Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, July 05, 1900, Page 3, Image 3

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    Kr M KMM.
Kriminalroman v«n Friedrich Thie«.
(2V. Fortsetzung und Schluß.)
„Und was geschah aus Ihr« Denun
„Der Polizeipräsident, der mich erst
gar nicht hatte empfangen wollen, ver
fügte die sosortige Verhaftung des
Äerräthers. Ich füge gleich hinzu:
umsonst, d«nn er hatte sich, aus dem
Verlust seines Taschenbuchs und mei
nem Verschwinden aus meine Absicht
schließend, bereits aus dem Staube g«-
„Enthielt denn das Taschenbuch die
Beweise für alle seine Verbrechen?
Dann wäre es thöricht genug von ihm
gewesen, dieselben aufzubewahren."
„Nicht doch, Herr Richter. Nur ei
nige Briefe, von denen er sich aus ge
wissen Gründen nicht trennen mochte,
weil er sich derselben zu neuen Erpres
sungsversuchen bedienen zu können
glaubte. Da sich aber zwei seiner V«r
räthereien dadurch belegen ließen,
schenkte d«r Präsident auch meinen
übrigen Angaben Glauben. Dabei
hatte ich noch von den wenigsten Vor
kommnissen Kenntniß."
„Und auch ein paar Briefe der Frau
Hartwig befanden sich in d«r Brief
tasche?"
„Drei Briefe der Rawinska, ja,
mein Herr. Drei Briese äußerst grci
virenden Inhalts, die er wahrscheinlich
aufgehoben, um ein Mittel zu haben,
seinen Einfluß über sie zu behaupten,
wenn sie als reiche Erbin vielleicht ver
suchen sollte, sich diesem zu entziehen.
Einer der Briefe, nur aus ivenigen
Zeilen bestehend, enthielt di« Mitthei
lung von der Hand der Frau Hart
wig, wie sie soeben in Erfahrung ge
bracht, sei Doctor Kainz, der hart
näckig« Spürhund, eigens zu dem
Zweck nach Petersburg und Rußland
gereist, um Sophia Wassilosf also
meine Wenigkeit aufzufinden. Er,
Marko, möge Schritte thun, die dro
hende Gefahr abzuwenden. Dieser
Brief war sicherlich die Ursache seiner
raschen Abreise aus Berlin. Ich wußte
nichts von d«m Schreiben, daher war
ich höchst überrascht, als der Präsident,
nachdem er es gelesen, ausrief: „Kein
Zweifel, er hat ihn ermordet Doc
tor Kainz wird seit einigen Wochen
vermißt, er ist hier in Petersburg ver
schwunden. Wissen Sie nichts von
ihm?" Betroffen verneinte ich. „Wenn
wirklich ein Schurkenstreich an dem
Mann verübt worden ist," sagte ich, „so
ist sicherlich die Schenk« des alten Gre
gorowitsch der Platz, wo er ausgeheckt
und vollbracht worden ist." Sofort
ordnete der Präsident, nachdem ich die
Adresse des Lokals angegeben, eine
Haussuchung an, bei welcher Doctor
Kainz zum Glück noch lebend vorgesun
gen und befreit wurde. Der Herr
versprach mir eine ansehnliche Entschä
digung sür mein« Begleitung ich
wäre ihm auch ohne das gefolgt, denn
«s galt ja, meiner Feindin den sicheren
Sieg zu entreißen. Das ist alles,
mein Herr, was ich zu sagen habe!"
Nach den Vorfällen des gestrigen
Tages hätte ich eine weitere Steige
rung der dramatischen Handlung nicht
für möglich gehalten, und doch trat sie
mit der Erzählung der Russin heute
«in. Alle Anwesenden waren in fie
berhafter Aufregung. Als die Zeugin
Richterlisch, um die Beweise zu betrach
ten. Der Vorsitzende entfaltete die
Briefe, sie waren zweifellos von der
Hand Michaelas. Nicht allein der
Commissionsrath bestätigte es, sondern
den Akten verglich.
> Das erste Schreiben, in russischer
Sprache Äclin-'
einer Verbindung zwischen Gembalsky
und Michaela, ja sogar, wenn man
zwischen d«n Zeilen las, di« Andeutung
einer gemeinsamen Aktion. Nummer
zwei, ebenfalls in russischer Sprache,
«nthielt die Meldung von der Reise des
Doctor Kainz. Am werthvollsten er
schien indessen der dritte Brief, obwohl
er illrzer war als die andern und in
Auf dem Zettel standen nämlich
nichts als Zahlen in unterbrochener
Reihe.
„Diese Zahlen," erklärte Frau Fran
cini, „weisen auf bestimmte Buchstaben
«Krieg im Frieden" hin. Die erste
Zahl giebt di« Seite, die zweite die
Zeile, die dritte d«n betreffenden Buch
staben an. Wenn die dritte Zahl unter
strichen ist. so kommt ein ganzes Wort
des Buches in Frage. In der Regel
geben aber drei Zahlen einen Buchsta
ben an, das Ende eines Wortes be
l zeichnet stets eine Null, die, wie Sie
schen, sich des öfteren wiederholt."
„Aber wie lautet d«r Brief?" fragte
Doctor Kainz legte ein Exemplar
des bezeichneten Werkes aus den Tisch.
Bereits von d«m Dokument in Kennt
> niß gesetzt, hatte er es noch in letzter
Stund« in Petersburg erworben und
I mitgebracht. „Hier. Herr Direktor.
I die neueste Auslage, deren sich auch
Frau Hartwig bedient hat."
Das Schriftstück wurde in wenigen
Minuten dechiffrirt. D«r Vorsitzende
verlas mit lauter Stimme den Wort
laut: „Er lebt noch! Alles verloren,
wenn er mich durchschaut." In der
Ecke stand noch, von Michaelas Hand
geschrieben, d«r Vermerk: „Per Rohr
post." Letztere zwei Worte lieferten
den unwiderlegbaren Beweis d«r Au
vcrbreH-lilchtn Weib»».
D«r Banquier brach in Schluchzen
aus, als das Schr«ib«n verlesen würd«
der Arme mußte sich in ein Neben
wältigte ihn.
Doctor Böhring betheiligte sich mit
kein«r Silbe mehr an der VerHand-
Tisch, wie geistesabwesend in seinen
Akten blätternd. Für diese Sache gab
uns die Intentionen zu erklären, von
welchen Ihr Mann bei den Beziehun
gen geleit«t wordtn sein mag. die er
ten hat?"
Das Antlitz der Russin färbte sich
materiellen Beweggrunde ihn geleitet
liebt wie ein Affe," stieß sie hastig her
vor. „Seine Eitelkeit und Genußsucht
wurde nur von Habsucht über
gehen/
„Ich verstehe er war auch in die
sem Punkt wie in allen anderen Be
trüger.
Geldbeutel."
gen und angesehenen Dame aus den
besten Kreisen Berlins «in durchaus
ernstesVerhältniß angesponnen hatte?"
„Ich hörte es von Doctor Kainz —"
„Welche Zi«l« konnte er in diesem
Fall verfolgen?"
„Bielleicht dieselben, die «r vor eini
gen Jahren mit einer anderen vorneh
men Dame in Paris im Auge gehabt."
„Das bethörte Geschöpf ließ sich von
Ihn entführen. Sie nahm eine be
deutende Summe mit. Und mit einer
noch bedeutenderen ließ sich Herr Fran
cini seine Diskretion bezahlen."
„Wissen Sie, wo sich Ihr Mann ge
genwärtig aushält?" fragte der Ver
treter der Staatsanwaltschaft.
„Nein, wie sollt« ich?"
Die Zeugin zog sich zurück, Doctor
Kainz trat nochmals an ihre Stelle.^
durch Frau Francini der Energie des
Polizeilieutenants Perowsky. Der
wacker« Mann rubte nicht, bis er alle
Winkel der verrufenen Hauses durch
forscht hatte. Die
Mich hatte man meinem Schicksal
überlassen. Meine Absicht, noch am
selben Tag abzureisen, gelangte nicht
zur Ausführung, denn wie der Lieute
nant richtig vermuthet, hielt die Exal
tation des Augenblicks bei mir nicht
stand; eine unbeschreibliche Erschlaf
fung bildete die natürliche Folgeerschei
nung der wochenlangen Qual und Ge
müthsbewegung. Einen vollen Tag
Ruh« mußte ich mir gönnen, ehe ich mit
Sophia Francini di« Reise antreten
konnte zum Glück trafen wir noch
vor Thoresschluß ein, um dieser Intri
gantin die Maske vom Gesicht zu rei
ßen."
Der Vorsitzend« erhob sich: „Herr
Doctor, Sie haben wahrhaft Ueber
menschliches geleistet, sich groß« Ver
dienste um die Enthüllung dieser
haben uns davor bewahrt, einen trau
rigen Rechtsirrthum zu begehen. Wir
freuen uns, Sie gerettet und wohlbe
halten vor uns ,u erblicken! Ich
schließe nunmehr die Beweisaufnahme
von neuem und ertheile dem Herrn
Vertreter der Staatsanwaltschaft das
Wort."
Assessor Hörchner hob in wenig
Worten die in den wenigen Stunden
Sachlage vor. „Vor ein paar Stun
ren Unglück dieser Frau gerührt, von
der Würde ihres Benehmens einge
nommen, im Begriff, einem unerhör
ten Verbrechen zum Triumph zu ver
helfen! Jetzt ist alles in das Gegen
theil verkehrt, entsetzt, entrüstet, be
bedars es der nutzlosen Worte? An
diesen Beweisen ist nicht zu rütteln, die
Briese bestätigen die Glaubwürdigkeit
der Frau Francini ebenso als die Mit
theilungen des Doctor Kainz, dessen
Glaubwürdigkeit außer jedem Zweifel
steht. Das leitende Motiv der Zeugin
mag sein, welches es wolle: die That
sachen allein sind für uns maßgebend.
Sie, meine Herren Richter, haben
nichts weiter zu thun, als die berechtig
ten Forderungen d«s Klägers zu er
füllen; mir als dem Wahrer des
Staatsinteresses liegt es ob, unverzüg
lich Maßregeln zu ergreifen, das ver
brecherische Weib nebst ihrem Bundes
genossen der irdischen Sühne zu über
liefern."
Auch ich beschränkt« mich auf wenige
Sätze. „Hier sprechen die Thatsachen
su laut, daß jede Bemerkung überslüs
sig erscheint. Mir bliebe nichts übrig,
als mein«n Antrag zu wiederholen,
auch den letzten Anspruch, d«r sich an
das heilig« Band d«r Eh« knüpft, der
' selbst bei der Zluflöjunz dieses Bandes
noch zurückbleibt, zu entziehen Ich
beantrage nicht di« einfache Scheidung
fährlichen Kunst? Wir alle haben
und selbst in diesem Augenblick noch,
wo ich als Jurist und Mensch Michaela
Rawinska verurthcile, erkläre ich mit
Arthur Hartwig mit Michaela Ra
winska aus. Alle Kosten des Verfah
rens fielen ihr zur Last ...
Uhr: elf Uhr Abends! In meiner
Schluß der Erzählung des
DoctorKainz.
Das ausführliche Manuskript des
kündigung zu erwartende Wiederher
stellung der Oeffentlichkeit herbeiseh
nend. Was sie vernahmen, war nichts
Wendung nur auf ihre eigenen Combi
nationen ang«wief«n. In allen Re
staurants bildete das Erkenntniß noch
bis dahin gepflogenen Erörterungen
umstürzten. Die Enttäuschung war
allgemein, man ärgerte sich, die Nieder
lage der eigenen Meinung zu erleben.
An die Stelle der Wahrheit trat die
Mythe, die sich sehr bald der Person
Gembalskys und Michaelas in solc^m
schuldig war, darüber vergaß, ja daß
einzelne Ansichten sich so weit verstie
gen .die junge Frau als ein Opfer
politischer Intriguen zu bezeichnen.
Die Broschüre des Doctor Böhring,
der, nachdem er sich von der Wirkung
der ersten Betäubung erholt, keines
falls zugeben mochte, daß er seinen
juristischen Scharfsinn d«r Vertretung
einer so schlechten Sache gewidmet, er
höhte noch die allgemein« Verwirrung.
D«r gewandte Advokat suchte nämlich
darin den Nachweis zu führen, daß der
Hauptschuldige Doctor Gemsbalsky
sei, während Michaela, deren Sugge
stibilität ja über allen Zweifel festge
stellt sei, ohne es selbst zu wissen, unter
dem Einfluß feiner hypnotischen Krast
gehandelt habe. Bezüglich der Be
weise brauchte er nicht viele Worte zu
machen, er deckte sich mit seinem in der
ersten Uebereilung dem Banquier gege
benenVersprechtn der strengstenDiscr?-
tion, und der Menge war diese Phrase
Beweis genug. Unter diesen Umstän
den beschwor ich meinen Freund, mir
mein Wort zurückzugeben und mich zu
ermächtigen, den Sachverhalt klarzu
stellen. 2-rMiisi «in letzter Sich
von Mitleid für die Unglückselig« und
Entschluß zu beharren. So muht« ich
denn di« öffentliche Meinung ihren
phantastischen Hypothesen und da» Be
gräbnis! der heikeln Angelegenheit der
allmächtigen Zeit überlassen.
Mein Freund überlebte den Prozeß
als ein geistig und leiblich gebrochener
Mann. Aerger, Aufregung, Scham,
Mitleid, Krankheit hatten seine Kräfte
aufgezehrt. Sein Geschäft aufgebend,
zog er sich mit seinen Kindern in die
schüre Doctor Böhrings neu erweckten
Furcht geängstigt, Michaela sei doch
vielleicht nur ein Opfer Gembalskys.
ckxnen Lebens wie ein Gespenst beschal
lend. Irmgards ausopfernde Pflegt
vermochte nichts über den bösen Geist
selbst nach ihrem Verschwinden dro-
Was mich selbst betrifft, so war noch
ein gefährliches Nervenfieber die Folge
bürg eintreffende Nachricht von der
Verhaftung und der Verbannung jener
beiden Spitzbuben, des fchurlischen
Wirths und seines rohen Knechts, trug
nicht wenig zu meiner Wiederherstel
lung bei. Wie die Schürten gestan-
Sach«, mich in die Schenke zu locken,
und der Kcllerraum war eigens für
meine Aufnahme in den Stand gesetzt
worden. Man trug sich erst mit der
Absicht, mich aus dem Wege zu schas
sen, der feige Abenteurer vergoß jedoch
nicht gern Blut, wenn er sein Ziel aus
andere Weise zu erreichen im Stand«
war.
Michaela hate es für gerathen gehal
ten, noch am selben Abend Berlin zu
verlassen; wie die polizeilichen Recher
chen ergaben, in Begleitung eines
Mannes in Arbeiterkleidung, der nach
der Beschreibung Niemand als Gem
balsky s«in konnte. Die Verbrecherin
durfte ja nichts mehr von ihrem betro
mal sah, starrte aus ihren Zügen eine
finstere Entschlossenheit, die nichts Gu
tes bedeutete ... Berlin fei ihr zuwi-
Perowsky empfing ein in statt
lichen Zahl von Goldfüchsen bestehen
des Geschenk, so daß er wahrlich nicht
liebe Irmgard um auch sie nicht zu
v«rgessen ist seit Jahren glücklich an
der Seite ein«s wackeren Mannes, eben
dem unheilvollen Prozeß amtirte.
Was ist aus Michaela und Doctor
Gembalsky geworden? Vor wenigen
„Paris, 9. Juli 1898. In den
Ranges, wie sie nur noch in solchem
Platze mit einiger Aussicht auf Erfolg
zu wirken vermögen. Eben war die
die Begleitung spielte, als plötzlich eine
der Kellnerinnen des Lokals, unter
ihren Kolleginnen unter dein Namen
„der deutsche Rothkops" betannt, ein
sonst stilles, nur sür sich selbst und mit
sich selbst lebendes Mädchen, von der
Seite aus den Klavierspieler zustürzte
und aus einem verborgen gehaltenen
gäbe Katharina Friedrich lautet, wur
de in das nächste Hospital gebracht. An
ihr« Rettung ist nicht zu denken. Ue
ber ihre Vergang«nheit und das Motiv
der gräßlichenThat verweigert sie hart
näckig jede Auskunft, man vermuthet
eine >v«it zurückliegende Liebesaffaire,
denn die zurächst sitzenden Zuschauer
wollten, ehe sie abdrückte, aus ihrem
Mund den Ruf vernomm«n haben:
„Doktor Gembalsky, ich bin Käthe
Friedrich!" Von der „Frau Direkto
rin" ist leider auch keinerlei Auskunft
zu erlangen, sie scheint kein reines Ge
wissen zu haben und ist einer etwaigen
Vernehmung die rasche Abreise
aus Paris ausgewichen. Ihre Genos
sinnen kannten sie nur unter dem Na
men Wally, st« behaupten indessen, das
sei nur einKünstlername gewesen, denn
einmal habe ihr „Mann" ihr, als sie in
eifersüchtiger Wuth auf ihn eingedrun
gen sei, drohend di« Worte zugerufen:
du weißt —" Da sei sie er
blaßt und habe sich still auf ihren
Stuhl gesetzt."
Das ist alles, was ich weiß!
(Ende^
Der Nmzug.
faßt.
Bürger noch nach anderen Gesetzen ab-
Philister. Ein kleines Nachspiel nur
vor dem Universitätsgericht und die
derselben Wissenschaft, von Z«it zu Zeit
solle. „Aber, liekr Herr Süffel, Ihr
„Herein!" Oskar Bummel erschien im
Rahmen der geöffneten Thüre. Als «r
seinen Feind erblickte, stutzte er «inen
„Was verschafft mir die Ehre, Herr
Bummel?" „Ich verlange", antwor
tete der Gefragt« mit männlicher Fest
lichkeit, „daß Sie, wenn Sie wünschen,
daß ich länger unter Ihren Penaten
weile, meinem Stubennachbar alsbald
kündigen". Wenn Süffel nicht gewußt
hätte, was er seinem dem Senate gege
benen Ehrenwort schuldig wäre, so hät
te er sich am liebsten bei diesen Worten
auf Bommel gestürzt und ihn geohr
feigt. „Sie setzen mich in große Verle
genheit, meine Herren", sagte Maier,
„Sie, Herr Süss«!, wollen, daß ich
Herrn Bummel" bei diesen Worten
verfärbte sich Bummel vorZorn —„Sie,
Herr Bumm«l, daß ich Herrn Süff«!
ohne Grund kündige. Das aber, meine
und Sie wissen, daß ich in diesen
Punkte nicht mit mir spaßen lasse.
Können Sie also nicht mehr länger bei
Tagen ist der Erst«. Oder darf ich hof
fen, daß Sie . . ."—„Nein", antwor
teten beide, noch ehe Maier geendet, wie
aus einem Munde. Noch an demselben
Tage sah man an einem der Fenster
des Maierschen Hauses ein Plakat
hängen, worauf mit großen Buchstaben
die Worte: „Zw«i Zimmer zu v«rmie
then" zu lesen waren.
Ganz tiefsinnig aber saß tags da
rauf Sllssel bei seinem Schoppen. Die
Kündigung war gar nickit nach seinem
Sinne.' Was nützte es ihn, daß Bum
mel ausziehen mußte, wenn ihn selbst
das gleiche Loos tras! Er überlegte hin
und her. Plötzlich klärte sich seineMiene
auf. Mit den Worten „Heureka, heu
reka!" goß er schnell seinen schäbigen
Rest hinunter und stürzte weg. Herr
Maier aber sagte noch desselbigen Ta
ges «ranügt zu dem ihm begegn«nden
Bummel: „Herr Bummel, soeben Ihr
Zimmer wilder vermielhet."
„An wen?"
„Kann leider nicht dienen; aber Herr
Studiosus Will hat «s für einen
Freund, der erst mit dem Ersten des
nächsten Monats spät Abends hierher
kommt, gemiethet." Da zuckte plötzlich
«in Geistesblitz durch des Studiosen
Bummel svnll nichj alltU I«lch
Maier mit vier Mark monatlicherStei-
Koffer auf den Gang stellen lassen. Er
that dies Herrn Maier zu liebe, denn
gen, li«ß ihn nicht gleich zum Einschla
fen kommen. Da er hörte er Jemand
die Treppe heraufstolpern. „Donner
wetter", dacht« er, „wenn Ich nicht
wüßte, daß Süffel fort ist das
ist ganz sein Schritt." Zum Ueberfluß
summt« der Neuangekommene während
des Auslleidens noch ein Liedchen.
„Merkwürdig", dachte Bumm«l wie
der, „das ist ja Süffels Leiblied." Als
aber der neue Miether in der Nacht ein
mal aufwachte und durch die geschlos
sene Thür« des Nachbarzimmers ein
tiefes Schnarchen vernahm, warf er
sich ärgerlich auf die andere Seite und
brummte mißmuthig vor sich hin:
„Zum Henker, der Kerl schnarcht ja
auch!"
Am anderen Morgen brachte das
Dienstmädchen den Herren ihren Kaf
fee. Kaum aber hatte das Mädchen die
Stube des ihr noch unbekannten Zim
kam, gefolgt von dem Unbekannten, der
es vergeblich zu beruhigen suchte. Durch
den Lärm veranlaßt, öffnete Bummel
trotz d«r leichten Kleidung, in der er sich
noch befand, seine Thüre. Großer Gott,
wen mußte er sehen? Vor ihm stand
Süffel, wie er leibt und lebte. Der erste
Schrecken lähmte ihm fast die Glieder.
Dann aber warf er voller Zorn mit so
lautem Gekrache die Thüre wieder zu,
daß das ganze Haus zitterte und ein
derber Fluch entrang sich seinen zor
nigen Lippen. Bis heute aber weiss kein
Mensch, ob derselbe Süffel oder Maier
gegolten hat. Der Eindruck, den die Er
scheinung Bummels auf unseren Süf
fel machte, war nicht minder schrecklich.
So muß «s dem zu Muthe sein, der
den Klauen der Scylla entflohen in
die Strudel der Charybdis geräth. Mit
den Worten: „Ha der Verräther, der
Leisetreter, der schlitzohrige Philister!"
eilte er zu Herrn Maier. Wenige Minu
ten später stürmte auch Bummel hinab.
Der rundliche Herr Maier befand sich
nie in unangenehmerer, bedrängterer
Lage. Was nicht ein Mann von seimn
Grundsätzen sich alles von den rabia
ten jungen Leuten sagen lassen mußte!
Und wer weiß, was geschehen wäre,
wenn nicht seine hagere Ehehälfte wie
dem Rufe: „Das neu« Brautpaar!"
den noch ungekämmten Kopf durch di«
geöffnete Thüre gesteckt und zwei Leute,
ein Männlein und ein Weiblein, in die
D«n beiden Studios blieb das Wort
im Halse stecken. Denn die glückliche
Braut war —ihre Angebetet«; der
Bräutigam ein ehrlich«! Spießbürger,
schon etwas ältlich zwai, abei strah
lend im Gefühl seiner Würde. Eine
kurze verlegene Paus« entstand. Dann
ergriff Süffel Bummel beim Arm und
sagte halblaut: „Komm, Bummel, wir
sind überflüssig!" Hierauf höslicheVer
beugung gegen das Brautpaar und mit
verließen die beiden Feinde Arm in
Arm friedlich die Stube, die sie in sol
cher Wuth betreten hatten. „Studenten
und Schoten", sagte Maier, verblüfft
über die plötzlich« Wandlung, „ist ein
und dasselbe; die sieben Mark aber
monatlich sind «rdient." Draußen vor
d«r Thüre schlug Süffel wieder den
alten, vertrauten Ton an: „Du bist
ein rechtes Kameel gewesen?" „Und
du «in enormes Rindvieh", entgegnete
lachend, re
„Schöne blaue Äugen hat sie...", wo
rauf Süffel in derselben Tonart wie
tröstend entgegnete: „ ... aber falsche."
Moderne Kinder. „Möch
test Du wohl das kleine Cousinchen se
seh'n !"
Einguler«erl. HerichlS
«zollzieher (zum Pantosftlhild.n): „Acd,
falls das Gesetz es zuließe statt die
ses Sofa Ihnen di« Frau und Schwie
germutter wegpfändenl" ..
Jür die Lüche.
Schinkenomeletten Ma»
backt kleine Omeletten und füllt sie mit
O melette Sou ffl6 e. Z Pfd.
dritte Theil der Masse gebacken ist,
träufelt nach Belieben Citronensaft
darauf, bestreut es mit Zucker, läßt es
Spar g «l ausmode r n e A r t.
Zarter, tadelloser Stangenspargel wirb
in Salzwasser unter Zugabe von w«nig
oder in der Nähe des Ofens destilli-
Ausandere Art. IQuart Erd
zucker, einenTheelösselZimmt und eben
soviel Nelken hinzu. Nachdem alles das
weitere drei Wochen gestanden hat, sil
siegelt und 30—36 Tage destilliren las
träufslt.
Schweinsrippche» mit
Aepfeln und Kartoffeln.
Man nehm« ein langes, dick ausge»
hat, und leg« es nun auf eine Schüssel.
Fette die in d«r Kasserolle gebliebene
Brühe ab und belege den Boden der
wenig SaU und gieß« etwas Wasser
dazu. Auf die Kartoffeln lege man
das Rippenstück mit der hohlen Kno
chenseite nach ob«n, füll« es mit ge
schälten und zu Vierteln geschnittenen
sauern Aepfeln, di« man mit ein wenig
Zucker bestreut, d«cke die Kasserolle fest
zu und stelle sie wieder in den Ofen,
bis die Aepfel w«ich sind. Beim An
richten h«bt man das Rippenstück mit
den Aepfeln auf «ine lang« Schüssel
und legt die Kartoffeln im Kranz
Spätzle. Ein halbes Quart fei
nes Mehl wird mit einem Ei- und so
vi«l Milch verrührt, daß ein dicker,
aber noch flüssiger Teig wird, mitSalz
und Muskat abgeschmeckt und so lange
geschlagen, bis der Teig Blasen wirst.
Ein Kessel mit kochendem Salzwasser
wird bereit gehalten, ein Sieb mit erb- ,
sengroßen Löchern auf den Kessel ge
fetzt. 3 bis 4 Löffel Teig in dasselbe
gethan und mit einem Holzlöffel nach
einer Seite zu mit fester Hand gestri
chen; das Wasser muß fortkochen.
Wassers kommen, werden mit dem
Sieblöffel recht trocken heraus und auf
eine warme Schüssel gethan und wieder
Teig durch das Sieb gestrichen. Ei»
Viertel Pfund Butter
dieselbe die Butter nicht ganz verzehrt
von wird zwischen jedem neuen Absatz
über die srischgekochten „Spätzle" ge
strichen. So fährt man fort, bis der
Teig verbraucht und die letzte Semmel
oben darauf angerichtet ist. Zu allen
Saucengerichten sind sie anwendbar;
doch kann man sie zum Braten ferviren
oder auch Schinken, Pökelfleisch oder
Zervelatwurst dazu geben.
DerHerrimHaus«. Sie:
„Wenn Du gerade Lust hättest, so
darfst Du heute Abend «inmal in'S
Wirthhaus gehen!" Er: „Lust hätt'
ich schon aber ich geh' nicht!"
Sie: „Warum denn nicht?"
„Ich will auch einmal m«i«ll Wlle»
haben!" . . . 3