Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, February 10, 1898, Page 3, Image 3

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    Achs Millionen.
Ein fröhlicher Roman von Wilhelm
Hcgclcr.
I. .
alleweil voll wie eine Scheuer nach ein
gefahrener Ernte. Nicht, daß er so
wie diese mit Früchten und Körnern
dilder schenkt.
der Störchin zublinzelt, wenn sie ver
heißungsvoll klappernd aus dem Wa
genrad ihres Nestes st«ht, so sah er sich
Pfarrer einen Jungen und ein Mäd
chen. die das Schicksal als erwachsene
Menschen wieder zusammenführte. In
Das Mädchen hieß Nelly von Wacht,
der Junge Peter Wilde.
Nelly wurde eines Nachmittags als
kleines Ding von ihrem
gute Beerenbusch begleitete ihn noch
zur nächsten Poststation. Im letzten
Augenblick ließ Herr von Wacht sich
von den hundert Thalern fünfzig wie
der zurückgeben: „denn," -r, die
Worte aufgeregt übereinanderwerfend,
„ich habe noch eine große Reise vor
mir. bis hinter Königsberg. Da
könnte mir das Geld lnapp werden.
Im übrigen bürgt Ihnen wohl mein
Name, daß für alles auf's beste ge
sorgt wird."
Der Pastor verneigte sich, denn er
merlle wohl, daß er es mit einem vor
scharrten schon ungeduldig im Chaus
seestaub, da neigte Herr von Wacht,
dem das Gesicht plötzlich dunkelroth
anschwoll, sich noch einmal hinaus, um
die unverständlichen Worte hervorzu
stoßen:
„Wenn die alten Vetteln vom Ter
rassenufer sich sehen lassen, so werfen
Sie sie in drei Teufels Namen hin-
Und wie er zum Abschied den Hut
ziehen wollte, konnte er es nicht, denn
rasche Thränen stürzten ihm aus den
Augen, und wie gebrochen sank er in
die Lederkiffen der alten Kalesche zu-
Als der Psarrer nach Haus kam,
fand er die kleine Nelly ganz artig im
Garten sitzen mit zwei leuchtenden
Mohnblumen in der Hand. Und ihre
hellen, luftig blauen Augen spielten
fröhlich damit wie kleine Schmetter
linge. Als sie den fremden Mann an
kommen sah. stand sie auf, ging ihm
mit zaghafter Freundlichteil entgegen
und fagte:
„Tag, Onkel!"
Dann erkannte der Pfarrer, daß es
ein artiges, feines Kind war, und er
fühlte zu der Kleintn gleich eine herz
liche Zuneigung.
Was nun Nellys Bater anging, so
Als klein Nelly aber ihr zehntes Jahr
kin«n Brief aus Leipzig von Fräulein
Ida Felsche. Das schreiben laS sich
stand in der Mittheilung, daß Nellys
ließe.
Nachdem er drei Jahre unter d«s
Pfarrers Obhut gewesen, würd« es
Zeit, daß er aufs Gymnasium kam.
Am Tage vor der Abreise ließ der
Pfarrer ihn auf sein Studierzimmer
kommen, um mit ihm noch zum letzten
mal «inen Rundgang durch das ganze
Reich der Wissenschaften zu machen.
Nachdem er seinen Schüler mit den
schönsten griechischen und lateinischen
Verben hatte Uebungen machen lassen,
so wie ein Rekrut Gewehrgriffe übt,
nachdem er ihn sich seinen Kops über
einen schwierig«» mathematischen Lehr
satz hatte zerbrechen lassen, der mit
Hilfe der verzwicktesten Figuren etwas
Selbstverständliches bewies, was jeder
Blinde mit seinen Augen hätte begrei
fen müssen, nachdem di« beiden mit
Zahlen der ältesten und neuesten Ge
schichte Fangball
Peter alles in allem ein prächtiger
Schüler war. der einen kleinen, dasür
aber lebendigen Schatz an Kenntnissen
in sich ausgespeichert hatte. Dazu kam
noch, daß er nicht auf den Mund ge
fallen war und auch über das zu reden
wußte, wovon er nicht viel verstand.
Der Herr Pfarrer gab seinem Schü
ler noch die besten Lehren mit auf den
Weg.
„Wenn du gefragt wirst, mußt du
prompt antworten und mit lauter
Stimme. Wenn du aber nichts weißt,
was machst du dann?"
„Dann laß ich mir etwas zuflüstern,"
versetzte Peter.
Der Pfarrer.schüttelte entsetzt den
Kops.
„Das ist doch verboten!"
„Aber wenn ich nichts dafür kann?"
„Junge, du wirst dir tüchtig die
Hörner ablaufen müssen, damit aus dir
etwas Richtiges wird. Nun geh mit
Gott! Ich hoff«, daß du die Prüfung
für Sekunda bestehst. Man verlangt
viel, aber du hast auch manches bei mir
gelernt, denk« ich."
Er gab ihm die Hand, und während
er ihm mit li-b-voll-n Blicken nachsah.
„Junger Most! Junger Most! Ab-r
-in guter Jahrgang..
Peter aber, der fröhlich die Trepve
hinunterlief, dachte bei sich! „Ich werde
doch nicht so dumm sein und mich für
Sekunda prüfen lassen. Ich melde mich
natürlich gleich M Pinna. Fall' ich
Sekunda."
Dann sitzte er mit großen Sprün
gen über den Hof und lief in din Gar
ten. Dort lag Nelly unt«r einem Apfel
baum. Nilxn ihr wälzte ein« deutsche
Dogge sich aus dem Bod«n.
Im Auginblick war Nelly ganz von
ihrem Buch hing«nomm«n. Dem an-
A?// Pete"" klappte
„Was? Lesen! Jetzt wird geschwatzt."
„Ach, es war so hübsch!"
„Was hast du d-iin gelesen?"
.
ein«n ganzen Hausen Gold. Da tonnte
sie für ihre kranke Mutter Medicin
kaufen. Und si« l>«irathet natürlich ih
ren Liebsten; denn nun ist sie ja reich."
P«ter hatte sich lang ins Gras aus
gestreckt und schüttelte heftig den Kopf.
„Unsinn!" sagt« er. „Goldregen, das
gibt es gar nicht. Es regnet wohl V>nd
faden, und manchmal regnet's auch
Hiebe. Aber Gold . . . Und dann . ..
Soll ich dir die Geschichte zu Ende er
„Ja. erzähl' nur. Aber es darf nicht
traurig sein."
„Also, das Mädchen war arm und
hatte einen Liebsten, der auch arm war.
Da wurde das Mädchen plötzlich reich.
Es ließ d«n Liebsten sitzen und hei
„Nein, das thut das Mädchen nicht!"
antwortete Nelly, erregt vom Boden
aufspringend. „Du willst, daß allis
Die beiden Kinder stritten hin und
h«r. Nelly v«rtheidigte die Heldin ihrer
Geschichte so warm, daß sie schließlich
recht behielt und Peter nachgab.
Dann bat sie ihren Freund, er möchte
ihr doch etwas aussagen. Peter nickte
und stand auf.
„Ich werd« dir den berühmten Mo
nolog aus Richard dem Dritten dekla
miren. Mit d«m hat Ludwig Devrient
auf dem Theater einen furchtbaren Er
folg gehabt. Eine Dame ist davon ver
rückt geworden."
Dann trat «r ein paar Schritte zu
rück, eine bucklige Haltung annehmend.
Und während er sein frisches Kinder
gesicht durch grausige Fallen verzerrte,
„Nun warrd derrr Winterr unferrs
Mißvergnügens
Sonne Aorrts —"
Dab«i lächelt« er unbeschreiblich
diabolisch. Als er geendet, klatschte
Nelly Beifall. Ihr Freund hatte sie
diese zarte Aufmerksamkeit gelehrt, da
nichts den wahren Künstler mehr be
geistere. als der Beifall schöner Frauen.
„Das ist noch gar nichts", meinte er,
den Schweiß sich von der Stirne wi
schend. „Aber die folgende Sc«ne an der
Bahr« mußt du erst hören."
Den Kopf wieder zwischen die Schu
ltern steckend, faßte er die Kleine plötz
lich am Aermel, und sie hin und her
zerrend, schrie er mit gellender
gefreit?
Waarrrd je in solcher Laun' ein Weib
gewonnen?"
Hektor, der ei.ien furchtbaren An
griff vermuthete, sprang kläglich bel
lend gegen die beiden vor. Aber Peter
stieß ihn zurück und ließ sich nicht irrc
machen. Als er sich dann wieder ruhig
niedergelassen, meinte er:
„Eigentlich ist es doch ganz schmei
chelhaft, wenn man selbst den Thieren
Die beiden verzehrten nun ye'-.üth
lich einen Apfel, und Nelly fragte:
„Also willst du noch immer Schau-
„Ab«r was sagt Onkel dazu?"
„Der .. .?" meinte Peter etwas ge
ringschätzig. „Was versteht man denn
hier im A«rf von der Kunst?! Laß mich
nur machen."
wenn man dich so schreien hört."
„Nicht wahr," sagte er geschmeichelt.
„Ich glaube, in ein paar Jahren kann
ich auch jemanden verrückt machen."
Eine Weile schwiegen sie. Dann
sagte das jung« Mädchen:
„Morgen gehst du nun fort?"
„Ja morgen, ganz früh. Dann bist
du noch lange nicht wach. Heut ist der
letzte Tag."
„Das wird langweilig. Ich mag di«
anderen Jungen gar nicht leiden . . .
Aber du freust dich gewiß."
Er fuhr in die Höhe und versetzt«:
„Ob ich mich freue! Denn nun geht's
in die W«lt hinaus. Morgen, wen» die
Saalbahn abdampft, schwenke ich noch
einmal den Hut ... leb wohl, alt«s
Haus! Nun fängt das L«ben an."
Er stützte den Kopf in die Hand und
lief? sich von seiner Freundin bewun
dernd betracht«». Durck das viele Li
stn der Dichter hatte e; sich «in« merk
würdig gehobene und mit großen Wor
ten verbrämte Spracht angewöhnt. In
s«inem Kopfe vermischte sich sittsam
eine seinem Alter voraneilende Er
kenntniß der im Leben wichtigen
Mächte mit «iner zügellosen Knaben-
Phantasie, die sich die Zukunft wie eine
Jndianergifchichte ausmalte. '
Siehst du. Nelly," meinte er. ..was
Onkel uns gelehrt hat. ist ganz schön.
DaS Leben ist eine Priisuna, daS Li
b«n ist ein Thal, daS zum Bei" der
Ewigkeit führt. Aber weißt du, wie ich
mir daS Leben vorstelle?"
„Nun?"
„Das Leben ist der Hannes Klotz."
Nelly machte vor Erstaunen «in dum
mes Gesicht und lachte dann hell cus.
Hannes Klotz war ein Bauernliim
mel. der auf dem Pfarrhof das Holz
hauen und ander« Arbeiten besorgt«.
Die Pfarrerskinder lag«n im fortwäh
renden Streit mit ihm.
Peter aber nickt« energisch.
„Das L«ben ist der Hanne« Klotz.
ich war stärker
«r immer aus die Nas« ... So d'nk' ich
> mir auch das Leben. Das Leten ist
' stark, aber dumm. Und wenn man nur
Nelly schüttelte den Kopf. Dieser
tcn.
zu Hilfe/' Lb ch
Aeste des alten Apfelbaums, der vsll
„Was ist das?" fragte Nelly, wäh
machen lassen kann, worauf steht! „Pe
ter Wilde. Hofschauspieler an der Burg
zu Wien." O, das wünsch« ich mir! Die
und deklamiren, daß alles schweigt, al,
len das Blut stockt, die Damen blaß
w«rden, das Taschentuch herauszie
„Aber solch ein Bild schenkst du mir
„G«wiß," versitzte «r großmüthig.
„Sogar eins mit meiner Unterschrist/'
„Das thu' ich. Alles was ich erlebe,
ich in di« Kochschule gehe und Stütze
„Puh! Stütze der Hausfrau! Das
„Bitte sehr," versetzte sie gereizt,
„Tante Ida hat mir mehrmals geschrie
ben, das wäre das Gescheidleste, was
ich thun könnte, wo ich doch keine El
tern mehr habe und auch nicht reich
bin."
„Tante Ida ist ein Schaf", sagte
Peter. „Ich an deiner Stelle würde
Sängerin."
Dann hingen die beiden ihren Träu
men nach. D«r Jung« holte seine Ta
schenuhr hervor.
„Bald ist die Zeit herum. Wann wir
uns wohl wiedersehen?"
„O ja . . ."
Sie spielte nachdenklich mit seiner
Uhr. wie oft der Zeiger sich l>erumdre
hen müsse, ehe sie sich wiedersähen. Eine
merkwürdige Beklommenheit erfüllte
ihre kleine Brust. Sie dachte an die
schönen geheimnißvolle» Spiele, die sie
beide aufgeführt, wie sie König und
und Franz Moor und Amalia. Wie sie
unter dem Apfelbaum Luftschlösser ge
baut hatten, die er mit kühner Einbil
dung bis zum Himmel hinangethürmt,
und die in ihrem gläubigen Herzen
leere Ze!? die kommen würd« und
da trudelten ein paar dicke Thränen ihr
die Wangen herunter.
Peter sah sie ganz erstaunt an. Plötz
lich aber, wie er nicht nur den Ge
müthszustand seiner Freundin, son
dern auch seinen eigenen begriff, sagte
er, nur mühsam sein Schlucken verbei
„Sei nur nicht traurig, N«llh!
Komm, lieb« Nelly! . . . Wir wollen
Und dabei küßte er sie zum «rsten
Mal zärtlich aus Nase, Wang« und
Mund.
N«lly lieb sich das eine Weile gefal
len. Dann aber schien eine plötzliche
Scham über sie zu loinmen. Sie sprang
auf und rannte davon. Der Knabe blieb
nachdenklich sinnend zurück.
Auf dem Zwiebelthurm der nahen
Kirche läutete man den Abend ein. Die
Nacht «am hernieder. Mit ihren dun
keln Schwingen deckte sie den Himmel
zu, daß er hinter blitzenden Sternen
verschwand. Sie glitt über Feld und
Wiese und tränlte das Gras mit ihrer
Feuchtigleit. Den piepsenden Vögel» in
den Büschen drückte sie die Auaen zu.
In der kleinen Stube eines Bauern
hauses zündete sie einLSmpchen an, daß
das
still. Ein wunderbar heißes Gefühl er
füllte sein Inneres. Er sann und sann.
WaS geschehen war, begriff er nicht. Er
hätte lachen und weinen mögen.
Dann sprang er auf, und während
er mit Hektor um die Wette durch den
Garten lief, sang er einen Reim, den
man dort in den Spinnstuben singt,
und den er von irgend einem Knecht
aufgeschnappt:
„Gelle he, ich bin dir gut,
Gelle, du mir ooch!
Wenn ich dich seh'.
Dann lachert's mich.
Gelle h«, dich oochl"
N.
Früh Morgens dampfte Peter mit
„Hurrah, ich bin Primaner! Prima
ner, Herr Pastor. Ich dacht« doch
gl«ich. wenn du beim Herrn Pastor nur
w«nig Ehr« machen. Also frisch gewagt
und mit dem Kopf zuerst ins Examen
für Prima gesprungen. Das Schlimm
st«, nzas dir passiren kann, ist, daß du
nach Sekunda durchfällst. Ich sprang,
und bums! blieb ich in Prima sitzen."^
sich mit seinem langen Pfeifenrohr den
Kopf kraute. „Dieser Racker! Der
bringt'S fertig und springt am Aufer
während unsereins noch vor dem jüng
sten Gericht zittert und bebt. Ein gan
zer Racker ist er! Aber mich freut's, daß
er auf diese Weise seiner Mutter ein
Jahr Schulgeld spart."
Nach dem Abendessen holte er dann
«in« Flasche Stachelbeerwein auS dem
Keller, und die ganz« Familie trank
auf das Wohl des n«ugebackenen Pri
maners.
Während die Gläser zusammenklan
gen, freute sich niemand m«hr als Nelly.
„Das will ich meinen," dachte si«,
„daß der Peter obenauf ist. Gewiß hat
er den Lehrern etwas vordeklamirt und
ihnen einen furchtbaren Respekt eüige-
P°t w ' sLb h nausge
kommen. Und in den Jahren, die folg
ten, hatt« er genugsam Gelegenheit, mit
den Sorgen und Tücken, die dieser
„Hannes Klotz ihm bereitete, sich her
umzuschlagen.
mensch«» g«geben. die Ruhe und Schlaf
für etwas der Nacht Heiliges hielten.
Wie er aber dann eines Abends spät
als König Lear alle Flüche der Welt
auf feine undankbaren Töchter herab
rief und im Wahnsinn zu toben begann,,
da überredete man.ihn, doch lieber auf
den Söller zu ziehen, wo «r in derNach
barfchaft von Kornsäcken, Mäusen und
Ratten selbst als Franz Moor Ni«man-
Ein Mensch, der einige Phantasie
Welt betrachtet, fängt mit Noth-
Peter folgte feinem Schicksal. Er
schrieb ein dickes Heft mit lauter Ver
sen voll, die ihm eben so schön wie
Heines Verse dünkten, und di« mit. die
sen auch wirklich außerordentlich viel
Aehnlichkeit hatten. Er reimte „Liebe"
auf „Triebe" und, „Schmerz" auf
.Herz", und war der Ueberzeugung,
daß diese gefühlvollen Endsilben sich
noch bei keinem Poeten so wundervoll
gereimt hätten wie b«i ihm. Als sein
erster Wunsch in Erfüllung ging, und
er vom mündlichen Examen befreit
wurde, hatte er aus den zweiten Wunsch,,
Schauspieler zu werden, schon verzich
tet. Seine Sehnsucht vertiefte sich. Nicht
mehr di« Gestalten anderer wollte er
nachbilden, sondern, s«lbst welche schaf
fen. In seinem Geiste bildete sich schon
eine Welt der Einbildung, wenn auch
noch alles in Nebeln aber
dann das enge Schulzimmer sich ein
mal hinter ihm geschlossen hatte, wußte
«r in der ersten Zeit überhaupt nicht,,
was er wollte, weil er alles wollte. Es
hätte zehn und zehn
Menschenalt-r bedurft, UM das alles
auszuführen, was sein Geist als Zu?
Kunstsbilder ihm vorspiegelte.
Die ersten Semester auf der Univer/
sität tobte seine überschäumende Kraft,
sich in den abenteuerlichsten Streichen,
aus. Er warf mit dem Geld um sich,
als ob er. weiß Gott, w» viel im Ver
mögen hätte. Dann aber kam er mit
einem Mal zu sich selbst. Wie jemand
nach «wem tollen Tanz, nach einer wil
den den Saal durchrasenden
wenn die Musik plötzlich schweigt, still
steht und nicht mehr weiß, wo er ist
so stand auch er da, als die Musik sei
ner Thalerstücke ausgeklungen hatte,
und sein Beutel leer wav ihn schwin
delte. er erkannt« die Welt nicht wieder,
die «r wie in einer ewigen Fastnacht
durchtollt. .
Bettelarm befand er sich ganz allein
in Berlin. Und nun mußte «r «inen
furchtbaren Kampf mit dem Leben be
stehen. Die ungeheure Stadt selbst
nahm siir ihn die Gestalt des Lebens
an. Aus lausend Händen reicht- si« i! m
di« Fülle ihrer Schätze dar. wenn er
aber b«gehrend seine Rechte danach aus
strecken wollte, so zogen sich jene wie
die Krallen eines G-izigen nur noch fe
ster zusammen.
„Gib!" sagte Peter.
Aber der Geizhals von Leben ant
wortet« höhnisch: ,
..Wer nichts hat, dem wird auch
nichts gegeben." ,
Er wurde nun einer i«i«r Litteratur,,
die für ihre künstlerische» Ideal« him
q«rn, die an mageren Wirthshaus
tischen Bachanale der Phantasie s-'.ern,
und die den Erdball iuS den Angeln
heb«n möchten mit -imr Feder u«d ei
j nein Stück Papier.
j Sei«-Freunde wiren «bensv arm
! wie er selbst. Ab-r sie hatten sich d»
Geldes so f«hr entwöhnt, daß si« es
kaum noch entbehrten. Da die meisten
Leute von Geist waren, wuhttn si- sich
immerhin noch ziemlich durchzuschla
»en und manchmal kosteten s>« sogar
»n reicherer L«uttTisch«n di«se und j-n«
Freuden. ... . .. .
Peter aber lernt« wahrend dieser
Zeit, in der er tagtäglich um s-in
! Leben kämpfen mußt«, einen förmlichen
Haß gegen die Armuth. Und auf je
m«hr er verzichten mußte, desto brm>
nender richtete sein Aug« sich aus das
Schön«, das ihm auf immer verschlos
s«n schien. Schließlich aber. als«r schon
gestrengten Arbeit? ihn aus dieser
er Plötzlich die Taschen voll Geld. Doch
hatte.
Nellie blieb im Pfarrhaus. Mit
mit Hektars Hilfe d«S Nachbars
Schweine aus dem Garten trieb, wacker
Gleiche blieb, alles sich wiederholte, das
wo die jungen Mädchen sich verlieben.
Und da ihr Herz zur Liebe geschaffen
war, sie aber niemanden hatte, mit dem
sie'S hätte ausfüllen könne, so kehrte sie
zu den alten Jugenderinnerungoi zu
rück. Sie suchte die Lieblingsplätze von
früher wieder auf. Wenn sie nun
Schiller oder Shakesstxare wieder las,
st> Hörle sie immer Peter reden. Und
niemals konnt« sie «inen Grafensteiner
essen, ohne mit Wehmuth s-iner zu ge
denken.
Aber ihr theuerstes Besitzthum, aus
dem sie n«u«S Leben, neu«n Schwung
und neue Sehnsucht sich holte, waren
seine Bücher, die er dem Pfarrer schickt«.
Diesem erging «S beim. Lesen, wie'S ihm
vor Jahren bei d«m Jungen s«lbst er
gangen war. Ueber manchen jugend
lichen Ung«stllm mußte er den Kopf
schütteln, über manchen guten Einfall
freilich auch halb wider Willen lachen.
Ja einige Mal klappte er das Buch zu
und sagte: ..Aus dem Jungen wird
noch mal was! Er hat Talent, und vor
allem meint er's ehrlich." Doch wenn
Nelly die Bücher lesen wollt«, setzte
ihr Erzi«her ein feines Lächeln
auf und meinte: Mart noch ein
Jährchen! Wart noch ein Jährchen!
Nelly aber war nicht faul und
machte sich heimlich darüber her. Sie
laS sie einmal, und laS sie dann immer
wieder. Und dies schwache Echo von
Peters Leben wurde ihr ein groß«r
starker Klang, aus dem sie den ganzen
Menschen und sein ganzes Dasein zu
hören glaubte-, Si« beschäftigte sich
ftirt und fort mit dem Fernen und
folgt« im Geist all seinen Wegen.
Aber in dem Winter, als sie achtzehn
Jahre alt wurde., begann sie an der
Jnhaltlosigkeit ihrss Lebens zu krän
keln. Sie verlor.die schönen Farben, litt
an Blutarmuth und magert« ab. Der
Arzt, den man holte, meinte, eine Luft
veränderung, würde ihr wohlthun.
Der Herr, Pastor schrieb hierüber an-,
Nellys Tante Ida und dies
Schicksal, WS. jmigen Madchens zur.
Folg«.
lU.
Kirchhasel! rst mit der übrigen Will!
durch die Saalbahn verbunden. Wer,
sie nicht konnt, weiß nichts von de, gu
ten altem Zell. Wenn man sich «in >
Menschenleben zurückversetzen will»,
brauchtman aar im Winter «in« Fahrt,
auf ihr zu unternehmen.
Dann sieht's im Innern der Wag
gons wie rn einer Bauernkneipe aus.
Um den mächtig glühenden Ose» sitzen
Männer und Weiber schwatzend zu
sammen. Bei jeder Station kommt der
in einem mächtigen Pelz steck«nde
Schaffner herein, um die Gluth anzu
fachen und neue Kohlen auszuschütten..
Die Fahrgäste, die ein» und aussteige»»!,
sind einander alle bekannt. Dit'
Schnupftabaksdose Hiht rundz hin
wieder auch die Frenide
aber sind um diesem Zeit so selten wie
hie anderen Somn erVögel d«s Thiinnk
es gerade Knacken Hör, als die
Schneeflocken wirbelten., daß einen,
Kauz weiß um »ie Aua«» wurde, dq>
kam ein« dicke Dam«, die in ihi/em biK
z»r Erd« gehenden «i?e waw»
delnde Glocke aussah, Nif den Schc-M
-»er zu und sagte irjt süßMH«»der
,M«in Herr. Condukteur. z«!>t l
dieser Zug vielleicht, nach Kirxhhofel?"
„JawoP, meine Dame. Si» win
sch«n doch nich nach Girchhooset?"'
„Ja, ich möcht» «in Dainearoup«
zweiter Classe."
Der Schaffn« sah die Dam« ganz
verdutzt an. I» der MAte d«i Zuges
befand sich ei» Wag«n zweiter Classe,
der wie gewöhnlich l«er war. Dort
hinein schob er den seltenen Fahrgast
und schob das Gepäck hinterher.
„Ach, mein lieber Herr
wollen Sie nicht die Liebenswürdig!«!
haben, mein G-Piick oben hinauf zu, le
gen? Wenn jemand einsteigt, so »Hih<
»I doch aufs höchste gtnirrn."
(Fortsetzung folgt.)
Jür die MHe.
Fleischbrei-Suppe! Das
Briistfleisch eines gebratenen Hühn
läßt dir Zwiebeln nicht zu braun wer-
Roftbraten. Man ißt geröstete Kar-
Ost p r «ii ß i s>che SchU"ster -
Pastete. Eine Pastitenform wird
mit kleingeschnittene?! Speck ausgelegt,
feingeschnittener Kalbsbraten und
Fleisch mit KartvMscheiben, geriebe
nem Parmesankäse? und Pseffe» und
Salz hineingeschichtet, dann- saure
Sahne darüber gegossen. Die' Pastete
wird vorsichtig aus der Platte yder im
vor dem Anrichd-ir mit fettgebratenen
Kartoffeln bedeckt »nd warm gegessen.
Zwiebel - Gemüse. Man
nimmt hierzu entweder klenk ganze
oder große in Stück« geschnittene Zwie
beln, schält siex, Nnrft sie in ' siedendes
Salzwasser, kocht sie halb toerch, gießt
sie ab und kühltsis in frischem Wasser.
Hierauf bereitetinan aus L !Hirzen But,
ter nebst einem Löffel Mehl! «ine helle
Mehlschwitze, verkocht di-Me mit
kräftiger FteischSrühe zu «limn feimi»
gen Bviguß, ssigzt ein Stücken Zucker,
eine Prise SÄz und «twojsgrobgest»
Benen-Kümmel hinzu un» läßt die
Zwiebeln in dirsem Beialch vollends
weichdünfftm.
S.ackwt -i, I» V«r
große,ZtpieLeln werden it»Wasser »b»
gekocht! michdem sie «ridltet sitd,
schneidet! mir» sie in Schtiven; ebenso
vier Satt- oder Essigeynken; sodann
bellest uirk reinigt man einige Härter
Kopfsalat!, den man ovW schneidet.
Zwei Höping«. frische-awer gesalzene
idie,letzte-»n müßten g »iiffert we »en)
briit'mcnn aus dem entgrät < sie,
schneidet: sie möglichst,iir Würfel und
mischt ff» gehörig mi» vorher phen
drn Zutraten. Sch'Äßlnch Wirt kAlles
i»it Oel,!. Zütfffeln Eiilg. et
>»as 'Mffer und S.iiZ,amgemactA.
Hw, ig - P Fü:» Zwei
Perfsmen rechnet n a« sm QuaÄ Was
s«r. Sv halbes ? Bknd etwas
Zimnnet und einig bellen, so»"« etwas
seim geschälte Ci.ronsnfchale Dieses
läß« man ungefä.s?°ise vierte < Stunde
kochen, wobei de -sich bildend« Schaum
atUeschiipft wird, Äun gib «man dei
-Nift einer Cit y'S hinzu, seiht di«
Wssigkeit durch ei« reine m Tuch ia
«!ne Punfchter.»»«? »nd gies.x ein Wei»-
a>las »01l giltst- Arrak dZran. Kalt
i schmeckt der sjuirsch desse? als wa«.
Wll man ihmgauiz hell von schö
ner Farbe h.it'en. so ist «zdurch Ldfch-
Z Papier zv srlpiüen. In verkokten
Glasflafch«- Äßt sich »ieser Hu«ig
punsch wo<yentang auslOben.
O meiert:>en. 6 Sier. 4 EKlöff«!
Zucker, 1 Eßlöffel f'Men Meh«. ein
Viertel 'fff>md Butter; Eidot»r und
Zucker lverden 15 Vinuten gerührt,
kurz v«5 d«m Back<» wird der Eier
schnee mit dem »Sehl hinmrgerllhrt.
erst «it dem Löf'/el aufgeMrt, dann
gebaten, aus ei«« Seit« Konfitüren
un>» doppelt zekezt. Man
kam, sie auch nur mit Zuöer und Zim
r«t bestreuen, auch R»» aufgießen
-tSd anbrennen.
Rothw,inpu«sch. Zwei Fla
i schen Rothioein schüttet man in eine
Kasserolle, preßt d«n Saft von drei
Citronen hinzu, thut ein Pfund Zuck«
hinein, läßt den Wein kochend heiß
.Verden, ohne daß er wirklich locht,
nimmt ihn vom Feuer und gießt ein«
halb« Pasch« s<w«n Arn! drunter. 3