Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, January 26, 1905, Page 2, Image 2

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    2 »«rgeff'n« Lleb«.
Bo» Emil Lucka.
Und manches Leid kann Weisheit einsam
»och dc»r >» ncr
Da will mich meine Trete ba»Ae sragc»:
Zwnn alle Weisheit je die Lieb' entgel
te»?
Das Brrlobungssest.
Die Wohnung des Fabrikanten
August Eller war festlich erleuchtet.
Die Verlobung seiner einzigen Toqter
mit dem Bureauvorsteher Ernst Rit>ch«
sollte heute Abend gefeiert werden.
Die Brautleute hatten einander vor
kurzem in einem Badeort kennen ge
lernt.
Also Frau Emma Eller und Fräu
lein Ida, di« hübsche junge Braut,
harrten in sehr eleganten neuen «lei
dern der Gälte, die in den nächsten Au
genblicken kommen sollten.
Das heißt, zunächst warteten sie noch
auf den Bräutigam. Er war diesen
Mittag von seinem Heimathsorte «>n-
Hause seiner Braut zugebracht und
war dann in sein Hotel gegangen, um
sich zur Verlobungss«i«r seitlich anzu
tleiden.
Aber er war noch nicht wieder zu- !
rück.
Die beiden Damen gingen in großer
Erregung im blumeng«schmückten Sa
lon auf und ni«d«r.
Da da traten, augenscheinlich
auch in großer Erregung, Herr Eller
und der Bräutigam ein.
„Was nicht im Frack?!" rief
Fräulein Ida entrüstet, sobald si« ihres
Verlobten ansichtig ward.
.Es ist unglaublich!" rief Herr El
ler. „Herr Ritsch« will die Verlobung
«iufheben!"
.Unmöglich!" rief tödtlich «rschrocken
Frau Eller, während im Antlitz« Idas
«in schnell unterdrückter Freudenschein
ausleuchtete.
„Jawohl," sagte etwas schüchtern
Herr Ritsche.
Der Herr Vureauvorsteher war ein
etwas zu dicker Mann von nahezu
vierzig Jahren, von pedantischer Regel
mäßigkeit in all' seinen Bestrebungen
und in steter Besorgniß um seine etwas
unsichere Gesundheit.
„Aber warum denn?! Mas ist denn
geschehen?!" rief Frau Eller.
„K«nn«n Sit «in«n Herrn Arnold
Oldermann?" fragte statt einer Ant
wort Herr Ritsche.
Dir drei von der Familie Eller sahen
«in wenig.
.Dieser Herr Arnold Oldermann,"
st. fuhr Herr Ritsch« fort, .ist vor einer
Stunde bei mir im Hotel gewesen. Er
bat mir gesagt, er würde mich todt
schlagen, wenn ich Fräulein Ida Hei
rathe. Ja, er würde mich todtschla
gen!"
Dabei schaut« H«rr Ritsche so ängst
lich drein, als wenn der Arnaid Older
mann mit einem großen Knüppel hin
ter ihm stände.
.Aber warum denn? Was heißt
das?" rief wi« außer sich Frau Eller.
.Der Herr Oldermann sagt, er hat
ältere Ansprüche an Fräulein Ida,
und —"
.Ach was, der Hungerleider, der
Nichtsnutz!" unterbrach ihn wüthend
Frau Eller.
„Na ja, aber «s wird wohl so sein.
Und davon ist mir nichts gesagt. Und
ich danle für so eine Ehe. Da würde
sagte Herr Ritsche.^. Ich glaube,
'ne ganz nette Partie. Ist es nicht so,
Kraul«!» Ida?"
kommen! Dies« unerhört« Blamage!
Das überlebe ich nicht. Mein Herr,
wenn Sie «inen Funken von Gefühl ha
»Aber, Frau Eller, ich bitte
Sie —"
.Es ist leine Zeit jetzt zum Streiten.
Herr Ritsche, ich bitte, ich beschwöre
Sie, thun Sie uns die Schande nicht
ist zurückgegangen. Das kommt
ja all« Tage vor. Aber nur so nicht
so nicht. Wir werden ja zum Gespött«
der ganzen Stadt!"
einverstanden. Zkun soll nichts be
haupten. was mon nicht beweisen kann.
Und deshalb will ich nicht behaupten,
daß di« Aussicht auf das prachtvolle
Essen und den Champagner irgend
welchen Einfluß auf die Entschließung
unseres Freundes Ritsch« ausgeübt
hat.
Nach wenigen Minuten schon traten
die ersten Gäste ein. Es war die Fa
milie Rothe Mann, Frau und
Tochter. Alle drei, namentlich die bei
den Damen, musterten den ihnen noch
unbekannten Bräutigam mit streng
forschenden Blicken.
Nach der Vorstellung zog Frau Ro
the die Dame des Hauses beiseite.
.Scheint ja ein f«hr netter Mann zu
sein, Ihr Herr Schwiegersohn," be
gann sie. „Reizendes Kleid hat Ihre
Ida an. Ganz reizend. Aber sagen
Sie mal, liebe Frau Eller Ihr
Schwiegersohn, der ist doch eigentlich
mal 'n bißchen komisch angezogen für
'ne Verlobungsfeier."
Einen Augenblick stockte Frau Eller.
„Das ist sein Reiseanzug," sagte si«
„Ja, da liegt ordentlich noch 'n biß
chen Staub drauf. Hat er denn keinen
Frackanzug?'
.O, gewiß natürlich. Aber
ja fein Koff«r ist auf der Eisenbahn
veriauicht. Ja. Nun war er ja in d«r
größten Verlegenheit. Was zollte er
„Ach so so. Sein Koffer ist auf
der Eisenbahn vertauscht! Das ist ja
sehr unangenehm," sagte mit außeror
dentlich künstlichem Bedauern Frau
Rothe.
Währenddessen sagte H«rr Rothe mit
gedämpfter Stimm« zum Herrn d«s
di« Wohnungseinrichtung für das
junge Paar zu besorgen?"
„Die die Wohnungseinrich
tung?! Hm, ja die die besorgt
Und Herr Rothe zog Herrn Ritsch«
„Erlaub«» Sie, H«rr Ritsche. Eh'
doch keine Ruh' zu reden. Ich bin näm
lich Mobiliensabrikant. Reell, billig
und gut ist meine D«vis«. Na, ich bin
d«r intimst« Freund von Ihrem Herrn
Ihre Mobilien - Einrichtung bei mir
laufen."
Herr Ritsche stutzt« ein«n Augenblick.
„Hm meine Mobilien die be
sorgt mein Schwiegervater."
In diesem Augenblick traten neue
Gäskein.
Da kam zunächst di« Beamtenwittwe
Frau Reimers mit ihren nicht mehr
Anna.
Frau Reimers war «ine in ihren
Kreisen sehr angesehene, aber auch sehr
gefürchtet« Dam«. Si« war sehr mo
kant und sprach immer sehr gewählt.
Si« war diejenige, um derentwillen
Frau Eller den Skandal am meisten
gefürchtet hatt«.
Frau Reimers betrachtete den Bräu
tigam besonders scharf, und ihre bei
den Töchter machten ihm eine steife
Verbeugung.
Während neue Gäste eintraten, sagtc
Frau Reimers zum Hausherrn:
„Gestatten Si« mir gütigst «ine Be
merkung, Herr Eller. In besseren Ge
sellschaftskreise» hat die Wahrung ge
wisser Formen nicht nur ihre Berechti
gung. sie ist «ine Nothwendigkeit. Und
deshalb möchte ich mir die Frage er
lauben, ob Ihr Herr Schwiegersohn
»n «>>»> mcht gewußt hat, mit w«m er
hier heut« Abend zusammentreffen
wird?"
„Wieso? Was wollen Sie damit sa
gen?"
„Nun. ganz offen gestanden ich
finde den Gesellschaftsanzug JhreZ
Herrn Schwiegersohns «in w«nig belei
digend. Ja. Herr Eller, ich sind« ihn
„O, Sie m«inen, weil «r keinen Frack
anhat. O—ja— ja der Frack ist
ihm gestohlen."
„Gestohlen?! Ah wo denn?"
„In. Hot«l."
„Im Hotel! Wo wohnt denn Ihr
Herr Schwiegersohn?"
„O, Pardon," sagte Herr Eller und
stürzte in sichtlicher Hast und Berlegen
entgegen.
Inzwischen ward das Brautpaar
von einigen anLeren Familienmitglie-
Bruder der Brautmutter, dessen Frau
und deren Sohn Emil. Der Letztere
war ein Jüngling von einigen zwanzig
Jahren und im Besitze eines Angesichts
mit einem ganz seltsamen Gemisch von
„O Gott, o Gott," wimmerte Herr
Ritsche, der aus Furcht vor Bazillen
ein schwerer Feind des Küssens war.
„Machen Sie sie glücklich!" jammerte
Frau Kuntze von Neuem aber der
Bräutigam streckte ihr energisch abweh
rend den Arm entgegen
„Laß doch," sagte zurechtweisend
Herr Kuntze zu feiner Frau. „Der
Mann ist nicht für Zärtlichletten. Oder
in c ««»»«.
vielleicht hat «r Angst, daß seine Ida
eifersüchtig wird. Na, Ida, dann gib
du ihm doch einen Kuß!"
Fräulein Ida ward hochroth und
sagte verlegen:
„Nicht doch vor all' den Leu- l
ten —!"
Herr Ritsche starrte in die Luft, als
ob er nichts gehört hätte.
„Na, dann bin ich so frei!" sagte der ,
freche Emil, faßte Ida beim Kopfe und !
küßte sie.
„Ist doch 'n verteufelter Kerl, der j
Junge," sagte schmunzelnd HerrKuntz«,
der Vater. „Na, und was ich sagen
wollt«, Ida, morgen bist du mit d«in«m
Bräutigam b«i uns zu Tische."
Herr Kuntze sagte das ungefähr in
einem Ton«, als ob er dem jungen
Paar« ein gutes Stück der «wigen Se
ligkeit zuwenden wollte. Um so pikir
ter war er auch, als Herr Ritsche die
Einladung energisch ablehnte. Unmög
lich er könne nicht kommen er
müsse morgen ganz früh wieder ab
reisen.
„Gott und ich hab' so viel Um
stände gemacht," wimmerte Frau
Kuntze.
„Haben Sie d«nn so viel zu thun?"
fragte Herr Kuntze.
„Jawohl, f«hr viel."
„Sie sind Bureauvorsteher, nicht?
Jn'n großen Kaufmannshaus, nicht?"
»Ja."
„Dann haben Sie wohl zu wenig
Leute w«nn Sie zu viel zu thun ha
ben?"
„Jawoll, jawoll," sagt« Herr Rit
sche. um die Sache zu Ende zu bringen.
Da kam er aber schön an.
„So, Vadder, nu leg' man los,"
sagte der freche Emil und blinzelt«
dummschlau mit den kleinen Augen.
„Ja, m«in tieoer Herr Stesse, ve
gann nun Kuntze, „wenn Sie zu w«nig
Leute haben, dann können Sie ja mei
keine Das trifft sich ja ganz
prachtvoll!"
„Versteht d«nn Ihr Sohn etwas von
Kontorarbeiten?"
„Und ob er was davon versteht!"
„Kann er stenographiren?"
„Wird er schon lernen."
„Hat er denn schon Stellung ge
habt?"
„Oha! Sechs."
„Nee, sieben," verbesserte Emil seinen
Vater.
»Ja," fuhr der Vater fort, „die letz
ten Male hat mein Emil P«ch gehabt.
Er ist mal Sonnabends nicht in's
Kontor gekommen, weil er gemeint hat,
es wär' Sonntag. Da ist der Chef
gleich so unangenehm geworden und
da hat Emil so leise vor sich hin ge
sagt, der Chef könnt' ihn 'n Buckel
runterrutschen. Der Chef hat's aber
doch gehört, und da hat mein Emil
gleich gekündigt."
Herr Ritsche fing an, sich zu ärgern,
und er ärgert« sich imm«r noch extra,
wenn er sich ärgerte, weil der Aerger
seiner Gesundheit besonders schädlich
war.
„Und wo er zuletzt war," fuhr
Kuntze fort, „da mußte er jeden Al:nd
bis » Uhr arbeiten."
„Bei uns wird bis um 9 Uhr gear
beitet," fi«l H«rr Ritsch« ein.
„Na, na, d«r Neffe des Bureauchefs
wird wohl früher Feierabend machen
können. Ja, also mein Emil hat da
den ist, das hat sich ja natürlich aufge
summt und da ist 'ne Rechnung ge
kommen von 500 Mark."
„Sechshundertundfünfzig Mark,"
verbesserte Emil seinen Vater.
müssen."
Jetzt ward es dem Vureauvorsteher
' zu viel.
„Also, ich bedaure," sagte er kurz,
„es ist keine Stellung bei uns frei für
d«n jung«n H«rrn."
„Kaff«r!" sagte laut und deutlich
5 Emil.
Herr Kuntz« sagte mit so einer Art
Ritsche."
Und Frau Kuntz« wimmerte, indem
sie sich die Augen wischte:
„O, meine Ida, wenn du man glück
lich wirst!"
Jetzt trat ei« ziemlich großer und
dicker Herr, mit einem etwas forcirten
freundlichen Lächeln auf dem glattra
sirten Gesicht, auf das Brautpaar zu
und gratulirte in ostentativ geräusch
voller Weise. Das war der Gelegen
heitsdichter und Festredner Ottomar
Roselli säst zu allen bedeutenderen Fe
sten geladen, um die Hauptred« zu hal
ten. Er hatt« einen ziemlich feststehen
den Tarif für seine verschied«n«n Sor
ten von Reden. Dieser Tarif war in
den betreffenden Kreisen wohlbekannt,
und man beurtheilte die Splendidität
eines Gastgebers gerade so gut nach der
Länge d«r Roselli'schen R«de, wie nach
der Güte und Menge der Speisen und
der Getränke.
Also Herr Roselli zog den Gastgeb«r
begrüßt hatte.
„Was ich sagen wollte, verehrter
Herr Eller," begann er; „ja, «s scheint
ja ein ganz reizender Mensch zu sein,
was ich sagen wollte ja, geben Sie
mir, bitte, einige Anhaltspunkte für
ineine Festrede. Es soll doch ein biß
chen was Nettes sein, nicht?"
Herr Eller aber überlegte sich, daß
unter den obwaltenden Umständen ein«
ist kein Freund von langen Reden."
„So. Hat Ihr Herr Schwiegersohn
mich denn schon mal reden hören? Na,
also! Mein hochverehrter H«rr Eller,
ein Mann in Ihrer Position kann doch
eine Fünfmarkrede vorsetzen!"
ein« b«ssere Rede?"
„Sie wollen doch 'n bißchen was
'u°'d'd ch ' b Bche l Wtz' es
„Na, ja."
„Dann kostet die Rede 30 Mark."
„Aus reden Sie für 20 Mark!"
halten.
„Ist eure Hochzeit schon festgesetzt?"
che» lassen. Aber denk« dir, das Pech!
„Das ist allerdings Pech!"
„Aber das schadet nichts. Mein
h l'ch
an ihren durch einen großen Blumen
strauß bezeichneten Platz am oberen
Ende der festlich gedeckten Tafel.
Es ging zunächst sehr still her bei
Tisch«. Die Gäste hatten all« guten
Appetit, und es ging sozusagen der
Engel der guten Verköstigung durchs
Zimmer.
Ida war sehr zutraulich und zuvor
kommend gegen ihren angeblichen Ver
lobten, so daß er den Verdacht schöpfte,
sie wolle den Rückgang der Verlobung
wieder rückgängig machen. Darauf
würde er aber unter keinen Umständen
eingehen. Das nahm er sich fest vor.
Fräulein Ida brachte mit einer et
das Gespräch auf Herrn Arnold Ol
dermann. Ob Herr Ritsch« sich sehr
vor ihm fürchte.
gemacht, als ob er mich wirklich todt
schlagen würde, wenn —"
»Er wäre auch wirklick dazu im
gen Körperverletzung."
„Was?! Warum denn?"
bin —"
„Ja, aber heute Abend h?ute
Nacht, so «in Mensch ist zu Allem
fähig."
.Nun denn, Herr Ritsch«, ich Ware
beinahe Ihre Frau geworden, das be
rechtigt mick, nein, das verpflichtet
mich nicht gleichgültig zu sein we
gen Ihrer Sicherheit, also ich muß Jh
>ien sagen: ich habe vorhin durch's Fen
ster gesehen, daß Arnold Oldermann
auf der Straße vor unserem Hause auf
Herr Ritsche erschrak heftig. Er
legte plötzlich Gabel und Messer nieder.
So gut es ihm schmeckte nein er
wollte nicht weiter essen. Er würde
ganz sicher schwer krank werden, wenn
er in dieser gräßlichen Aufregung wei
ter äße.
Fräulein Ida amüsirt« sich pracht
voll. Si« legte dem Trostlosen ein
Stück Huhn auf den Teller und sagte
jetzt wieder laut: »Ab«r, lieber Ernst
mein Schatz so iß doch!"
In diesem Augenblick erhob sich
höchst würdevoll Herr Ottomar Roselli,
der berühmt« Redner. Eine feierliche
Stille trat ein, und nachdem «r sich
durch scharf forschende Blicke überzeugt
hatt«, daß alle Anwesenden auf ihn
sahen, begann Roselli jeine Rede.
„Meine lieben Fr«und« und Festge
nosstn!"
Kurz« Pause, als müßte d«r Redner
seine Riesengedailien erst bewältigen.
Dann noch einmal, fast zärtlich:
„Mein« lieb«n, lieben Freunde und
Festgenossen! Ein alt«r W«ifer hat ein
mal gesagt: es ist Alles schon dagewe
sen, würd« er das auch gesagt haben,
wenn er die Freude gehabt hätte, das
junge Brautpaar, das wir hier heute
Abend feiern, zu sehen? Ich sag« nein,
er würde es nicht gesagt haben. D«nn
so vi«l Li«b« und Glück, also so vi«l
Liebesgliick, ist wohl noch nicht dag«w«-
sen. Sehn Sie die freudestrahlenden
Blickt d«r lieblichen Braut s«hn Si«
das vom Glück verklärte Angesicht des
„Wo denn?" fragte halbleise, aber
verständlich, der freche Emil.
Herr Roselli ließ sich nicht irr« ma
ch«n.
„Ach, und wie vertrauensvoll darf
dies jung« Weib ihr liebliches Haupt
an die Brust dieses Mannes legen! Er
ist ein gediegener Mann, ein ernster
Mann, ein einfacher Mann, der keinen
Werth legt auf Äußerlichkeiten. Sehn
Sie doch, meine lieben Freunde, wie «r
cken Gewände —"
„Hähähä, sein Frack ist auf der Ei
senbahn vertauscht!" rief H«rr Roth«,
der abgeschlagene Mobilienhändler.
Wi« ein«n Fangball griff H«rr Ro
selli dies«'Zwischenrede auf.
„Sein Frack ist aus der Eif«nbahn
vertauscht! O, über di« Zerstreutheit
der Liebe! Er hat an sein süßes Lieb
gedacht und darüber sein«» Koffer ver
gessen. O. daß sie ewig grünen blieb«,
di« schön« Z«it der jungen Liebe!"
So red«te H«rr Roselli noch eine
kurze Zeit weiter und schloß dann mit
einem Hoch auf das junge Brautpaar,
in das die Gesellschaft einstimmt«.
rief Fräulein Anna Reimers über den
Tisch herüber: „Herr Ritsche, ich mein«,
Sie hätten sich ein Loch in den Frack
gebrannt."
Blöde stierte der Angeredete das
Mädchen an.
.Was?!" rief höchst verwundert die
Mutter der jungen Dame. „Mir ist
gesagt, Ihr Frack wäre Ihnen im Ho
tel gestohlen. Wo wohnen Sie denn?"
„Im im Hotel zum Kronprin
zen."
„Ei, sieh das gehört ja meinem
Better Gollermann! D«r wird sich doch
sein Hotel nicht verschimpfiren lassen!
Das wird sich noch finden!"
Herr Ritsch- war förmlich in sich zu
sammengesunken. Da stieß ihn Fräu
„Mein lieber Schatz du mußt
dich für den schönen Toast b«dank«n."
.Ich ich kann nicht reden," stam
melte der Schatz. Aber Ida hatt« schon
an sein Glas geklappt und schob ihn
in die Höhe. Der Unglückliche begann
zagend und stotternd:
Ida begann zu soussliren, und Herr
Ritsche betete Alles getreulich nach, so
weit er «s verstehen konnte.
hock!"
Hier war die beste G«l«g«nh«it, die be
vorstehende Aufhebung der Verlobung
gleich ahnen zu lass«n und die gewich
tigste Persönlichkeit d«s B«kanntenkrei
ses darauf vorzubereiten.
.Ach, meine liebe Frau Reimers,"
sagte si«, .wenn Sie wüßten, wie lang«
schon mich d«r Gedanke quält. Aber
d«r Mann ist ja so verliebt und hat
keine Ruhe gegeben, und m«in« Ida ist
noch nicht all«r Tage Abend, und ich
meine, eine klein« Unannehmlichkeit ist
besser als ein großes Unglück. Der
Mann würde mir ja schrecklich leid
sellschaftlichen Schliff sehr leicht bet
riebe Frau Eller, gestatten Sie
gersohn werden."
„Meinen Sie wirklich?"
.Ja, liebe Frau Eller, und auch
Als der Buchfink starb
Es war Sommer und sehr heiß.
Die Vögel und Käfer waren alle so
faul, daß sie nicht zirpen und zwit
schern mochten. Es war ganz still
im Walde, kaum daß eine Eidechse
oder Blindschleiche durch das Laub
raschelte, die Blätter hingen träge an
den Bäumen und die Blumen senkten
müde ihre Köpfchen. Einzig ein
Buchfinkenmännchen saß fröhlich auf
einem Zw«iglein und sang unverdros
sen. Es blähte seine kleine Kehle, und
feine Brust hob und senkte sich vor
Eifer. Aber plötzlich wurde es still,
es schloß seinen kleinen Schnabel, sein
Herz hörte auf, zu klopfen, und laut
los fiel es vom Baum herunter. Ein
Herzschlag hatte seinem Leben ein En-
ES hatte Niemand diesen Vorfall
beobachtet. Nach einiger Zeit kam ei
lig ein Todtenkäfer daher und stolper
te beinah« über das Vögelchen, das re
genüg Arbeit hätte! Er kehrte um
und suchte ein paar seiner Kameraden
auf, die eben einen Maulwurf begru
ben.
.Es liegt einer unter der großen
Eiche, wir müssen ihn begraben, ehe
die Ameisen ihn angreifen."
„So, wer ist es denn?" fragten die
Anderen, Sie waren nicht neugierig,
es war ja ihr Handwerk, zu begraben.
.Es ist der Buchfink, der auf der
das sollte man ihr aber sa
gen lassen! Geh' du und erzähle es
ihr."
Der Todteniäfer, der den Vogel ge
funden, polirte und glättete sein gelb
und schwarzes Amtsgewand und
machte sich auf den Weg. Unterweg?
traf er den Vetter des Buchfinken.
„Distelfink," sagte er wichtig, „dein
Vetter ist todt! Ich bin eben auf dem
Wege zu seinem Weibchen, um es ihr
mitzutheilen, habe aber keine Zeit!
Geh' du hin und erzähle es ihr!"
„Ist er todt, der anne Kerl?" rief
bekümmert der Vetter, .da» thut mir
Der Distelfink und der Todtenkäfei
gingen. Sie begegneten der Eidechs«
die unter der Buch: ihr Loch hatte,
„Denk einmal, Eidechse der Ftnk,
den oben in deinem Baum wohnte, ist
todt," sagte unglücksfroh der Vetter
Distelfink und sah die Eidechse erwar
tungsvoll an.
„Es wird nicht sein," wunderte sich
diese, „so ein guter Kerl! Schlimm
für seine Frau! Er hat geglaubt, es
gebe keine mehr wie sie, aber
»Ja, ja," nickten die beiden Ande
ren, „ja, ja! Man hört 'allerlei!"
Darauf gingen sie und sahen im Wei
tergehe« eine Maus vorbeihuschen, die
sie kannten.
„Maus," rief die Eidechse, „komm
einmal her, denk bloß, der Buchsink,
du weißt ja, der auf der großen Bu
che, ist todt. Wir gehen eben, es seiner
Frau zu sagen."
„Ich komme mit," sagte eifrig die
Maus? „ich habe ihn gut gekannt. Er
war ein guter Kerl, aber er lebte ein
wenig großartig."
„Jawohl, jawohl," riefen die bei
den Anderen, „das that er! Und dann
war er so vernarrt in seine Frau! Et»
Todteniäfer, Distelfink, Eidechse
telten die Köpfe.
F' k ibch !
Wel! wäre?"
„Gerade der, bestätigten die Ande
ren.
eine Blindschleiche und eine Ameise der
Gesellschaft an.
„Wer soll es sagen?" frug die
Maus.
„Der Vetter Distelfink und der
Todtengräber," entschieden die a»de
weibchen in ihrer Wohnung.
„Liebe Base," begann der Distel
fink, „wir haben dir leider etwas mit
werk, Ihnen mitzutheilen, daß..
„Daß," rief die Maus, und die
Eidechse endete: „Ihr Mann todt ist!"
Die ganz? Gesellschaft wischte sich die
Augen. Das arme Weibchen versteckte
konnten deutlich sehen, sie ihr ganzer
Körper bebte. Die Maus sah den
Frosch an.
„Es geht ihr doch zu Herzen," flü
sterten sie bedeutungsvoll. Aber da
hob das verlassene Weibchen schon
wieder den Kopf.
„Ich danke euch, liebe Freunde,"
sagte es, „aber nun möchte ich gern
allein bleiben!"
Die Trauergesellschaft verabschiede
te sich. Unten sagte die Ameise zur
Blindschleiche: „Die ist schnell getrö
stet! Potztausend, da habe ich anders
getrauert, als mein Seliger starb!
Und that nichts als weinen!"
„Ja," sagte die Blindschleiche, „hät
te er eine Hiesige genommen! Die
würde ihn auch ordentlich betrauern!
Was wollt ihr wetten, die heirathet
wieder, ehe zwei Wochen vorbei sind!"
„Möglich, möglich," bestätigte der
Distelfink und glättete seine Federn,
nahm sich auch im Stillen vor, noch
am selben Abend seiner Base einen
kleinem Besuch zu machen. Darauf
trennte sich die Trauergesellschast.
Der Todtengräber begab sich an seine
Arbeit mit noch sechs anderen seines
Handwerks, und ehe es dunkelte, war
der todte Buchfink begraben.
Der Distelfink beniitzte den schönen
Abend, um sich nach dem Ergehen der
Wittwe zu erkundigen: aber wer de
schreibt sein Entsetzen und seine sittli
che Entrüstung, als er das arme
Weibchen auf einem luftigen Zweige
sitzend fand, laut in den Abend hin
aussingend. Er verbeugte sich tief
und trug ihr feine Hand an.
„Nein," sagte das Buchsinkenweib
chen, „nein! Ich singe, weil mein
Männchen es liebte! Ich singe und
denke an ihn! Ich singe, weil ich nicht
anders kann, aber von Dir will ich
nichts wissen!" Es sang weiter, und
der Distelfink ging empört nach Hause.
Er erzählte der Maus und der Eidech
se, was er gesehen.
„Sie singt?" schrie die; „die singt?
Es ist doch nicht möglich! Komm, das
müssen wir den anderen erzählen!"
Sie gingen in tiefer Entrüstung
durch den Wald, wem sie begegneten,
dem erzählten sie es. Der Distelsini
aber verschwieg wohlweislich, was er
bei der Wittwe gewollt und was sie
ihm geantwortet hatte.
besucht? Habt Ihr gute Erfolg« ge
deutend, aber zwölf Bazardamen ha
bt» sich verlobt.