Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, March 16, 1905, Image 3

Below is the OCR text representation for this newspapers page. It is also available as plain text as well as XML.

    Die Am-Wie.
Roman von Ernst Zahn.
(8. Fortsetzung.)
Gäste! Außer den Hochgebirgstou
das große Wort gesagt: „Nächstes Jahr
Löwenwirth hat die Gunter - Rosi ein
gestellt, des Fluhbauers Kind, Zim
mermagd soll sie sein in den neuen
lassen."
Da streckte die Zopp - Sephe, die
dicke, etwas dämliche, achtzehnjährige
Bauern vom Jsengrund schwer einen
Taglöhner aufzutreiben. „Der Teufel
hol's!" schimpfte einer, „jetzt schaffen
So ging es fort in den Sommer hin
ein, des Löwenwirths Wirthsstube
er hatte jetzt eine besondere Stube für
Jfengrunder Bauern und einen
Sonntags immer voll; dafür vergaß
mancher, daß unweit davon die Kirche
stand.
Mit dem Sommer kamen die frem
den Gäste. Jeden Tag trugen die
Maulthiere Gepäck von der Lände her
auf. Frauen und Kinder kamen ge
ritten. Eine Sommerfrifchlercolonie
siedelte sich im Jsengrund an. Huber,
der Wirth, verstand seine Sache, er gab
eine Menge Geld aus, als ob er «in
steinreicher Mann sei? aber er nahm
auch wieder Geld ein. „Was der ver
dient!" posaunten die zwei Jfengrun
der Mädchen aus, die er in Dienst
hatte.
Plötzlich ging das Gerücht: mit der
Fahrstraße vom Dorfe nach der Schif
flände soll es noch diesen Sommer ernst
werden!
„Ja, wer zahlt sie denn?" fragten
einige. Die Antwort gab am gleichen
Tag ein weißer Anschlagzettel am
Schulhausbrett, der die Gemeindever-
Gemeindeversammlung hatte über den
Straßenplan zu entscheiden. Der Ge
mcinderath rieth zu einem kleinen Bei
trag. Alles Uebrige, hieß es, trägt der
Löwenwirth. Und, hieß es weiter,
lauter Einheimische sollen am Stra
ßenbau arbeiten. kommt ins
Dorf damit, Geld wie Heu! Das
entschied. Plan und Beitrag wurden
gutgeheißen. Der Huber konnte mor
gen mit dem Bau beginnen, wenn er
wollte. Als das Mehr zu Gunsten des
Straßenbaus gefallen war, stand in
der Schulstubenthür, wo die Versam
mlung stattfand, wie hergeflogen, die
Clari-Marie. Breit, daß die geraden,
festen Achseln die Psosten der Thür be
rührten: im schwarzen Rock und
schwarzen Kopftuch stand sie da. Das
gelbe Gesicht war ein wenig heiß, die
Häuser und Hütten. Gegen die Ein-
Wort. In einem kleinen Wirthshaus.
Alter mit der Faust auf den Tisch, hat
denkt, die Clari-Marie."
Nach ein paar Tagen ging von den
Hütten ein Wind aus. Die Weiber
mochten zuerst geblasen haben. Jetzt
es ist dann noch nicht erwiesen, ob es
von Gutem für das Dorf ist, was der
fremde, der Löwenwirth, da alles an
stellt!"
»Der Unfrieden kommt uw? mit dein
Fremdvolk ins Haus," eiferte eine
Bäuerin, die eine gute Zunge hatte.
„Die Clari - Marie sagt es auch,"
siigte sie hinzu.
„Die Clari - Marie sagt, den Un
glauben bringen uns die Fremden,"
Clari - Marie," schloß sie.
ihr gehört, was sie gethan hat, die
Clari-Marie? Bei der Treschin, dem
Dorfvogt seiner Frau, hat sie jetzt drei
die Dorfhütten sanken Schatten. Die
Clari-Marie schritt inmitten der
Straße mit ihrem schweren, bedächti
stigen Gegengruß, als habe sie Eile.
Dabei fühlte sie, daß vieleßlicke mit ihr
war ihr nie so lästig g«w«sen als jetzt.
„Du hast dich zu viel aus der Reihe
gestellt, in der letzten Zeit, Clari-Ma
rie," sagte sie zu sich selbst? die Beschei-
Gang durch die Dorfgasse leid und
neigte der Kopf sich tiefer vornüber.
Nach einer Weile stand sie vor der
Pfarrhausthür und schellte.
Die Nacht war schon nah. So
schrill die Glocke innen scholl, so kam
doch Niemand .der aufthat. Endlich,
lich ging die Thür auf.
„Guten Abend," sagte die Clari-
Marie.
„Guten Abend," grüßte die Andere.
„Ist der Pfarrherr oben?" fragte
„Ja ja," schluckte die Viklo-
Boden.
„Was hast?" fragte sie. Ihr Blick
Tisch hin. „Noch ein Glas. Bikto-
„Den Namenstag habt Ihr! Ich
wünsche Euch Glück," sagte Sie Clari-
das Packet weg. das sie auf den
Tisch gelegt hatte und sagte: .Ich bin
wegen etwas Ernstem gekommen."
so voll, daß es überlief. „Was willst
jetzt? Der Namenstag ist, dem
fachte bog sie um den Tisch. Als sie
„Habt Jhr nicht gemerkt," begann sie
mit verhaltener Stimme zum Pfarr
herrn, „daß Euch fast nur noch die
Weiber in die Kirche kommen, am
Sonntag? Und die nicht alle?"
Der Hochwürdige schwitzte; die sal
bungsvolle, feierliche Art ging ihm
verloren. „Ich weiß," stammelte er.
Zeit ist. daß Ihr "die' zur °Pflicht
mahnt, die sie vergessen haben," sagte
die Clari-Marie. Dann litt es sie
nicht. Kein Wort sprach sie weiter,
ging nur hinaus und hinab. Vor der
Thür unten lief ein Schauder über
ihre feste Gestalt. Sie schüttelt« den
Kopf, ließ die Arme hängen und hielt,
während sie langsam durch die dunkel
gewordene Gasse heimschritt, die Fäu
ste geballt, als hielte sie sich an etwas
Es war ihr, als schwankt« der
Bod«n unter ihren Füßen, der Boden,
aus dem die vom Jsengrund wohnten,
sammt und sonders. Was ist denn
was ist d«nn mit dir, Dorf, willst zu
sammenfallen? ging es ihr in hastigen
Gedanken durch den Kopf. Fremdes
kommt herein, lauter Fremdes! Aus
der Kirche bleibt das Volk! Und der
Pfarrherr! Ja, der und die Schwe
ster! Daß er manchmal sich vergaß
und bei Festanlässen und dergleichen
eines über den Durst nahm, das war
im Jsengrund nicht fremd. Aber heu-
«infame Gelage!
Und ist keiner, der mahnt, so lange
Zeit ist? Die Bauern, daß nichts
Gutes von den Fremden kommen
kann! Die Lässigen, daß in der
Frommheit allein das H«il liegt! Den
Pfarrherrn, daß...
Auf einmal blieb die Clari-Marie
stehen, mitten am Weg. die Gasse war
leer? sie hatte nur noch wenige Schritte
bis zum Zieglerhaus zu gehen. Wenn
es denn keinem einfällt, sprach es in
lhr. mußt selber heraus aus deinem
Winkel, Clari-Marie! So leid es dir
sein mag! Eher als das Dorf zu
Grunde gehen lassen! Viel eher!
14.
Die Weiber vom Jsengrund reckten
die Halse. Gestern hat sie mit dem
Präses gesprochen, die Clari-Marie!
Letzthin ist sie auch hinter dem Wai
fenvogt gewesen! Es ist wahr, es sind
bald mehr Fremde als Einheimische
im Thal! Auch fremde Arbeiter hat
er jetzt angestellt, der Huber. der Lö
wenwirth.
Dergleichen Neuigkeiten gingen im
Jsengrund herum. Die Clari-Marie
war schuld, daß es im Dorfe gährte.
Sie ließ sich auch jetzt nicht viel sehen,
stand nicht seltener daheim an der Ho
belbank wie früher, ließ auch kein
Weib und keinen Kranken warten,
aber sie war es doch, die allmählich die
Wand zwischen das schob, was im
Jsengrund fremd und was' einheimisch
war. Es bildeten sich zwei Lager, in
dem einen, kleinen hockte der Huber,
der Löwenwirth, hatte auf feiner
Seite die Fremden und von den Ein
heimischen ein paar, die ihren offen
kundigen Bortheil bei ihm fanden.
In dem andern stand die Clari-Marie,
still, halb versteckt unter dem großen
Haufen ihrer Anhänger, die selber
kaum wußten, daß sie die eigentliche
Führerin war.
Die Clari-Marie und der Pfarrherr
kamen von einer Schwerkranken hoch
im Berg. Sie waren im Gespräch
Der Zufall hatte sie am Bett zusam
mengeführt? aber es war nicht ihr er
stes Zusammentreffen, seit die Clari-
Marie im Pfarrhaus gewesen war.
Der Pfarrherr kreuzte ihren Weg jetzt
oft; sie empfand, daß er es mitWil
len und Eifer that, als läge ihm da
ran, eine Scharte auszuwetzen. Er
vergaß selbst den feierlichen Ton in
ihrer Gesellsch«ift. kam in die Hitze,
wenn er mit ihr sprach; er Überthat sich
auf einmal in feinem Priestereifer
„Die vorletzte Predigt hat gewirkt,"
sprach der Hochwürdige im Niederstei-
Kirche ist nicht leer gewesen
„Es muß besser kommen," sagte die
Clari-Marie.
Unterdessen führte sie der schmale
Mattenpfad, den sie gingen, gegen das
Gotteshaus hinab; an diesem mündete
der Fußsteig in die Straße. Auf der
Straße sahen sie von Weitem den
Kehle-Gisler vom See heraufsteigen,
er trug das Führerbeil; hinter ihm
ging ein Fremder mit Seil und Pickel.
Die Clari-Marie hemmte den Fuß
und sah den Pfarrherrn an. „Da
habt Jhr einen, den Jhr bei Jahr und
Tag nicht in der Kirche seht," sagte sie.
„Den Lütz, meint Jhr?" fragte je-
M'dch t>' Cl d'
nicht einmal getauft ist sie."
Der Pfarrherr stand still und hielt
die Heinde auf dem Rücken. Das Blut
drehte die Frau sich ab" als sei jhr
fuhr es ihn. Fast kleinlaut letzte er
den Weg fort und schritt in sewem
zu.
Die Clari-Marie betete indessen.
Sie betete viel in letzter Zeit, viel gegen
früher und war doch schon immer eine
fromme Frau gewesen. Es war etwas
Leidenschaftliches in der Art, mit der
sie den Geboten ihrer Religion folgte,
obwohl äußerlich an dem festen, brei
ten, bäuerischen Weibe keine Leiden-
eine Weile später die Kirche
verließ und dem Dorf sich näherte,
stand der Löwenwirth. der Huber, un
ter der Thür; er mochte sie von Weitem
haben kommen sehen. Er nickte, strich
freundlich den schönen Bart und sagte
«in lautes „Guten TaK". Sie gab ein
kaum hörbares „Tag" zurück, sah nicht
auf und nicht zur Seite und stand nicht
still, obwohl er sich hörbar räusperte
und ein „Mit Verlaub, Frau Clari-
Marie" hinter ihr her sprach. Er er
röthete, zog seine feine weiß« Weste zu
recht, dann seinen Rock und sah der
Frau nach. Daß sie ihm seind war,
war ihm nicht fremd; aber er wußte
auch, daß ihm ihre Freundschaft noth
that.
Wie sehr er das wußte, lehrte die al
lernächste Zeit. Eines Tages trug ein
Mädchen aus dem Gasthaus einenKorb
voll guter Dinge. Wein, Eßwaaren.
selbst Leinwandstoff der Clari-Marie
ins Haus. „Weil Jhr eine so Gute
seid, weil Jhr so viel thut für das
Dorf, schickt Euch das der Herr, und
Respekt habe er vor Euch."
Als die Magd das ausrichtete, sah
die Clari-Marie sie durchdringend an.
„Willst mich foppen?" fragte sie herb.
„Beim Eid nicht. Was meint Jhr
denn?"
„So sag dem Löwenwirth. es seien
Arme genug im Dorf, da soll er aus
theilen lassen!"
Damit hieß sie das Mädchen den
Eine Woche später versuchte der Hu
ber es anders. Es wären manchmal
weibliche Gäste da, die froh wären. Je
mand zu haben, der in Kranlheitssa
chen Rath wisse, entbot er der Clari-
Marie, „ob sie nicht einmal vorbei
kommen möchte, damit sie mit einander
besprächen, wie sich ein regelmäßiges
Vorsprechen der Dorfärztin im Gast
haus machte."
Die Clari - Marie lachte bei diesem
Vorschlag kurz und rauh auf. „Wenn
mich einmal «ine braucht, von der ich
weiß, daß es ihr noth thut, ist es noch
früh genug, zu kommen. Jetzt habe ich
im „Löwen" nichts verloren."
Seit diesem letzten Bescheid wußte
der Löwenwirth, daß die Freundschaft
der Clari - Marie nicht zu kaufen war.
Inzwischen hielt von der Kanzel der
Pfarrherr seine Zornreden gegen die,
die nicht in die Kirche kamen. Der
Kehle - Gisler war der erste, dessen
Namen er laut und vor allen Andäch
tigen nannte, als einen, der wie ein
Heide sei und wie ein Heide sein Kind
aufwachsen lasse. Einige andere Na-
„Es muß «ine andereOrdnunz wer
den im Jsengrund," eiferte der jäh
scharf gewordene Pfarrherr weiter.
„Wer nicht thun will, wie ein braver
Mensch thut, dem soll man die Ge-
Die Rede ging auf den Gisler, und
es waren willige Ohren da, sie zu hö
ren. In einer Schenke, in die der Lötz
trat, um was selten geschah ein
Der alternde Mann stellte sich. Der
Zorn faßte ihn über die Schmähung.
Der Betrunkene und zwei andere, die
an einer rohen That Freude hatten,
warfen sich auf ihn, blutend wurde er
in die Straße gestoßen. Seither, wenn
er ins Dorf kam, steinigten ihn die
Schulkinder. Wie die Alten so die
Als die Clari-Marie von dem Vor
fall hörte, zog sie die Stirn^ Falten,
ist, und schwach, weil sie sich überarbei
tet hatte. Sie schmälte: „Du mußt
besser zu dir sehen, Trini, mit Schaf
fen allein kommt eines nicht durch die
r' die i < .die
Tete erst drei Vaterunser, dann bat sie
die Schwester, ihr Fleischbrühe zu
schicken, als ob sie keine herzustellen
vermöchte. Die Clari - Marie, die ihr
um ihrer Frömmigkeit willen vieles
vergab, sagte ihr die Brühe zu, ordnete
an, daß sie im Bett bleibe und sich
Ruhe gönne, und wußte, daß die
Schwester in ein paar Tagen wieder
würde hinter der Arbeit sein können.
Die Severina hieß sie bei der Mutter
bleiben. Das war das erstemal, daß
das Mädchen daheim haushalten soll
te, und es begann mit Unsreude.
Die Clari - Marie indessen wendete
sich wieder auf den Heimweg. Bor der
Thür traf sie auf den Furier, der ein
paar frisch gekaufte Schafe den Berg
heraustrieb. Eben erreichte er mit dem
letzten Thier die Höhe. Mit den har
ten Knieen stieß er das vor sich her.
Die Clari - Marie sah, daß es auf drei
Beinen hinkte und beim mühsamen
Gehen die Augen vor Schmerz ver
drehte. Der Bauer grüßt« nicht ein
mal. Sein bleiches Gesicht war heiß,
der Schweiß stand auf der knochigen
Stirn und an den schlaffen Schläfen.
„Da hast du wieder einen Handel,"
knurrte er. „Jetzt habe ich die Schafe
gekauft und unterwegs muß mir das
hefte abfallen und ein Bein brechen."
Er riß die Thür an einem ans Haus
gebauten kleinen Schuppen auf und
trieb die Thiere hinein, dem kranken,
das mit hinein wollte, krallte er die zä
hen Finger ins Blies. „Da bleibst,"
sagte er. Mit dem langen Arm griff
er ins Schuppeninner« und bracht« ei
nen Blecheimer zum Borschein. Dann
nestelte er in seiner Hosentasche und
zog ein Messer, das er grifffest stellte.
Die Clari - Marie zögerte unwill
kürlich. „Nun nun," sagte sie,
„was will das geben?"
Der Furrer stieß einen Ton aus, der
vielleicht ein Lachen hätte sein sollen.
Er zerrte das kranke Schaf zu dem
Kessel. Es war kein Jähzorn an ihm.
Sein Gesicht blieb so gelb wie sonst
und alles, was er that, that er mit zä
her Langsamkeit. Ein einziges Wort
verrieth, daß der Zorn ihn innerlich
stachelte. „Stirb," zischelte er, als er
gelnden Laut aus. er hielt es mit der
Linken fest, sein Griff war voll roher
Kraft, aber die Art, wie er das Messer
in der Wunde des sterbenden Thieres
„So schlachtet einer nicht, so," sagte
die Clari - Marie. Kopfschüttelnd
drehte sie sich ab und ging. Zum an-
Wohlstand mühte.
Drei Tage später kam die Severina
in's Zieglerhaus zurück. Auf einmal
stand sie in der Küche bei der Cille,
die Augen groß und glänzend. „Die
Mutter ist gesund, da bin ich wieder,"
sagte sie. „Wo ist die Base Clari-
Marie?" fragte sie dann.
Da trat diese eben in den Hausflur,
und sie ging hinaus zu ihr und hing
sich den Arm. Base,"
nicht Bauernart ist, zärtlich und wie
„Was hast denn?" fragte die Clari-
Marie fast erschreckt, als sie darauf in
die Stube traten und das Kind noch
Gesicht und hatte Thränen in den Au
gen. „Froh bin ich, daß ich wieder da
bin," sagte sie.
„Es ist "cht." tue Clari-Marie
sich schmiegenden Gewand mitten im
Zimmer, sah auf ihre Schuhe und flü
sterte: „Es würde mir nicht mehr ge-
Die Clari - Marie konnte nach die
ser Rede nicht helfen, daß sie dem Fur
rer und der Schwester gram war. Aber
hätten, daß er nicht gekommen sei?
Wohl nicht! Wo einer nicht willkom
men sei, brauche er sich nicht zu eilen,
fers, Assistenzarzt sei er am Kinder
spital von St. Felix. Bis daß er zu
Hause wieder eher gelitten sei, habe er
schob den Brief der Schwester hin, saß
steif da und in ihrem Blick stand Tri
umph mit Angst vermischt, Triumph,
weil ihr war, als müßte sie zur Elari
schreibt, und gelt, jetzt braucht er unS
nicht mehr! Angst, weil sie es gewesen
war, die dem Jaun gerathen hatte:
Brief in die Tasche ihres Rockes. Nur
Leere. „Warum sagt Jhr nichts, Base
sie.
Brief ge..
ihr's." Sie tonnte es nicht hindern,
daß ihr das spärliche Blut zu Kopfe
drängt«, als sie gestand, daß ihr der
„Das ist jetzt doch etwas Großes,
ein Doktor sein, ein Studirter, für
„Geh! Dem Töni sollst sagen, der
Lirer. der Säger, erwartet ihn," sagte
telt und brachte so, die Severina hin
ausschickend, die Rede von Jaun, dem
Abtrünnigen, zum Schweigen.
Es wurde Aerbst und wurde Win
ter. Das Gasthaus stand leer, dessen
Stuben eine ganze Menge Sommer
frischler beherbergt hatten, von der
neuen Straße war nur ein kleinerTheil
gebaut; der Löwenwirth hatte im
brütete der unternehmende Mann über
neuen Plänen. In den ersten Tagen
des neuen Jahres stellte er den Präses
vom Jsengrund, mit dem er sich wieder
„Mit dem Frühjahr kommt ein Dok
tor ins Dorf," erzählte er.
„Das wird schon gut sein für die
Fremden!" gab der Bauer zögernd zu.
„Für uns andre ist die Clari - Marie
da, wenn wir sie brauchen."
jungen, der von hier stammt und noch
verwandt ist mit ihr. Ein guter soll
er sein, der!" fügte er hinzu.
„Freilich, ja, ja, gut soll er sein,"
sagte der Bauer trocken. „Aber ich
weiß dann nicht mit der Clari-
Marie —Er brachte die Rede nicht
zu Ende, schüttelte bedächtig mit dem
Kopf, grüßte und ging weiter.
Der Huber murmelte ein ärgerliches
Wort hinter ihm her. Es schien im
mer schwerer, mit dem Volk auszu-
Freundlichkeit nützte nicht, alles Wohl
thun nicht.
Der Präses ging heim und erzählte
die große Neuigkeit, der Jaun Ziegler,
der Cille ihrer, der einmal Geißbub
gewesen sei, käme als Doktor ins Dorf.
In seinem Hause blieb die Neuigkeit
nicht stecken. Die Severina erhaschte
sie eine Stunde später in der Gasse,
als sie vom Bäcker kam. Die Augen
groß und glänzend, die schmalen Wan
statt. „Wißt Ihr schon? Jetzt kommt
der Jaun doch herauf!"
Am selben Tag bekam es die Clari-
Marie schwarz auf weiß zu lesen.
Wieder war der Brief Jauns an die
Cille gerichtet. „Ich komme nun doch
heim, Mutter." schrieb er. „Beim Lö
wenwirth werde ich wohnen, also nah
Clari - Marie nicht zur Jhr
doch immer gefehlt, daß ich nicht heim
konnte ins Bergland. Die Base Clari-
Marie wird schon wieder anders wer
gesprochen haben."
Die Clari - Marie verlor kein Wort
über das große Ereigniß; die Cille wie
immer wagte nicht zu fragen. In der
aber war ein innerliches Fieber. In
ihr schlichtes Leben kam plötzlich ein
Werth, eine Hoffnung, eine Borfreude.
(Fortsetzung folgt.)
Blitzableiter. „Warum
haut denn Deine Frau in der Küche
soten!''
Fir die Küche.
Griesetten - Auflaufvoa
Tomaten. Man verrührt
Pfund Butter zu Schaum, vermischt
sie mit 12 Eßlöffel ziemlich festen To
matenbrei von frischen Tomaten
und Wasser gekocht —, gibt 4 Eidot
ter, die Schale einer Citrone abgerie
ben, i/t Pfund Zucker, 12 Eßlöffel ge
riebenes Weißbrot und den sehr festen
Schnee der Eier dazu, in einer gebut
terten, mit Semmel bestreuten Back
form bäckt man die Speise Stun
den und reicht sie in der Form mit
Citronensauce oder nur allein.
Hühnerfleisch mit Mac
caroni. Reste von gekochtem oder
gebratenem Hühnerfleisch werden in
kleine Würfel geschnitten und mit ge
kochten und erkalteten Maccaroni, die
in >/>. Zoll lange Stücke zertheilt sind,
vermischt. 2 Eßlöffel Butter und
ebensoviel Mehl läßt man in einer tie
fen Pfanne lochen, gibt 2 Tassen Milch
dazu, rührt es zu einer dicklichen
Sauce, die man mit Pfeffer und Salz
würzt. In dieser Sauce läßt man
Speise nicht anbrennen. Dann schlägt
man 2 Eier schaumig, gibt 4 Eßlöffel
Rahm dazu und gießt dieses über das
Gericht, das damit auf dem Feuer gut
durchgerührt wird.
Gemüsesuppe. Man nehme
Bohnen und gelbe trockene Erbsen,
von jedem 1 Pfund, sechs schöne Gelb
rüben, zwei Zwiebeln, drei Porree,
vier Sellerie, alles in Viertel geschnit
ten, ein Sträußchen Petersilie, etwas
Thymian und ein Lorbeerblatt; lasse
etwas Butter zergehen, gebe sämmtliche
Gemüse hinein und dämpfe sie unter
worauf man 2>/» Quart Wasser da
ran thut, nebst Salz, Pfeffer und
Muskatnuß und drei Gewürznelken,
es nun drei Stunden langsam kochen
läßt und hierauf durch ein Haarsieb
gießt, wieder zu Feuer bringt, und
Fadennudeln hineingibt.
„M ouf s e" aus> Schinken.
Ein Eßlöffel zerkleinerte Gelatine
wird in 3 Eßlöffel kaltem Wasser ein
geweicht und dann in einer Tasse
Hühnerbouillon aufgelöst. Dazu wird
11/ z Tasse feingehackter Schinken ge
geben, alles gut verrührt und dies in
einem Gefäß in kaltes Wasser gestellt,
eine Tasse, steifgeschlagenen Rahms
hindurchgezogen und man schmeckt
nach dem Salze, da der Schinken sal
zig ist. Man füllt die „Mousse" nun
in eine Form und läßt sie recht steif
werden. Beim Serviren wird sie ge
stürzt und Mayonnaise nebenher ge
"Kalte Kalbskeule k I-»
Saumon. Eine große Kalbskeule
wird ausgebeint, von allen Sehnen
und Häuten befreit, mit pulverisirtein
Salpeter und viel Salz eingerieben.
In eine Kasserolle gibt man das
Fleilch nun selbst mit einem Sellerie
kopf,einigenLorbeerblättern, Zwiebeln,
Lauch, Pfefferkörnen und Nelken und
läßt es, es täglich umkehrend, an ei
nem kühlen Ort stehen. Nach B—l 2
Tagen wird das Fleisch eine schöne
rosa Farbe haben. Man rollt es nun
hübsch zusammen, bindet es mit Bind
faden ynd kocht es mit einer halben
Flasche Weißwein, einer halben Fla
sche gutem Essig, etwas Wasser und
obigem Gewürz ziemlich weich. Noch
warm wird das Fleisch zwischen zwei
Brettchen gelegt und mit schweren
Steinen beschwert. Nachdem es so
kalt geworden, schneidet man die Keule
zu feinen Schnitten, welche aber dicht
aneinander bleiben müssen. D!.ese be
streicht man nun mit feinem Oel und
dann mit Sardellenfarce, welche aus
,Pfund gereinigten Sardellen und
einer Handvoll Schalottenzwiebeln,
beides fein verwiegt, besteht. Zuletzt
gibt man noch viel feingeschnitten- Pe
tersilie auf das Fleisch, richtet es auf
einer länglichen Platte an. verziert es
mit Aspik, Citronenscheiben und Ka
pern und servirt diese vorzügliche
Speise zum Thee oder als Entree.
Kalbsbrust mit Reisfiil
lung für sechs Personen. Ein Pfund
Reis wird blanchirt, abgegossen, mit
etwas Wasser. Butter oder Brühe
nicht zu weich gedünstet, zuletzt mit 4
Unzen geriebenem Parmesankäse ver
mischt und in die gut gesalzene und
hergerichtete Kalbsbrust gefüllt die
man zunäht. In einer Kasserole laßt
man Scheiben von Zwiebeln. Tomaten
und Sellerie mit etwas Pfeffer, Nel
ken und Gewürzkörnern in reichlich
zerlassener Butter etwas durchdünsten,
legt die Kalbsbrust darauf, gießt ei
ne Obertasse leichte Brühe oder Was
ser dazu und läßt unter öfterem Be
gießen bei gleichmäßigem Feuer schmo
ren. Wenn die weichgedämpfte Kalbs
brust herausgenommen ist, wird die
Sauce durch ein feines Sieb gerührt,
entfettet, abgeschmeckt, falls nöthig
mit einer Mehleinbrenne seimig gekocht
und beim Anrichten mit einer Würze
im Geschmack gekräftigt.
Saures Kartoffel - Ge
müse. Di« nach d«r Personenzahl
nöthigen Kartoffeln werden gelocht,
gesclM und sch-ibig geschnitten. Nun
wird eine holländische Sauce bereitet.
od«r auch ein« falsche Rahmsauce, mit
Butter, feinem Mehl, halb Milch,
halb Fl-ischbrllh«. Salz, Muskat und
Citronensaft. An Stelle der Citrone
auch Essig. Die Sauce wird mit «in
bis zwei Eiern abgezogen, mit den
Kartoif-ln vermengt und recht heiß in
tiefer Schüssel zu Tisch gegeben.