Scranton Wochenblatt. (Scranton, Pa.) 1865-1918, October 07, 1897, Page 2, Image 2

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    2 Krastn Losa.
lets vertheilt wurden.
Der Stab, »us de«
Schlosse zu, Hessen Besitzer auf's
gen, als ihr der junge Adjutant vor
gestellt wurde. Auch über dessen Ge
sicht huschte «in« leichte Röthe. Die
um t>«r kleinen Gesellschaft voraus in
Als sich nach dem Kaffee, der in des
dem si« die Schönheiten des Parkes
zeigen wollte. Schweigend schritt sie
neben ihm unter den alten Bäumen
dahin. Auch Herr von Werd«n sprach
kein Wort, bis er vor einer Bank fte
ich glaube auch kaum, daß Sie in der
gewiß lustigen Zeit, die Sie auf der
Reitschule in Hannover verbrachten,
meiner noch viel gedacht haben. Das
Einzige, was ich von Ihnen verlange,
ist weiteres Vergessen dessen, was
uns jemals mit «inander verbunden
hat. Rauben Sie mir den Frieden
nicht, den ich gefunden habe, durch ein
unbedachtes Wort."
Mit zusammengebissenen Zähnen
hörte der jung« Offizier zu; dann
sagte er mit fester Stimme
„Beruhigen Sie sich, Rosa, ich wäre
der Letzte, der Ihnen weh« thun möch
te. Von meiner Seite haben Sie
nichts zu befürchten; nur wissen möch
te ich gern, wissen —"
„Wie aus der Choristin die jetzig«
Gräsin und Schloßherrin geworden
ist?" fiel sie ihm in's Wort. „Ich will
Ihnen den Vorgang nicht vorenthal-
Sie schwieg einen Moment. Dann
begann sie, erst zögernd, dann etwas
rascher sprechend „Als wir uns da
mals trennten, wurde ich fleißig. Ich
wandt« jeden Moment zum Lernen
an und bildete mich weiter im Gesang
aus. Mein Streben war von Erfolz
gekrönt. Als ich vor -wei Jahren in
Ems zur Kur meines etwas angegrif
fenen Halses war, lernte ich meinen je
tzigen Mann kenneu. Lassen Sie mich
kurz sein; als ichEms verlassen wollte,
war ich verlobt und in weniqenWochen
auch eine glückliche Frau.
„Und .. eine Frage: Lieben Sie
Ihren Mann?"
„N ja .... Ich liebe ibn, denn
ich verdanke ihm alles, und niemals
würd« ich etwas thim, was seiner un
würdig wäre."
„Daran erkenne ich die stolze Rosa
von früher, die von ihren Colleginnen
Spott, die.Gräfin" genannt wurde."
„Und die nun doch Gräfin Rosa
geworden ist. Aber nun kommen Si«,
unsere Abwesenheit würde auffallen."
Sie fanden die Herren in das Spiel
so vertieft vor. daß der Hausherr
scherzend sagte: „Schon zurück?" Sind
die Herrlichkeiten meines Besitzthums
in so kurzer Zeit zu erschöpfen gewe
sen."
Herr von Werden antwortete etwas
«insilbig auf die Frage feines liebens
würdigen Wirthes und bat bald da
rauf, sich zurückziehen zu dürfen, da
«r sehr ermüdet sei.
Graf', als Werden sich zurückqezogen,
,da war ich in meiner Lieutenants
zeit doch «in ganz anderer Kerl."
Dann nahm man mit frischen
Kräften das Spiel wieder auf.
Als die Gräfin am anderen Mor
gen in der Früh« die Pferde auf dem
Hofe scharren hörte, sprang sie an'»
Fenster und sah, gedeckt durch die
Gardine, den Davonreitenden nach.
Ein tief empfundenes „Gott sei
Dank" entfuhr ihren Livven. Dann
suchte sie ihr Lager wieder auf, um
traumlos weiter zu schlaf««, den
Schlaf des Glücklichen, der jede Sorge
ffern weiß.
Vergebliche Mühe.
Laienhafte Ausfas»
Der Herr Doctör hat ganz deutlich
zu mir g'sagt: „Ihr Mann starb an
den Folgen erblicher Belastung".
Durch Weiöcrlist.
In dem kleinen Minenstädtchen
Pay Rocks, das noch 2S Meilen abseits
von der nächsten Eisenbahnstation Tx
lavan liegt und rings von Bergen ein
gekeilt ist, kann viel passiren, ehe sich
im Allgemeinen die Leute in Drnver
dairim kümmern. Aber die Häufigkeit,
mit der kühne und stets erfolgreiche
Raubanfäll« in der Umgegend von
Pay Rocks vorgefallen waren, hatten
doch schließlich die Banken und die Be
hörden in Colorados Capitale stutzig
gemacht. Innerhalb der letzten drei
Monate war die Pvstkutfche allein fünf
Mal geplündert worden, und so sah
man sich denn vMrnlaßt, eine Beloh
nung von §6IKZV auf Ergreifung des
Schuldigen auszusetzen. Denn es war
nur ein einzelner Mann, der alle biese
kühnen Anfälle ausgeführt hatte. In
Pay Rocks selbst war während dieser
Zeit häufig darüber discutirt worden,
wer der Räuber wohl sein könne. Daß
es Jemand aus "der Umgegend war,
das stand fest, denn der Kerl kannte
jeden Quadratzoll im County,'und
außerdem war er ftets vortrefflich in
sormiit über den Inhalt des Post
kastens, sodaß er sich nie umsonst an
gestrengt hatte, fondern immer reiche
Beute erwischte. Indessen gingen die
Vermuthungen in dieser Beziehung
weit auseinander,und eigentlicher Ver
dacht lastete auf Keinem. Und selbst
nachdem die hohe Belohnung ausgesetzt
worden war,hörte man nichts von «iner
„Saht Ihr, Jungens, daß sie Leder-
Bill Sykes, der Veteran von Pay
Rocks.
belehrte ihn „Rough" Watts, sein
Partner. „Aber hübsch ist sie, daS
in die Schule zu gehen," sagte Phil
Brookes, der „Gigerl" von Pay Rocks,
indem er seinen dunklen, dicken
Alles lachte, nur Bill Sykes blickte
unwirsch auf. „Das wollte ich ja auch
„Äch, Du bist zu alt und häßlich,
Aber Bill Sykes sah ihn nur böse
Richtig, als Miß Lydia Fa'.som
Reihe sonnverbrannter, verwegener
Gestalten alles Miner, die angeblich
was lernen wollten. Spaßig genug
hatte. Allerdings blinzelten sich die
herndes Gelächter aus. Aber Aleck
saßen
Phil Brookes lächelte nur selbstzu-
Bill gingen noch eine Woche lang in
die Schule zu ihr, die Uebrigen hatten
ein Spaß zu weit
Hitchcock, dem die Miners sonst überall
aus dem Wege gingen, zum ersten
Male ein „volles Haus", wie Phil
Brookes eS nannte; und als dann die
herrschte Todtenstille im Saale, und
Bill Sykes wischte sich etwas Feuchtes
in Pay Rocks gesellschaftlich verkehren
bei voll über die neue Lehrerin.
Zum Cavalier bei besonderen Gele-
genheiten hatte Miß Folsam den schö
nen Phil Brookes erkoren. Das wurde
bald ruchbar. An seinem Arm ging
sie Sonntags in die Kirche, und er be
gleitete sie auch Abends nach dem Haufe
des Man konnte ni^t
mehreren Gelegenheiten ganz offenbar
mit ihm coquettirte. Wenn Phil des
halb zur Rede gestellt wurde, so lä
chelte er nur in seiner bekannten, dis-
Zwei Monate waren so vergangen.
Miß Folsom hatte sich scheinbar ganz
eingelebt in Pay Rocks.
Da, eines Morgens, traf Bill Sykes
„Phil ist fort," schrie er.
„Fort wohin?" frug der alte Bill
Der alte Bill blieb stehen. „Weißt
Du das sicher?"
sind doch alle gleich. Was sie nur an
diesem Phil sehen konnte! Und dann
mit ihm davonzulaufen als wenn
Heirathen sönnen!" Und er schüttelte
sein stark mit Grau gesprenkeltes
Haupt.
die übrigen Bewohner von Pay Rocks
die Nachricht auf. Nur Reverend
Hitchcock schien nicht erstaunt zu sein.
weg gezogen sein.
Etwa sechs Wochen später hatte Hal
Corcoran wichtige Geschäfte in Denver
lich zusammen faßen und ihre Haut
mit schlechtem Whisky anfüllten. Hal
stellte sich inmitten der Schaar breit
spurig hin und sagte: „Rathet mal, wo
ich in Denver war?"
Niemand errieth es.
„lm Criininalgericht war ich," fuhr
Pay Rocks - Kutsche processirt. Er
hat 2V Jahre Zuchthaus gekriegt. Ra
„Nein, Ihr errathet's doch nicht.
Phil war's, Phil Brookes, alias Kcno
Jack, alias „Ricky" Dan, alias Phil
the Buster. Und wer. glaubt Ihr, hat
ihn an's Messer geliefert?"
„Miß Folsom?" schrieen Alle,.wie
ist Clapp. Ihr Alle von
Denver. Und d.as ist nicht die letzte
Endlich schlug Bill Sykes mit seiner
„Ja, Boys, die Weiber sind koini
sagt," bemerkte „Nough" Watts in sal
„Und wir Männer sind Narren
murmelte der alte Bill Sykes.
brummte „Rough" Watts.
Und dann bestellten sie sich alle ein
neues Glas Whisky.
Juristische Ansicht.
Ich lag in Weltschmerzwehen
Und wußte nicht recht, warum.
Ich sprach: „Die Menschen sind Esel,
Sprach ein Juriste drein:
„Es kann der Mensch nicht Richter
In eigner Sache sein!"
Michel?" Michel: „Durst, Herr Lieu
bigen Rest."
Z>ie Willi.
Eine Herbftgesch.chle von A. Linden.
Es war «ine fröhliche Gesellschaft,
die sich an jedem Donnerstag Abend
im Hinterstübchen des Gasthauses zur
„Grünen Krone" versammelte: die
Honoratioren des kleinen Landstädt
chens, Doctor und Apotheker, Bürger
meister und Amtsrichter, der Lehrer
der Rectoratschul« und gewöhnlich auch
einige Gutsbesitzer aus der Umgegend.
Heute war noch ein Studiengenosse
des Amtsrichters zugegen, der bei der
Gesandtschaft in K. eine höhere Stel
lung bekleidet« und jetzt auf Urlaub
bei seinem Freunde zu Besuch weilte.
Es lag ein herber Ernst in den stren
nur ein kaum merkliches Lächeln seinen
Mund. Wie in Gedanken streichelte er
liebkosend den großen Hund, dessen
aufsah.
Der Pluto hat schon rechte Freund
schaft mit Ihnen geschlossen, bemerkt«
sein Nachbar.
nete der Angeredete kurz.
Ja, meine Herren, erklärte der
Amtsrichter, mein Freund war der
einstige Besitzer des Hundes und hat
ihn bei seiner Abreise mir zum Ge
schenk gemacht. Da hätten Sie nun
Plutos Freude sehen sollen, als er jetzt
so unverhofft seinen früheren Herrn
wieder erblickte! Wie toll stellte er sich
Wirthin, das ist seine Stimme.
Die Thür öffnete sich, der Erwar
tete, ein junger blonder Mann in
noch unberührt dastehenden Glases'
Warum in aller Welt, Ringsheim,
sind Sie denn heute Abend so still?
fragte der Amtsrichter. Man kennt
Sie ja gar nicht wieder gegen sonst.
O, er ist verliebt! Neulich auf dem
Ball im landwirthschaftlichen Casino
Der Angeredete zuckte unmuthig die
Achseln. Unsinn, laßt doch, ich bin
wirklich heute Abend nicht aufgelegt zu
derartigen Neckereien.
Sie etwas Unangenehmes oder gar
Trauriges erlebt? Doch, wir wollen
nicht weiter mit Fragen in Sie drin
gen. wenn Sie die Ursache Ihrer Ver
stimmung lieber für sich behalten.
vermag.
Ein Abenteuer? Aber so erzählen
Ja, das wird interessant, legen Sie
s ' Gl 112
steckt drin, das ist sicher! scherzte der
Apotheker. 112 h R' '
ser und Sumvf. Tag und Nacht ohne
Rast und Ruh bis ....
Bis in den Tod, wollen Sie sagen,
ergänzte Ringsheim. als der Rector,
sich unterbrechend, schwieg.
Nun, so schlimm ist's bei mir wohl
nicht, aber eine Willi, ja ich glaub'
wirklich, eine solche Willi, hab ich doch
leibhaftig gesehen, wenn sie auch Fleisch
und Blut gehabt haben muß.
Der Tausend! Wo, wie war's
denn? Erklären Sie sich doch deutli
cher! hieß es von allen Seiten, wäh
rend der Doctor sarkastisch meinte: Ei,
es wird wohl die überspannte alte
Schachtel gewesen sein, die in langem
Schleppkleide, ein großes, goldgerän
dertes Notizbuch und einen noch ge
waltigeren Bleistift in der Hand, jetzt
hier stolz und gravitätisch durch die
Büsche schreitet und Gedichte macht.
Sie ist zwar bei meiner eigenen Schw
ägerin, ihrer Pensionsfreundin, auf Be
such, aber, brr.... hatte sie nicht
einen Kneifer und lange Schmacht
locken?
Ringsheim schüttelte den Kopf.
Na, so berichten Sie doch endlich
einmal ausführlich.
Ja, Sie alle lassen mich ja gar nicht
zu Worte kommen, ich wollt es schon.
Silentium! donnerte der Amtsrich
ter. Ringsheim, Sie allein haben das
Wort und der Rector, wenn er etwas
dazu «rklären muß. Jetzt aber legen
Sie los!
Herrliches Jagdwetter war's heute,
begann der junge Mann. Der Him
mel so klar und sonnig, die Luft so
blau; den größten Theil des Tages
war ich abgehalten gewesen durch die
Kartoffelernte; ganz blutroth nun
stand die Sonne schon hinter'm Tan^
Buck^ngrund.
Dort? Da gehen Sie doch nicht
hin! Thun Sie mir den Gefallen und
Weil's drüben nicht richtig ist! Es
soll 'ne weiße Frau da umgehen, die
kein Mensch kennt, die Gret will auch
nichts von ihr wissen, ob sie schon sel
ber im Buchengrund wohnt.
Laß sie nur kommen, sie thut mir
nichts. So sehr fürcht' ich mich doch
nicht vor den Damen, antwortete ich
und schritt munter hinaus in den
blauduftigen Herbstnachmittag. Ich
hatte Glück zur Jagd; einsam und still
war's im Buchengrund und im Tan
nenbusch. der dahinter an den Wald
höhen hinaufsteigt. Dort traf ich, als
ich heimkehren wollte, noch den Förster
aus Liebenhausen, den ich ein Stück
durch den Wald begleitete. So war's
mir später geworden als sonst, der Ne
bel wallte schon über dem Waldgrund
dahin, als ich von der Höhe zu dem
selben herabstieg. Dann und wann
ein ferner Eulenruf. hier und dort das
Rascheln einer Eidechse in den welken
gelben Gräsern, das war alles, was
mern drunten auf der Lichtung; ich
beschleunigte meinen Schritt: nun er
kannte ich's deutlich. Es war eine
schlanke Frauengestalt in weißem
Kleide, die dort über die Waldwiese
schritt; es sah aus, als schwebte sie,
wie ihr Kleid so über die langen Halme
dahinstrich. Ah, das ist die gespensti
sche Dame, die weiße Frau, von der
Susanna sprach! fuhr mir's durch den
Kopf. Ihr Gesicht aber wollte ich doch
gen gesehen zu haben, meinte der Amt
srichter spöttisch.
Hm, erwiderte RingSheim, haben
Willis Uhren tragen?
Uhren?
Innenseite des Deckels erbNckte, Mi»
dein schauten ihm betroffen nach.
Man sollte fast glauben, er stände
in irgend einer Beziehung zu der qe
ihm bis dahin verheimlicht hatte, aus
Furcht, den Geliebten zu verlieren.
Diese Unwahrheit schied die Beiden
Nach Süden du und ich nach Norden,
Verlornes Lieb, leb wohl! leb wohl!
hieß es dann auch bei ihnen. Doch ich
wir wollen in seiner Gegenwart die
Geschichte nicht berühren.
Anscheinend ruhig und unbefangen
dürfen; der Amtsrichter bedauerte, auf
das Vergnügen für morgen verzichten
zu müssen, da eine Gerichtssitzung ihn
abhalte.
Es war ein schöner, klarer Herbst
morgen. Leuchtend durchdrang die
Sonne den Nebel. Weißes Gespinst,
mit funkelnden Thautropfen ge
schmückt, umwob Hecken und Büsche.
War's hier, wo Sie gestern die ge
heimnißvolle Fremde sahen? fragte
Kernburg, während er an Ringheims
Seite unter den hohenßuchen der Lich-
Ja, hier ganz in der Nähe traf ich
sie. Da ist mir gestern Abend noch
eingefallen, daß sie vielleicht im Forst
hause zu Besuch sein oder als Pflege
rin der kranken Försterin dort weilen
mag. Wenn wir sogleich den Förster
sehen er wollte bei den drei Eichen
mit uns zusammentreffen —, will ich
mich mal erkundigen; es ist mir auch
wegen der Uhr, die ich ihr doch zurück
stellen muß. Aber entschuldigen Sie
mich eine kurze Zeit, ich will eben drü
ben zu den Holzfällern und durch einen
daß wir hier sind.
Kernburg schritt allein voraus.ganz
in Gedanken versunken; plötzlich schoß
Pluto, den er mitgenommen hatte, wie
ein Pfeil vorwärts durch's Gebüsch
und jetzt, um die Waldecke biegend, sah
Kernburg, wie der Hund mit allen
Zeichen großer Freude an einer schlan
ken hellgekleideten Frauengestalt em
porfprang, die sich zu demselben nie
derbeugte, dann sich hoch aufrichtend,
mit erblassendem Gesichte, die Hand
auf's Herz gepreßt, vor ihm stand.
Anna! Du! stieß er ebenfalls erbe
bend hervor und streckte ihr beide Hände
entgegen. Anna, bist Du's wirklich?
Sie wollte reden, aber ihre Lippen zit
terten, keines Wortes mächtig. Im
selben Augenblick sprang sie an seine
Seite und wandte sich mit abwehren
der Geberde nach dem Gebüsch. Ein
großer Stein, von dorther geschleudert,
traf ihren erhobenen Arm, daß er
schlaff herabsank. Sie schwankte und
stieß einen kurzen unterdrückten
Schmerzensfchrei aus.
Um's Himmels willen! Das hat
wohl mir gegolten. Und Dich hat's
getroffen! Du setztest Dein Leben für
mich «in! rief Kernburg, sie stützend
und sein Gesicht dem Gebüsch zuwen
dend. Ein verstörtes, zornverzerrtes
Männergesicht drängte sich daraus
hervor.
Ich bin ein Esel gewesen. Für Euch
war's nit bestimmt. Ich sah den Hund,
da meint ich, Ihr wäret der Amtsrich
ter, mit dem hab ich noch ein Hühn
chen zu pflücken! rief der Zerlumpte
und wandte sich eiligst zur Flucht.
Halb bewußtlos lehnte Anna in Kern
burg's Armen. Da traten Ringsheim
und der Förster herzu. In kurzen
Worten theilte ihnen der Tieferschüt
terte das Vorgefallen« mit.
Hab ich's nicht immer gesagt, sie
sollte nicht so allein in den Wald 'raus
laufen, sonst möcht ihr noch mal was
passiren, rief der Förster. Sie ist die
Pflegerin meiner kranken Frau, ein
lieb, prächtig Mädel, nur immer so
traurig und menschenscheu. Drum
wollt sie auch, wenn sie an die Lust
sollt', nirgend anders hingehen als hier
in den dichten tiefen Busch, wandte er
sich erklärend an Kernburg.
Sie soll wieder froh und glücklich
Werden, Herr Förster, so Gott will,
entgegnete dieser. Denn daß Sie's
wissen, sie ist meine Braut. Wir wa
ren lange getrennt, ich suchte sie verge
bens und finde sie hier wieder!
fragte er leise.
Sie sah glückselig, unter Thränen
lächelnd, zu ihm auf. Das Glück Dei
ner Liebe verdien' ich ja nicht, aber....
wir überflüssig, meinte der verdutzte
alles erlebt! Darf ,>sräu-
Kernburg nahm sie in Empfang für
seine Braut. Sieh, Kind, dies Erb
stück Deiner seligen Mutter wollen wir
Gutsbesitzer.
Und eine Willi war sie also doch!
Ob ich sie jemals vergessen werde?
säuselnd im welkenden Laube das ur
alte wehmüthige Lied von Schaden
schcnkindern aber, die sich hier "in der
Waldeinsamkeit wiedergefunden, klang
im Wipfelrauschen ein anderes Lied,
süß und froh und hoffnungsreich,denn
in ihren Herzen erblühte der Frühling.
Entlarvt.
Von Loui» G, Fritz.
Es war wahrlich keine Kleinigkeit,
was sie da von mir begehrte, aber um
Alles in der Welt hätte ich der wei
nenden kleinen Frau die Bitte, ihres
im Gefängnisse schmachtenden jungen
reise gesandt worden und hatte Alles
ihm anvertraute Geld verspielt.
„O, ich bin fest überzeugt, daß er
keine unredlichen Absichten hegte,"
jammerte das bedauernswerthe Frau
chen. „Er wurde von einem ganz
schlauen Manne zum Spiel verleitet,
und anstatt davonzulaufen, wie das
viele Andere unter gleichen Umständen
gethan hätten, kehrte er zurück, ge
stand seine Schuld und machte seiner
Firma den Borschlag, daß sie die feh
lende Summe ihm vom künftigen Ge
halt abziehe, bis auch der letzte Cent
getilgt fein würde!"
Herr Meek, der jüngere Geschäfts
theilhaber. war gnädig genug ge
stimmt, aber der Senior - Partner,
Herr Mangle, bestand darauf, daß di»
Gerechtigkeit ihren Lauf nehme.
Ich suchte ihn auf. Er empfing mich
mit kühler Höflichkeit, hatte aber für
Gilbert kein Erbarmen.
„Niemals werde ich mich dazu ver
stehen, durch Verheimlichung eines
Verbrechens zum Mitschuldigen zu
werden," antwortete er mit feierlicher
Betonung. „Außerdem klingt die Ge
schichte denn doch sehr sonderbar. Sie
stellen mir ein Anerbieten, wonach ich
den Angeklagten auf's Neue in meine
Dienste nehmen solle, auf daß er Ge
legenheit erhalte, zweimal so viel zu
stehlen, als di- von ihm verspielte
Summe beträgt. In der That ein
schönes Arrangement!"
So kam es zur Verhandlung und
Herr Meek war der erste Zeuge.
Er hatte Gilbert engagirt, hatte ihn
für fähig und fleißig befunden und
ihn mit einer Colleltionsreife betraut!
bei seiner Rückkehr legte dann der
junge Mensch das Geständniß ab, daß
er von einem würdig aussehenden
Herrn, dessen Bekanntschaft er zufällig
gemacht, zu einem Spiel verleitet wor
den sei und das Geld der Firma ver
loren hatte.
Die Stimme des Herrn Meek zit
terte merklich während der Aussage
dieser Thatsachen; in demselben Au
genblick neigte der Angeklagte seinen
Kops leicht zur Seite, bei welcher Ge
legenheit sein Blick auf die Gestalt
des Senior - Partners siel, der eben
in den Saal getreten war. Hastig
drehte mein Client sich um und flü
sterte mir etwas in's Ohr.
Nachdem dasVerhör beendigt, fragt«
der Richter:
„Haben Sie irgend welche Entla
stungszeugen?"
„Ich werde Herrn Mangle aufru
fen," antwortete ich.
Eine Bewegung entstand im Saal.
Herr Mangle, vortretend, wurde nn
„Sie sind während des letzten Jah
res auf Reisen gewesen, Herr Mangle,'
begann ich.
„Jawohl, mein Herr."
Der Angeklagte wurde während
Ihrer Abwesenheit angestellt und
wurde ungefähr um die Zeit Ihre»
Rückkunft arretirt?"
„Das ist richtig,"
„Haben Sie ihn jemals gesehen?"
„Meines Wissens nicht."
„Sind Sie ihm niemals auf seinen
Reisen begegnet?"
„Wollte er sein Gesicht nach^d^eser
Auf mein Geheiß kam Gilbert der
betreffenden Aufforderung nach. Sein
Gesicht war nun Mangle voll zugewen
det. Der Effekt war ein elektrischer.
Herr Mangle wurde abwechselnd weiß
und roth.
„Eine weitere Frage, Herr Mangle:
Erkennen Sie in dem vor Ihnen Ste
henden den jungen Mann, dem Sie
PlOOO im Pokerspiel abgewonnen
haben?"
Und nun nannte ich Zeit und Ort
wann und wo der Gefangene seinem
Verhängnisse in die Arme geeilt war.
Der Mann der eisernen Tugend zö
gerte mehr wie vorhin sein liebens
würdiger Partner. Er schien un
schlüssig zwischen Lüge, welche die
Strafe des Meineids nach sich gezogen
hätte, und der Wahrheit, die ihn sein
Geld kosten konnte.
Feigheit vertrat die Stelle des Ge
wissens und die Wahrheit siegte.
Das Geld der Firma, welche?
George Gilbert i-n Spiel verloren
hatte, wurde von seinem Prinzipal ge
wonnen, und der Richter instruirte die
Jury dahin, daß. da die fragliche
Summe an einen der rechtmäßigen
Eigenthümer abgeliefert worden und
derselbe seinem Associe dafür Rech
nung zu stellen verpflichtet wäre, der
Angeklagte nicht verurtheilt werden
„Gott segne Sie, Herr Parker,"
flüsterte die nunmehr überglückliche
junge Frau. „Ich wußte, Sie wür
den uns retten."
Unsere Dienstboten. —
Madame: „Das Beesteak ist zu scharf
gebraten, Marie." Köchin: „Na, für
mich nicht, Madame." Madame:
„Na, Sie kochen doch aber für mich,
und nicht fül sich." Köchin: „D«t jl»»-
b«n Se doch woll selber nicht."