Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, October 29, 1903, Page 3, Image 3

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    Acr lMtiie Mg.
Roman von Haun? von Zoicltih.
4. Fortsetzung.
„Sehen Sie mich einmal an, Ruth!
So! Nein ordentlich! Fest in die
Augen! Liebe Ruth! Ellinor
großer Gott! Ellinor verehrt man,
Ellinor bewundert man. Man spannt
sich, einer unter vielen, vor Minors
Triumphwagen! Aber Liebe, Liebe,
Ruth das ist ganz etwas anderes!
Nein, nicht die Augen nied:rschlagen,
die schönen, großen, guten Augen!
Mich ansehen, Ruth! Und mir glau
ben! Sie liebe ich, Ruth nur
Sie!"
Er schob sich ein wenig zu ihr hin
über. Er faßte mit seiner Rechten
nach ihrer Hand, hob sie und legte sie,
sie immer fester umspannend, mit an
das Rad.
„Sehen Sie, Ruth so! So wol
len wir gemeinsam steuern! Heut und
durch das ganze Leben. Glücklich sein,
Ruth...."
Plötzlich beugte er sich herab und
drückte seine Lippen auf die schmale
kühle Hand, die leise erzitterte: aber sie
blieb fest am Steuerruder zwischen sei
nen Händen liegen.
IV.
eigentlich ein goldener Traum. Als si:
landeten, hatte sie ihm noch einmal
ganz kurz und fest die Hand gedrückt,
und dann war sie an ihm vorüber auf
die Steinstufen gehuscht und quer über
den großen Rasenplatz nach dem Schloß
zu. Er war gar nicht recht zur Besin
nung gekommen. Denn gleich darauf
legte die Dacht an, und von der Schlo
ßterrasse kamen die älteren Damen her
ab, mit der Fürstin, die ihn flüchtig,
aber doch seltsam fragend und for
streifte und lächelte.
Es folgte ein feines, kleines Souper,
doch ohne Ruth; sie ließ sich mit Kopf
schmerzen entschuldigen, die sie plötzlich
befallen hätten. Auf ein paar Minu
ten war auch Ellinor verschwunden,
um Hans dann im Vorübergehen zuzu
flüstern: „Ruth läßt Sie grüßen und
erwartet Sie morgen Mittag. Glück
auf, lieber Hans!" Viel erstaunte,
verwunderte, verlegene Augen; eine
wenig passende Phrase Plenshagens;
«in flüchtiges Anstoßen mit dem Glase
des Fürsten, der lächelte, der Deubel
mochte wissen, war's ironisch, war's
stumpfsinnig! Endlich die Fahrt durch
die stille Nacht, neben dem lallenden,
brummelnden alten Lierke...
Und zwischen all den Bildern immer
wieder ein Paar großer dunkler Augen.
Tina's Augen. Lodernd thränen
feucht traurig.... Nah! Das half
doch nun einmal nichts. Lcvv
Durch!
Dann das Händeschütteln daheim
oiif der Veranda. Nur Malwinens
den Lichtern...
„Ich komm' gleich nach, Spatz! Will
nur noch mal nach den Pferden sehen."
Plesle hinabgelaufen, hatte jedesmal
«ine ganze Weile auf dem Brett geses
sen, von dem aus die Mägde ihre Gieß-
Wiese gebleicht wurde; hatte die Händ:
weit in das kühle Flußwasser hinein
gesteckt und sie dann gegen die brennend
heißen Schläfen gepreßt.
Verlobt! Wirklich verlobt! Glücks
pilz! Schön liebenswürdig ver
liebt bis über die Ohren, liefe Ruth,
eifersüchtig sogar! Donnecwetter, was
wohl die Kaineraden sagen werden?
Millionärin. Schwager von Fürst
Woldegg. Komischer Kerl das. Zum
Und er sah sich im Geiste mit Ruth
sen Wildpark, sah sich mit ihr im Ball-
und ein Haushofmeister in Escarpins
stand an der Treppe.... Und dann
war ihm wieder, als ob er mitten auf
dem Weltmeer schwimme, und es gebe
kein Ufer für ihn... Ah —zu dumm
—zu dumm! Schlafen gehen, das
tiner!
Als er durch den langen, schmalen,
dunkeln Corridor im Erdgeschoß
schlich, auf leisen Sohlen, klappte plötz
lich eine Thür. Ein Lichtstrahl leuch
tete durch die Spalte, gleich darauf
trat die Mutter heraus.
„Hansl Hans! Ich warte ja auf
Dich!"
Er schöpfte tief Athem. Es war
Ihm unbequem, peinlich. Aber als er
dann in das vergrämte, erregte Gesicht
der Mutter sah, in ihre blaßblauen
Augen, die so erwartungsvoll, so
ängstlich unter den Spitzen der weißen
Nachthaube auf ihn gerichtet waren,
brach doch eine warme Empfindung in
ihm durch. Sein Mütterchen! Ja,
wahrhaftig, sie hatte ein Recht auf sein
Vertrauen! So umfaßte er sie denn,
zog sie in ihr Schlafzimmer zurück und
fiel ihr um den HalS: „Berlobt, Mutt
chen! Verlobt!"
Der Porzellanleuchter fiel ihr aus
der Hand, 'ersprang auf der Erde, der
kleine Kerzenrest glimmte auf dem Te
ppich. Und vor allem bückte sie sich, hob
das Licht auf und sagte: „Gott, der
gute Leuchter! In tausend Stücke.
Nicht einmal zu kitten mehr."
ganz Muttchen. Wieder umhalste er
sie, küßte sie. „Laß nur, Mama. Scher
ben bedeuten Glück!"
Nun erst fand sie sich wieder.
„Mein guter Junge! Mein einzi
ger! Ja, Glück! Also wirklich. Und
nicht ein Wort hast Du mir vorher ge
sagt, Du böser Junge. Gar kein Ver
trauen gehabt. Ja und weißt Du,
ich alte, dumme Mama hätt« «s ja
überhaupt nicht gemerkt, wenn mich
der Plenshagener nicht in seiner ge
schwätzigen Art sozusagen mit der Nase
daraus gestoßen hätte. Du guter
Junge. Solch Glück! Ein so wun
derschönes Mädchen und so reich
ja lieber Gott, ich kann'S ja noch
gar nicht fassen. Aber Ich will sie auch
sehr lieb haben. Ich will ihr eine sehr
gute Schwiegermama sein ..."
Während sie sprach, mit bebender
Stimme, hingen ihre Augen immer an
den weißen Porzellanstücken auf dem
zerschlissenen Teppich, und plötzlich
bückte sie sich: „Ich will sie doch lieber
gleich zusammensuchen. Sonst tritt
noch Jemand hinein."
Hans mußte wieder lachen. Aber
da pochte es an der Thür, und gleich
darauf trat die Großmutter ein. Auch
sie schon in der Nachtjacke, ohne die fal
schen Locken, die Haube ganz auf den
fast haarlosen runden Kopf zurückge
schoben, die eine Backe bereits abge
schminkt, die andere noch im schönsten
Rosenroth. In der einen Hand ihren
Krückstock, in der anderen einen Mef
singleuchler.
„Laß doch liegen, Minchen. Laß doch
liegen," sagte sie. „Ich hörte euch spre
chen. Na, und da wollt ich doch auch
gratuliren. Natürlich. Ich störe doch
nicht? Gott, das Glück, nicht wahr..
Unser Hänschen mit dem Krufelkra
gen! Na ja, Hänschen, also alles
»N lch tarire, morgen holst
Du Dir das offizielle Jawort und die
Zustimmung der allergnädigsten Frau
Schwägerin, die, taxir ich weiter, mohl
die letzte Entscheidung in Händen hält
ja und dann: zieh ein, Du
Glanz, in unsre niedre Hülle! Meinen
Glückwunsch, Hänschen!"
ES lag etwas im Ton der Groß
mutter, das Hans fast noch mehr
kränkte, als ihre Worte. Er richtete
sich schroff auf, warf den Kopf zurück:
„Danle, Großmama! Aber es scheint
mir fast, als ob —"
„Als ob ich mit Deiner Wahl nicht
ganz einverstanden sei? Bewahre,
Hänschen. Du kennst meine Ansichten
neulich. Ich bin ganz einrer
standen. Ich freu'- mich mächtig, daß
mal wieder ein Hagelitz zu Gelde
kommt, und daS Mädchen Pardon,
mach nicht gleich solch Gesicht also
Deine Braut gefällt mir sehr. Hat so
was Ruhiges, sich nicht Aufregendes,
Temperamentloses, wie'S für euch Ha
gelitze gerade paßt...."
„Nun also?"
Krückstock an Hans vorbei und stellte
sich neben ihre Schwiegertochter.
„Ja also! Siehst Du nämlich,
Minchen, sagen muß ich's ihm dcch.
Und daß ich's ihm in Deiner Gegen
lich nicht etwa, daß unser Hänschen da
ein ganz leichtsinniges Bürschchen ist,
der so den letzten Rest der Hagelitz'schen
Schwester, verthan hat. Bewahre,
Hänschen. Du bist ja eben ein Hage
ls. Die können nicht anders, und nun
„Laß doch, Mama —" sagte Hans,
„Ich bin gleich zu Ende, ihr lieben
Kinder. Herunter muß es aber von
meiner Brust, sonst ersticke ich. Näm
lich, daß das Hänschen da ein ganz
seh' Dir an, Du
weißt ganz genau, was ich meine. Aber
Deine gute Mutter scheint blind. Du
hast natürlich nicht gesehen, daß er seit
Jahren unserer guten, lieben, braven,
schönen Tina den Kopf verdreht hat."
„Großmutter!"
„Ich Hab's gesehn. Ich hab' auch
gesehn, als Du im Herbst hier warst,
daß Du sie 'gelllßl hast. D'» lieber
Gott, ein Küßchen in Ehren ich bin
ja nicht so. Aber es giebt da einen
Unterschied. Wenn nämlich ein an
ständiger Mann merkt, daß ein junges,
temperamentvolles Mädchen mit allen
nun ist's genug, Großmama," stieß er
hervor. „Schön —es ist alles wahr,
was Du gesagt hast. Aber ich will
Deinen eigenen Satz vollenden dann
zieht ein verständiger junger Mann sich
eben zurück! Das habe ich gethan.
Was sollte ich mehr thun? Ich leugne
ja gar nicht, daß ich Tina sehr gern
hatte. Awr ich sah eben, gottlob,
rechtzeitig ein, daß es für mich und vor
allein für sie selbst ein Unglück gewesen
wäre. Du mußt doch selbst sagen,
Mama, wohin sollte es denn führen,
wenn..."
Frau von Hagelitz schluchzte, aber
sie nickte zustimmend: „Ja, Mama, das
ist doch wahr! Gott, ist das schreck
lich! Ein Glück nur, daß Du recht
zeitig ..
„Rechtzeitig!" Die Greisin lachte.
„Ein Glück nur, sage ich. daß meines
guten Hecksteins Augen auch^mitßünd
lich beleuchten. „Na ja Ihr seid
natürlich einig. Wie sollt« es auch an-
derS sein. So Ist doch einmal der Welk
Lauf. Ich will euch zu eurer seelischen
Befriedigung sogar noch eins dazu
verschwendeten Liebe nicht zu Grunde
gehen. In der steckt ein guter Kern.
Sie wird leiden, aber sich durchkäm
pfen und, will's Gott, noch tinm^
d:r!"
Leise schlich sich Hans, nachdem er
die weinende Mutter noch einmal
schweigend umarmt hatte, die Treppe
hinauf und in das Zimmer. Gottlob:
der Spatz schlief schon. Oder nicht?
Nun, jedenfalls war er verständig ge
nug, die Augen geschloffen zu halten.
Nur nicht noch einmal Erklärungen,
Auseinandersetzungen!
Am nächsten Miitag holte sich Hans
das offizielle Jawort. Es ging sehr
gelassen dabei zu. Ruth ließ sich schwei
gend umarmen und küssen. Der Fürst
zeigte, als ihm die vollendete Thatsache
unterbreitet wurde, sein gewöhnliches
Lächeln und seine großen gelblichen
Zähne, gratulirte aber „herzlichst".
Nur die Fürstin schien ein wenig er
regt, so sehr sie es verbarg. Sie war
auch die einzige, die ein wahres, war
mes Wort fand: „Machen Sie Ruth
glücklich!" Und sie sah dabei Hans so
eigen an. Er wußte nicht recht, was er
aus dem Blick der dunkeln Augen her
auslesen sollte: Freude, Zweifel
oder Reue.
Dann, beim Lunch war es wieder
Ellinor, die sagte: „Wir müssen aber
doch Pa benachrichtigen —"
Pa jetzt?"
Der Fürst machte ein langes, sehr
langes Gesicht, wie eben Jemand, der
einen höchst unbehaglichen Logirgast
erwarten muß. Aber dann glänzte eS
ständlich, Elly. Pa wird hoffentlich
oder in Rom im Albergo Reale, oder
in Neapel im Grand Hotel sei. Nein,
jetzt doch wohl in Paris. Mindestens
„Du schreibst also. Ruth?"
„Schreiben? Ach, liebe Elly, ich
bitt' Dich recht sehr, telegraphire Du
doch an Pa.
Hans hatte das unsichere Gefühl,
daß er an Mister Forster, seinen zu
künftigen Herrn Schwiegerpapa, eine
schöne Epistel senden müsse. Er sprach
diese Absicht auch aus. Sie wurde mit
Hochachtung aufgenommen, aber mit
allgemeinem Widerspruch. Selbst Elli
nor erklärte: „Nein, nein, Herr von
Hagelitz Pardon, lieber Hans!
Dann müßte Pa ja wieder schreiben.
Ihm sind Thatsachen das liebste. Ich
werde drahten: „Alles Weitere münZ
lich." Dann sann sie einen Augenblick
nach. „Ja so! Mit den Anzeigen
muß natürlich gewartet werden. Und
Ruth's Glück sicher nicht im Wege ste
was Geduld das ist alles^"
htt ll s U , h
Schwester hätte er vielleicht zu ignort
ren vermocht, und Gallweg bekam
Hause hinllbergeführt hatten ein Men
schenalter hindurch, plötzlich gelöst wa
ren für ihn; er empfand aber auch,
daß sie unsichtbar fortbestanden. Tina
kam nicht, aber die Schwester war viel
bei ihr; der alte Pastor ließ sich nicht
sehen, aber die Großmutter brachte
lange Stunden im Pfarrhause zu.
Und die Mutter, in deren Art es lag,
doch bloß daS mit der Tina
nicht gewesen wäre!" bald: „Wenn
doch die Tina ihren Pächter geheirathet
bätte, das dumme Ding!" oder: „Was
sich eigentlich die Tina nur eingebildet
hat? Du konntest sie doch nicht heira
then!"
Nein! Nein! Weder er noch sie
halten ja je von Heirath, von der Zu
kunft überhaupt gesprochen. Hatten
wohl auch nie an sie gedacht. Hatten
sich lieb gehabt lieber Himmel, es
war eine Jugendeselei gewesen, Pri
manerliebe nicht viel mehr!, Aber
weh' that'S nun doch... es war das
einzig«, was Hans nicht ganz überwin
den tonnte. ES blieb da ein Rest
etwas wie eine gesprungene Seite, ein
leiser Wehllang.
Ja! Und nun kam Pa! Die Für
stin war ihm bis Roppa, zur Bahnsta
tion, entgegengefahren. Er kam also
völlig orientirt, völlig vorbereitet in
Wagen saß ein Kammer
diener, ein Muster von Eleganz. Ruth
und Hans standen aus der Rampe, als
Hintergrunde. Hans war doch etwas
erregt, Ruth ganz ruhig. ES schien
sogar, als ob sie ein wenig Mitleid^mit
Mann."
Der alte Herr sprang recht elas.isch
vom Wagen, ging auf Ruth zu, lüßte
sie auf die Stirn und streckte dann
„Mister Förster —" begann er. Aber
„Schön! Schön! Weiß schon! Ue
ber das Geschäftliche sprechen wir nach
der Fürst! <!<>»,! ckuv! Nun mich!'
Zimmer hörst du nicht? Welche
Nu," .er? Nicht 'mal ein Li't? Na,
Mit zusammengebissenen Zähnen
starrte Hans vor sich hin, bis Ruth
ihre Hand aus seinen Arm legte: „Aber
Arm von HanS und sagte auch, freilich
in andern, Tonfall: „Aber Hagelitz,
was wollen Sie denn eigentlich? So
ist Pa doch immer!" Und mit dem
Anflug eines bei ihm seltenen Galgen
wollen fix bei mir im grünen Zimmer
'ne Pulle Pommery trinken... Sor
genbrecher!"
Francis, der Kammerdiener: „Mister
Forster wünsche den Herrn Baron zu
sprechen."
Hans stand sofort auf. Der Fürst
begleitete ihn bis in die Vorhalle: „Lie
ber Hagelitz, wenn Sie einenßath wol
len ehem! lassen Sie dem
Greuel sagen: falls er Sie sprechen
wolle, möchte er zu Ihnen kommen!
Na ja ich weiß ja —es geht so
nicht. Also mit Gott «nd nur nicht
verblüffen lassen. Im Grunde, Sie
wissen es ja aus zwei schönen Mün
dern, im Grunde ist Pa gut. Aber der
Grund liegt tief. Gott befohlen!"
Im Korridor des ersten Stockwerks
Pa ist gut."
„Mister Forster läßt bitsen —"
„So! Da wären wir ja. Freue
mich sehr. Wer sind Sie eigentlich,
Herr Hagelitz?"
„Leutnant im 7. Gardegrenadierre
gim:nt, Herr Forster."
„So! Ich bin Oberst. Colone!
von der 9. Schützenbrigade. Nebraska
U. S. Sehr angenehm. Sie haben
auch ein Gut hier, sagte mir Ellen.
Auch mit solch' einer alten Raub-
„Mäßig groß das heißt klein.
Schön. Also Leutnant und Besitzer
eines kleinen Gutes. Viel ist daS
nicht, Herr Hagelitz."
Bisher halte Hans gestanden. Aber
nun kochte «S doch in ihm auf. Wie
ein Bedienter wenigstens wollte er sich
nicht behandeln lassen. Er zog sich al
so den nächsten Stuhl heran: „Sie er
lauben!", setzte sich und sagte kurz:
„Viel ist das in der That nicht, nach
Ihrem Maßstab gemessen. Wir mes
sen hier etwas anders. Aber vaS thut
wohl nichts zur Sache. Ruth liebt
mich, und ich liebe sie. Haben wir
Zi?
„Ruth ist majorenn!" meinte er.
„Und meine Töchter können überhi'ivt
auch selbst ausbaden ihre Männer
auch. Mir ziemlich gleichgültig, wen
sie Heirathen. Wollte mich als ordent
licher Geschäftsmann nur orientiren."
Er blinzelte unter seinen dicken Au
genbrauen ganz freundschaftlich zu
Hans hinüber und fuhr dann fort:
„XV>>ll! Also hören wir weiter: wie
viel Schulden haben Sie, Herr Hage
litz?" ' t> Kl '
hinüber, und ihm war's wirklich auf
«inen Moment, als sitze da oben aus
dem Sims das graue Glaringer Ge
spenstermännchen, von dem die Groß
mutter erzählt hatte; wie im Fluge
schoß Ihm der Gedanke durch d:n ikops;
„wenn doch das Kerlchen heut' Nachj
dem verehrten Pa eine Prise anbieten
wollte —" So verzögerte sich seine
Uebrigens schien Pa dies nicht wei
ter übel zu nehmen. Er reckte sich ein
wenig und sagte lächelnd: „Ich meine,
Herr Hagelitz, Sie haben das nicht so
genau im Kopfe. Nun, zu viel kann's
ja nicht sein, denn Schulden richten sich
immer nach dem Credit. Hä hä!
Ist schließlich auch des Schäfchens
Sache, ob sie Ihre Schulden bezahlen
will."
Jetzt war HanS so weit, daß er ein
werfen tonnte: „Etwa siebziglausend
Mark hoch gegriffen!" Er hatte da
bei im Kopfe schon ganz Vielberg hy
pothekenfrei gemacht.
„Für Ihre Jahre immerhin eine
ganz hübsche Leistung. Herr Hagelitz."
Pa lächelte ordentlich wohlgefällig.
„Achtundzwanzig —dreißig, schätz' ich,
was? So mit dreißig hatt' ich schon
meine erste Million gemacht, mit zwei
unddreißig allerdings auch schon wie
der verloren: der Morrison hatte eben
noch bessere Stiefelwichse oder verstand
dießeklame besser. Aber da verarbeitete
ich meinen ganzen Rest Wichse zu Ma
genpillen - hä, HL und da holt'
ich's wieder. Famose Idee was?"
Er rieb sich die Hände, und dann warf
er plötzlich den Oberkörper hoch, kehrte
die Füße seitwärts, setzte sich auf,
schlug Hans auf die Schulter und
spuckte kunstgerecht aus: „Sie gefal
len mir ganz gut, Herr Hagelitz. Ich
bin auch 'mal ein armer Schlucker ge
wesen mein Vater kam ohne Heind
und Stiefeln aus der Pfalz nach
Amerika! ich weiß, wie arm sein
thut. Ich will Sie nicht weiter quälen.
Also Ruth hat von ihrer Mutter selig
etwa zwei Millionen Dollars. Eine
Million liegt drüben sest; zur Zeit
schlechte Conjunktur. Die andere Mil
lion ist In guten Eisenbahn - Bonds
angelegt. Ich gebe meiner Tochter
jährlich fünfzigtaufend Dollars, zahl
bar in Vierteljahrsraten bei der Deut
schen Bank in Berlin. Damit können
Sie doch leben, nicht, Herr Hage
litz?"
Vor den Augen von Hans breitete
es sich wie ein Schimmer.
dabeu?. „also etwa vierhunderttau
fend Mark Jahreseinkommen! Don
nerwetter! Donnerwetter! Hans im
Glück! Ist's denn eigentlich auszu
denken!" Pa war am Ende doch ein
guter Mann.
Er würgte hervor: „Sie... sind sehr
gütig... Mister Forster..."
Pa spie wieder kunstgerecht aus. Es
kam jetzt fast so etwas wie Rührung
in trockene Stimme. „Ja, wissen
ja auch Heirathen könnte, mit kupser-
Shares 'reinlegte. Ist auch schließlich
leicht mit ihrem Kutscher sich trauen
ließe, wie Jestrie Malton und Evelyne
Berard."
Er griff rückwärts auf die Tisch
platte, nahm sein Checkbuch »nd Tin
tenstift und schrieb einen Check aus:
«Da, Herr Hagelitz. Still! Fünf
tausend Dollars. Schwiegervaters
Geschenk für Ihnen, Bezahlen Sie
damit das Nöthigste... weiß, ein
Brautstand lost' immer Geld, und ich
meiner Ruth geb' ich fünftausend mehr,
damit sich der Fürst ärgern soll. Hä
—^ä. d s Bwhl ' kl'ch
Hä-—hä! Hi hi!
«So! Nun wären wir wohl fertig,
Herr Hagelitz. Ja so wann soll
denn die Hochzeit sein?"
sprechen.'
„Also sagen wir Anfang Oktober.
Nur nicht so lange warten. Dafür
bin ich nicht. Und im November muß
ich in Rom sein. Anfang
Oktober... Hat mich sehr gefreut,
Herr Hagelitz. Gefallen mir «cht gut.
Draußen stand Hans ein Weilch»
vor der Thür, ohne sich zu rühren. Et
wußte nicht recht, sollte er lachen, sollte
er sich ärgern, sollte er heulen. Da
knitterte der Check in seinen Fingern...
Pa war wohl doch gut!
5.
Die Hochzeit von Hans Hagelitz war
vorüber. Sie war in Vielverg ge
lieber in Berlin zum Mar geschritten
wäre. Frau von Hagelitz, die sonst im
mer Nachgiebige, hatte ihren Willen
durchgesetzt: „Ruth hat keine Mutter.
Ich bin an deren Stelle getreten. Die
Hochzeit soll unter meinem Dach
slattfinden."
Vierzehn Taze hindurch hatte der
selbe Dekorateur, der dem jungen
Vollkommenheit in Viclbcrg geschattet
und gewaltet und das Unterste zum
Obersten gekehrt. Hans hatte neue
Wagen und Pferde geschickt und zum
Entsetzen Lierkes einen Kutscher, der
nur englisch sprechen zu können vor
gab. Der Garten war umgestaltet
worden, das Kirchlein in einen Hain
köstlicher Blattpflanzen verwandelt;
seit den Tagen des Großvaters war
Mister Farster?"
fen>
„Mir geht es gerade so, Mister Fcr-
em ganz ungezogener
Hans hätte in die Erde sinken mö
gen, die Mama wurde kreidebleich.
Aber Pa lachte seelenvergnügt: „Old
mein Lebtag nur Geld machen müssen,
immer Geld. Als ich endlich genug
hatte, war ich zu alt und zu faul, um
recht, Mister Forster. Und
bis zu der ihren heran: „Geben Sie
mir die Hand, Missis Hagelitz. DaS
ist ganz recht, was Sie Ganz
schätze Ihnen sehr hoch ein, Missis Ha
gelch-" P l
abend fand zum Schmerz des ganzen
Dorfes nicht statt traf ein Dutzend
älterer und jüngerer Kameraden ein.
Das Haus war so voll, daß Hans für
den einzelnen beim besten Willen nur
ein paar flüchtige Worte haben konnte;
selbst für Gallweg nicht mehr als
Handschlag und Gruß.
Dann kamen, im Woldeggschen
Vierspänner, Ruth und die Fürstin.
Der alte Heckstein war krank. Der
gefeierte Berliner Garnison- und Hof
prediger D. Gren hatte auf Bitte von
Hans seine Vertretung übernommen.
Und nun kamen, als die Glocken er
klangen und er an der Seite der
nuten für Hans Hagelitz, in denen er
sich ganz glücklich fühlte: glücklich nicht
im materiellen Sinn, sondern in der
frohen Zuversicht, Liebe geben, Liebe
ernten zu können. Alles Häßliche fiel
von ihm ab, tauchte unter in Zukunfts
hoffnungen. in innigen, guten, ehrli
chen Vorsätzen. Ihm selbst war, als
reinige, stärke ihn jeder Schritt auf
dem wallenden Seidenkleide mit dem
Myrthenkranz auf dem üppigen blon
den Haar! Wie lieb sah ihr blasses
sie soeben gewesen, als er sie an sich
gezogen und geküßt hatte! O von
ihm sollen die Leute und Leutchen
nicht sagen: er hat um Geld geheira
thet! Sie brauchten ja nur auf diese
schlanke, hohe Gestalt zu schauen, auf
dies anmuthige, ebenmäßig« Gesicht.
Neugierigen von nah und fern.
(Fortsetzung folg!.)
Für die Küche.
Hühner mit feinen Kräu«
kern. Junge Hühner werden sauber
zurecht gemacht und ausgenommen.
Die Lebern hackt man fein, mischt et
was frische Butter, feingehackte Peter
silie, Schnittlauch - Kerbel und Estra
gon dazu, steckt die Füllung in die ge
waschenen und getrockneten Hühner»
näht sie zu, umwickelt sie mit seinen
Speckscheiben und brät sie in Butter.
Inzwischen zerläßt man ein Viertel
Pfund Butter, dünstet zwei zerschnit
tene kleine Mohrrüben, zwei Schalot
ten, einen Löffel Mehl, zwei Nelken»
etwas Thymian darin gut durch, gießt
ein Pint Fleischbrühe oder Geslügel
brühe (von den Abfällen gekocht) und
ein Glas Weißwein dazu, läßt alles
25 bis M Minuten langsam verkochen»
rühr, die Sauce durch ein Sieb, giebt
feingehackte Petersilie, Estragon, Ker
bel und Schnittlauch hinein, sowie
Salz, Pfeffer und nach Belieben etwas
geriebene Muskatnuß, läßt sie an war
mer Stelle gut durchziehen und giebt
sie zu den Hühnern.
Schnee-Creme. 1 Quart gute
Milch (oder Rahm) wird «rhitzt und
wenn beinahe kochend, werden drei Eß
löffel in kalter Milch aufgelöste Corn-
Ge st ürzteßisc u i t - M e h l»
viel, als zu angenehmer Süße nöthig
ist. Man zieht darauf Pfund ge
brühten süßen Mandeln die Schale ab»
Wenn die Mehlspeise kalt und steif ist,
Chaudeäu zu demselben.
Hechtpastete in der Form.
Der vorgerichtete Hecht wird in hübsche
Ei und Semmel gewälzt und gebraten.
Eine Randform »der feuerfeste Porzel»
lanschüssel bestreicht man gut mit But
ter, legt auf den Boden eine Schicht in
kleineStücke zerbrochener.in Salzwasser
abgewellter bestreut sie
dick mit Parmesankäse. Die Hechtslücte
werden darüber vertheilt; auf diese
legt man Butterflocken, Maccaröni
und so fort, die Maccaronifchicht muß
den Schluß bilden. Eine dicklicheSauce
wird darüber gegossen, die aus folgen
den Bestandtheilen zusammengerührt
wird: Ein Taffenkopf Brühe wird mit
vier Eidottern stark verquirlt, etwas
süße Sahne, Salz und Pfeffer schwitzt
man mit Hellem Buttermehl an, gibt
Citronensaft hinein und gießt dies iir
dic Form, streut dick Käse und Butter
fiöckchen darüber und bäckt die Hccht
pasiete eine halbe Stunde bei mäßiger
Hitze. Die Form ist beim Serviren auf
eine Schüssel zu setzen und mit einem
Tortenrand oder dergl. zu verhüllen.
Blitzmehlspeise. Nachdem
eine Auflausform gut mit Butter aus
gestrichen ist, nimmt man 6 gute Aevsel
und schneidet sie in seine Scheiben.
Wenn dieselben eine Stunde lang mit
Zucker bestreut gestanden haben, wer
den sie auf den Boden der vorgerichte
ten Form gelegt. Nun rührt man i«
einem Topfe 20 Löffel voll gute Milch»
3 Löffel voll Mehl, etwas kleine Rosi
nen, etwas gehackte Mandeln und et
was Zimt zusammen, endlich auch das
zu steifem Schnee geschlagene Eiweiß.
Dies gießt man auf die Aepfel und
bäckt das Gericht gut bei gelinder
In eiligen Fällen thut man die geschäl
ten Aepfel sofort in die Form.
Rindfleisch mit Blumen
kohlgemüse. Anderthalb Psund
Rindfleisch wird abgewaschen und in
siedendes Salzwasser gelegt, worin es
mit einigen Gewürz- und Pfefferkör
nern, einem Lorbeerblatt, feingeschnit
tenem Sellerie und Porree zwei Stun
den kochen muß. Dann kommt die
Brühe durch ein Sieb, um nachher mit
dem von den Knochen befreiten Fleische,
sowie einem großen, sauber geputzten
Blumenkohlkopf noch eine halbeStunde
lang z« kochen. In sechs Löffeln But
ter röstet man 8 Löffel voll geriebene
Semmel braun, füllt einige Lössel
Fleischbrühe darüber, thut den in nicht
zu kleine Theil« zerlegten Blumentohl
hinein, schineckt mit gestoßenem Pfef
fer, sowie etwas Muskat ab, giebt ei
nen kleinen Teller voll gewiegte P«»?-
silie dazu und läßt das Ganze einig«
Male aufwallen. Dann muß das Ge
müse noch eine Viertelstund« durchzie»
Rhette zerlegten Fleisch angerichtet wird.
Die übrige Fleischbrühe verwend«»
inan zu einer beliebigen Suppe.
Bitter. „Sagen Sie, Brief
träger. hat denn der Maler da oben so
viele Bekannte, daß Sie jeden Tag
etwas für ihn haben?" „Ach bewahr«,
aber ich hab' einmal einen Streit mit
ihm gehabt, und aus Rache schreibt er
jeden Tag eine Postkarte an sich, da
mit ich die vi«r Stock zu ihm 'rausstei,
ü«n muß. 3