Küche.
Nother Rübensalat mit
Hering. Zehn dunkle, rothe Rüben
von der kleinen zarten Art werden in
Wasser weich gekocht, ebenso zwei kleine
Sellerieknollen. Beides schält man,
schneidet es in feine Scheiben, ver
«ntgräteten und in Würfel geschnitte
nen Hering und macht den Salat mög
lichst warm mit Oel, Pfeffer, Salz
und Essig nach Geschmack an. Vor
dem Auftragen muß er gut auskühlen.
Gedämpfte Lammbrust.
Die Brust wird sorgfältig gehäutet, in
siedendem Wasser blanchirt, abgekühlt
und zum Ablaufen gestellt. Dann be
legt man sie mit dünnen, von der wei
ßen Haut und den Kernen befreiten
Citronenfcheiben, bedeckt sie recht dicht
mit feinen Epeckfchnitten. legt das
Fleisch in die Kasserolle, deren Boden
gleichfalls mit Speckscheiben belegt ist,
gießt etwas leichte Brühe oder Wasser
darüber und läßt das Fleisch langsam
weich dämpfen, wobei es hin und wie
der mit der Brühe begossen wird. Die
Sauce wird abgeschmeckt, im Nothfall
mit etwas Kraftmehl seimig gekocht
und über der in Scheiben geschnittenen
Kaiserrollen. 3 Pfund schie
res, zartes Ochsenfleisch wird in große
dünne Scheiben geschnitten, aus jedes
ses fest zusammengerollt und nnt Fa
den zugebunden. Man würzt dat
Fleisch mit etwas Pfeffer, läßt etwas
Butter braun werden, bräunt die Rol
fauren Rahm dazu und schmort die
Rollen fest zugedeckt im Schmortopf
eine Stunde. Sodann wird da«
Fleisch herausgenommen und die Fä
chen, fein. (Für 6 Personen: dr«i
Stunden.) Ein schönes S?ück Rin
derschmorbraten wird gut geklopft, mit
dem Quirlstil oder Messer hin und
wieder Löcher hineingestochen und ii«
Wiener Würstchen gestopft. Nun legt
che» und den Abfällen desselben ge
kochte, leichte Brüh«, fügt geschnittenes
Wurzelwerk und eine dicke, in Mehl
gehüllte Schwarzbrotrind« dazu und
vollständigem Weichwerden wird ein
bis zwei Glas Rothwein dazu gegos
sen. Die Sauc« wird durch ein Sieb
gerührt, gut abgeschmeckt, mit-zehn bis
und zum Braten gereicht; passend«
Beigab« Makkaroni.
Schweinefleisch mitMohr
rüben und Klößen. 2 Pfund
Schweinefleisch brät man langsam auf
in eine tiefe Pfanne, gibt eine Lage
fort, bis die Pfanne gefüllt ist; die
Broiled Steak. Man wählt
ein Steak A bis zu 1 Zoll dick, ent
fernt meist alles Fett, bestreicht das
es auf einen heißen Rost und läß es
I<Z bis 12 Minuten rösten und wendet
es während der Zeit drei Mal um.
in das Fleisch stechen und nicht eher
schneiden, als bis es auf der Tafel ist,
sonst läuft der Saft aus und das
genschaft. Ob das Steak gar ist, läßt
Finger auf das Fleisch drückt, fühlt es
sich ziemlich fest an. so ist es recht und
das Steak kann sofort vom Feuer ge
nommen werden, ist es sehr sest, so ist
das Fleisch zu gar, fühlt es sich weich
an, so ist es noch nicht gar genug; dies
gereinigtes Gänfellein Kopf, Hals,
Flügel, Magen, Herz, Füße und
Därme (die um die Füße gewickelt wei
ser und etwas Zucker, sowie einem
Stückchen getrockneter Apfelsinenschale
und ein wenig Zimmt gar gelocht.
men, diese durchgeseiht und mit dem
Backobst, sowie dem in Essig aufge
fangenen Blut der Gans vermischt,
läßt und mil ganz wenig Weizenmehl,
das mit kaltem Wasser verquirlt ist.
legirt.