Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, September 11, 1902, Page 3, Image 3

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    Villa Mobstt.
klimiiialroman von Friedrich Tbi«me.
(14. Fortsetzung und Schluß.)
„Ich hatte Im voraus mit Stock alle
Vorsichtsmaßregeln verabredet. Er
durfte mein HauS nicht persönlich mehr
betreten, wir trafen uns Abends oder
zu anderen Zeiten unter Anwendung
besonderer Vorsicht an abgelegenen Or
ten, wir bestellten uns durch postla
gernd« chissrirte Briefe. Stock legte sich
für seine Thätigkeit einen anderen Ra
inen, den eines Kapitän Morelly bei;
er hatte in Amerika einen CirkuSjockey
gekannt, der sich diesen Namen beige
legt, und derselbe hatte ihm imponirt.
So spielte er dem Publikum gegenüber
eine regelrechte Doppelrolle: die deS
Kapitäns Morelly mit «inem Aug« und
«inem falschen Bart, wenn er meine
Geschäfte besorgte, und im gewöhnli
chen Leben die eines harmlosen stellesu
chenden oder für kurz« Z«it hier sich
aufhaltenden Schauspielers Rösch, auf
dessen Namen er Papiere besaß, die er
irgendwo einmal gestohlen oder in ei
ner Herberge an sich gebracht hatte. Ue
berall kannte man ihn nur als norma
len Menschen, da er die Vorsicht ge
brauchte, von Zeit zu Zeit den Gasthof
zu wechseln und sein nur schwer und
bei längerer Bekanntschaft erkennbares
Gebrechen sorgfältig z» verbergen. Auf
der Straße trug er zu diesem Zweck so
gar noch eine blaue Brille. Er hatte
auch für den Fall einer möglichen Ue
berrumpelung während seiner Thätig
keit für mich vorgesorgt. Ein lange:
schwarzer Mantel verhüllte seine Ge
stalt, darunter trug er einen kurzen
Ueberrock, unter dem tief über den Kopf
gezogenen weiten Hut eine Pelzmütze.
So konnte er, entdeckt und verfolgt, so
bald es ihm nur gelang, einen kurzen
Vorsprung zu gewinnen, sein AeußereS
vollständig umgestalten, und wenn er
auch noch sein künstliches Auge einsetz
te, so würde niemand in der umgeschaf
fcnen Persönlichkeit den einäugigen
Kapitän Morelly vermuthen.
„Ich will nicht versuchen, den See
lenzustand zu schildern, in dem ich mich
bei Begehung d«r That btsand. Um
den Anschein der Abwesenheit zu er
wecken, fuhr ich Morgens nach Meißen,
wo ich einen Bau auszuführen hatte.
Das konnte nicht auffallen, da eS jede
Woche ein paarmal geschah. Ich blieb
jedoch nicht so lange dort, als man spii>
ter geglaubt, sondern fuhr schon um
sechs Uhr in einer von Morelly besorg
ten Verkleidung vierter Klasse heimlich
zurück und schlich mich durch die Stra
ßen nach meinem Hause, das ich hinten
durch die Gartenpforte betrat. Ich
wußte, daß der Gärtner abwesend war,
deshalb hatte ich diesen Wochentag ge
wühlt. Von der Köchin und dem Mäd
chen brauchte ich nichts zu fürchten, bei
de hielten sich um diese Zeit gewöhnlich
in der Küche auf, sie würden mich bei
gehöriger Vorsicht nicht wahrnehmen.
„Meine arme Schwester lag schla
fend auf dem Sofa, als ich leise ein
trat; sie hatte gelesen, und das Buch
war heruntergefallen. Bei meinem
Eintritt erwachte sie darauf war ich
gefaßt; ich hatte, um nicht ihren Ver
dacht zu erwecken, einen Hausrock über
die Bluse gezogen und mit,
wegen der Geldangelegenheit zu spre
chen. Es war mir wirklich Ernst mit
meiner Angabt, ich wollt« noch einmal
versuchen, im Guten von ihr zu erlan
gcn, was ich bedurfte. Ich riegelte,
was ihr unter diesen Umständen nicht
auffallen konnte, die Thür ab, um jede
Störung fernzuhalten, dann drang ich
in sie mit Bitten und Vorstellungen.
Sie blieb bei ihrer früheren Entschei
dung. Wir sprachen lebhaft hin und
hei das waren die Stimmen, welche
der Briefträger Guinprecht vernommen
hatte.
„In unbeschreiblicher Aufregung
schritt ich endlich der Thür zu,, anschei
nend, um sie zu verlassen, in Wahrheit,
um noch einmal hinauszuhorchen, ob
alles sicher sei. Dann kehrte ich zurück,
als ob ich noch einmal an ihre Liebe
für mich zu appelliren gedenke, ich trat
dicht an sie heran, meine Vorstellungen
fortsetzend, und bevor sie noch ahnen
tonnte, was ich beabsichtigte, stieß ich
ihr ein Messer, das Morelly mir be
sorgt, wiederholt in die Brust und er
stickte durch Würgen des Halses ihre
Hilferufe hht w 'ch 't
Sinne nicht mächtig, ein
bestialischer Rausch hatte mich ersaßt.
Und doch verfuhr ich scheinbar ganz ru
hig und kaltblütig. Ich nahm die
Schlüssel aus ihrer Tasche, schloß den
Sekretär auf und nahm die darin auf
bewahrten zehntausend Mark an mich,
ich bedurfte einer größeren Summe zur
Auszahlung und um Morelly zufrie
denzustellen; die Schlüssel verbarg ich
wieder an ihrem Platz und stahl mich
davon. Ich ging in mein eignes Zim
mer, wusch mich und kleidete mich um
ich hatte meinen Anzug in einem
Vllndel mit mir gebracht —, dann
schlich ich mich ebenso geheim, wie ich
gekommen, wieder hinaus. Ich kehrte
nach dem Bahnhof zurück, mischte mich
dort unter die aus dem Zug, mit dem
ich in der Regel einzutreffen pflegt«,
aussttigenden Passagiere und fuhr in
einem Wagen hierher, zitternd b«i dem
Gedanken, daß der Einbrecher aus ir
gend einem Grunde seinen Besuch in
der Villa ausgegeben haben könne.
„Die Größe meiner Aufregung beim
Anblick der Leiche kann man sich vor
stellen was di« Zeugen jener Scene
für den unbändigen Schmerz eimS Ne-
habe ich alle Höllenqual«»
der Schuld, alle Beängstigungen «ineS
drohte! '
cher selbst aus der Art seiner Arbeit er-
Umständen fest, daß mit Recht der Ver
dacht sich auf ihn lenkte. Ich
ich unbehelligt und unauffällig ver
brennen. An Kolters muthmaßliche
Faseleien von dem seltsamen nächtli-
nung des Testaments herbei. Und nun
begann sich das Wort vom Fluch der
bösen Th.,'. die fortzeugend Böses ge
bären muß, an mir zu erfüllen. Der
Boden des Gerichtssaals wankte unter
meinen Füßen, als der letzte Wille mei-
Donnerwort einer rächenden Gottheit
an mein Ohr schlug! Alles umsonst —
ich hatte gemordet für meine Ehre, mei
ne Schwester gemordet, und nun war
daS Fürchterliche umsonst geschehen!
„Noch eine letzte Hoffnung erfüllte
mich. Noch stand mein Ansehen vor der
Menge unerschüttert, noch spielte der
Name Hobalt eine Rolle in der Ge
schäfts- und Kapitalwelt. Mein unbe
kannter Neffe würde ihn kennen wie je
dermann, würde sich durch die neue
Verwandtschaft geehrt, geschmeichelt
fühlen, mit Freuden mein Anerbieten
-nceptiren, als Compagnon in mein
Geschäft einzutreten. Wie schrak ich
zurück, als ich erfuhr, w?s daS wun
derbare Schicksal gefügt! Derjenige,
den sie zum Erben bestimmt, dem an
meiner Stelle ihr Hab und Gut zuge
hörte, als der Mörder seiner eignen
Mutter im Gefängniß! Ich dachte zu
nächst nicht daran, aus dieser Situa
tion Nutzen zu ziehen, ich besuchte ihn
in der Hoffnung, ihn für mich zu ge
meinen Kräften stand, gethan, ihm die
Freiheit zurückzuerobern, an ihm zu
sühnen, was ich an seiner Mutter ge
sündigt! Mein Vertrauen täuschte
mich, eine schroffe Abweisung traf mein
Ohr. Da blieb mir nur noch der eine
Ausweg: ihn zu vernichten! Er mußte
der Mörder sein, für den man ihn hielt,
er mußte verurtheilt werden, damit er
auf meine Anfechtung hin des Erbes
für unwürdig erklärt und sein Vermö
gen doch noch mein Eigenthum würde!
„Ich hatte eine lange Konferenz mit
Morelly, wir schmiedeten das Koni
tet. Die VerdachtSgründe gegen den
Verhafteten sollten verstärkt werden!
Morelly suchte Kolters Frau auf, um
sie durch das Versprechen einer für ihre
Verhältnisse beträchtlichen Summe zu
bewegen, ihren Mann zur Aenderung
seiner Aussage zu v«ranlassen. Morelly
nahm die ganzen Fäden der Intrigue
in seine Hand, er diktirte der Kolter
nothwendigen Informationen in
betreff WeringerS und seiner Aussagen
empfing. Beide Male geschah es durch
die Gefälligkeit eines im Untersuch
ungsgefängniß befindlichen Taschen
spielers und seiner ihn besuchenden
Ehefrau, welche von Morelly ein an
sehnliches Geschenk dafür einheimste.
Auch der Handarbeiter Balling und der
Invalide Blüthner wurden durch die
Kolter gewonnen, ersterer vermittelte
auch, als Morelly nicht mehr wagen
durfte, das Haus der Kolter zubetre
ien, des Kapitäns Botschaften an sie
oder theilte ihr mit, wo der Kapitän
sie Abends zu irgend einer Zusammen
kunft erwartete.
„Um den Beweis nicht allein auf das
Zeugniß des Einbrechers zu stützen,
eignete ich eines Besu^
Garten, dicht an der Mauer, die Brief
tasche finden. Ich errieth auf der
Stell«, daß sie dem jungen Mann bei
digkeitsklage ein es war mein letzter
Triumph! Therese Kolters thörichte?
Gesländniß, des Invaliden Gewissens
bisse hatten unserer Sache keinen ent
scheidenden Schaden zugefügt —, da
dieser Rechtsanwalt Altner, auf der
Bildfläch« auf und h«ftete sich wie ein
böser Geist an Morellys Fersen! Das
ncn Füßen geschüttelt, aber ich bedurf
te feiner noch zu nöthig. In seiner
Hand vereinigte er alle Schlingen des
nen Theil der versprochenen Summ«
zu beschaffen. Ich bestellte ihn für die
nächste Nacht denselben Platz; ich
wohl vergeblich, nach dem Geld herum,
erschöpft und beträchtlich verspätet kam
ich infolgedessen an den verabredeten
Ort. Ich näherte mich vorsichtig von
streitender Stimmen —, ich erdleichte,
ich unterschied die Stimme Morellys,
«r schien mit anderen Personen im
Kampf zu fein eilig zog ich mich zu
rück. Nun fühlte ich mich nicht mehr
sicher, ich beschloß zu fliehen. Die näch
ste Nacht soll es geschehen; ich muß erst
noch Mittel auftreiben, eine Verklei
dung liegt seit einigen Tagen für alle
Fälle bereit. Mein Entschluß ist ge
faßt: sobald man mich anhält, höre ich
auf zu leben; für diesen Fall schreibe
ich heute diese Bekenntnisse, ich will
meine That nicht beschönigen, aber auch
So weit reichte die Niederschrift des
Mörders was ncch zu wissen Noth
that, vernahm Schubert, als Hobalt
wieder zu sich kam, von seinen Lippen,
Am anderen Morgen hatte Hobalt in
der Zeitung zu seiner unaussprechlichen
Bestürzung die Notiz über Morellys
Gefangennahme und Geständniß gele
sen. Der Kapitän hatte ihm fest ver
sprochen, ihn nicht zu verrathen. Ho
balt nahm an, daß die Erbitterung
darüber, daß er das Geld nicht gebracht
und nicht zur Zusammenkunft erschie
nen sei, ihm den Mund-geöffnet habe.
Nun blieb ihm nichts als sofortige
Flucht, für die er schon lange den ge
packten Koffer und den Anzug in Be
rcitfchaft hielt —es war zu spät, er
eilte nur der gerechten Sühne in die
Arine!
Der Staatsanwalt konnte es nicht
über sich gewinnen, ihn in seinem Irr
thum zu belassen. Er erklärte ihm,
daß Morelly ihn nicht verrathen, daß
man ihm eine Falle gestellt habe, in
die er gegangen sei.
Da verzerrten sich HobaltS Züge,
ein bitteres Lächeln glitt über seine
Lippen, unwillkürlich ballten sich seine
Fäuste. Dann wich die jähe Span
nung einer ebenso plötzlichen Erschlaff
herab, das Spiel seiner Muskeln er
losch. und er lispelte kaum vernehmbar
vor sich hin: „Es ist auch so gut."
Das waren seine letzten Worte.
Tiefe Ohnmacht umfing seine Sinne,
te Doch lebte er noch bis zur Mitter
nachtsstunde desselben Tages. Starr
und strack lag er. wie ein Todter, nur
aus seinem Munde, und seine Glieder
zuckten in krampfhaften Wallungen.
Plötzlich, Nachts gegen halb ein Uhr,
öffnete er die Augen, schaute wild um
sich, preßte wie in ungeheurem
Schmerz seine Hand aufs Herz und
sank todt in die Kissen
Name der Schande verfallen für alle
Zeiten, seine ehrgeizigen Pläne deckte
ein einsames, schmachvolles Grab!
Mitleids und der Trauer wurde um
ihn vergossen! Und doch entfachte die
Nachricht von
nnind nahe gestanden Haben, und der
Ausspruch: „Das hätte ich ihm nicht
zugetraut!" enthielt eigentlich noch den
te der geiMenlose Mann in seinen
schmählichen Fall mit hinabgerissen,
von denen nur einer, der alte Blüth
schen verwünschten ihn, und schau
dernd prallten sie zurück vor dem
grundlosen, entsetzlichen Abgrund, in
welchen Habsucht. Dünkel und Ehr
geiz den so oft Bewunderten und Be
findeten gestürzt hatten!
18.
Ohne Kenntniß von allen diesen
Ereignissen schmachtete Rudolf We
ringer noch immer im Gefängniß. Wie
eu> gefangenes Wild wanderte er stun-
dessen Entsetzlichkeit die Milde des
gung weichen würde, hier müsse die
ganze Streng« des Gesetzes walten.
Immer wieder ließ er die gegen ihn
vorliegenden Beweise an seinem Geiste
vorüberziehen, um immer wider zu
Sie werden, sie müssen mich verurthei
lcn! Zuletzt bemächtigte sich seiner ei
ne grenzenlose Schlaffheit, eine Apa
thie, wie er sie nie gekannt. Stunden
lang saß er auf einem Fleck, vor sich
hin stierend mit leeren Augen, sich
kaum dessen b«wußt, was er dachte,
und doch im Grunde seiner Seele ver
zweifelt, traurig und von namenloser
Angst gepeinigt. War es der Wahn
sinn, der gierig seine grausigen Arme
nach dem jungen Mann ausstreckte,
um ihn hinüberzureißen in sein fürch
terliches Reich voll phantastischer, bi
zarrer, dämonischer Gewalten?
Es war am Mittag desselben Ta
ges, an welchem Hobalt auf dem Tod
tenbett seine Blutschuld reumüthig be
kannte. Das Essen stand noch unbe
ins Leere stierend. E?hörte nichts
der Schlüssel im Schlosse rasselte, daß
die Thür seiner Zelle aufging und der
Erst als der Aufseher seine Schulter
Mann freundlicher an, als er es sonst
„Was -- was soll es damit?" frag
..Es ist Ihr bester Anzug, den Ihr
c>nem bösen Traum erwache.
Seine Frage: „Ich soll wohl freige
lassen werden?" begegnete einem so ei
genthümlichen Blick des Wärters, daß
er nicht länger zweifeln konnte; er
Ihres ausgezeichneten Schwagers, des
Herrn Rechtsanwalts Altner."
„So bin ich frei ganz frei?"
,O Gott, o Gott!" Die hellen Freu
dcntbränen strömten dem armen Ru
dolf die Wangen herab. Der Wechsel
in seinem Schicksal kam zu plötzlich,
dämpfen.
Rudolf stürzte das Glas auf einen
Zug hinunter, dann erhob er sich,
sitzten Kleid, über das die
boa herabfiel! Aus ihren seelenvollen
Augen strahlte ein seltsamer Alan».
auS Wehmuth, Stolz, Freude und
gemischt, hervor, dabei schim
auS, um durch seine Gegenwart den
Augenblick des Wiedersehens nicht zu
stören. Als «r wieder ins Zimmer
Den Nebel des Vormittags hatte
der ungewohnten Lichtfülle, sank wie
betäubt in die Polster des Wagens zu
rück.
gen Thurmzimmer eines freundlichen
schlossenheit...
standen alle Bekannten der jungen
Leute Kopf an Kopf am Bahnhof
denn die alte Wirthin Rudolfs hatt«
net ist."
Rudolf, keineswegs überzeugt,
schüttelte lächelnd den Kopf.
„Was du einwendest, Jngeborg,
jenes unglücklichen ManneS, der seine
Schuld so schwer gebüßt hat, gelernt
zu haben," erwiderte Rudolf feierlich.
„Ich mm ganzem Herzeri,
rechten Weg erkennen lassen, der zu je
nem hohen Ziel« führt, damit wir
wahren Segen erzeugen mit einem
und das Unglück entfesselt hat!"
Es versteht sich, daß Rudolf, sobald
er in d«n Besitz seines Vermögens ge
langt war, die Bemühungen des wa
ckeren Detektivs Gering mit einer rei
chen Prämie gebührend belohnte. Lo
renz Altn«r «rnhte in der allgemeinen
Anerkennung seiner erfolgreichen
Wirksamkeit d«n Dank für seine Aus-
tet gebliebene Rechtsanwalt in Hüll«
und Fülle. Die Presse und die öf
fentliche Meinung sprachen gebührend
Gefängniß davonkam. Von den Ber
urtheilten zeigte nur der letztere Spu
rcn von Reue; der Schlosser Kolier
Frmi äußerte höhnisch, als ihre Ver
urtheilung ausgesprochen wurde: „Na
ja, arme Leute sollen einmal nichts
haben!", und Ottomar Stock aliaS
Morelly starrte finster vor sich hin ...
Am Tage nach der Beendigung der
Verhandlung gegen Morelly und Ge
nossen besuchten Rudolf und Jngeborg
in liebevoller Pietät das Grab von
Rudolfs Mutter. In tiefer Bewe
gung standen b«ide an dem stillen, blu
inengeschmückten Hügel, auf dem der
Sohn in dankbarer Liebe ein schönes
Monument errichten zu lassen be
schloß.
„Ist es nicht sonderbar," sagte Ru
dolf, die Hand seiner Braut ergrei
fend und innig drückend, „daß meine
arme Mutter, so verschieden ihr End«
auch von dem ihres Bruders gewesen,
doch im Grunde mit ihm dasselbe
Schicksal gehabt hat?"
„Wie meinst du das, Rudolf?"
„Beide sind durch einen gewaltsa
men Tod aus der Welt gegangen, und
beide sind im Grunde die Opfer einer
falschen Scham, eines verkehrten Ehr
gefühls geworden. Hätte mein« Mut
ten ihrem Bruder die Wahrheit gesagt,
s: wäre es ihm nicht tingefallen, ihren
Mord zu Planen, da er von ihrem To
de bei V'.'iandenfein eines näheren
Erben k-in-n Vortheil haben konnte.
Laß uns aus dem Los dieser Armen
eine ernste Lehre mit in das Leben
hinüber nehmen, theures Lieb; lassen
wir Bescheidenheit und Wahrheit die
Tugenden sein, denen wir am eifrig
sten nachstreben; ich fange an einzuse
hen. daß die Abweichung von den
Grundsätzen dieser Kardinaltugenden
die Ursache der meisten Unzuträglich
kciten und Leiden des Lebens ist."
Nachdem sie noch einen schönen
Kranz weißer Rosen auf daS Grab
niedergelegt, verließen beide Hand in
Hand in feierlicher, andächtiger Stim
n'ung, die eine ruhige, innige Heiter
keit der Sttle nicht ausschloß, die ein
sam« Todtenstadt. Mit ihren eisernen
Pforten schloß sich hinter ihnen das
Thor der Vergangenheit; sie schritten
gc.neinsam dem Lebtn, der Zulunst
entgegen, einem Leben freudiger, nütz
licher, edler Arbeit im großen Garten
der Menschheit. Stolz und hossnungS
ooll wanderten sie Seite an Seite da
hin, ohne Zagen und mit dir Hoff
nung drr Jugend und Liebe; erfüllt
von d«in freudigsten Vertrauen zu «in
ten, die gefaßten edlen Vorsätze auch
in Thaten umzusetzen.
(Ende^
Gest i . Mutt«r: Ach
Und Maine?! -
Fir die Küche.
ReisbiscuitS. Zwei und
ein« halbe Unzen frisch« Butter wird
zu Sahn« g«rührt, mit «in«m z«rquirl
t«m Ei, zwei bis dr«i Eßlöffeln Zucker
und «inem Biert«lpfund R«iSmehl ver
mischt und dieser Teig zi«mlich dünn
«uSg«rollt. Dann sticht man mit
einem Weinglas oder einerKuchenform
runde Kuchen auS, die auf «in«m mit
Butttr bestrichenen Blech bei gelinder
Hitze zwölf bis fünfzehn Minuten ge
backen w«rd«n
Eier -V In 6indlo. Di« hartge
kochten Eier werden geschält und er
kaltet in einer Schale geordnet, wonach
man folgende Sauce darüber gießt:
Man rührt 2 hartg«kochte und 2 rohe
Eidotter mit d«m nöthig«n Salz zu-
Zuck«!, 2 Eßlöffel voll Mostrich, 2 Eß
löffel voll Rothwein, 3 Eßlöffel voll
Oel, Pfeffer und Weinessig nach Ge
schmack, auch nach Gefallen feingehack
ten Schnittlauch und Petersilie hinzu
und richtet an.
Kartoffelklöße mit sau
rer Sahne. Zwei Pfund gekochte
und nach dem Erkalten fein geriebene
Kartoffeln werden mit einem halben
Pint fetter, saurer Sahne und sechs
ganzen Eiern, fünf Löffeln Mehl und
zwei bis drei würflig geschnittenen, in
Butter gelb gerösteten Seinmelstücken,
etwas Muskatnuß und Salz so lange
gerührt, bis der Teig sich von d«r
Schüssel löst. Dann formt man runde
Klöße davon und kocht sie zehn bis
fünfzehn Minuten in Salzwasser gar.
Pikantes Rinderfilet. Z
Pfund Rinderfilet werden vonSehnen
und Fett befreit, enthäutet und g:-
fpickk. Man bestreut es mit weniz
Salz, l«gt das Fleisch auf Sp«cksch«i
ben und magere, rohe Schinkenstücke,
begießt es mit Butter und
setzt das Fleisch in den Ofen. Nach
dem das Filet von allen Seiten brau»
angebraten ist, begießt man «s mit «:-
in kl«ine Würfel zu
besser zerkocht. Nachdem der Braten
gar geworden ist, wird «r herauSge-
Ouart Wasser nebst d«m nöthigen
Salz auf das Feuer gesetzt. Man läßt
es fest zugedeckt ungefähr Stun-
Schüsstl, deckt di«s« zu und stellt si»
zum verwenden. Für die
Suppe läßt man ein gutes Stück But
ter mit zwei Eßlöffel Mehl gold-gelb
chen, vermischt dann zwei Eidotter mit
einer Tasse Milch und giebt sie zur
Suppe. Der Topf muß dann sofort
vom rafchenFeuer gezogen werden, da-
FeinesFricaffee. Man kocht
«ine Rindszunge ab, legt sie in kaltes
Wasser, damit die Haut gut abgeht,
und schneidet sie nach dem Abziehe»
derselben in feine Scheiben. KalbS
milchen werden blanchirt und in 1 Zoll
breite und 2 Zoll lange Streifen ge
schnitten. Alsdann panirt man sie,
bäckt sie in Butter aus und stellt sie
einstweilen zurück. Jnd«ss«n hat man
auch Mixed PickleS jeder Art in Wür
fel geschnitten, röstet nun 2 gewiegte
Zwiebeln in Butter braun, läßt M«hl
brenne mit der Zugenbrühe auf. Man
giebt einen Eßlöffel voll Citronenfast,
«in«n Eßlöffel voll starken Wein, etwa»
Cayennepfeffer und einen Theelöffel
vollEssig von den Mixed Pickles hinzu,
läßt alles zusammen auflochen, schmeckt
Haarsieb über das Zungenfleisch, die
Mixed Pickles und die in ihrer Sauce
warm gehaltene Kalbsmilch. Man
Schinkenspeisemit Blu
miissen. Darauf werden in einem
Pint saure Sahne (auch süße kann ge
nommen werden) 4 Eßlöffel voll ge
form dick aus und giebt auf ihre»
Grund zuerst «ine Lage seinblätteriq
geschnittener roher oder nicht ganz gar
gekochter Kartoffeln, alsdann eine
Lage Blumenkohl, eine Lage gewieg
ten Schinken und so fort, bis dieForn»
beinahe voll ist. Obenauf kommtßlu
menkohl. Jetzt gießt man die Eier
milch darüber und erst, wenn
Butterflöckchen, die man ganz dünn
mit geriebener Semmel bestreut. Die
Form wird jetzt in einen gelind hei
ßen Ofen gebracht und eine Stund«
»-backen.
Eher,» viel! Comitemit
glied; Aber meine Dam«, es stand doch
in der Bekanntmachung, dc>k zu de,
Schönheit« - Concurrenz sich nur Da
men ohne körperlichen Mangel melden
sollten, und jetzt komm«« Si« mit ei
nem Buckel? D»m«: Nun. wie lon
mn Sie denn behaupte, daß das ei»
Mangel ist?! 3