Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, May 11, 1899, Page 2, Image 2

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    2 - Zyr Zdeas.
von A. Werner. ''
Zur Maienzeit war es. der Flieder
«uftele so süß, die Vögel sangen ihre
alten, uralten Lieder, aind di, Liebes-
Pärchen, die an lauen Abelen im
Mondenschein lustwandelten, machten
es genau so, wie die Liebespaare längst
vergangener Jahre, wenn sie in de»
Schatten alter, jungbelaudter Baum»
riefen lamen, die heimlich slüstertrn,
dann blieben sie steh-« und flüstert
auch zuweilen aber verstummter! sie
.... und der bleiche Mond lächelte
dazu mit seinem übeidgenen, halt mit
leidsvollen, halb spottischen Lächeln,
das ihn tausend und abertaus«idjäh
rige Erfahrung yelehrt.
Auf einer kleinen, weiße» Karten
bant, die eon allerlei blühendem
Strauchwerk omlmscht war. sivHen zwei
Damen, eine und eine iunge. Die
ältere, rundlichen Gestalt, seufzte vis!
und schüttele Z-en !die jungt,
schlank und schmiegsam, schiittelte zwar
auch das kecke,.VLp'fchen, ober,sie that es
ohn« Seufzen
Nein, derßrrron gefällt mir nun ein
mal nichN rief sie, und in der hellen
Stimme >Illg!?in fast kindlicher Trotz.
Die ältm sagte mit Wehmüthigem
Vorwurf: Aber Liebst«, was haben
Sie tizezÄich an die^oi! netten jungen
alter seÄ. Ich brauche führend«
Das war Selbsterkennwiß! Die
dicke Dame seufzte, jedoch Has Kopf
schlltteln unterblieb. Statt dessen
nickte sie bestätigend drei-
Rittmeister von O!den? Ist das nicht
sind.....
Unausstehlich?
Goldes werth!
Wo bleibt der männliche Ernst?
Aber Beste.^.
Mals den Kopf. Dieser arme, nette,
vergnügliche Rittmeister. Männlicher
Ernst war also die Parole. Ilona
dachte nach. Ein Weilchen, dann
schlug sie hoffnungsfreudig in die run
den Hände: Jetzt, liebe Baronin, weiß
ich, wer Ihnen gefällt! Das ist freilich
ein prächtiger Mensch! Dieses ruhige,
gesetzte Wesen, dieser männliche Ernst
in seinem Benehmen, seinen Worten...
Wer?
Wer anders als der Regierungsrath
Holzendorf? Er drängt sich nie auf
und sieht Sie doch immer an mit einem
so treuherzigen Blick in seinen blauen
Augen. Der, liebe Baronin, wäre ein
würdiger Nachfolger.
Niemals! Die kleine Baronin sah
geradezu entrüstet aus und versuchte
«ine dramatische Geberde.
Aber Liebste, Beste, ich verstehe gar
nicht.
Ilona! Ein Mann, der blaue Au
gen. blaue Augen mit treuherzigem
Blick hat! Kann es auf der Welt etwas
Uninteressanteres geben? Ist so ein
Vergißmeinnicht nicht das iioii Mix
ultru von „ungefährlich"?
Jetzt sah Ilona entrüstet aus, und
sie schickte sich an, eine »eine Rede zu
halten. Doch sie kam nicht über den
ersten Satz hinaus, der von „Aeußer
lichkeiten", „Liebe" und „Innerlichkeit"
handelte, denn die kleine Baronin
hielt sich die Ohren zu.
Ilona schwieg. Sie seufzte und
schüttelte den Kopf. Der nicht und
dieser nicht und jener nicht! Zu jung
kleine Baronin mit einem schwärmeri
schen Blick in's Blaue, Ferne, Wesen
lose.
Ein Ideal?
Etwas ganz Apartes! Hoch, gebie
tend, dunkelblickend. Eine Art
Uebermensch, heißi dai wohl? Be
zwingend, geheimnißvoll, unergründ
Der Kitt knirsch!« U'liter raschen, den
der Villa nähertv«inenden Schritten,
um den nächsten Wederstrauch bog eine
schlanke Miinnngestalt und stand gleich
darauf in militärisch grüßender Hal
tung vor ihr.
Gestatten Gnädigste: Vetter Fritz.
Die Baronin sah ra ein hübsches,
junges Antlitz mit heitern Zügen, in
ein Paar freundliche Augen, die genau
so jugendlich neugierig zu ihr herab
blickten, wie sie hinauf. Das also war
Vetter Fritz, der junge Verwandte dek
sets> Zweimal hatte er sie verfehlt,
einmal Vormittag«!, einmal Nachmit
tags, nun kam er Abends, und siede es
fröhlich, und frffch und "jugendlich sah
er aus, drr Better Fritz. Ein niedli
cher, kleiner Lieutenant, lustig und
harmlos Ungefähr das Gegentheil
ihres JdeM. so dachte Ilona.
Die Dornen hatten sich erhoben, und
heiter wechselte man die ersten Begrü
ßungsredmsarten. Bald darauf war
der Garten verlassen. Der lleinr
Amor, der neben der weißen Bank aus
dem Gebüsch hervorguckte, hatte nichts
mehr zu belauschen; ein zitternder
Mondswahl traf ihn durch eine Baum
lllcke, Mid der kleine steinerne Gott
schien spöttisch zu lächeln, wie einer,
der etwas besser weiß.
Acht Tage später war «s, wieder ein
fliederduftender und stimmungsvoller
Abend. Auf der kleinen, weißen Gar
tenbartl süßen die Baronin Marietta
und Vetter Fritz. Sie mußten sich
wohl gut unterhalten, denn ihr lusti
ges Lachen klang hell durch den Garten.
Nach nnd nach aber wurden sie still,
sie lausckten der Amsel, die vom blü
sang, lockend und schmelzend.
Und als die Amsel schwieg, und es
still um sie wurde, und der Mond auf
stieg, da hielten sie sich umschlungen.
Sie blickten einander in die Augen,
lautlos «nd tief.
Am folgenden Abend saßen auf der
kleinen, weißen Gartenbank Baronin
Marietta und die gutmüthige, runde
Gesellschaftsdame Ilona Römer. Diese
letztere schüttelte den Kopf; aber dies
mal nicht seufzend, sondern lächelnd.
Wer hätte das gedacht! So rasch!
Wir kennen uns doch schon neun
Tage, sagte die kleine Baronin.
Neun Tage! Freilich, das ist lang,
wenn man jung ist, und das Herz
spricht. Ilona nickte, in Erinnerung
versunken. Ja. die Jugend, sagte sie
und seufzte leicht. Dann aber lächelte
sie wieder, zukunftsfroh.
Ein reizendes Paar werden Sie ab
geben. Beide so jung, so srühlings
frifch.
Das eben ist es, unterbrach die kleine
Baronin, was mir an meinem Fritz so
gut gefällt. Er ist jung, jung und froh
wie ich es bin. Und lachen tann er!
So herzig, so ich möchte sagen
kinderfroh, zum Küssen. Und haben sie
schon bemerkt, Ilona, was für süße
Augen er hat? Blaue! Und einen so
lieben, treuherzigen Blick. Ach, Ilona!
Die kleine Varonin drückte die ver
schlungenen Hände gegen ihr Herz, sah
mit glänzenden Augen zum Himmel
auf und sagte mit einem Aufathmen
innersten Glückes: Er ist mein Ideal!
Ilona lachte leise vor sich hin und
der lauschende Amor zwinkerte ver
traulich dem hellen Monde zu und über
sein Steingesicht schien ein Lächeln zu
zucken, schalkhaft und doch voll beschei
denen Stolzes.
Die Sonne schien, und die Knospe
Und es rauscht '
Der Schmetterling flog, und der Bogel
Es wa v l
Das Herz war so juyg und die Welt
so weit,
Und es schimmerte Sang und Sage;
Von Wundern sprühte die sausende
U ddch l
Und wenn ich in Wald und in
Wüstenei
Den alten Bäumen klage,
So fragen sie leis: War Liebe
dabei?
Darum die verlornen Tage!
Hahii.Rcnnc».
Eine der eigenartigsten Sitten, die
sick in Mexiko erhalten haben, ist das
»Hahn - Rennen", das alljährlich zu
Ostern stattfindet. Die besten Reiter
von Nah und Fern stellen sich dann
zum Wettbewerb ein. Die Preise, die
von einigen reichen Besitzern ausgesetzt
I>nd, bestehen aus einem mit Gold
rder Silber besetzten Hut, einem schö
nen Paar Sporen, einem Sattel u. A.
Der Hergang des Rennens ist der Fol
gende: Ein lebender Hahn wird unter
Sand und Asche begraben, so daß er
sich nicht selbst befreien kann. Nur der
Hals streckt heraus, er lann ihn frei
bewegen und dem Griff des Reiters
ausweichen. Die Reiter rasen nun in
vollem Galopp an ihm vorbei und
müssen währenddessen versuchen, mit
einer Handbewegung den Hahn zu be
freien und laufen zu lassen. Natürlich
müssen sie strenge Regeln dabei befol
gen.
—7 D > l e m m a. Freier (der sich um
die schielende Tochter des Hauses be
wirbt): „Jetzt weiß ich nicht, schaut sie
Mich nur an, oder liebäugelt sie schon
mit mir!"
Richtige Diagnose. Arzt:
.Na, wo fehlt's eigentlich, gnädige
Frau?" Dame (auf den Kopf deu
tend): „Hier." Arzt: „Aha. ein
neuer Sommerhut!"
Seine Beschäftigung.
Max Jungling war der reichste
Mann du Stadt. Infolgedessen ka
men die Crllectenlisten immer zuerst
zu ihm, und er ließ sich nicht lumpen,
denn er war wohlthätig und gab eben
so gern für arme Studirende der The
ologie als für Findelkinder, ebenso
für die Verbesserung der städti
schen Promenadenwege als für größen
wahnsinnige Handwerksburschen. Sein
stadtbekannter Reichthum und seine
stadtbekannte Gutmüthigkeit hatten
aber noch die Folge, daß alle Töchter
befitzenden Mutter ihre Netze nach ihm
auswarfen. Und noch schlimmer wa
ren die Töchter selber, doch halt!
schlimmer wie die Mütter konnten sie
gar nicht sein, die konnte kein Mensch
übertreffen.
Wie fingt der Dichter? „Da wer
den Weiber zu Hyänen." Wo Max sich
sehen ließ, war er eins, zwei, drei!
von einer Schaar Weiber umzingelt.
Er sagte mir einmal im Vertrauen, die
Situation, als er in Jnnerafrika von
einer Schaar betrunkener Negerweiber
Kurz, die ganze Stab/ wollte ihn
hcirathe». Aber Freund Max, sonst
die Gutiniithigkeit selbst manches
ZwanziginarkstiitZ, das er uns aus
Nimmerwiedersehen lieh, ist Beweis
dafür war in punkto Heirathen
durchaus nicht gutmüthig. Er stellte
sich auf die Hinterbeine und wollte sich
nicht h-irathen lassen. Und wir alle,
die wir unter dem Ehejoche seufzten,
tonnten es ihm nicht verdenken. Vier
zig Jahre alt also im Bollbesitze
seines Verstandes gesund und reich,
weshalb sollte er Heirathen? Er hatte
es ja nicht nöthig, denn eine Pflegerin
brauchte er nicht und eine Mitgift auch
nicht. Denn er war nicht nur reich,
sondern sogar sehr reich.
Wenn einer reich ist, spielt er in der
Kleinstadt jedesmal eine Rolle, selbst
wenn er nicht lesen und schreiben könn
te, denn die Kleinstädter haben vor
dem Gelde noch viel mehr Respekt als
die weitsichtigeren Großstädter. Und
Max konnte nicht nur nothdürftig le
sen und schreiben, sondern er war so
gar gebildet, sehr gebildet sogar. Er
wußte auf der ganzen Erde Bescheid,
hatte alles gesehen und alles gehört.
Man konnte berühren,was man wollte,
er war immer au sait, ohne erst im
Conversationslexikon studiren zu müs
sen.
Und ein solcher Mann, der förmlich
dazu bestimmt war, im öffentlichen Le
ben zu glänzen, wurde durch die hei
rathstollen Weiber aus diesem öffent
lichen Leben vertrieben. Es kam so
weit, daß Max sich nicht mehr in ein
Concert oder ins Theater traute. So
ein bücherkluger Philosoph wird nun
vielleicht behaupten, Max fei nicht be
sonders gewesen. Nun, lassen
inen Ehemänner, die wir das Leben
nicht aus Büchern, sondern aus dem
Leben selbst kennen, wissen es besser.
Wir wissen, daß zwei heirathstolle
Weiber gefährlicher sind als hundert
bis an die Zähne bewaffnete Krieger.
Wir wissen auch, daß im Kampf er
probte Helden beim Anblick einer
Schwiegermutter es brauchte noch
licht einmal die eigene zu sein er
bleichten und wie Espenlaub zitterten.
Ja, es kam so weit, daß Max auf
das ganz- weibliche Geschlecht einen
furchtbaren Haß warf. Früher frei
lich, als er noch nicht reich war und
noch keine Rolle spielte, muß er den
Feminis durchaus nicht abgeneigt ge
wesen fein. Wenn das alles wahr ist,
was er erzählt und ich habe durch
aus keine Veranlassung, an seiner
Wahrheitsliebe zu zweifeln muß er
früher ein toller Kunde gewesen sein.
Gott, was er da manchmal von seinen
Liebschaften erzählt! Er liebte an al
len Orten, zu allen Zeiten, unter den
schwierigsten Umständen, und da den
armen Peter keine Heirathen wollte,
war für ihn das Lieben ohne Gefahr.
Was er da manchmal erzählte... doch
ich will und darf nichts verrathen.
Nachdem er auf das öffentliche Le
ben verzichtet hatte, spielte sich einer
seiner vergnügten Lebenstage wie der
andere ab. Früh um zehn erschien er
in der Weinstube von Eduard Schmidt
und frühstückte. Er aß gern etwas
Gutes und trank noch viel lieber 'was
Besseres. Dann ging er zum Früh
schoppen in die „Goldene Sonne."
Nachdem er zu H-mse zu Mittag ge
gessen seine alte Haushälterin kochte
großartig ein Nickerchen gemacht
und den Kaffee geschlürft hatte, ging
er auf den Bahnhof zum Dämmer
schoppen, und Abends war er im
„Deutschen Kaiser" zum Abendfchop
pen. Angenehme Gesellschaft fand ei
immer, denn er war ein sehr guter Un
terhalter und erzählte gern und viel
aus seinem Leben. Wenn die Gesell
schaft noch so stumpfsinnig da faß,
wenn man die hohe, etwas zur Fülle
neigende Gestalt Max Jünglings er
blickte. lebte sie auf. Und wenn Max
den langen, blonden Schnurrbart
strich, lauschten denn dann fing er
an zu erzählen.
Was hatte er aber auch alles durch
gemacht. Ich kannte ihn noch von de.
Schule aus. Es war ein Heller Kopf,
aber fahrig, zerstreut, stets zu dummen
Streichen aufgelegt, feine Gedanken
waren stets wo anders, nur nicht in der
Schule, so daß er noch mit siebzehn
Jahren in Obertertia saß. Er lernt
zwei Jahre als Kaufmann und ging
dann zur Marine. Als seine Dienst
zeit vorüber war, durchstreifte er all
siinf Erdtheile als Geschäftsreisender.
Aber er war kein Geschäftsreisender
im gewöhnlichen Sinne des Wortes,
nein, er war ein genialer. Er schwor
sich nicht auf eine bestimmte Branche
ein, «r „macht«" in allem. Zu den Es-
kimoS, hing », m!t Seife, zu den Kof
fern mit weißgepuderten Rokokope-
nach Amerika mit Dampfma
schinen, nach Indien mit Telegraphen
. stanzen, nach Australien mit Cigarren,
zu den Patagoniern mit wollenen Lei
bbinden. Und trotzdem er keine fremde
Sprache richtig beherrschte, machte er
feine Geschäfte.
Hatte er nun sein Geld verjuxt, denn
er war sehr leichtlebig und einem klei
nen „Jeu" nicht abgeneigt, oder hatte
er keine Aufträge erhalten —was selbst
dem gewandtesten Reisenden einmal
Passiren kann —so griff er zu den
landesüblichen Beschäftigungsarten,
um sein Leben zu fristen. In Kali
fornien grub er nach Gold, in New
Dork war er Sprachlehrer, in Trans
vaal zog er mit dem Hausirkasten Her-
Dolche zum Kaufe an, in Australien
hütete er Schafe, in Indien war er
Lehrer im Hause eines englischen Of
ficiers.
Da, gerade als er sich die Hörner ab
gestoßen hatte und anfing, reuig in sich
zu gehen, starb sein Onkel und hinter
lieb ihm eine halbe Million. Sofort
zog in sein Heimathstädtchen, um sich
hier von den bisherigen Strapazen zu
erholen. Anfangs hatte er zwar die
Absicht, in eine Großstadt zu ziehen,
aber schließlich sehnt sich der Hase im
mer wieder nach dem Acker, auf dem
er das Licht der Welt erblickt hat.
So führte er denn ein ganz famoses
Leben, ohne Wunsch, ohne Sorge.
Sein noch vor ihm liegendes Leben
nach dem Glockenschlag
Aber eines Morgens erschien Max
nicht in der Schmidt'schen Weinstube
' — darvb allgemeines Erstaunen seines
Bekanntenkreises. Er kam auch nicht
zum Frühschoppen stiller Schmerz.
Er kam Nachmittags nicht auf den
Bahnhof Schrecken, Entsetzen. Ich
wurde deputirt, ihn aufzusuchen, denn
man nahm an, es müsse ihm et
was Fürchterliches widerfahren sein,
und mir als feinem intimsten Freunde
liege es ob, ihn zu interviewen und
ihm eventuell beizustehen. Da ich ge
rade nichts vor hatte.nahm ich die Mis
sion mit Freuden an, mit Freuden sage
ich, denn ich glaubte nicht, daß Max
etwas Ernstliches passirt sei. O weh!
meine Freud- schwand baldMax hatte
das Zipperlein und saß, in Decken ge
hüllt und mit der Wärmeflasche unter
den Füßen im Großvaterstuhl, stöh
nend und jammernd. Vor ihm stand
eine Tasse Fliederthee, und mit cyni
schem Lächeln bot er mir auch eine
Tasse an mir, der ich eben vom
Münchener Leistenbräu kam Flie
derthee. Mit Gewalt mußte ich die
alte Haushälterin, die auf Filzsocken
um den Kranken herumgondelte, ab
halten, mich durch ihren Höllentrank
ins Jenseits zu befördern. Große Lust
hatte sie dazu.
Max litt große Schmerzen, aber
noch viel mehr litt er unter der Lange
weile. Ich mußte mich zu ihm setzen
und ihm alle Neuigkeiten des Städt
chens berichten. Zum Unglück waren
es heute nicht viele, und die wenigen
wußte er schon von der Haushälterin.
Ich mußte ihm zwei Mann zum Skat
holen, aber nach zwei Stunden warf
er die Karten hin und erklärte, vor
Schmerzen nicht weiter spielen zu kön-
Da wurde ich aber fuchtig. „Alter
Freund." sprach ich, „Du hast Lange
weile, weil Du Dich an ein Lotterle
ben gewöhnt hast. Hättest Du ein
ernsthafte Beschäftigung, langweiltest
Du Dich auch nicht während Deiner
Krankheit. So aber läufst Du von
Kneipe zu Kneipe, kriegst dann das
Zipperlein und stirbst vor Lange
„Jch will aber noch nicht sterben,"
„Und ich erkläre Dir, Du stirbst,"
schrie ich. Die Freunde nickten bedäch
tig. Hättest Du eine ernsthafte Be
schäftigung." wiederholte ich, „lang
weiltest Du Dich auch nicht. Jeder
vernünftige Mensch hat ein- ernsthaft-
Beschäftigung."
„Aber was soll ich thun?" fragte er
„Kanarienvögel züchten," schlug
Meyer vor.
„Mein Lieber," entgegnete Max
scharf, „ein Mann, der alle fünf Erd
theile gesehen hat, züchtet nicht Kana
rienvögel. Das überläßt er Ihnen."
„Bitte sehr," sagte Meyer pickirt.
„ich habe auch alle fünf Erdtheile gese
hen auf dem Globus."
„Rosen okuliren," meinte Lehmann,
Max schüttelte trübe den Kopf.
„Na, so schreib' Deine Memoiren
als moderner Don Juan," rief ich,
„Du erzählst doch immer so viel von
Deinen Abenteuern, schreib' sie aus
und belege sie mit den Bildern Deiner
Liebsten, dann" ich spielte meiner
höchsten Trups aus „aber auch nui
dann wollen wir sie Dir glauben."
Max sah mich starr aii. m«in-Worti
schi-n-n gewirkt zu haben. „Du hasi
recht." murmelte er, „die Idee ist nichi
schlecht." Er versank in Nachdenken
und wir verließen ihn mit dem Wun
sche baldiger Besserung. Er dankt«
uns und leerte auf unser Wohl ein,
Tasse Fliederthee.
Als ich am nächsten Morgen zu ihm
kam. stürzte mir die Haushälterin mit
gerungenen Händen entgegen und jam
mcrie, Herr Jüngling sei'gar nicht zu
B:tt gegangen und stampf- trotz des
Zipperleins schon feit Stunden flw
ch-nd im Zimmer umher. „Nanu, wa°
ist denn das wieder für eine Verrückt
heit?" sagte ich und ging zu ihm hin
ein. Sofort hinkte er auf mich
und überhäufte mich mit einer Flutl
Vorwürfe und Grobheiten. Ich fe
Schuld an seinem Unglück, habe ihn
"die Ruhe geraubt u. f. w. Ich lief
mich aber nicht aus der Contenancl
bringen, steckte mir eine von seinen gu-
ten Cigarren an lind sah mich auf dem
Kriegsschauplätze um.
Max hatte sich gestern Abend gleich
ein Buch Papier hole» lassen und sich
thatsächlich daran gemacht, seine Me
moiren als Don Juan in der Weise zu
schreiben, daß er auf jeden Bogen Pa
pier eine Photographie klebte und da
runter mit einigen Sätzen den Namen
der Damen schrieb, ihren Charakter
schilderte u. s. w. u. s. w. Vier Da
men lagen fix und fertig vor: eine von
Schmutz starrende Eskimo, eine schlitz
äugige Mongolin und zwei Berliner
Damen von der Friedrichstraße. Ein
großes Packet lag noch unerledigt auf
dem Tische, und mit einer Photogra
phie in der Hand tobte er im Zimmer
„Nur ruhig Blut, Anton," sagte ich
gemüthlich, „was ist denn eigentlich?"
„Was eigentlich ist?" donnerte er.
„Ich komme nicht auf den verdammten
Namen... Da, da haben wir's ja,
ich kann sie nicht anreden, denn ich
habe ihren holden Namen vergessen.
O, wie genau ich mich ihrer entsinne.
In Faschoda war's....
„Faschoda? Um das sich jetzt Eng
länder und Franzosen streiten?"
„Ja, dasselbe."
w Du wohl Häuptling
mein unruhiges Blut trieb mich weiter
nach Persien. Aber das sage ich Dir,
ich hätte weder Franzosen noch Eng
länder 'reingelaffen. Oh, der biedere
Mann, ihr Vater, der alte ehrwürdige
König! Ob er noch lebt oder ob er
von den weißen Barbaren niederge
metzelt wurde. Oh, meine Süße!
Was hatte sie für feingeschwungene
Lippen, was für seelenvolle Augen!
Mit meinem eigesen Amateurapparat
hatt« ich sie photographirt."
„Erlaub' mal." Ich nahm ihm die
Photographie ohne weiteres aus der
Hand. Ich erblickte einen aller
dings nicht üblen Negerkopf, der
aber merkwürdigerweise mit einer Ro
kokoperiicke gekrönt war. „Du kommst
nicht auf ihren Namen?"
„Nein."
„Nun, sie ist Negerin und wird wohl
Miriburihullilulh heißen oder so ähn
„O nein," entrüstete er sich, „sie war
getauft und hatte einen christlichen Na-
Jch hatte keine Lust, die Tausends
christlicher Namen mit Hilfe meines
Gedächtnisses und diverser Kalender
herzusagen und zuctte die Achseln.
Max fluchte und rannte wieder auf und
ab. Auf einmal griff er ächzend an
fein rechtes Bein und sank auf einen
Stuhl. Da trat die Haushälterin ein.
Sie hatte verweinte Augen und er
zähle, ihre Nichte, die Lehrerin auf ei
nem pommcr'schen Gute gewesen sei,
habe plötzlich ihre Stellung verloren.
Der Herr habe ihr nachgestellt und da
sei sie gegangen. Nun habe sie keine
Meüschenseele außer ihr in der ganzen
weiten Welt, ob Herr Jüngling nicht
erlaube, daß sie einstweilen zu ihr
käme, bis sie eine andere Stelle habe.
Max verzog das Gesicht. „Eine
Lehrerin? Mit Brille und falschem
Zopf? Ich danke."
„O nein, so ist sie nicht." Sie
brachte die Photographie eines hüb
schen blühenden Mädchens zum Bor-
Selbst Max mußte beifällig winken.
„Wie heißt sie denn? fragte er.
„Adele Müller."
„A—Adele," jauchzte er, schnellte
wie ein Pfeil in die Höhe und warf
beide Arme empor: „Adele, da ist ja
der Name." Er wurde ruhiger und
verglich beide Bilder. „Aber diese
Adele, Ihre Nichte, ist doch hübscher."
„Das versteht sich," stimmte ich zu.
„Ich kann's eigentlich dem alten
Stoppelhopser nicht verdenken."
„Na, lassen Sie sie kommen," be
stimmte Max, „schreiben Sie ihr, oder
besser, telegraphiren Sie ihr, das arnn
Kind wird auf Nachricht warten. Au,
au, mein Bein." Er schnappte zusam
men wie ein Taschenmesser.
„Jn's Bett." erklärte ich. „die Natu,
fordert nach der durchschwärmteii
Nacht ihr Recht. Und Sie, Fräulein,
kochen sie einen großen Topf voll Flie
derthee, das Telegramm kann noch zehn
Minuten warten, wir geben es dann
als dringend auf."
Eine Viertelstunde später 'az Max
im Bett, hatte seinen Topf FUedirthe«
hinter und schwitzte. Ich hatte da
dringende Telegramm geschrieben unt
zugleich den Haufen Photographie»
in's Feuer befördert. Die der weißen
Adele war die einzige, die ich auf den,
Tische liegen ließ. „Fräulein,' sprack
ich zu der alten Dame, „,venn Heu
Jüngling nach den Photographier
sagen Sie, Sie wüßten vor
Aber er fragte nicht. Er schien gai
nicht wieder an sie zu denken, und da«
war eigentlich kein Wunder, denn e,
hatte vom nächsten Tage ab eine viel
ernsthaftere, aber auch nettere Beschäf
tigung: er mußte Fräulein Adel,
Müller unterhalten und in Concerts
und Theater führen. Er fürchtete fick
nicht mehr vor d:n heirathstollen Wei
bern, in Adeles Gegenwart schien ei
sich sicher zu fühlen. '
Vierzehn Tage später hatte Adel,
eine neue Stelle, aber Max bat sie sc
herzlich und dringend, dieselbe nich
anzunehmen und lieber seine Frau zi
werden, daß sie nicht gut abschlagen
konnte. Sie waren verniistig, sie ver,
lobten sich gar nicht, sondern heirathe
ten sogleich natürlich zur großer
Verwunderung und Entrüstung dei
ganzen Stadt. Da es aber das Leben
eines Mannes nicht ausfüllen kann
nur die Frau auf Händen zu tragen
ist Max Agent einer Lebens- und Un
fallversicherungsgesellschaft geworden
Er vertritt eine Gesellschaft, die in dei
Stadt noch gar nicht eingeführt war
»zielt glänzende Resultate und hat
alle übrigen Gesellschaften lahmgelegt.
Er ist den ganzen Tag auf den Beinen
und infolge seiner veränderten Lebens
weise hat sich auch das Zipperlein nicht
wieder eingestellt.
Ihr Kuß.
Als ich Hedwigs Bekanntschaft
machte, war ich «ine imposante Persön
lichleit von neun Jahren, während sie
kaum sieben Jahre zählte. Wie deut-
lich entsinne ich mich noch jenes ersten
Begegnens und des schwarzgetleideten
kleinen Mädchens, das sich schüchtern
an seinen Bater, «inen großen, melan
cholisch blickenden Herrn, schmiegt«.
Sie schien sehr zart für ihr Alter, und
in ihrem blassen G«sichtchen fielen nur
die großen, herrlich«» Augen auf, zivei
intelligente, sprechende Augen, deren
unergründliche Ti«se etwas seltsam
Ergreifendes hatte.
Als sie uns damals verlassen, hatt«
ich gefragt, warum sie ein so düsteres
Kl«id trüge, und zur Antwort erhal
ten, sie hätte keine Mutter mehr und
trüge Trauer um dieselbe.
„Das arme Kind." hatte Mutter
dann zu Bater geäußert, es hat keinen
antxr«n Schutz und Schirm auf der
Welt als diesen großen Narren, seinen
Vater. Der Himmel verhüte, daß er
sich vollends ruinirt." >
j Erst viel später wurde «s mir klar,
! daß di«ser Narr, ihr Bater, ein Ge
lehrter war, der, nur der Wissenschast
l«b«nd, die materiell«!, Lebensansorde
rungen achtlos übersah, daß er, in ei
ner Welt unmöglicher Chimären verlo
ren, nicht bedachte, daß die mehr oder
minder glücklichen Experimente, mit
denen er sich beschäftigte, feine pecu
niäre Existenz ernstlich gefährdeten.
Diesem ersten Besuche waren andere
gefolgt, und sehr bald war das Eis
zwischen Hedwig und mir gebrochen.
Da sie auf all meine Phantasieen ein
ging und sich bei unfern Spi«len mir
mit nahezu sklavischer Passivität un
terordnete, so waren wir bald die be
sten Freunde. Ich war stolz auf ihre
Unterordnung.
Nur der Gedank« an ihren Bater
vermochte meinen Triumph zu schmä
lern. Hedwig liebte ihn bis zur Ver
götterung, «in Wort von ihm galt ihr
als Befehl. Sie empfand für ihn ein«
übermäßige, blinde Bewunderung.
Jahr« vergingen. Unsere Spiele
ketten allgemach einen anderen Cha
rakter angenommen, und nun hatten
wir das ehrwürdige Alter von sieb
zehn respective neunzehn Jahren er
reicht, wo man überhaupt nicht mehr
spielt. Doch trotz ihrer siebzehn Jahre
sah ich in Hedwig immer noch das
kleine, schüchterne Mädchen, ja, ich be
merkt« es kaum, daß si«, anstatt der
kurzen Kleidchen, jetzt lang« trug. Aber
alles an ihr war noch kindlich, mit
-Ausnahme der großen, dunklen Augen,
in Resignirtes, Gereiftes,
gen We,en frappirte. Spam/°dieser
„große Narr, ihr Bater" sich nach wi«
vor in seine unsinnigen Illusionen ein?
Nie tönte eine Klage von ihren Lippen,
ihr Auftreten war stets würdig und
stolz. Nur bisweilen, wenn sie allein
mit mir war, ließ Hedwig sich einen
vagen Seufzer entschlüpfen.
„Ach wie schwer ist doch das Leben!"
Ein Ausdruck tiefer Schwermuth
malt« sich dann auf ihr«m blassen Kin
dergesicht und in ihren Augen, diesen
übergroßen, ernsten Frauenaugen, und
verrieth mir, daß es in ihrem Das«in
einen wunden Punkt, einen Quell ge
heimer Sorgen gab.
Eines Abends weilten Bater und
Tochter bei uns.
Gleich b«i ihrem Eintritt überraschte
es mich, daß Hedwig anstatt ihres
schlichten Alltagskleides in sonntägli
cher Toilette erschien.
Ihr Haar, das sonst nach Kindesart
in einem dicken Zopfe herabhing, war
heute sorglich emporgekämmt und aus
dem Scheitel zu ein«m üppig«n Knoten
geordnet. Ein blaues Band, das ihren
klaren, blassen Teint wund«rbar hob,
schmückte ihren Hals, und in ihrem
Gürtel steckte ihr elegantestes Spitzen
tuch.
Ni« zuvor war H«dwigs Wesen mir
so frei und ungezwungen erschienen.
Ein fieberisches Noth brannt« auf ihren
Wangen, ein seltsames Leuchten schim
inerte in ihren dunklen Augen.
Plötzlich wandte sie sich zu mir.
„Wollen wir ein Weilchen hinaus
auf den Balcon gehen?"
Erstaunt blickte ich sie au. Zwar
stand bereits vor der Thür, doch war
«s noch keineswegs so warm, um einen
zu dieser Zeit in s Freie zu locken.
Dennoch stimmte ich schweigend zu
und trat mit ihr auf den Balcon hin
aus.
Minutenlang standen wir neben ein
ander, nur hin und wieder eine Bana
lität äußernd. Da plötzlich fühlte ich
mich fest von zwei Armen umschlungen,
sah Hedwigs Kopf dicht neben dem
meinen und fühlt« einen langen, unbe
schreiblich innigen Kuß auf meiner
Wange.
Obwohl Jugendfreunde, waren wir
an derartige Gefühlsausbrüch« nicht
gewöhnt, und sekundenlang war ich
vollkommen starr vor Ueberraschung.
Dann kam mir der G«dank«, diesen
keuschen, Kuß zu erwi
groß, und überdies lehnte meine
Dumm-jungeneitelkeit sich auf gegen
dies« seelische Regung, diese Schwäche.
Es schien mir männlich«!, diesen Kuß
des kleinen Mädchens wort- und reg
los hinzunehmen und dadurch zu l».
weisen, wie gleichgiltig er mich gelassen.
Hedwig hatte sich ein wenig von mir
zurückgezogen und sagte nach einigen
Aug«nblicken in vollkommen ruhigem
„Ich denk«, wir gehen jetzt hinein/
Als Vat«r und Tochter unk verlas-
sen, begab ich mich zu Bitte, allein ich
vermocht« leinen Schlaf zu finden.
Als ich mich am anderen Morgen zu
später Stunde erhob, fiel mir eine selt
sam« Unruhe im Hause auf. Meine
Mutter fand ich in Thränen, eine
B«ut« unsagbar«! Erregung.
„Was'ist geschehen?" rief ich be
stürzt.
„L mein Gott!...stieß sie abge
rissen hervor. „Gestern Abend noch
leine Ahnung!.... Sie schienen so
ruhig! Und nur die Noth hat sie
dazu getrieben!.... Hedwig!"
Ich ivanlte.
Nach «inigen weiteren Mittheilun
gen hatte ich das furchtbare Drama er
rathen, begriffen. Dieser „Narr von
Vater" hatte angesichts des krassen
Elends, das er weder zu ertragen noch
zu bekämpfen vermocht, den Entschluß
gefaßt, Leid und Leben zu enden, und
Hedwig in ihrer abgöttischen, todes
muthig«n Li«be hatte darein gewilligt,
mit ihm zu sterben.
si« in der Morgenfrühe
Seit jener Stunde auf dem Balcon
habe ich nie Wied» «inen Kuß empfan
gen tonnen, ohne voll Reue, voll Ver
zweiflung jenes anderen Kusses zu ge
denken, den ich leider unerwidert ge
lassen. Und noch heut« foltert mich der
Gedank«, ob Hedwig mich damals, als
si« für immer von d«n Jugendg«fpi«len
scheiden sollte, in «inem jähen Aus
bruch naiver Zärtlichleit in die Arme
geschlossen, oder ob sie, ein tieferes Ge
fühl verrathend, nicht sterben wollte,
ohn« sich di« Wonne dieser schüchternen
Liebkosung zu gestatten.
fahren.... che?»
Modernes Licbc«licd.
Ton T. Mendonis.
Melodie:
„Mein Liebster ist im Torf der Schmied."
Mein Liebster ist Wirthschasismamsell
Beim Grafen auf dem Gut,
Ein frommer, züchtiger Gesell,
Ein frisches, junges Blut.
Als Bräutigam ging er auf's Schloß
Zur Köchin in die Lehr',
Nun trifft er's selbst schon ganz sa-
Er scheuert, näht und stickt bei Tag
Und träumt von mir bei Nacht.
Und wenn ich frag', ob er mich mag.
Erröthet er und lacht.
Sein denl' ich stets mit treuem Sinn
Und weih' ihm manchen Reim,
Und wenn ich erst 'mal „Doctor" bin
Führ' ich den Liebsten heim!
»tgenartig« «»«ograplie».
Viel« berühmt- englisch« Schriftstel
ler haben mit Vorliebe ihren Namen
auf Fensterscheiben eingeritzt. So fin
den sich die Namen von Charles
Dickens und seinen Freunden auf dem
F«nster einer alten Kutfcherlneipe in
Aorlfhire «i»s«ritzt. Vor «inigen
lahren wurde auch eine Fensterscheibe
mit Thomas Moore's Namenszug
verlauft, und für jeden Buchstaben
verlangte man mehr als sechs Pfund
sicher das höchste Honorar, das je
für eine Zeile von ihm bezahlt wurde.
Den werthvollsten Glasautographen
besitzt aber Dänemarl, und zwar in
den Fenstern eines königlichen Salon
wagens. Es ist dies der Wagen, in
d«m di« dänische Königsfamilie mit
ihren königlichen Gästen und Ver
wandten zu ihrem Soinmeraufenthalt
fährt. Die Fürstlichkeiten haben sich
hier alle mit ihren Kosenamen, die ih
nen im engen Famili«nlreis« beigelegt
werden, eingeschrieben. Der verstor
bene russische Kaiser «scheint hier als
„Sascha"; denn im Familienkreis«
wurde er „Onkel Sascha" gcnannt.
Sein Sohn, der jetzige Zar Nikolaus,
hat sich als Nicky" in großen kritzeligen
Buchstaben eingetragen, die Zarin als
„Alix". Noch merkwürdiger als die
mit Signaturen beschriebenen Fenster
scheiben sind di? Tische, Stühle und
Kaminsims«, die jetzt häufig in der
englischen Gesellschaft als geeignete
Gegenständ« für Autograph«» be
nutzt werden. Am beliebtesten ist der
Tisch. Di« Oberfläch« ist von einer
besonderen Art von w«ißem Holz oder
Papiermache, und auf diese werden die
Autographen mit besonders präparir
ter Tinte g«schrieb«n. Oft trägt man
auch Verse, Skizzen oder lurze Mu
stkcomposition«» auf di« Platte ein.
Ist der Tisch dann mit solchen Auto
graphen - Schätzen bedeckt, so wird «r
entweder lackirt od«r mit ein«r Glas
platte v«rs«h«n, um die werthvollen
Namensjüge für alle Zeiten zu bewah
ren. Die interessantesten Tische dieser
Art sind im Besitz der MrS. Stanley,
der Frau des berühmten Reisenden.
Die Autograph«», die auf feid«n« Ue
berzüg« von Möb«ln geschrieben wer
ten, überarbeitet man, um sie zu be
wahren, mit verschied«nfarbig«r S«id«.
Die hübscheste Form, die di« Autogra
plMsammltr erfunden haben, ist die
auf Fächer.
Gefährlicher Auftrag.
Arzt: „Sie müssen Ihrer Frau befeh
len. daß sie infolge der Luftröhren.
Entzündung einige Tage so wenig al!
möglich spricht." Ehemann: .Möch
ten's ihr nicht das selbst befehlen, Herr
Doctor."
taxirt.
Hkirathsvermittler: „Die Dame spielt
Klavier, turnt, radelt, singt und spricht
englisch, französisch und italienisch—
" Heirathscandidat: .Hören
S»j
Frech. Herr: .Sind Sie Bett
ler von Beruf?" Bettl«r: .Neia.
aus Leidenschaft."