Vervehmt. Criminal-Roman von M. <k. Braddoa. (U. Fortsetzung.) „Die Vorsehung hat ihn in meine Geivalt gegeben," sagte Ursula, als Arthur Lowell erfahren hatte, „denn er kann nicht länger entkommen, und umgeben von seiner D'ienerschast wird er es kaum wagen, mich abzuweisen. Er wird nicht so unklug sein, den Leu ten zu verrathen, daß er meinen An blick fürchtet." „Und wenn er sich dennoch weigert, Dich zu empfangen?" „Werde ich eine List ersinnen, bis zu ihm vorzudringen, aber ich glaube nicht, daß er mich abweisen wird." 32. K a p i t e l. Früh am nächsten Morgen ging Leonor nach Mangoldshöh, um Erkun digungen einzuziehen. An dem Haupt eingang zum Part begegnete er einer alten Frau, die schon den Brüdern Dawson gedient und den jungeiMann schon seit seinen Knabenjahren gekannt hatte. Sie begrüßte ihn herzlich und es wurde Leonor gar nicht schwer, sie zum Reden zu bringen. Sie erzählte ihm, daß der Bankier wegen seines finsteren Wesens sehr unbeliebt sei. Der Bankier hatte jetzt die Gewohnheit, das Bett erst um ein Uhr zu verlassen, worauf er dann aus dem Schlafgemach in das Wohnzimmer getragen wurde, wo er bis gegen acht Uhr verweilte. Mit Ausnahme desArztes und eines Herrn, der seit Kurzem in den Johannishof übergesiedelt war, empfing er keine Be suche. Das war Alles, was Leonor zu wis sen wünschte, und dankend verabschie dete er sich von Frau Grant. Sicher lich mußte es gelingen, den Bankier zu überrumpeln, wenn man es klug an fing. Leonor kehrte in das Wirthshaus zurück, um Ursula Bericht zu erstatten und seine Vorkehrungen zu treffen. Um vier Uhr bestiegen sie einen Ein spänner und ein Viertel vor fünf hielt das Gespann vor dem großen Park thor. „Ich werde jetzt bis zum Schloß ge hen," sagte Ursula aussteigend, „aber ich könnte länger aufgehalten werden, als sich berechnen läßt, Leonor; ich bitte Dich deshalb, nicht auf mich zu warten. Du kannst zur Mutler zurück fahren, damit sie sich nicht unnütz be wieder hierherschicken." „Unsinn, Ursula, ich werde unter allen Umständen hier vor dem Thore kommst." Sie standen während dieses Gesprä ches vor dem großen eisernen Thore. Leonor drückte seiner Braut die Hand und zog die Glocke. Als die schweren Thürflügel sich öffneten, warf Ursula noch einen letzten Blick auf Leonor und betrat das Gebiet Alfred Dawsons. um in dem Schatten der zum Schloß-fllh- Aus den Fenstern des Krankenzim mers fiel der röthliche Schein des Ka minfeuers auf den freien Platz vor dem hochragenden Gebäude. Ein Diener nachgaffend, Ursula den Rücken. Das war der rechte Augenblick. Mit leichten Schritten flog sie die Stufen Mühe gekostet hatte. Der Muth versagte ihr beinahe und zitternd vor Aufregung ging sie wei ter. " d cht sie, „der Mann, dessen unheilvoller Einfluß sein Leb n vergifte!- und ihn zu dem machte, was er war, der ihn in den Tod schickte, ehe er vorbereitet war, vor Gottes Thron zu treten, diesem Mann werde ich jetzt Aug' in Auge ge genüberstehen." Nach Athem ringend, überschritt sie die Schwelle des Krankenzimmers. Der Bankier war ganz allein. In wollene Decken gehüllt, saß er vor dem Kamin feuer. Aus dem dicken Smhrnateppich machten Ursulas Schritte kein Ge räusch und weder Dawson, noch der zu seinen Füßen liegende Hund erwach ten aus ihrem Schlaf. »Herr Dawson!" rief Ursula mit lauter entschlossener Stimme. „Wachen lch bin es, Ursula Wilmot, nach ihr, der Bankier fuhr auf und starrte sie entgeistert an. Selbst das Feuer schien durch den Laut ihrer Stimme aufgeschreckt; es züngelte mit leuchtete das entsetzte Gesicht des Ban kiers mit grellem Licht. » » « Leonor Austin hatte Ursula ver sprochen, geduldig zu warten, aber selbst die Geduld eines Liebenden hat ihr« Grenzen. Zehn Minuten nachdem Ursula den Park betreten, hatte es fünf geschlagen. Es schlug sechs und sieben, ein scharfer Wind umheulte den jungen begangen hätte? Wenn Dawson jenes Mordes schuldig war, hatte er das Verbrechen so be kiers strahlte Licht, doch die Ein- lch meinen eigenen Augen fortgehen." 33. Kapitel. Einige Minuten zögerte Leonor, nen habe. Wenn Ursula schon seit einer Stunde fort war, wohin hatte sie sich vergessen haben." Der riesige Park hatte vier Aus gänge, das wußte Leonor und er werde, um bei allen Thoren nachzufra gen. An dem nach Lixdorf führenden Er lief nach dem westlichen Thor zu rück und befahl dem Kutscher, auf die sem Wege nach Shornkliff zu fahren übergehenden zu richten. „Sehen Sie sich nach der linken Seite um," sagte er ihm, .ich werde bald nach Hause zu kommen, deshalb fuhr er scharf zu. Leonor faß am herabgelassenen Wa genfenster, der eisige Wind schnitt ihm in's Gesicht, während er nach Ursula umherspähte, doch sie erreichten Shorn kliff, ohne sie gefunden zu haben. „Sie muß vor mir angekommen sein", dachte er, „ich werde sie oben bei der Mutter finden." „Nun, Leonor?" rief ihm die Mut ter entgegen. „Ihr seid sehr lange aus geblieben. Was habt Ihr so lange ge macht?" „Ja, ich weiß es, Mutter, daß es sehr spät ist. Aber wo ist Ursula?" „Ist sie nicht bei Dir» mein Sohn?" fragte die Mutter verwundert. „Nein, ich erwartete, sie hier zu fin den." „Was soll das Alles heißen, Leonor? Du beunruhigst mich im höchsten Grade. Nachmittags geht Ihr fort, ohne mir zu sagen, was Ihr vorhabt, und versprecht, spätestens um 7 Uhr hier zu sein. Jetzt ist es 9 Uhr, Du kommst allein zurück und scheinst beun ruhigt, Ursula hier nicht zu finden. Ge hört der heutige Ausflug etwa auch zu Deinem großen Geheimniß?" „Ja, Mutter. Ich kann Dir meine Bitte nur wiederholen: Vertraue mir." Die Wittwe seufzte und zuckte be trübt die Achseln. „Es ist das erste Mal, daß etwas wie ein Geheimniß zwischen uns liegt," D st dh ff tl'ch chd s letzte Mal, Mutter." Der Kellner trug das bestellteAoend esscn aber vermochte^ur die Straße hinauszustiirinen, aber in der Hausthür trat ihm Ursula entge- gen, so bleich und müde vls ob sie sich kaum weiterschleppen köniie. „Ursula!" rief Leonor entzückt. „Gott sei Dank, daß Du wieder da bist." Er streckte die Arme nach ihr aus, aber zu seinem unaussprechlichen Er staunen wich sie mit einem Blick des Grauens vor ihm zurück. Leonor erschrak vor der Todtenblässe ihres Gesichts und dem starren Aus druck ihrer Augen. Ursula, mein geliebtes Mädchen! Ich sehe, daß diese Unterredung mit Daw son über Deine Kräfte ging, Du armes Kind." Wieder näherte er sich ihr, aber wie der wehrte sie ihm ab. „Sprechen Sie nicht mit mir!" rief Berührung verunreinigt Sie. Ich bin keine passende Gesellschaft für einen ehrlichen Mann." Er würde sich ihr gern genähert und sie tröstend in seine Arme geschlossen haben, aber ihr Blick hielt ihn im Bann und wie festgewurzelt blieb er stehen. Ende des Flures, zog sich in das Zimmer seiner Mutter zurück und ver schloß die Thür hinter sich. Leonor fühlte sich wie gelähmt. Hatte er Unrecht gethan, diese Zusammen kunft zu ermöglichen? Das hochsinnige Mädchen hatte den Mörder ihres Va ters gesehen und das Grauenvolle die ser Begegnung war für ihre reizbar- Natur zu viel gewesen. „Ich muß mich an die Mutter wen den," dachte Leonor, „sie allein kann mir in dieser Lage helfen." Er eilte zu seiner Mutter. „Ursula ist wieder zurück," sagte er. „Gott sei Dank. Ihr sonderbares Ausbleiben hat mich sehr besorgt ge macht." an mir, mich Dir anzuvertrauen, liebe Mutter. Die Veranlassung zu Ursulas heutigem Ausflug war sehr schmerzli cher Natur, so schmerzlich, daß ich über die Wirkung, die das Unternehmen auf sie machte, kaum erstaunt sein kann. Du mußt zu ihr gehen und sie zu trö sten suchen. Sie hat sich eingeschlossen, wird Dir aber ohne Zweifel öffnen. „So hältst Du Ursula für krank, „Ja, Mutter." Ahr Leiden ist seelischer Natur und ich gen wiederkommen/ 34. Kapitel. Ursula nahm die ihr gereichten schon vorzufinden. „Weshalb bist Du so früh ausge ben, weil ich abreisen will." „Du willst fort, Ursula," rief Leonor, „fort heute diesen Mor gen?" „Ja, mit dem 9 Uhr Zuge." schreiben, um Ihnen mitzutheilen—" „Mir was mitzutheilen, Ursula?" fragte Leonor. „Bin ich vielleicht wahn sinnig, oder träume ich nur?" „Es ist kein Traum, Herr Austin. Mein Brief würde Ihnen nur die Wahrheit gesagt haben. Ich gehe fort von hier, weil ich niemals Ihre Frau „Du kannst niemals meine Frau werben? Weshals nicht, Ursula?" sagen/ bleiche verstörte Gesicht. „Das Schicksal ist stärker als die „Jch tann niemals Dein« Frau wer d«n." „Weshalb nicht?" „Sie müssen sich dem Unabänderli chen fügen, Leonor. Es geht Manchem sehr schlimm in der Welt, so schlimm, daß wir in unserer Verzweiflung kei nen Himmel mehr über uns zu sehen glauben. Mein LooS ist schwer, machen Sie es mir nicht noch unerträglicher. Ich bin ein unglückseliges Geschöpf, und die einzige Gunst, die Sie mir er weisen können, ist, mich ungefragt mei nes Weges zieh«n zu lassen und, wenn ich fort bin, mein Bild für immer aus Ihrem Herzen zu reißen." „Ich werde niemals zugeben, daß Du von mir gehst, Ursula", entgegnete Austin entschlossen, „Du bist durch Dein Wort an mich gebund«n und kei n«rl«i krankhafte Vorstellung soll unS trennen dürfen." „Der Himmel weiß, daß es kein Wahngebilde ist, das mich von Ihrer Seite treibt, Leonor." „Ich darf nicht." Ursula.""^ Ihr Gesicht zeigte den Ausdruck ru higer Entschlossenheit. „Was ist es, was uns trennen kann, Ursula?" rief Leonor außer sich. „Was ist es? Du hast gestern Alfred Dawson gesehen?" „Ja," erwiderte das Mädchen zu sammenschauernd und todtenbleich. „Es glückte mir, Zutritt zu den Ge mächern Dawsons zu erlangen." „Und sprachst mit ihni?" .Ja." „Hai diese Unterredung Deinen Argwohn bestätigt oder vernichtet? Glaubst Du noch immer, daß Alfred Dawson Deinen unglücklichen Vater ermordete?" „Nein", erwiderte sie bestimmt, .ich glaube es nicht mehr." „Nicht? So hat Dich sein Wesen von der Schuldlosigkeit des Bankiers über zeugt?" „Ich glaube nicht, daß Alfred Daw son meinen meinen unglücklichen Vater ermordete." „Aber Alfred Dawson machte Dir vielleicht Mittheilung von irgend einem Dir noch nicht bekannten schmachvollen Geheimniß Deines verstorbenenVaters, und Du fürchtest, diese Schmach zu er tragen, würde eine Last sein, die ich nicht auf mich nehmen könnte? In die sem Falle verkennst Du meinen Cha rakter vollständig, und begehst den grausamsten Verrath an meiner Liebe. Was kümmert's mich, wenn boshafte Menschen sagen könnten, meine Frau ist die Tochter eines Diebes und Fäl schers? Zieren Dich nicht Tugenden, auf die auch «ine Kaiserin stolz sein dürfte?" Zum «rsien Male an diesem Morgen wurden Ursulas Augen feucht, aber sie sagte sie, „ich wollte, daß ich Ihrer würdiger wäre. Sie sind gut und ed«l, aber Sie behandeln mich heute sehr grausam. Haben Sie Mitleid mit mir und lassen Sie mich gehen." Sie zog eine hübsche kleine Uhr aus dem Gürtel und sah auf das Ziffer blatt, doch sich plötzlich erinnernd, daß die Uhr ein Geschenk Leonors war, hakte sie die Kette los und überreichte ihm beides. „Sie schenkten mir diesen Schmuck, als ich Ihre Braut war, jetzt habe ich kein Recht mehr, ihn zu behalten." „Ursula, höre mich, höxe, was ich Dir ein für alle Mal zu sagen habe! Ich liebe Dich treu und wahr und aufrichtig und ich glaube auch, daß Du mich liebst. Wenn es so ist, dann soll kein Hinderniß aus Erden uns trennen. bestimmen könnte. Dich fortzulassen." „Und welches ist diese Bedingung?" „Sage mir, daß Du mich nicht liebst, Ursula. Ich bin stolz. Ich will nicht um liebst, Ursula, steht es Dir frei, zu ge- Gesenkten Kopfes schritt Ursula langsam der Thüre zu. „Sie gehen, Fräulein Wilmot?" „Ja. Leben Sie wohl, Herr Austin." Der starte Mann bedeckte seinGesicht „Weshalb spielten Sie dieses „Weshalb diese Grausamkeit?" „Ich will es Ihnen sagen," erwi derte das Mädchen langsam und be- legenheit, mich aus der dunklen Tiefe der Schmach zu erheben. Schritt für Schritt lockte ich St« wiiter, bis Sie mir Ihre Hand antrugen. Das heißer s«hnte Ziel war erreicht, und ich freut« mich meines Erfolges, bis sich mein Gewissen zu regen begann, und ich be schloß, Ihnen den Jammer zu erspa ren. an «ine Frau gekettet zu sein, die einer Rasse entstammt, wie die mei nige." In kaltem Ton, nüchtern und unge rührt, hatte Ursula gesprochen. Leonor starrte sie in fassungslosem „Großer Gott!" rief er. „Wie konnte eme so entsetzensvolle Möglich „Jch darf jetzt gehen, Herr Austin?" „Ja, nachdem Sie die Maske abge legt haben, die mich getäuscht hat, finde ich kein« Veranlassung mehr, Sie zu rückzuhalten. Gehen Sie, und möge der Himmel Ihnen vergeben." „Leben Sie wohl, Leonor." „Noch ein Wort, Fräulein Wilmot. Ich hab« Sie zu sehr geliebt, um je mals über Ihr künftiges Schicksal gleichgiltig zu sein. Wohin gehen Sie?" «Nach London." „Kehren Sie wieder in Ihre Woh nung nach Clanham zurück?" „O, nein, nein!" „Haben Sie für die nächste Zeit Geld genug?" ich habe mir ein« größere „Werden Sie an mich oder meine Mutter schreiben, wenn ich Ihnen ir gendwie von Nutzen sein kann? Meiner Mutter w«rde ich von dem heute Vor gefallenen nur sagen, daß wir überein gekommen sind, uns zu trennen. Sie fahren mit dem Neunuhrzuge?" „Ja, Herr Austin." „So will ich einen Wagen bestellen. Sie haben noch fünf Minuten Zeit." Leonor klingelte und gab die nöthi- Befehle, verbeugte sich vor Ursula 35. Kapitel. Während Alfred Dawson in seinem «infamen Zimmer saß, in ängstlicher Erwartung, daß ihm ein Versuch, an Krücken zu gehen, gestattet werde, fuh ren Baron v. Wolkenstein und seine Frau auf den menschenübersüllten Boulevards der französischen Haupt stadt spazieren. Sie waren aus Italien zurückgekehrt und beabsichtigten, sich längere Zeit in Paris aufzuhalten, wo der Baron sehr viele Freund« hatte, die seine Frau >-» dt-llv nannten und für die reizende junge Engländerin schwärmten. Eines Bormittags bat Laura ihren Mann, sie in die Gemäldegalerie des Louvre zu führen und der Freiherr ging bereitwillig auf ihren Wunsch ein. Bei den Bildern der alten Schule hielt Laura sich nur kurze Zeit auf, ih nen hatte sie vor drei Jahren, als sie ihren Großvater nach Paris begleitete, ein aufmerksames Studium gewidmet. Jetzt wollte sie vorzugsweise die Werke der modernen Maler kennen lernen. Vor dem Bilde eines Landmädchens blieb Laura bewundernd stehen. „Bon diesem Bilde möchte ich gern eine Kopie besitzen, Herwarth," rief sie entzückt. „Weißt Du, wer dieses herr liche Gemälde geschaffen hat?" In der Nähe des von Laura bewun derten Blides saß ein Maler vor seiner Staffelei. Diesen jungen Künstler fragte der Baron, ob er ihm sagen könne, wer jenes Landmädchen gemalt habe. „O ja, mein Herr", erwiderte der junge Mann mit lebhafter Höflichkeit, „es ist das Wert eines meiner Freunbe, eines Engländers von bedeu tendem Ruf, es ist von Friedrich Ker stan, dem Sohn eines Malers, der vor in seiner Heimath sehr „Kerstall!" rief Laura, „das war der Maler, der Papas Bild malte, wie Großpapa mir oft erzählte. Herr Ker stall nahm es unter dem Versprechen mit nach Italien, er werde es dort vollenden. Wie gern würde ich den al ten Herrn Kerstall sprechen, weil er möglicherweise noch im Besitz jenes Bildes ist, und es mir eine große Freude wäre, Papa zu sehen, wie er in seiner Jugend war, ehe die Sorgen und Mühseligkeiten eines langen arbeits vollen Lebens ihn veränderten." Die Baronin wendete sich jetzt an den Franzosen und bat ihn um die Adresse des alten Herrn Kerstall. Der Künstler schrieb sie auf eine Karte, die Laura dankend in Empfang Das junge Paar verließ den Louvre, um den englischen Kiinstler aufzusu chen, dessen Wohnung sehr bald gefun den war. Der alte Herr Kerstall war nicht zu sprechen, aber sein Sohn stellte sich den Landsleuten gern zur Beifügung. Freiherr v. Wollenfels trug sein Anliegen vor. Er erzählte, daß der äl tere Herr Kerstall vor fünfunddreißig Jahren das Bild Alfred Dawfons ge fahren. ob das Bild vorhanden „Ja, das sagte mir mein Großva ter. Er verlor Herrn Kerstall aus den Augen und tonnte nie wieder etwa! über das Bild erfahren. Vielleicht wer den wir jetzt glücklicher sein." „Das Bild war nicht mehr meines Vaters Eigenthum; es könnte deshalb sein, daß es sich noch unter der Menge ungerahmter Bilder befindet, die er in seinem Zimmer aufbewahrt." „Ich würde Ihnen sehr dankbar sein, wenn Sie mir gestatteten, es herauszusuchen. Das Gesicht meines Vaters ist mir allezeit so gegenwärtig, und ich kenne es so genau, daß ich fast bis zur Gewißheit annehmen darf, eine Vorstellung zu haben, wie es vor fünf unddreißig Jahren ausgesehen haben mag. Der Maler verließ seine Gäste auf einige Secunden, um seinen Vater auf den Besuch vorzubereiten, und lehrte dann zurück, sie zu ihm zu führen. schwarzes Sammetläppchen, und der lange, schwarze Malerkittel kleidete ihn sehr gut. „Erinnerst Du Dich, Vater, dasßild „Dawson, Dawson?" erwiderte der Greis. „Ich weiß wirklich nicht." „Erlauben Sie uns, Ihre Gemälde Der Alte nickte und Bild um Bild wurde auf die Staffelei gestellt. Keines erinnerte Laura an das hübsche dern, die ich Ihrer Prüfung unterbrei ten will." Das Porträt eines jungen Drago neroffiuers wurde auf die Stafflei ge „Welch' ein schönes Gesicht!" rief d«r cheln auf die Beschauer niederbückte. Es war ein Gesicht, wie es den Günst lingen des Glückes eigen zu sein pflegt, Staffelei. „Das ist das Beste, was ich je ge malt habe," rief er. „Es wurde vor 36 Stunde fragte." „Ja, das ist das Portrait des einzi gen Sohnes Roland Dawsons," ver sicherte der Greis. Der jüngere Kerstall blickte auf Laura, in der Erwartung, einen Aus rin. „Das Gedächtniß Ihres Herrn Va ters läßt ihn in diesem Falle im Stiche." sagte sie mit leiser Stimm«, „das ist nicht das Bild, das ich suche." „Nein," bestätigte der Baron, „das Der Baron und seine Frau dank ten dem Künstler mit großer Wärme für feine Liebenswürdigkeit, bestellten eine Copie Landmädchens und 36. K a p i t e l. Das Leben erschien Leonor Austin sehr leer und öde, als er einen Tag nach Ursulas Abreise wieder in Lon don ankam. Er theilte seiner Mutter mit, daß seine Verlobung ausgehoben sei, nichts weitcr. „Ich bin grausam getäuscht worden, liebe Mutter," sagte er, „und um eine bittere Erfahrung reicher." Er fühlte sich als alter Mann, der kein häusliches Glück mehr zu erhoffen wagte. Einem an regelmäßige Thätigkeit gewöhnten Menschen ist nichts so uner träglich, wie Müßiggang, und doch fehlte Leonor der Muth, wieder eine Stelle anzunehmen, obwohl große Fi rmen dem wohlbekannten Cassirer des Bankhauses Dawson die glänzendsten Anerbietungen machten. Noch konnte er seine Enttäuschung nicht verwinden und seinem Bertis wieder nachgehen. Eines Tages fuhr ihm ein neuer Gedanke durch den Kopf, der ihm Ursula Wlmots Character in noch häßlicherem Lichte zeigte, als ihr eige nes Geständniß es gethan hatte. Es konnte noch einen Grund für die plötzlich« Wandlung ihrer Gefühle ge gen Dawson geben —, der Millionär hatte ihr Stillschweigen erkauft! „Dieses Schuldbewußtsein ließ sie in jener Nacht so vor mir zurückweichen. O, Ursula, Armuth muß eine sehr harte Prüfung sein, wenn sie Dich zu solcher Erniedrigung verleiten konnte!" Je länger Leonor über den Gegen stand nachdachte, desto bestimmter kam er zu dem Schluß, daß Ursula von dem Bankier bestochen oder durch Dro möglich, in dem Mädch«n, das er so sehr geliebt und verehrt hatte, ein so niedriges Geschöpf zu sehen, wie der Schein ihm vorspiegelte. Es mußte Umstände geben, die Ursulas Beneh men erklärten und rechtfertigten. Nein, nicht Ursula war falsch und betrüge risch; wenn Falschheit und Betrug sich zeigten, mußte man in Dawson den Urheber suchen. ... (Fortsetzung folgt^ Jür die Küche. 'Spargel - Suppe. Zuthaten: S Pfund Brechspargel, 2 Quart Was ser, eine halbe Unze Fleisch - Extrakt, 2 Unzen Butter, 1 Löffel Mehl, 3 Ei dottern, 1 Bündchen Petersilie, Salz nach Geschmack. Der Spargel wird sorgfältig geputzt, so weit er zart ist in kurze Stückchen geschnitten, in der an- die oberen Hälften in etwa 2 Zoll lange Zwiebel, etwas Fleischextrakt, Salz, einer Prise Cayenne - Pfeffer und (nicht mehr), etwas Citronensast, et was Zucker und ein Lössel frische But ter und vier Eidotter werden schnell an in Salzwasser gekochten Spargelstücke Sorgfalt bereit ist dies Gericht sehr fein und bedarf eigentlich keiner Bei lage. legt und oben mit dem pikanten Brei ganz bedeckt. Die Oberfläche wird mit geriebener Semmel bestreut, mit eini gestellt, bis dieKrufte hellbräunlich und härtlich geworden ist. Das Fleisch wird mit Madeirasauce servirt. Maccaroni mit Sardel le n. Man kocht die Maccaroni in stru delndem Salzwasser weich und läßt Unterdessen dünstet man in einem klei nen Gefäß in frischer Butter eine Handvoll feingehackter Kräuter, wie Petersilie, Kerbel, Schalotte und so weiter, giebt etwas gekochte Tomaten dazu und sechs bis sieben feingehackte Sardellen. Mit dieser Tunke mischt man die Maccaroni, erwärmt dieselben dann nochmals leicht und wird finden, daß diese Speise einen angenehmen, pikanten Geschmack hat. Taubencotelettes mit Schoten. Man reinigt dazu die Tauben, halbirt sie, nimmt Hals und Flügel ab, bricht die Beingelenke, so daß sich die Beine gerade ziehen, salzt und Pfeffert die geklopften Hälften und brät sie ringsum in Butter an. Als dann läßt man die Coteletten erkalten, panirt sie in Butter, die man mit zwei Eidottern geschlagen hat und geriebener Semmel und bäckt sie zum Schluß 1l) —l5 Minuten in vollem Fett. In die Mitte der Schüssel giebt man einen Berg Schoten, die man mit feingewieg ter Petersilie bestreut und in deren Mitte man ein Stück frischer Butter legt, die Taubencotelettes kommen ringsum. Von dem Flügel- und Hals fleisch, den Lebern, Herzen und Magen hat man eine feine, mit Zwiebel, Cha mpignon und Kräuter gewürzte Form gemischt und inßutler gar gemacht. In Butter gebratene Semmelscheibchen werden damit bestrichen und als Kranz um die Schüssel gelegt. Nach Belieben kann man auch an Stelle der Schoten Champignons, Steinpilze oder ein be liebiges anderes junges Gemüse geben. Sauerbraten. Das Fleisch vom Schlegelstück wird mit Speckstrei sen, welche vorher in seingehackte Zwie beln und Petersilie getaucht sind, ge spickt, in eine irdene Schüssel gelegt und mit Zwiebeln, Karotten, Petersi lienwurzel, Sellerie, Nelken und Roth wein übergössen und 3 Tage stehen ge lassen, während welcher Zeit man es öfters umdreht; man legt dann das Fleisch in eine Kasserolle mit etwas Speckscheiben und Schmalz.läßt es auf streut es mit 2 Kochlöffel voll Mehl und läßt nochmals anziehen, gießt die Beize und ein wenig Fleischbrühe dazu, würzt dies, deckt die Kasserolle zu und läßt langsam fortkochen, bis dasFleisch' weich ist, zerlegt dasselbe und belegt es mit glacirten Zwiebeln und Gelbrüben, seiht die Sauce darüber. Geschnittener S a l a t. —> Man schabe schöne feste Ko^fe^Kopf menge ihn mit hart gekochten, gehack ten Eiern, kleinwürflig geschnittenen rothen Rüben, Salz, Pfeffer, Essiz und Oel an. 3
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