Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, November 14, 1901, Page 2, Image 2

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    2 Der Damenmaler.
Sin beitere Künstlers«!»,»»« von >?«eoi
SUiirr.
1.
Es war in Paris im Frühling. Alle
Welt gab sich den bekannten über
sür sein« Bedürfniss« sorgt« seine vei;-
wittwete Tante Meissonier, die mit ih
rer einzigen Tochter bisher in der Pro-
Ankunft der Tante'in Aussicht stand.
Natürlich würde die gute Dame die
Situation .sogleich erkennen und
In dieser kritischen Stimmung traf
Herrn Doucet sein Freund Doktot
Gontard, seines Zeichens Journalist.
Doucet klagte sofort offenherzig sei»
Leid und erging sich in den schwärze
zu Dir. Auch ich befinde mich in un
erfreulichen Verhältnissen, aber nun ist
mir ein Gedanke gekommen, dessen
glänzende Zukunft?" sagte «r, „gratu
lire bestens. Was willst Du denn ma
chen?"
„Hör' mal zu und mach' kein solches
Schafsgesicht. Du weißt doch, daß ge
genwärtig die Frauenmode wieder ein
mal die tollsten Blüthen treibt. Jm
ouf, immer weiter entfernt man sich
von der Natur... Du hörst doch zu?"
„Ja wohl," erwiderte Doucet mecha.
nifch. „...Natur."
bebautes Feld, das sich herrlich beackern
läßt und reiche Ernte verspricht. Es
hat nämlich noch keiner so recht den
Muth gehabt, öffentlich gegen diesen
Modeunfug aufzutreten, weil man es
rig. «Ist das alles?"
„Die Hauptsache kommt jetzt. Ich
hab« nämlich die Absicht, den Mode
damen einen Spiegels vorzuhalten, daß
in alle Modenarrheiten gründlich
beleuchtet und verspottet werden. Alle
Ehemänner werden mit Freuden abon
sr»gte Doucet.
„Du sollst an diesem großen Werie
an diesem Kamps gegen die Unnatur
Aber wodurch?"
„Du sollst meine .Auti - Mvdenzei--
tlinq" mit Bildern schmücken, humvri-
Dii sollst mein Illustrator werden?
willst Du?"
das Programm einigen," sagte der
Journalist, sichtlich erfreut. .Zunächst
will ich gegen das alberne Schminken
der Damen zu Felde ziehen. Es ist
unerhört, wieviel Zinnober unsere»
scheint, mit einem Worte: wenn da»
Schminken in künstlerischer Weis« ge
handhabt würde"
halb. „Bist Du des Teufels? Erkläre
«nir gefälligst
den auf die Schultern.
„Jetzt ist nämlich mir ein Gedanke
gekommen, der vielleicht ncch mehr ein
bringen wird wie der Dein«. Da die
Damen das Schminken in künstleri
scher Weise nicht verstehen, so muß das
künftig ein Künstler besorgen ein
Maler muß den schadhasten T«int ver
bessern, die Gesichter sozusagen stilisi
ren. Dazu bedarf es nur eines Ate
liers, und dieses werde ich begründen!"
Der Journalist starrte den Maler
an. War der plötzlich verrückt gewor
den? Mehrere dieserhalb an ihn ge
stellte Fragen ergaben aber, daß Dou
cet sich vollster Geistesklarheit erfreute
und höchstens vor lauter Freude über
seine neue Idee sozusagen «rrückt
werden könnte. Vergeblich ivaren alle
Vorstellungen des Journalisten über
die „Unmoralität" eines Schminkate
liers, vergeblich auch die schließlich«»
Versicherungen, wenn Doucet seinen
Plan ausführe, werde das zur Tren
nung der bisherigen Freunde führen,
ja, es müsse den Journalisten direkt
Groll und jeder ging alsbald ans
Werk. Sie hatten auch das Glück, für
ihre Unternehmungen Finanzgläubige
zu finden; die Originalität der Ideen
Modenzeitung" erschien, eröffnet«
Douc«t sein „Atelier für künstlerische
Teintverbesserung", ,aus das bereit»
Doucet hatte sich nicht getäuscht in
'seiner Zuversicht auf den Erfolg der
heuer. denn er hielt, wie man so sagt.
Kunstler schuldig zu sein. Jetzt hätte
er seine geliebt« Melanie Heirathen
Seine Tante hatte inzwischen ihre
Uebersiedelung nach Paris bewerkstel
ligt. Doucet war ihr und Melanie
Effekt ganz und gar nicht des jungen
Malers Erwartungen. Die sittenstren
ge Tani« gerieth statt in Entzücken in
helle Entrüstung und schalt Doucet ei
nen Undankbaren, der sie um den
schönst«« Traum ihr«s L«bens betro
gen. Mit einem „Kunstschminker"
wolle sie keine Gemeinschaft haben und
am wenigsten werde sie jemals zuge
ben. daß «in „Kunstschminker" ihre
Da war nichts zu machen. Die bei
den jungen Leute mochten bitten, so
viel sie wollten. Melanie mochte wei
blieb fest und man trennte sich.
Eines Tages erschien Doktor Gon
tard, Doucets ehemaliger Freund, un
erwartet in d«ssen Atelier. Was er
wollte? Er kam als F«ind, aber als
ehrlicher Feind. Noch einmal wollte er
versuchen, Doucet „sich selbst wiederzu.
geben", aber der lacht« ihn aus. Da
sagte Gontard düster:
muß ich Dich leider in mei
ler fröhlich, „je schlechter Du mich
sein. Als Journalist wirst Du wissen,
S.
„Und sie soll doch mein werden!"
sagte Doucet eines Tages. Er hatte
sein Bermögen überschlagen und ge
funden, daß es ihm zwanzigtausend
Francs Rente sicherte. Laufen wir
nochmals Sturm! Man wird mich
zuerst abweisen wollen, aber das kann
mich nicht entmuthigen. Die Dinge
haben sich geändert, 'theure Tante!
Seit einiger Zeit erschien Doktor
Gontard fast täglich in Doucets Ate«
lier. Dann schloffen sich die Herren
stundenlang ein und schienen zu konfc
riren. Die Dienstboten begriffen.nicht,
waS vorging am wenigsten, als die
Herren gegen End« einer solchen Si
tzung Champagner bestellten und sich
dabei selber hoch leben ließen.
„Wir sind einig, Bruderherz," rief
Gontatd so laut, daß man es draußen
und fuhr mit gallonirteni Kutscher und
Lakai zu Do-ttor Gontard. Die Kut
sche hielt nur einen Augenblick, denn
der Journalist kam sofort, setzt« sich an
d«s Malers Seit«, und in raschem
Trabe ging es zu Doucets Tante.
Die öffnende Zofe wollte die Her
ren, wie ja zu erwarten, abweisen, aber
Doucets Stimme war von Melanie
vernommen worden. Freudestrahlend
eilte sie herbei und führte die Gäste in
den Salon.
der Herren einfach zu ignoriren, aber
Doucet erklärte bestimmt, er habe fei
ner hochverehrten „Wohlthäterin" ein«
hochwichtige Mittheilung zu mach«n
und deshalb auch seinen Freund gebe
ten, ihn zu begleiten.
Die Berufung auf die „Wohlthäte
rin" wirkte, und so saßen denn bald
.Sie -Tone!
„Nur ein kurzes Wort: ich liebe
Melanie und bitte hiermit um ihr«
Hand!"
Ein freudiges „Ach!" entschlüpfte
Melanies Lippen, aber die Tante erhob
Tochter heirathet."
Und stolzen Schrittes wollt« sie den
Salon verlassen. Doucet aber trat ihr
in den Weg:
„Ich verlange ja auch gar nicht, daß
brauche und wieder —' Maler sein
kann. „Mein Atelier für Teintverbes
mein Freund, Herr Doktor Gontard.
Ich habe ihn selber vier Wochen lang
in ven nöthigen Hand- und KuNstgrif
„Und nun," fiel Doucet ein, „muß
sein Geld wieder bekommt. Das ist die
Nemesis!"
Tie Leute.
Fast aus d«n Tag waren es zw«
Jahre, daß Sighild von Marlwete
das mütterliche Haus «rlajsen hatte.
Ein herber Frühling wie damals.
dessen Thür imm«r noch so scharf und
,eternd ins Schloß siel, lag das dürre
vrauue Laub vom r«rsloss«nen Jahr;
uver nxißt und blaue Erocus, welche
!°u und da aufragten, und die grün
detupste Hecke am Gitter ließen trken
rxn, daß es seine Richtigkeit hatte mit
::m Frühling. ,
schaute einen Moment nachdenllich in
lasGärtchen. Dann schauten die gro
ßen, meerticfen Augen Sighilds von
Um die geschlossenen Lippen des
jungen Weibes zuck!« es herb, fast ver
ächtlich. Daß man nicht einmal den
Vorgeschmack ihrer nächsten Zukunft,
daß etwas wie Feindseligkeit über sie
tam. Und seltsam das erst gab ihr
das rechte HeimalHgesühl.
Mit dieser stillen, passiven Feindse
ligkeit hatte sie jahrelang dort oben ge
sessen und sich fortgesehnt, hatte ven
kleinen Garten gepflegt und das klein
bürgerliche Volt verachtet, welches hin
ter den Gardinen und Stores der ge
genüber liegenden Fenster ihr Thun
und Treiben beobachtet alle Tage,
die Gott werden ließ. Das würde nun
Wieder so sein. Alles andere auch.
Langsam stieg sie die drei St.eiajlk-
sen zu der seitlich neben dem Vorgar.
ten belegenen Hausthür empor; dann
über den engen Flur, an dem altmodi
schen Thürschilde d«s Kanzleirath»
Ohnesorg vorbei, die knarrende Stieg«
in den ersten Stock hinauf.
Dc.s Entree stand offen. Frau Ma
rie von Markwede disponirte mit einer
geflissentlich geräuschvollen Äeschäf?
tigkeit über die vorläufig« Unterbrin
gung der Koffer ihr«r Tochter.
„Den großen bringen Sie nur gleich
noch oben, Frau Meinecke. Die Reise
tasche kann vorläufig in mein Schlaf
zimmer, falls die Frau Gräfin ihre»
Necessaires benöihigt. Ach, da bist du
ja auch, mein Kind!"
Mit einem kaum hörbaren, heiser
klingenden „Guten Tag, Mama —"
drängte Sighild an ihrem Gepäck vor
bei i»S Zimmer. Dort stand sie «in
grauseidenen Reisemantel, dessen Pele
rine weit über ihre schlaff Herabhän
genden Hände fielen Mit einem einzi
gen Blicke umfaßt« sie die alt« aufge
putzt« Dürftigkeit um sie her alles,
wie es gewesen wi'r, nur noch klein«r,
enger als früher. Und diese Eng« leg
te sich ihr plötzlich beklemmend ums
Herz.
Mit einer raschen B«wegung entle
digte sie sich ihres Mantels, trat in'
das Balconzimmer und stieß ein Fen
ster auf. Ein bischen mehr Licht und
die spärlichen Geräusche der entlegenen
Vorstadtstraße drangen in den mit bil
ligen Portieren überladenen Salon.
Drüben saß Frau Director Zinkendorf
auf ihrem Auslug hinter den buntblü
henden Fuchsien. Die drei Peltzers,
diese entsetzlich« Frau mit ihren
schmähsüchtigen, verwachsenen Töch
tern, lagen im off«n«n Fenster, steckten
die Köpfe zusammen und starrten aus
großen Frageaugen ungenirt herüber.
Schloß. Gleich darauf trat Frau von
Markwede ein. Si« brauchte sich nun
nicht mehr zu beherrschen. Mit «in
paar raschen, großen Schritten eilte sie
zum Fenster, um es zu schließen. Und
dann sagte sie stoßweise, wie unter, ei
ner besonderen Anstrengung:
„Willst du die Schmach auf die
du das Fenster öffnest? Auch war es
nicht nothwendig, daß du dich da un
ten aufstelltest, damit die Leute dich ja
recht besehen konnten!"
„Die Leute "
Sighild hatte vor dem Spiegel ihren
Hut abgenommen und ordnete mit den
schlanken, ringlos«n Fing«rn ihre
Stirnhaare. In den zwei Worten, di«
achtung, daß Frau Mari« nun vol
lends di« Haltung verlor. Ihre Na
senflügel bebten, und an der Stirn
und auf den Wangen zeichnet«» sich
rothe Flecken.
„DaS sind die Leute," stieß sie fau
chend hervor, „welch« meinen Gesell
schaftskreis bilden und deren Anschau
ungen du dich wirst fügen müssen,
wenn deine That nicht eine jener Ue
berspanntheiten ist "
Kindes vollendete sie nicht. Die Hände
lässig in den Schooß gelegt, folgte Sig
hild mit den mächtigen Augen den ha
i-opha ihr gegn z chgstz
.So erkläre mir also was soll
daS?" rief Frau scm Markwede, Indem
si« krampfhaft mit beiden Händen das
Formular gläiete.
„DaS soll heißen, daß ich nicht mehr
kann, Mama, und nicht mehr will."
h t d ch 'cht
«n«m s^ge
nicht klug und was die Leüt« sagen
sollten "
befändest als reichste Frau der Pro
vinz!?"
„Das war zwei Monat« nach unse-
Tisch streckte.
„An
trauen zu dir hatte, Mama."
„Aber was soll nun werden? Wa»
—! Das Wenige reicht doch kaum für
mich! Du weißt eS ja, wie elend
wir hab«n leb«n müss«n! Und jttzt noch
das Kind!"
„Daß ich dir mit dem Kind« nicht
würd« kommen dürfen, habe ich mir
selbst gesagt. Ich habe eS unterweg»
bei Margot abgegeben. Sie wird eS
„Und Herbert wai sagte er zu
Deinem Schritt?"
,Jcb habe ihn nur oberflächlich in«
sornuien können," erwiderte Sighild,
indem sie an einigen Nippes und Mo«
raständcrn auf dem Elavier ordnete,
„aber er billigt ihn. Meine Schwester
Margot dagegen ist deiner Ansicht."
„Also meinst du, daß Herbert dich
aufnehmen würde, wenigstens bis das
Aergste vorüber ist?"
„Ohne Frage— er hat es mir ange
boten, aber "
„Nun, Gott sei Dank!" rief Frau
von Markwede aufathmend. „Dann
sind wir vorläufig wenigstens das Ge
rede d«r Leute los.
Sighild hatte die Hände gefaltet
und näherte sich der Mutter.
„Behalte mich bei.dir Mutter! Ich
bitte dich so inmg ich kann! Wir thei
len das Wenige, und ich will arbeiten!
Ich kniee und siehe dich an: schicke mich
nicht nach Mustin! Nicht dorthin!
Nicht. Mutter thu's nicht!"
Frau Marie wandt« sich achselzu
ckend ab. Während Sighild die letzten
Wort« immer und immer wieder vor
sich hinschluchzte, zog ihr« Mutter ge
schäftig die Borhänge zu und zündete
die Lampen an.
„Solch eine Verdrehtheit!" schalt sie
dabei empört vor sich hin. „Nicht ei»
bischen G«n« und als ob die Leute
gar nicht aus der Welt wären!
Seit etwa fünf Wochen war Sighild
in Mustin. Ihr Schwager, der Do
mänenpächter Herbert Lenz, hatte sich
der heiklen Angeleg«nh«it mit so viel
Eis«r und Delicatess« angenommen,
daß ein« baldige Erledigung des Schei
dungsprozesses zu erwarten war.
Auch sonst hatte man sich beruhigt.
Nur Frau Margot Lenz schien sich noch
nicht recht zufrieden g«ben zu können.
Si« hätte eine solche „wild« Sache",
wie sie es nannte, niemals fertig ge
bracht «her hätte si« sich prügeln
lassen. Aber Sighild war schon im
mer komisch gewesen.—
Sie sah sie noch auf ihr«r, Mar
got , Verlobungsfeier die dunklen
Augen kindlich txrständnißvoll, aber
doch mit unverkennbar feindseligem
Ausdruck auf sie und Herbert gerich
tet. Durch nichts war sie zu bewegen
gewesen, ihnen ihre Glückwünsch« dar
zubringen. Und als Herbert sie la
chend ergriff,' um ihr «inen schwägerli
chen Kuß auf den schmerzhaft verzoge
nen Mund zu drücken, hatte sie gellend
aufgeschrien und ihm «inen Schlag ins
Gesicht versetzt. Man hatte zwar ge
lacht, aber es war doch ge
nen das Glück der Mutterschaf ver
sichte abhob.
„Wo ist Sigi?" fragte er. »Wichtige
Als die Gestalt des Schwagers auf
tauchte, schrak Sighild zusammen.
Während eine fliegende Nöthe ihre
Stirn b«deckte, erhob si« sich jäh.
„H«il dir, Sigi!" ri«f Lenz, indem
er Papiere, die er aus der Tasche ge
zogen, über seinem Haupte schwenkte.
„Froh« Botschaft w«iß ich dir zu kiin
d«n! Ab«r> erst, wenn Du «in ver«
gnügtes Gesicht machst, kleine Frau!"
fügte er, aus d«m fid«l«n Pathos fal
lend, hinzu.
„Ich bin schon vergnügt, Herbert,"
sagte Sighild mit einem Lächeln, das
sich, wenn man nur das Spiel der
Mundwinkel sah, fast schmerzhaft aus
nahm; aus dem tiefen Dunkel ihrer
„Also, was hast du Neues?"
„Erstens mal," sagte er heiter, „ist
man nun bereit, den Proz«ß in den von
uns vorgeschlagenen Formen zu füh
ren. Das bedeutet «ine Beschleuni
gung um mind«slens zw«i Monate.
Noch vor den Gerichtsserien bist du
frei!" rief er, nun wieder ganz bei der
Sache. »Eine gute Nachricht, was?"
Sighild nickte tief aufathmend.
J«tzt hielt «r ihr ein anderes Papier
hin. '
„Und hier was sagst du dazu?!"
Sighild warf einen Blick auf den
kurzen, mit der Maschine geschriebenen
Brief einer Redaktion. Dann griff sie
mit beiden Händ«n danach. J«d«r Zug
in ihrem sonst so stillen, apathisch«n
Gesicht war N«rv und im nächsten
Augenblick flog sie mit einem jauchzen
den Aufschrei in Herberts Arme.
„Angenommen, du angenommen!
Das ist die Befreiung!" stammelte sie
„Na also, Kleine!" rief Herbert
fröhlich, indem er ihre biegsame Ge
stalt umfaßte und sie übermüthig, Her-
Kuß oder auch wieder eine Tachtel wie
damals?"
Damit drückte er seinen Mund auf
venschaft für ihren Schioager em
pfunden hatte. Selbstvergessen sah sie
aus halbgeschlossenen Augen zu ihm
Haar und schritt an ihm vorüber.
„Du sollst auch zu Tisch kommen,
Sigi," rief er ihr etwas kleinlaut nach.
verließ sie heimlich das Haus.
Die Leute aber zuckten die Achseln
und meinten, daß die Gräfin Grvdc-
Richt» anzuziehen.
Meine Frau sitzt in ihrer Garderobe
zwischen drei gefüllten Kleiderschrän
i '
anzuziehen.
gen Kleidungsstücke. Geöffnete Kos
sen entspeien sie. Jettche» sucht in
Commodenkästen und schleppt Kartons
Lotti hat Nichts.
Nichts.
„Aber das reizende braune vom vo
rigen Jahr?"
„Denkst Du, so etwas verschießt
nicht? Das ist gelb jetzt."
„Du findest mich immer entzückend,
selbst wenn ich die ältesten Fähnchen
anhabe. Meinst Du, ich hätte nicht
gesehen, wie die Meyer mit der Leh
keit."
Dir Mama zum Geburtstag ...."
„Wirfst Du mir jetzt meine Ge
burtstagsgeschenke vor! Ach ja, Mama
.... Meine Mutter! Dir ist es egal,
wie ich aussehe. Wer mir das als
Mädchen gesagt hätte. Ich, die ich im
mer als chic und elegant galt!"
augenblicklichen Nothfall. Ein Jacket
wohl haben, einen
„Der ist auseinander getrennt."
„Kind, Du bist doch alle diese Tage
ausgegangen. Warum heute auf ein
mal? "
Dir wäre es wahrscheinlich auch gleich
gültig! Oh!"
„Das wäre ja allerdings sehr char
„So seid Ihr! Elegant und hübsch
soll man aussehn! Und wenn man
nichts hat."
„Nichts?"
„Ich habe nichts. Nichts. Nichts!"
Meine Frau weint und ringt die
Hände. Sie ist. ein Wurm. Ein ar
mer, nackter, kleiner Wurm.
Ich verstehe die tiefe, sittliche Noth
wendigkeit des Feigenblattes. Ich fühle
mit Adam: „Was kostet eine neues
Schneiderkostüm, Evchen?"
Bibelfest. Er: „Aber,
wirklich nicht immer auf Schritt und
Tritt zu begleiten!" Sie: „O doch
muß ich das! Ochon in der Bibel steht
ja: es ist nicht gut, daß der Mann
allein sei!"
Widerspruch. „Merkwür
dig, wie Deine schwerhörig: Tant: so
der Sanftmuth der Tauben."
Hinwieher. A.: „Wie,
Ou bist mit Deiner Frau nicht zufrie
den?" B.: „Nein, es ist schrecklich,
wenn, sie ungenießbar ist, dann kocht
sie und wenn sie gekocht hat. ist e» un
genießbar!"
Drastisch. Richter (bei der
Fußtritte gegeben?" Kläger: „Js »et
—Zeit b i l d. Radier: „O liebes
sagt.". . .
Markos.
Einer der beliebtesten Schauspieler
des Stadttheaters, dem man höchstens
einen gewissen Hang zur Bequemlich
keit nachsagen konnte, warEmil Klang
thal der „schöne Emil", wie ihn die
ausnahmslos sür ihn schwärmenden
höheren Töchter der Stadt nannten.
Er «rwiderte allerdings diese Schwär
merei keineswegs, sondern hatte nur
e i n Ideal die reizende Tocht«r d«s
mit irdischen Gütern üb«raus gesegne
ten Großlausmanns Eommercienrath
Wohlmayer. Seitdem der geschätzte
Mime aber bei dem letzten Jour-fixe
im Hause des Vaters seiner Angebete
ten an ihr«n warmen Blicken, ihrem
lieblichen Erröthen und tausend ande
ren tleinen Anzeichen, die nur «in Ber
liebter versteht, ertannt zu haben
glaubt«, daß auch e r dem Herzen d«r
tl«inen Lilly nicht glcichgilng sei,
schwebte er in allen nur veutbare»
jo oft, beim nächsten Jour-sixe der
hübschen Zauberin >eine Neigung ein
zugestehen und si« um die Erlaubniß
zu bitten, ihre Eltern mit seinem An
trag belästigen zu dürfen.
Da traf eine Woche vorher die
berühmte Tragödin Edelgunde ein, um
ein Gastspiel amStadttheater zu absol
schon längst sehr gespannt waren? Diese
„Avia und Messalina" den „Markus"
Aber es hals Alles nichts. Ohne
Aber Eines stand fest lxi ihm: Zum
so spät werden!
Das Theater war bis auf den letzten
Platz gefüllt und das Orchester war
geräumt. Beifallsstürme, wie sie das
durchbrausten den Saal. Aber Klang
thal glaubte vor Ungeduld zu -verge
hen, bis ihm endlich gestattet war, zu
sterben, um nach einiger Zeit, zu Be
ginn deS letzten Actes als Leiche noch
einmal auf der Bühne zu erscheinen.
Die Spannung des Publikums stieg
auf's Höchste. Man ivar äußerst be
gierig, die groß« Künstlerin nun am
Sarge des Geliebten die tiefsten Töne
ihres reichen Könnens entfalten j,u
sehen.
Bier Männer trugen die Bahre mit
dem entseelten Markus herein.
Alle Hälse recken sich.
Messalina reißt das Bahrtuch zurück
ist's? Sie steht starr und bringt leinen
Laut mehr hervor; dafür aber beginnt
es im Publikum zu kichern, zu tuscheln,
zu zisch«ln. Bravo zu rufen, endlich in
stürmischer Hriterkeit loszubrechen:
Messalina, die den Geliebten lebend, in
blauer Tunika, mit dem Goldreif um
die Stirne verlassen hatte, sah ihn nun
todt im Frack, mit weißer Weste und
Binde, eine NeNe im Knopfloch, wie
. dch d s>
Jour-fixe angekleidet hatte?!
Der Badearzt hat Herrn Dimpferl
verordnet, möglichst viel Sprudel zu
trinken: der Patient befolgt diese Vor
schrift auch theilweife, d. h. er trinkt
möglichst viel, wenn schon nicht Spru
del.
„Nun," sagt der Herr Doktor, als er
ihm eines Tages zufällig begegnet,
„wie viel trinken Sie denn täglich
Sprudel?"
„O," stammelte Dimpferl verlegen,
.fünf bis sechs Glas!"
„So, so," schmunzelte der Arzt, „hell
Im Kaffeekränzchen.
Frau A.: „Also, Ihr zweiter Mann
schnarcht auch?" Frau B.: „Ja,
aber nicht so arg wie mein erster
Mann, viel lieblicher!"
Der Gesellschafter.
»Aber Hannes, mußt du denn jeden
Tag einen Affen haben?" „Ja, ni;
hasset mehr als so allein in der Welt
—ln der Verzweiflung.
Dichterling: „Wollen Sie meine
Gedichte anhören?" Verleger: ,U»
Gotteswillen nein! lieber will ich st«
drucken."
Immer Schwerenöther.
Dame (auf dem Balle)r „Suchen wir
zur Erholung und Abkühlung ein stil
les Winkelcht! auf, Herr Lieutenant."
Lieutenant: „Aeh. jawohl biß
chen Seligkeit arrangiren!"