Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, February 09, 1905, Image 2

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    Der gefundene Tausendmark
schein.
Von C. Düsterhoss.
Eduard Holpert war an der Grenze
seiner Widerstandsfähigkeit angelangt.
er zusammenbrechen.
Mit schlaffer Haltung und gesenk
tem Kopse schlich er durch die Straßen
der Millionenstadt, die soviel Reich
thum, soviel Luxus in sich birgt, und
sentlichen Anlagen hatten errichten
lassen.
auf etwas Braunes, «in regelmäßiges,
glattes Rechteck, das seine Aufmerk
samkeit unwillkürlich auf sich zog. Er
Elend Witt es vorüber, er konnte sich
Gast hatte liegen lassen. Der Kellner
„Mensch, was fällt Ihnen ein?!"
Wirth «ine leise Zwiesprache. Bald
mit Ihrer Kundschaft."
den Zähnen.
Ihm das! Ihm, dem Besitzer eines
nicht mehr lebendig in das benachbarte
Restaurant zu gelangen. Gegenüber,
auf der anderen Seite d«r Straße, hat-
er sich über den Straßen
damm, mitten zwischen stolzen Karos-
lich hatte der Mensch die kostbare Note
essen. O ivelchc Wonne!
Neu beflügelt von der köstlichen
genaschte?
Ladenthiir sieht: „Mitglied des Ver
te.
So?" fragte der Besitzer des Geschäfts
E' T d ksch ' ? S ?
könnten Sie wohl zu einem Tausend
„Geht das vielleicht Sie etwas an?"
schnaubt« nun auch Holpert d«n abwei
! „Wollen Sie nicht so freundlich sein,
mir diese Banknote zu wechseln?" frag
te er in verbindlichem Tone und im
" reinsten Hochdeutsch, wie seine gute
Schulbildung es ihm zur Beifügung
stellte.
Ueberrasch! nahm der Kassirer die
Note, betrachtete sie aufmerksam und
überflog mit einem kritischen Blick« die
allzuwenig Zutrauen erweckende «Äe
stal! vor ihrn.
Die alte Geschichte, dachte Holpert,
chcn Sie schnell, die Sache eilt."
„Mir nicht," sagte der Kassirer sehr
ernst und ging zu einem anderen Herrn
Gehör: „Unbedingt ein Falsifikat, sehr
herschallen horte^Haltet^den
ran denken, sich ein« Schlafstätte auf
zusuchen.
Freilich, bei „Mutter Grün" mußte
Also schlafen gehen! Aber wo? Auf
ich meinen großen Geldschein zu einem
kleistern. Unwillkürlich blieb sein Blick
darauf haften. Hundert Mark Beloh-
Bankgeschäft, Friedrichstraße k."
seinem Innern ihm ganz deutlich zu:
„Siehst D», Mensch, das wäre Deine
verdammte Pflicht und Schuldigkeit
k D' ll l/
hätt'st, un Dir die scheenen hundert
Mark davor holen kennt'st?"
Das störte ihn aus seiner Berzau
„Das sind wenigstens ehrlich ver
diente hundert Mark," sagte er sich,
völlig einig mit sich selber, „für die ich
mich satt essen und mich neu einkleiden
kann, und wer weiß, ob ich nicht dann
wieder eine Stellung find« und mich
in der Welt wieder herauskrapple!
Was nützt mir der prächtigste Tau
slügelt und trugen ihn in unverhiilt
nißmäßig kurzer Zeit nach der Fried
richstraß« Nv. 6.
Ja, da stand «in großes Sild über
hen ihm selbst dabei im Wege wäre.
Und richtig! Mit knapper Noth war
man seiner drinnen ansichtig geworden,
hub: „Gebettelt —"
in festem Tone erklärend:
„Ich bringe hier d«n verlorenen
Tausendmarkschein."
Zugleich zog er ihn aus seiner un
sauberen, ausgefranzten Westentasche
und legte ihn aus den Ladentisch.
Verständnißlos starrte der Mann
mit der Schnarrstimme einen Moment
den scheinbaren Bettler an. Im näch
sten Moment fuhr er auf seinem Dreh
schemel herum und starrte von ihm auf
den Tausendmarkschein, von dem Tau
gleich sämmtliche Köpfe im Raume, die
sich soeben noch über ihre Kurszettel
und ihre dicken Folianten gebeult hat
sertc.
si« ist
r«rs im Drogengtschäst: „Unbedingk
«in Falsifikat, bloß ein sehr geschickt
gemachtes!"
Schnarrendes mehr an sich, als er sag
„Junger Mann, Sie haben mir
durch Ihre Ehrlichkeit eine große
Freude gemacht, Sie haben mir den
Eduard Holp«rtS Antlitz leuchtete
„Ja, ach ja, nichts weniger als ar
beitsscheu!"
„Und was sind Sie denn Ihrem Be-
Jhr Weiterkommtti!"
Buchhalter Ihres Schlages habe ich
hier «inen Posten offen. Sind Sie ein
verstanden?"
„Herr Sie fragen noch?!" rief
te, mit dem übermüthig lachenden Ge
sicht eines lorglosen Jungen: „Adieu
jetzt! Sobald ich kann, bin ich wieder
da!"
Und damit stürmte «r zur Thür hin-
TaS höchste Glück.
Ich schlief . Ein wonnig«
Auge von dem holden Angesicht« wen
den; sie sah so freundlich mich, so gü
tig an und einen Zweig von Rosen
Ihr Auge war blau, und blond daZ
Lockenhaar; hold war sie wie ein jun
ger Maientag, so mild, so rein, so
wunderbar! Sie neigte sich zu mir
und sprach:
„Du hast in deinem Leben stets den
guten Gott geehrt; nun sandt' er mich
herab zu dir: Ein Wunsch sei dir ge
währt Nun wähle weise, überlege
wohl! Es soll sogleich geschehen, was
du auch willst! Wonach dein Herz sich
sehnt, soll in Erfüllung gehen!"
Sie schwieg. Ich aber sann und
sann und hätte viele Wünsche
sagen können... Doch was das Aller
liebste mir aus Erden wäre, das
Nun hatte wohl die gute Fee be
merkt, daß mir's recht schwer erschien,
den rechten Wunsch zu wählen. Und
voller Liebreiz lächelt' sie und sprach:
So will ich dir ein Bild vor deine
Seele stellen!"
Sie winkte mit dem Zweig von
Rosen. Da schimmert mir ent
gegen hell ein Schloß mit hohen Fen
stern, Zinnen, Thürmen, so schön und
weit und licht und groß! Und in dem
Wunderschlosse prangten die Zimmer,
wie ich s nie gedacht, von hohem
Glanz, von lichtem Schimmer, von
größtem Reichthum, hehrer Pracht!
Und in dem Schloß kam mir entgegen
die holde Fee, so lächelnd mild, und
sprach:
„Willst du, so wird das Schloß
dein Eigen. Sprich aus den Wunsch,
Und ich was that ich?
„Ach, mich muthet des Reichthums
Fülle seltsam an", so sprach beschei
den ich zu ihr, „verzeihet, liebe Fee, ich
hier!"
Und wieder winkt sie mit dem
Zweig von Rosen. Mit Blitzes
sührt sie mich. Das Stück ist aus
der Beifall dröhnt der Borhang
senkt sich nieder. Man klatscht, man
ruft, begeisterungsvoll, und schnell
hebt sich der Borhang wieder. Ein
Beifallssturm durchtobt das Haus,
man hört nicht auf, man giebt nicht
Ruh. . . Und Rosen, Blumen, Kränze
fallen dem hochbeglückten Dichter
zu!
Und leise sprach die Fee zu mir:
„Gefällt dir's? Nun, sag' deinen
Willen! Willst du ein solcher Dichter
werden? Im Augenblick will ich's er
füllen!
Und ich was that ich? Ach,
„Berzeihet, liebe Fee", so bat ich,
- d
Zweig von Rosen. Auch dieses BUd
Auf Bergeshöh hab ich gestanden
königlicher Anblick dar! Ich schien,
Herrscher hier zu thronen. „Sprich
aus den Wunsch!" so sprach zu mir
die Fee. „Und immer wirst an die-
Und ich was that ich? Ach,
ver Rausch war bald vorbei: „O
gllt'ge Fee", so bat ich, „wollet mir
verzeih'n! Mir scheint's mit einem
Male so kahl um mich umher. Ich
würde, meine ich, hier oben wohl recht
Zweig von Rosen. Auch mit dem
letzten Bilde war's vorbei. „O liebe,
gute Fee, seid mir nicht böse! Ihr
zeigtet mir nun der Bilder drei, und
keins hab ich gewählt. Nun seid so
gütig und wählet selbst den besten
das höchste Glück auf dieser Erde, das
werde mir von Euch zu Theil.
Da lächelte die Fee und streichelte
mich leis. Wie sanft doch ihre Lip
pen mir die Wangen kosen! Dann
„Kehr in das wahre Leben nun zu.-
rück! An deiner Seite ist das höchste
Glück!" 112 U d ' ch
Weib!
2. des Monats seufzend): „Alles schon
da!"
—U „erklärlich. Student (der
Spiegle!», Spicglein an der
Wand.
Die einen schäden ihn bei Weitem zu
hoch ein und widmen ihm zu viel kost
bare Zeit, die andern achten ihn zu ge
ring und gönnen ihm kaum einen Blick
während des Taqes. Dem Spiegel
nämlich. Und beide Parteien haben »
Unrecht.
Zunder ersten Klasse der der Spi
e gehören in der /
und wohl angebrachten Erkenne-Dich
selbst verhilst. Er zeigt uns rechtzei
tig diese oder jene Nachlässigkeit bei
d«r durchaus nicht leicht zu lösenden
Bekleidunyssrage.
Dies oder jenes Kostüm hat uns
sagt uns vielleicht der Spiegel: „Aber
nein, meine Liebe, das geht wirklich
nicht. Ein solcher Rock, eine solche
blischen Epistel bis aus die Jetztzeit
I wie ein Pfau zu gebärden. Und diese
Erkenntniß führt die also Belehrte des
weiteren zu einer richtigen Einschätzung
soplnsche Mission erfüllt.
Wer allerdings in blinder Bewunde-
Da fällt uns beispielsweise ein nied
liches Backfischchen ein, das hübsche G
« einen rosigen Teint, lebhaft
hat die Mutter den trefflichen Einfall,
sicht zu halten. Und das hilft. Fort
dem Spiegel überraschen kann.
Und wie stillst Du Dich nun, verehr
te Hausfrau, zu dem so oft verlästerten
und falsch verstandenen Spiegel? Dei
ne Zeit wird es Dir wohl kaum erlau
treuer, zuverlässiger Berather und
Freund. Man muß sich nur Mühe g«.
ben, seine Sprache zu verstehen und
darf sich nicht gegen die Wahrheit ver
schließen, die er uns verkündet.