Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, March 23, 1905, Image 2

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    Wie die Liebe kommt.
——
.Lotte!"
Er rief einmal, zweimal und zum
dritten Male. Er belam keine Ant
wort. Aergerlich nahm er seine weiße
Eorridor, wo bereits die beiden Fahr-
Davor feine Mutter. Sie schüttelte
den Kopf.
„Schon wieder radeln? Du solltest
Gesund ist's sicher nicht. Und Lotte
i,Was hat sie denn zu thun?"
führte.
Die Mutter warf einen klagenden
Blick zur Decke.
„Du lieber Himmel! Welche Frag«!
Was bei uns zu thun ist! Was für
nicht so dumm, Junge. Denkste ich
solle alle Strümpfe allein stopfen, alle
Wäsche selber flicken und nebenbei noch
Er hob den Kopf. Trotz der Som
mersonne. die durch eine geössneteZim-
Antlitz streifte, sah er blaß aus.
„Lotte fährt mit. Schon vierzehn
Tage war sie nicht dabei. Ich Hab's
ihr auch schon gesagt, also basta!"
Ecke.
„Herrjeh hab' Dich doch
nicht," sagte Max achselzuckend. „Warst
doch sonst nicht so! Bist Du fertig?"
die Thür zu, Max," stotterte sie.
Er gehorchte lachend. Es war
aber ein heißer, ungewohnter Blut
strom in seiner Stirn empor gekom
men, als er die Scham, die Gluth der
Schwester sah. Dummes Mädel!
Er trat zurück und fuhr mit ge
spreizten Fingern seiner unzufriedenen
Mutter in plötzlich bessererLaune durch
„Sei friedlich, Alte, und blas' keine
Töne. Ich thu' ja doch, was ich will.
Du ja auch.
Sie wurde ganz weich vor dem la
chenden hübschen Gesicht ihres Einzi
gen.
»Ja, ja, Jungchen, wenn ich Dich
nicht hätte —"
Sie trat seufzend in das Wohnzim-
Er folgte nicht. Er schraubte me
chanisch an seinem Rade herum und
lauschte dabei nach Lotte's Zimmer
thür.
Ihm fiel plötzlich jener Tag ein. da
er zum ersten Male die neue kleine
Schwester gesehen hatte. Wie lange
mochte das nun wohl schon her sein?
Zwölf Jahre schon? Er Sekundaner
mit dem ersten Flaum über den Lip
pen, sie achtjährig, winzig klein und
mcht. Aber die Mutter hatte ihm
seiner kleinen, mutterlosen Tochter
vorgeschwärmt, daß es ihm schließlich
nur lieb sein tonnte, wenn die verlasse
ne Wittwe zum zweiten Mal- glücklich
werden wollte und einen braven Mann
bekam. Und Lotte's Bater war viel
zu gutmüthig und harmlos, als daß er
dem Stiefsohn gegenüber etwa ein
strenges Regiment hätte führen können.
Also bekam Max einen neuen Bater,
Lotte wieder eine Mutter, und die Jah
re kamen und schwanden in Friede und
Eintracht, so gut es eben gehen wollte.
Man dachte kaum der Thatsache nach,
daß es einstmals Tage gegeben, da
Max und Lotte noch nicht Geschwister
waren. Nur heute fiel's ihm wieder
ein. Heute, als das alberne Mädel so
zimperlich mit ihren nackten. Weißen
SckiMern that, die doch eigentlich sehr
Der junge Mann richtete sich aus
seiner gebückten Stellung über dem
Rade aus und fühlte, daß er einen ro
then Kopf hatte. Darüber ärgerte er
sich wieder. Er hatte alle Lust zu der
gemeinsamen Radparthie verloren.
Gerade wandte er sich seinem Zim
die nxiße Mütze, das alberne Mädel
sah todtschick aus, wie Max innerlich
feststellte.
«cht brüderlicher Liebenswürdigkeit an.
„Weiß der Kuckuck, was so einToilette
machen bei Euch Mädels lange dauert.
Er neigte sich und tippte mit dem
Finger gegen den Passentheil der
Blcuse, unter dem rosige Haut durch-
„Weg/ sagte sie und schlug ihm auf
die Hand. „Sei nicht frech, Max!"
Gleich darauf folgte «in LngsiTkcher
thür.
„Mutter will'S wohl nicht, daß ich
fahre?"
Er lachte.
„Adieu, Muttchen!"
„Bist Du böse?"
Die Frau blickte auf. Sie sah das
feine, blasse Gesichtchen und ihr Zorn
legte sich. Aber schelten mußte sie des
l«n die Leute dazu sagen?"
Das Mädchen blickte sie verständniß
los an und als die Mutter schwieg
derholte Lotte fast flüsternd wie
Max schimpfte schon wieder.
„Ich soll wohl hier zum Bratapfel
Bruder gehaltene Rad schwingend.
Stunde?"
Waldes.
„Achtung," rief Max. „Wo willst
Du dahin? Du fährst heute na,
schön ist anders. Was hast Du denn?
Warum bleibst Du denn nicht neben
Sie fuhr langsamer und wollte sich
umdrehen. Dabei streifte ihr Rad ei
nen Baum und siel zur Seite.
Lotte fiel mit. Sie saß aber sehr
weich und gut am Rand des Chaussee
grabens und um sie waren bunte Grä
ser, dicker, grüner Klee und lichtblaue
Vergißmeinnicht.
„Alle Achtung, das hast Du ja groß
artig gedeichselt." lachte er, sein Rad
den?"
„Bist Du verdreht? Nun bleibst Du
basta?'"'
Sie antwortete nicht. Aber es war
eine große Angst in ihren Augen.
Rings umher lein Mensch. Nur
dem die Julisonne stand.
Ein Bogel sang unweit des Bau
mes. unter dem die Geschwister saßen.
„Horch mal," sagte «r, „das ist ein
Regenpfeifer, was?"
Da mußte sie lachen. Er nannte
nämlich jeden Bogel, den er nicht
iannie, Regenpfeifer.
Und viel Vögel wußt« er wahrhaf-
„Nein, ein Buchfink. Max!"
Sie sprach sehr leise.
Er begann sich's bequem zu machen.
„So ist's hübsch, Lotte!"
Sie schüttelte sich.
„Laß das, Max!"
„Wo bist Du am litzlichsten, Lotte?
Sie hatte die Augen zugemacht und
lächelte. Ein seltsames Lächeln, weich,
willenlos, süß.
Er ließ das Gras jäh fallen. Ihm
ts d
Sie nickte. Als er ihr beim Bestei
„Was hast Du denn heute?" fragte
chen anzuschwärme«.
Max merkte das jedes Mal. Solche
Mädels sind ja zu dumm, um so was
er sich.
denlst Du jetzt?"
„An was soll ich denn denlen?"
„Na, vielleicht an Paul Richter, an
den schönen Paul," höhnte er.
trotzen.
Er lachte schrill.
„Also Du wärest wirtlich im Stan
de, diesen Menschen zu heirathen.""
Und in einer Art Bitterkeit setzte sie
„Verlobt ist gut! Hast Du'ne Ah
chen Jäger und mit der Wanda
Hallendorf warst Du auch schon sehr
weit."
Er warf den Kopf zurück.
„Die Affen! So was heirathct
man doch nicht!"^
hester p d ch g Z
„Warum nicht? Das ist doch klar!
res!"
„Was denn?"
Er blickte auf. Er sah die kleine
Schwester an, die doch eigentlich keine
und ein guter Kamerad zugleich
Einzelte, blasse Sonnenlichter huschten.
Es war ein schlechter Fahrweg und die
Räder stockten.
Er nahm ihre Hände und als er ihr
banges Gesichtchen sah, war seine
Stimme, als ob er zu einem Kinde
sprach. z D ' tl ch
an diesem Richter findest, Lotte? Er
aus, Max! Berstehst Du das? Mut-
Er hielt sie aber fest.
„Mach' Dir doch da nichts draus!
Mutter meint das nicht so! Poltern
ist ihre Art, Wenn sie auch so wenig
sich in ihrem
gut. Zu Dir ist sie's."
Angst, ihre Scham, ihr seltsames We
sen.
„Und deshalb, Lotte, deshalb willst
frei!"
„Hast Du ihn lieb, Lotte? So lieb,
daß Du ihm Alles, Alles jauchzend ge
blühendes Leben, Mädchen?"
ihr.
„Hilf mir, Max, bitte, bitte, hilf mir
doch!"
Da konnte er gar nicht anders. Da
mußte er thun, was eine dunkle Sehn
sucht schon Wochen-, monatelang in
ihm forderte. Er nahm die kleine
Schwester wie eine Braut an's Herz
und küßte ihre Lippen.
„Meine süße, meine dumme Lott«!"
Sie hielt ganz still. Alle Angst, alle
Thränen wichen.
„Und mich?" fragte er lächelnd,
„mich könntest Du auch nicht so lieb
Ihr Antlitz neigte sich vor seinen
Blicken.
„Dich hab' ich ja schon so
lieb!"
Also kam's, daß die Geschwister eln
>Auf dem Winzerfest.
Elm- v«n F. Wild«.
„Schenk mir doch ein kleines bischer
Liebe Liebe; sei doch nicht so
schlecht zu mir!"
des Gesicht bittend, verlangend.
Sie biegt d:n feinen Kopf mit den
blonden Defreggerslechten zurück. Die
Arme stützt sie auf di« Tischplatte und
sieht ihn an, keck trotzig.
„Ich will nicht," sagt sie dann und
wirft die Stahlketten ihres Sammt
mieders schaukelnd hin und her. „Ich
Herr!"
da sind?''
„Dante sehr!"
„Klug, vornehm, gewandt!"
„Danke sehr!"
„Aber ein Ehemann?" Sie zuckt
die Achseln und schüttelt den Kopf.
„O! Ich muß doch bitten!"
Jetzt wird sie ernster. „Und dann
ich! Ein ganz, ganz armes Mädchen."
„Aber ein liebes, süßes!" Und er
Positiv?."
ken nach Haus zu ihren Angehöri
gen. O diese Kluft zwischen ihm
und de» Ihrigen!
Ihr ganzes Gesicht strahlt vor
Glück, als sie antwortet: „Ja, ich bin
Dir Die Zeit vom vorjäh^
heran. „Nun bleiben wir zusammen
-- was?"
Sie nickt, dann schiebt sie ihn leise
zurück und eilt davon.
Lust! Hunte, lärmende
Winzerlust und Winzerstimmung.
Der Sekt moussirt im Glase. Franz
Helmer sitzt mit seinen beiden Kollegen
Er hebt das Glas und blickt in die
und niedersteigen.
„Der Sekt ist wie ein blondes Lieb
was?"
„Wenn's frisch und köstlich herbe
ist!"
„Wie Käthe Wallroth hm?"
Da tanzt sie gerade an ihnen vor
bei.
Helmer wirft eine Konfettirolle nach
ihr aus, so geschickt, daß die Tanzende
sich verwickelt, daß sie ganz gefangen
wird und verwirrt um sich blickt.
„Sie sind verliebt, Franz!"
„Ja!"
„Das geht vorüber." Die beiden
anderen lachen und schütteln den Sekt
im Glase. „Winzerstimmung!"
Der Morgen ist schon angebrochen.
Müde Augen. Das heiß« Roth der
Wangen zusammengeschrumpft in
kleine Hitzflecken, die auf den Wangen
brennen.
Im Saal bis zu den elektrischen
Bogenlampen hinauf sich schlän
gelnde, dichte, blaue Staubwolken.
Papierfetzen Atlasschleifen und
zertretene Blumen über das Parkeit
verstreut.
„Nun ist's genug," sagt Franz Hel
mer, indem er sich von den Herren ver
abschiedet, „ich sehne mich nach meinem
Bett."
Käthe Wallroth walzt bis zum letz
ten Moment. Helmer entreißt sie ih
rem Tänzer und führt sie in die Gar
„Es ist Zeit!"
„Wie schade!"
Er hält ihr den grauen Sackpaletot
hin, und sie schlüpft mit den weißen,
runden Armen in die weiten Aermel.
Dann klappt er ihr zärtlich besorgt
den Kragen hoch.
„Wir nehmen einen Wagen."
„Wir??"
„Natürlich! Ich bring' Dich nach
„Bitte nein!"
Aber er klinkt den Wagenschlag auf.
»Steig ein!"
Und als er Miene macht, ihr zu
folgen, sieht sie ihn groß an. Etwas
Strenges, Zwingendes hat ihr Blick.
Da tritt er zurück und klappt die
Thür zu.
» » »
Käthe liegt noch lange mit wachen
Augen, ehe sie Schlaf finden kann.
Es war zu schön, das Fest, zu
schön!
Sie dehnt ihre weichen Glieder und
drück! sich wohlig in die warmen
Kissen.
Bon einem kaufmännischen Verein
aus wurde dieses Fest alljährlich ver
anstaltet. Im vergangenen Jahr hatte
sie Franz Helmer kennen gelernt.
Die ganze Nacht tanzte er mit ihr,
nur mit ihr; er wich nicht von ihrer
Seite. Und sie verliebte sich in ihn
Immer, wenn sie dann im Geschäft
hinter ihren Büchern saß und Zahlen
in die Rubriken kritzelte, dachte sie an
ihn. Manchmal bekam sie solch: Seh
n Fest kebrte wieder. Ihr klopfte
das Herz. Ob er da sein würde?
Ja er war gleich einer der ersten.
Ein Leuchten ging über sein Gesicht,
als er sie sah: und sie freute sich, sie
war sehr glücklich.
Aber, sie blieb zurückhaltend. Sie
war trotzig, übermüthig, alles nur
nicht sie selbst!
Dafür war es ja auch Winzerfest,
fast jeder spielte eine Rolle.
Und sie durste sich nicht geben, wii
sie wollte. In ihrem Herzen stritten
die Zweifel an feiner Liebe, daß er
starl genug sein würde, alle die Un
annehmlichkeiten zu überwinden, die
ihm in ihrer Familie begegnen müß
ten.
Dann aber wandern ihre Gedan-
Doch er hatte sie wirklich lieb!
Wie er gesprochen, sie angeschaut! Es
Augen. Manches arme Mäd-
Vielleicht!
Und Käthe schließt die Augen, um
von der Zukunft zu träumen.
zu thun im Geschäft.
Kä!A ZLallroth arbeitet angestrengt
mit heißen Augen und blassen Wan
gen.
schüft zurück.
Sie hat noch ein wenig Zeit, darum
geht sie langsam, athmet die tlare,
frische Winterluft ein und bleibt hier
und da vor einem Schaufenster stehen.
lacht!
Sie hat so mit ihren Gedanken zu
thun, daß sie den Betreffenden erst
Da wird sie roth und giebt ihm die
„Ich wußte, daß Sie diesen Weg
nehmen zum Geschäft. Warum er
laubten Sie denn lein Rendezvous?
Sollte ich erst Sehnsucht betommen?"
Käthe ist besangen und lann den
ung d schwatzt man
mit sich zu Rathe gehn. '
„Wie tragisch das klingt," entgegnet
Helmer und dreht seine Schnurrbart-
Wangen des Tirolermädchens?"
„Ich habe viel zu arbeiten jetzt im
Geschäft. Ich lann auch nur iibcr
eine halbe Stunde verfügen."
„Also trinten wir eine Tasse
Kaffee."
Käthe hatte ihre Jacke nur ausge
dem hohen Stehkragen!
Wie still und müde sie heute drein
schaut! Wo sind die lachenden Schel
diese Hier ein und dieselbe ist? Ist
lönnte mich nicht leichthin amüsiren."
Das Gespräch stockte.
Flüchtig sah sie ihn dann an, aber
„Aber, bitte schön!"
„Vielleicht führt uns der Zufall bald
nächsten Jahre W.nzer-
Im Geschäft wartet die Arbeit.
schen sie aus.
Und Käthe Wallrath muß um Ur
laub bitten so schmerzen sie die Au
gen.
r»r Meter englischen Ursprung»,
von der konstituirenden Versammlung
des Jahres 179 V geschaffen wurde.
Jetzt hat man indessen einen Brief von
James Watt aus dem Jahre 1783 ge
das Gesetz vom 10. December 1799
Ehefragen. In einer Ge
sellschaft ist davon die Rede, was für
eine Frau man am besten wählt. .Oh,
Nebt, die Blonden, der andere das
1.
Kapitänvon Schneidwih:
„Als ich 'mal drüben in Afrika Para
demarsch üben ließ, lam da fo'n
Biest von Meinen wir
2.
„Vorwärts marsch!" Da belam die
Bestie zuerst einen Doppeltritt aus die
Nasenspitzte, dann flog sie in einem
3.
Bogen durch die Luft. Na, da hatte
sie genug und ließ sich auf unserem
Vorschlag. Tourist: Als»
Aussicht haben? Wirth: Unvergleich
lein Rosalie; ein Mal ist lein Mal!"
Backfisch: „Ach, das sagen Sie
brauchen Ihren Rock nicht zuzuknö
psen, Herr Rechtsanwalt ich komme
nur wegen betrügerisch« Bankrotts!"