Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, June 15, 1899, Page 2, Image 2

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    2 Die russische Irau. '
Reich an bizarren Gegensätzen, wie
die Natur des gewaltigen russischen
Reiches, das, von öden Steppen und
undurchdringlichen Wäldern, von un
absehbaren Weizenfeldern und lachen
den Fruchtgärten erfüllt,' im Norden
in eines langen Winters eisiger Kälte
schlummernd, im Süden eines ewigen
Frühlings genießt, so ist auch der Cha
rakter der Bevölkerung, die es bewohnt.
Wilde Leidenschast und berechnende
Kälte, weiche» Gesühl und Härte, die
bis zur Grausamkeit geht, hohe Beweg
lichkeit des Geistes und trüber
Stumpfsinn einen sich in der russischen
Volksseele zu einer seltsamen Mischung.
Und dasselbe Gepräge trägt der
Frauentypus dieses Landes. Wenn
wir uns vergegenwärtigen, welchen
Wandlungen die Russin in ihrer Ent
wickelung unterworfen war, wie sie,
allmählich aus der Abgeschlossenheit
der Frauengemächer erlöst, seit den
Zeiten Katharinas verhältnißmäßig
schnell die ihr noch eigene crasse Uncul
tur mit französischem Firniß über
tünchte, um i» unserem Jahrhundert
Geistesbildung zu erwachen, so werden
wir ihr wahres Wesen begreifen. Wir
tonnen dann .verstehen, daß sie mit
töstlichsten Güter der Menschheit nach
Thatkraft sich desto eifriger in Wissen-
Jahrhunderten versäumt ward.
Freilich ist die Sonne der Aufklä
rung, der allgemeinen Jdeecnerweite
lebt als bloßes Arbeitsthier in sklavi
tleinen Mittelstande aus. Auch dort
mernde Intelligenz bedeckt. Die Ge
gensätze des russischen Volksthums tre
ten in diesen Schichten wieder grell her
vor. Bald finden wir Frauen von
ungewöhnlicher Rührigkeit, bald an
dere, die träge kaum den nothwendig
sten wirthfchaftlichen Arbeiten gerecht
werden. Und höher hinauf treffen wir
auch Erscheinungen, die uns eigen
thümlich berühren. Welch bekannter
Typus ist nicht die Gattin des schnell
zu Reichthum gelangten Kaufmannes,
deren Tagewerk im Theetrinken, im
Ausschelten der Dienstboten und im
gelegentlichen Beten vor den Heiligen
bildern besteht, und die Gattin des
Officiers, welche mii den Männern um
die Wette raucht und ihre Nächte dem
Kartenspiel widmet. Ost keine Spur
hier von einem Bewußtsein auferlegter
Pflichten. Bezahlte Arbeitskräfte be
sorgen das Hauswesen und die Pflege
der Kinder. Doch hart daneben, oft
in derselben Familie, giebt es Frauen,
die sich voll reger Wißbegierde über
geistige Interessen zu unterrichten
trachten und ihren Kindern eine vor
treffliche Erziehung geben. Im deut
schen Sinne wirthschaftlich ist die Rus
sin weder aus Neigung noch aus Noth
wendigkeit. Die, abgesehen von
Petersburg, billigere Lebensführung
macht eine angestrengte Mitarbeit der
Frau am häuslichen Herde nicht erfor
derlich. Aus diesem Grunde gebricht
es ihr nicht an Zeit, um ihre Kennt
nisse zu erweitern und eine rege Ge
selligkeit zu Pflegen, deren größter
Reiz eine den Ausländer sehr anmu
thende Zwanglosigkeit ist. Sie poli
tisirt, musicirt, conversirt mit mehr
oder weniger Correktheit in verschiede
nen Sprachen und reist, sofern es ihr
ihre Mittel gestatten, alljährlich in das
Ausland. Das schöne Frankreich ist
und bleibt stets ihrer heißen Wünsche
Ziel; seine Sprache lernt sie oft schon
vor der heimathlichen, seine Moden
trägt sie mit demselben Chic wie die
Pariserin, und seine Sitten, seine An
schauungen sind nach mancher Richtung
die ihrigen. Unter dem verstorbenen
Zaren hat man begonnen, den Kindern
vielfach eine streng russische Erziehung
zu geben und die Töchter auf die recht
Tüchtiges leistenden russischen Gymna
sien zu schicken. Doch werden daneben
immer noch zwei bis drei fremde Spra
chen gelehrt. So ausgerüstet, tritt
heute das russische Mädchen der höhe
ren Gesellschaftsfchichten mit einem
hübschen Schatze positiver Kenntnisse
in das Leben. Die Naivetät und holde
sind ihm meist Es besitzt einen
romplicirtesten Verhältnisse der Welt
und ein stark ausgeprägtes Bewußt
leit, daß es für sich selbst sorgt, so be-
Pein" und daneben die prickelnde Ko
ketterie, die jähe Leidenschaft, welche
den Mann, an dessen Eroberung ihr
gelegen, unwiderstehlich in ihren Bann
kreis zieht. Stolz und siegesgewiß,
zeigt sie die zarteste Hingebung, wo sie
«hrt und achtet. Die russische Litera
tur ist reich an Beispielen rührender
Gattentreue, edler Aufopferung in
Noth und Tod. Bei der großen
Selbstständigkeit der gebildeten russi
schen Frauenwelt spielt der Mann in
ter> Er nimmt vielmehr meist die
Stelle des guten Gefährten und zuwei
len die des Spielballs weiblicher Lau
nen ein. Denn selten macht sich dort
jene männliche Ueberlegenheit geltend,
welche das Verhältniß der Geschlechter
zu einander in gewissen anderen Län
an Energie und allgemeinem Wissen
thut es in Rußland die Frau dem
Manne zuvor, ohne die echt
mit der wissenschaftlichen und gesell
schaftlichen Cultur bisweilen nicht glei
chen Stritt. Daher die hier und da
thigkeit, von der allerdings das jüngste
Frauengeschlecht ganz frei ist. Im
merhin bleibt die Russin eine der glän,
Nervenschwache Kinder.
Gewiß ist die Nervosität nicht erst
thun?
Was die erste Frage betrifft, so läßt
lraft des Körpers und Geistes besitzen.
Es ist also nicht direct die Nervosität,
Wunder daher, daß man den Jam
inerrus der Mütter: „Mein Kind ist
nervös!" so häufig zu hören belommt.
feiner körperlichen und geistigen Ent
kommt. Sind das nicht Alles alte Be
lassen. Ist die Zahl solcher Kinder
wir sie doch durch eine richtige Erzie
hung zu schwächen Wichen. Allerdings
dürfen wir dabei nicht einseitig
vosität zu verhindern.
Und die Mittel, die uns zu diesem
Zwecke zu Gebote stehen, sind nicht etwa
einer allgemeinen Kräftigung des Kör
pers und Geistes. Alles, was dazu bei
trägt, den Organismus zu stärken, das
Alles vermag auch die Widerstands
kraft der Nerven zu heben.
Eine große Hauptrolle spielt dabei
eine nach Stunden geregelte Lebens
weise. Nichts thut dem Körper so
wohl, wie eine fortlaufend ungestörte
Thätigkeit seiner Organe. Wie «ine
Maschine nur schwer wieder in Gang
zu bringen ist, ivenn bald dieser, bald
jener Theil in Unordnung geräth, und
wie das ganze Werk schließlich zum
Stillstand kommt, wenn nur irgend ein
Theil vollständig unbrauchbar gewor
den ist, so muß sich auch der Körper
gewaltig anstrengen, wenn er ein nicht
Dabei ist zu beachten, daß all« Or
gane in gleicher Weise ihre regelmäßige
hat.
Alters, als den Alkohol. Er ist es, der
in erster Reihe die Widerstandskraft
Nerven unerläßlich ist.
Dasselbe gilt für di« körperliche Be
wegung. Auch diese muß von den
den. Wer sich selbst nicht beherrschen
mehr dazu eignenden Personen über
lassen.
Mit der Erziehung zur Selbstbe
dessen noch nicht Alles gethan. Man
besonderen Aufmerksamkeit und einge
henden Fürsorge. Wer aber diese sich
angelegen sein läßt, der kann auch oie
größte Freude an seinem Kinde ,er
—ES gibt Menschen, die stets
Mser Wagd.
Komedie, und do könnt mer nix bes
fersch thu als e Theaterstück draus
mache. Um en überzwerge Titel wär
ich gar nit verlege wie z. B. „Fräulein
Babett", oder „der Staubbesen", oder
oder sonst ebbes aus der Haushaltung.
Wie ich des so in meiner Unschuld
daher sag un wunner man, was ich
los, gege des unserm Herrgott sei
schwerstes noch e unnerhaltlich Kegel
fpielche wär.
so n Idee von mir
„Ja, des wäß ich scho lang, was Du
vor Idee imKopp hast. Seit de Abends
nimmer dehäm bleibst un im Wilde
lehler, wo alles besser wisse will so e
Literat, mit Respect zu melde —. Und
do is im ganze Haus kä Katz mehr
plet mit Haut un Haar, mit Stiel un
Pole in der Zeitung steht. Des sag
ich»der aber: wann de mer die Schin
„Mänste?"
mächst Ordnung, gelle Lenche?"
„Ja, ipte. Es gibt genug Män
ner, wo e ordentliche Haushaltung un
ich nit lang zu suche. Dir wern nacher
dieAage scho usgeh, wenn's zu spät is."
Jetzt war mersch doch, als müßt' ich
wider e bische einlenke. „Freilich," sag
ich, „hat nit jeder so e tüchtige Haus
fra, die noch dazu so lieb sei kann wie
Du. Es gibt ach annere, die sitze scho
morgens um 11 Uhr im seidene Kläd
mit eme roth saffianene Goldfchnitt
büchelche in der Hand ufem Kanapee
un warte uf de Besuch. Da kimmst de
gar nit schlecht weg, wann de neber
dene dastehst in Deim graue Lode
klädche, Deim weiße Küchescherz, bloß
ärmelig, de Kochlöffel in der Hand.
Wenn de dann noch mit der bewußte
sanfte Amtsmiene die Babett com
mandirschst: „da wäre jetzt gelbe Rübe
geputzt" oder „usgepaßt jetzt, daß es
Feuer ordentlich brennt, sonst wer'n
die Pannekuche nix" —, Wer kann da
widerstehe?"
„Ich brauch's aber nit, daß ich mich
da als Köchin hinstelle laß soviel
wie die annern ich auch noch."
deutlicher Mann denkt viel zu gut un
zu nobel von seiner Frau, als daß
erfche in der Zeitung rumzieht un in d«
Leut ihr Mäuler bringt."
„No meinetwege also gar nit. Da
verzähl ich halt de Leut ebbes von un
serem brave Bettche von Krückebach.
stück hab ich geschriebe:
's Bettche von Krückebach.
Das Bettche is zu uns komme, weil
-
Also des Bettche. Wies 19 Jahre alt
> war, habes sei Leut in die Stadt ge
° schickt, un wies nit recht gewollt hat un
° Kopp is dick genug dazu."
Dem Bettche sei Kopp war aber nit
dicker als wie sich's gehört hat sür sei
hat sehe lasse könne, nit zu korz un
Un gelacht hat unser Bettche. Es
Röder, wie mecht mer des? un Fra
Röder, wie mecht mer sell?" Und's hat
usgepaßt un hat sich Müh gebe, daß es
der Fra Röder Freud gemacht hat, ihm
ebbes zu zeige.
Uf die Art is kä Verteljahr ver
gange, do hat des Bettche scho gekocht,
daß mersch hat esse lönne, un die Fra
Röder ts alsemol dazu komme, zwische
Außer dem Nestquappel warn noch
drei ältere Kinner da, zwei Mädcher
von 10 un g Jahr un des Karlche, wo
hat sein Scherzzippel in der Hand ge
halte, als wollt sichs damit die Aage
wische. Da frag ichs:
„No Bettche, warum lache Se nit?"
„Och, Herr Röder, die Kinner sin so
bös."
„Wem sei Kinner?"
Da lachts wider, des Bettche, aus
feuchte Aage raus un guckt mich an un
fegt: „Ja wann se mei wäre. Herr Rö
der, da wollt' ich ihnen scho komme."
„Als druf, Bettche!"
„Ja ich darf nit, die Fra Röder iS
Da wars scho wider in seiner Küch
drin. Un ich geht halt nei zu dene Kin
ner un frag:
Bettche flennt?"
Da will zuerscht käns rausrücke, bis
ich's ältst, die Sofie, extra ins Gebet
nehm un e bische unsanft commandir:
„Raus mit der Sprach, Du alte Pro
luratern!"
„Mer habe nix gemacht, der Willem
hat ebbes zu em gesagt, dakhat's zu
slenne angesange un is naus. Mir
Also nehm ich des Willemche mit
naus in mei Zimmer un frag en, was
er dann zu dem Bettche gesagt hätt.
Da hat's e Weilche gedauert, bis er
die Sprach gefunne hat. Wie ich em
aber zugeredt hab un verspräche, er
kregt kä Schleg, ich wüßt ja, daß er e
braver Bu sei wollt, un er soll mersch
buchstabiere:
„Wolle mer nit dem Herre Hor
lacher sage daß er dH Bettche
emal recht durchhaut."
Laborant im chemische Laboratorium,
e Tausendkünstler un unser Faclolum
im Haus. So is der klä Bu. der em
als zugeguckt hat, wie er Klobe ge
schlage, Bilder gehängt un die Uhr ze
ucht hat, uf den Einfall lomme, daß
Sache verwende könnt, wo grad noth
wendig wäre. Un des hat des Bettche
arig geschmerzt, weils den lleene Balg
so zu sage groß gezoge un wie noch
emal e Mutter lieb gehabt hat.
So ebbes hab ich ach meimWillemche
begreiflich mache tvolle un hab cm gute
Wort gebe un zum Bettchenaus in die
Küch geschickt, wo er hat sage solle, daß
es ihm wider gut sei soll. Er hat
sich ach endlich uf de Weg gemacht.
Ich aber bin wider nei gang« zu de
annern drei, weil mer die Sach noch
nit ganz sauber vorkomme iS. Wie ich
ins Kindszimmer komm, da sitze zwä
devo beducht rum, un die Sofie steht
am Fenster un studiert Wolke. Die
nehm ich wieder vor, droh ihr mitem
Finger un sag:
„Wie kommt denn der Willen dazu,
daß er des Bettche kloppe will. Da
müßt ihr ebbes mit em gehabt habe.
Gestehs, was hats geben?"
„Ja, es is rei komme un hat gesagt,
es wollts der Mutter sage, mir hätten
em e Hörnche von der Anricht genom
me. Es wäre jetzt nor noch acht, un
neune Hütts doch geholt gehabt."
~No, un da?"
„Da habe mer gesagt, eS sollt nix
' sage, des thät kä Mensch merte. Da is
' es aber bös worn un hat gekrische, mer
wäre verlogene Racker, und die Mutter
lniißts wisse da habe mer zu em
' gesagt, es wäre Lawatsch un e rechti
Trasch —"
„So, so, un da hat sich dann der
' Willem ach angeschlosse. Also jetzt wisse
mersch. No un wie wars nacher mit
' dem Hörnche? Wer hats ge-
nomme? Da brauch ich ach
' noch lang zu frage; der Karl hats sti
pitzt, un ihr habt mitgesse. Also kriegt
' der Bu sei Schlag un alle drei heut kä
' Vesperstück."
Damit war die Sach soweit ohne
' Widerspruch erledigt bis uf e gut!
Lehr, wo ich dem Bettche unner vier
Aage gebe hab. Es sollt sich als nit mit
" de Kinner rumschenne und lieber
mirsch zuerscht sage, wenn was vor
- läm. Mei Fra thät sich gleich zu arig
' alteriere.
Da hats e bische en rothe Kopp
lriegt un hat sich eifrig vertheidigt.
' Endlich aber hats eingesehe, daß es
' doch so besser wär, un hat mer die
> nit gelitte hatt, daß die Große ihm den
- kläne Willem abspenstig mache. Das
> hätts nit verti.ge könne.
> Da is mersch vorkomme, alt wenn
Bildung stecke thut als in mancher
t naseweise Krott, die e sranzösischMaul
i macht und de Klimperkaste malträtiere
i So e Hilf macht äm's Lebe leicht.
Vatter und die Mutter das Bettche
ästimiere un gern habe, daß des Bettche
Des brav Mädche war 5 Jahr bei
uns, dann hat's geheirath. Verhältniß
storbe, un sei Vatter hat dehäm mit der
Jüngste gehaust, mit der Babett, wo
drei Jahr jünger war, wie des Bettche.
Tag mit eine Esel in die Stadt ge
fahre is. Sie habe e fchö schlank Büb
che gehabt fast im gleiche Alter wie un
ser Willem un warn zusriede, un wer
habe se als emal besucht un gut leide
könne.
Da is us ämol e Wendung einge
trete in dene schöne Verhältnisse. Geges
Frühjahr hat sich beim Schneider Woll
gedacht hat. Un der Hämtücker von eme
Vogel hat noch dazu sei Sach arig
schlecht gemacht. Das Kind, was er ge
bracht hat, war todt, un die Muttcr,
die sich uf e Töchterche gefreut hat, hat
sich über das todte Kind allterirt «in is
nimmer recht zu Kräfte lomme. Drei
Tag vor Georgi habe se die arm Fra
uf de Kirchhof getrage un nebe ihrm
Kindche eingegrabe.
Des war e harter Schlag für den
Schneider von Krückebach, un er hat de
Kopp hänge lasse, un is e zeillang
rumgetappt, als wollt er ach ausmache.
Endlich hat er sich aber doch gefaßt un
hat sich befunne, wie zu hslfe wär. Da
is niemand so haß eingesalle als
zu uns komme am Sonntag Nachmit
tag un hat sei Bübche mitgebracht. Da
hat er sich zu dem Bettche in die Küch
gesetzt un geplaudert von seim Geschäft
un daß er sich jetzt e Magd halte müßt.
Die thät em des Bübche so garstig
ruinstumpe un sei Sach immer weiter
runnerkomme lasse; tauter so traurige
Sache.
Um Weihnächte aber hat er e
Päckelche mitgebracht un hats dem
Bettche zum Christlindchc gebe. Da hat
met Fra gehört, wie se eifrig mit enan
ner gebispelt habe un wie ersch arig
nothwennig gehabt hat. Endlich hat des
Bettche zu slenne angesange un laut zu
em gesagt, jetzt sollt er fortgeh, es
könnt em heut nix sage un müßt erscht
sein Vater frage.
Da hat mei Fra gewißt, wieviels ge
schlage hat, un daß der Schneider von
Krückebach unser Bettche zur Fra habe
will. Des warn schlechte Aussichte sür
uns. Mei Fra hat aber gute Mien
zum böse Spiel gemacht. Wie er fort
war, is se in die Küch naus und hat
des Bettche, das nachdenllich un mit
verflennte Aage da gesesse ist, an das
alt Liedche erinnert, wo als die Kinner
uf der Gass' singe:
Mädche Du, Mädche Du,
Heirath einen aus der Stadt,
Der recht viel Vermögen hat.
Ueber die verblümte Anspielung auf
sein Zustand hat das Bettche wieder
lache müsse un hat gesagt: „Ja, Fra
Röder, die habes des viele Vermöge"
un hat e Mäulche dazu gemacht, als
Wenns bäbä sage wollt. Da habe mer
gemerkt, daß dem Mädche sei Herz noch
ufem Land draus is, un daß mer nor
schwache Hoffnung habe, unser Kleinod
zu erhalte.
Richtig hat's ach liit lang ange
stanne, da hat uns das Bettche gesagt,
eS thät uf Georgi sein Schwager Hei
rathe, „daß der klä Bu, der draus in
der Unschur rumläft, wieder e Mutter
kriegt".
So is gange; un des Bettche is jetzt
die Fra Woll un hat zu dem Bübche.
wos von seiner Schwester geerbt hat,
selber noch e Häufelche Kinner, von
dene äm jedes aus zwä große braune
Aage anguckt grad so treuherzig wie
sei Mutter. Da kann mer nix dagege
habe.
Me ich meiner Frau die Geschicht
vorgelese hab, dv hat se gemänt, des
könnt mer so lasse, es wär ebbeS zum
lache un ebbes zum flenne, wie's die
Leut als habe wollte; un nit emol viel
g-wge.
«plttter.
Die Frau eines gefcheidten
Mannes zu sein, ist Au^
Du bist nicht unglücklich, so
lang du glücklich machen lannst.
Manhaßt vielleicht Niemand
so sehr als einen aufrichtigen Freund.
Große Eigenschaften entschul
digen kleine Eigenheiten.
Die „gute alte Zeit" ist der
Idealismus des Philisters.
Erklärung. Hänschen:
„Papa, was ist das, ein Bombardon?"
Papa: „Das ist ein Instrument, Itel
ches unser Trommelfell mit Tönen
bombardirl."
»Ute lieclamt.
Zur Zeit der Präsidentschaft Gar
zeheimnißvolle Weis« ein reicher Gold
minenbesitzer, Namens Croß, ermordet
ivorden. Man hatte den alten Mann
Nachts überfallen, erdrosselt und be
raubt. Vergebens sucht« die städtisch?,
und geheime Polizei den Mörder zuk
entdecken, nicht das geringste
führte auf die Spur desselben. PÄtz-'j
lich machte die Nachricht Sensatiyn,
caß «in Deutscher, der sich Schwarz
nannte, sich der Polizei freiwillig ge
stellt und als Mörder des Croß be-
Diese Nachricht war zutressend.
Schwarz war Kaufmann, der feinen
Verdienst darin suchte, größere Posten
vonWaaren aufzulaufen und an klein«
Händler mit Gewinn wieder zu ver
laufen. Er war verheirathet und Va
ter von sechs unerwachsenen Kindern.
Es wurde auch festgestellt, daß es ihm
in der letzten Zeit nicht besonders
glänzend gegangen sei. Er hatte alle
seine Ersparnisse auf eine Karte gesetzt
und sür den Betrag von zehntausend
Dollars Garsield-Gürtel gelauft
eine neue Erfindung, welche die Hofen
träger ersetzen sollten. Aber der un
glückliche Speculant sah zu spät ein.
daß ihm lein Geld für die nöthige
Reclame geblieben war, und sein letz
ter Versuch, die Gürtel in einem ei
gens dazu gemietheten Laden zu ver
laufen, schlug fehl. Die Käufer woll
ten sich nicht einfinden.
War es somit erklärlich, daß
Schwarz in seiner Verzweiflung zu
einem Verbrechen feine Zuflucht ge
nommen hatte, so blieben doch zwei
Punlte rä.hfelhaft: Weshalb stellt«
der Mörder sich selbst? Weshalb blieb
seine Familie in Noth zurück, da doch
sestgestellt war, daß der Mörder sei
nem Opfer eine größere Summ« ent»
wendet hatte?
Auf dieseFragcn erwiderte Schwarz,
das vermißte Geld habe «r nicht ge
funden, und der Polizei habe er sich
gestillt, einerseits, weil sein Gewissen
ihn dazu trieb, andererseits, weil s«in
Verbrechen nicht den gewünschten Er
folg gehabt habe, und er nun des Le
bens müde sei. Die Art und Weise,
auf welche er den Mord verübt habe,
gab er mit allen Einzelheiten an. Er
drosselt habe er sein Opfer mittels
eines Garfield-Gürtels. Dies« An
gabe, sowie alle Einzelheiten des Ver
hörs wurden in den Zeitungen genau
und umständlich besprochen. Croß,
Schwarz und die Garsield-Gürtel wa
ren acht Tag« lang in aller Munde.
So lange dauerte «s nämlich, bit
es sich herausstellte, daß die Angaben
des Schwarz mit den Thatsachen nicht
übereinstimmten. Schließlich wurde
von der Polizei noch ein Mann fest
genommen, der einmal Compagnon
des Ermordeten geivesen war, und dem
in einer Kneipe die Aeußerung ent
schlüpft war: Croß könne gar nicht
mit einem Gürtel erdrosselt worden
sein, da man an f«in«m Halse deut
lich starle, sicherlich von «inem Strick
herrllhrendeEindrUck« bemerken konnte.
Woher, fragte man sich, wußte der
Mann dies, da alle Welt an die Er
drosselung durch «in«n Garfield-Gür
tel glaubte?
Als man Schwarz die Widersprüche
seiner Angaben vorhielt, gestand er
sofort -in. daß seineSelbstbezichtigunz
aus welchem Grunde," fragte
der Sheriff erstaunt, „unternahmen
Sie diesen unbegreiflichen Schritt?"
„Das werden Sie sehen, Sir," er
widerte Schwarz; „bitte, begleiten Sie
mich nach meiner Wohnung."
In dieser trat ihnen die Gattin des
Schwarz freudestrahlend entgegen.
„Bist du frei?" redete sie ihren
hoff« es," versetzte dieser, den
Sheriff anblickend.
„Denke Dir," fuhr die Frau fort,
„ich habe sämmtlich« Garsi«ld-Gürt«l,
verkauft, die letzten zu ganz horrenden
Preisen. Zedermann wollt« «inen sol
chen Garsield-Gürtel haben, mit wel
ch«m Croß ermordet worden s«i."
„Das habe ich vorausgesehen," sagte
Schwarz, „und deshalb stellt« ich mich
der Polizei. Es war die beste und bil
ligste Reclame, die man sich denken
Schwarz wurde freigelassen und sei
ner durchtriebenen Gewandtheit we
gen allgemein bewundert. Der frühere
Compagnon des Ermordeten qestand
seine Schuld ein und erlitt die ver
diente Straf«.
Schneider und Maler.
Die englische Schneiderzeitung
„Tailor and Cutter" übt mit Vorliebe
Kritik an der Kleidung der Engländer.
Ahr Vertreter hat jüngst die Ausstel
lung der tgl. Kunstakademie besucht
und ist voll bitterer Klagen: „Die mei
sten Künstler behandeln die Kleidung
mit souveräner Verachtung. Es befin
det sich auf der Ausstellung ein Bild
des Phnsikers Lord Kelvin lSi^Wil
großer ZUiopf befindet, welcher aus
sieht, als ob er ursprünglich einem
Oberrock angehört hätte. Die Brust
tasche sitzt viel zu niedrig, die Weste ist
zu lurz und die Uhrkette hängt an der
falschen Seite. Eines der schlechtesten
Porträts der Ausstellung ist, was die
Kleidung anbelangt, das Bild deS iri
schen Oberselrelärs Gerald Balfour.
Der untere Theil seines Fracks ver
schwindet in ein undesiniriiares
Nichts." (Um den Herrn zufriedenzu
stellen, wird den Malern nichts übrig
bleiben, als die Vorlesungen an einer
mein. D. Red.)